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K O NGRESS-SAAL DEUTSCHES HYGI ENE-M USEUM Sonnabend, den 26. April 1969, 19.30 Uhr Sonntag, den 27. April 1969, 19.30 Uhr 15. AUSSERORDENTLICHES KONZER# Dirigent: Kurt Masur Solistin: Monique Haas, Frankreich, Klavier Igor Strawinsky geb. 1882 Capriccio für Klavier und Orchester Presto — Andante rapsodico — Allegro capriccioso ma tempo giusto Erstaufführung Franz Schubert 1797-1828 Aus der Musik zum Schauspiel „Rosamunde" op. 26 Zwischenaktmusik Nr. 2 (Andantino) Ballettmusik Nr. 2 (Andantino) Ouvertüre (Andante - Allegro vivace) PAUSE Ludwig van Beethoven 1770-1827 Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4 G-Dur op. 58 Allegro moderato Andante con moto Rondo (Vivace) D,e prominente französische P.amstm MONIQUE HA A $ studierte am Pariser Konserva torium sowie bei Robert Casadesus und Rudolf Serkin. 1 927 erhie|t sie den ersten Preis des Konservatoriums und tritt seit 1928 als gefeierte Solistin auf Konzertreisen in Europa, den USA, in Australien, Nord- und Südafrika hervor. Besonders intensiv setzte sie sich für die Musik des 20. Jahrhunderts ein und hat zahlreiche Werke ur- und erstaufgeführt. Ihr sicheres Stilemp finden befähigt sie, klassische und romantische Werke gleich gut zu interpretieren. Von ihr lie gen bemerkenswerte Schallplatteneinspielungen vor von Werken Debussys, Ravels, Hindemiths und Marcel Mihalovicis, mit dem sie verheiratet ist. Mit der Dresdner Philharmonie konzertierte die französische Künstlerin bereits 1958. ZUR EINFÜHRUNG Igor Strawinski schrieb das Capriccio für Klavier und Or chester für sich selbst, um bei seinen vielen Konzertverpflichtungen als Solist nicht immer dem Publikum nur sein Klavierkonzert vorsetzen zu müssen. Er brachte es auch als Solist unter der Leitung von Ernest Ansermet mit dem Orchestre Symphonique de Paris am 6. Dezember 1929 zur Uraufführung. 1949 unterzog der Komponist das in der Zeit von Weihnachten 1928 bis Ende Sep tember 1929 geschaffene Werk einer Revision. „Wie viele Stücke Strawinskys hat auch das Capriccio einen Stil zum Gegen stand. Diesmal steht der Komponist unter dem Banne Carl Maria von Webers. Dabei handelt es sich keinesfalls um Stilkopie, sondern um schöpferische und erneuernde Auseinandersetzung mit vergangenen Stilperioden, die dieses Jeu d'esprit', dem man den Titel .hommage d Weber' beilegen könnte, als ein typisches Beispiel für den schöpferischen Klassizismus Strawinskys kennzeichnet. ,lch dachte an die Erklärung, die Prätorius, der berühmte Musikforscher des 17. Jahrhunderts, vom Capriccio gibt. Er sah darin eine der Fantasia verwandte Form, die eine freie Folge von fugierten Instrumentalstücken war. Diese Form gab mir die Möglichkeit, meine Musik derart zu entwickeln, daß verschiedenartige Episoden aufeinanderfolgen und durch ihren Charakter dem Stück das kapriziöse Wesen verleihen, nach dem es benannt ist. Ein Komponist, dessen Genie sich für diese Gattung wunderbar eignete, war Carl Maria von Weber, und es ist nicht verwunderlich, daß ich im Laufe meiner Arbeit vor allem an diesen Fürsten der Musik dachte.' Der erste Satz (Presto) beginnt mit einer kurzen Einleitung, die in zweimaligem Wechselspiel eine abrupte Passage für Klavier und Orchester einer getragenen Episode für Soloquartett gegenüberstellt. Das Hauptmotiv des launischen Satzes ist ein g-Moll-Arpeggio (Marcato), aus dem sich weitere Themen entwickeln. Eine Erweiterung der Einleitung beschließt den ersten Teil. Der langsame Satz (Andante rapsodico) beginnt mit einem Dialog zwischen Klavier und Holzblä sern. Auffallend ist die barocke Ornamentik des Soloparts. Die Form ist drei teilig; eine Kadenz bildet den Abschluß. Ganz den Charakter eines Perpetuum mobile trägt das kapriziöse Finale (Allegro capriccioso ma tempo giusto). Eine improvisatorisch-unschlüssige Einleitung (Klavier) führt zu den beiden auf Bre chungen des G-Dur-Akkords beruhenden Hauptthemen des Allegro brillante, die rondoartig und spielfreudig zwischen Solist und Orchester hin und her geworfen werden" (M. Gräter). Seine letzte Musik zu einem Bühnenwerk - ein Kompositionsgebiet, auf dem ihm mit seinen Opern und Singspielen insgesamt wenig Erfolg beschieden war - schrieb Franz Schubert 1823 zu dem vieraktigen „großen romantischen" Schauspiel „Rosamunde, Fürstin von Cypern". Das Stück stammte von Hel- mina von Chezy, einer Dichterin, die als Librettistin des unglücklichen Textbuches zu Carl Maria von Webers „Euryanthe" in die Musikgeschichte eingegangen ist. Auch „Rosamunde", am 20. Dezember 1823 im Theater an der Wien uraufge führt, muß nach zeitgenössischen Pressestimmen (der Text selbst ist nicht erhal ten) ein recht krauses Machwerk voller grotesker Unwahrscheinlichkeiten und Überraschungen gewesen sein. Die Premiere brachte denn auch einen völligen Mißerfolg, und das Stück erlebte nur noch eine Wiederholungsaufführung, ehe es für immer in Vergessenheit geriet. Das einzige, was von „Rosamunde" leben dig blieb, ist Schuberts Musik dazu, von deren insgesamt neun Nummern (Zwi schenakt- und Ballettmusiken, Geister-, Jäger- und Hirtenchöre, eine schwärme rische Alt-Romanze) einige Teile zu seinen größten Eingebungen gehören. Eine