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eigene Ouvertüre hat der Komponist zu „Rosamunde" nicht geschrieben. Bei der Uraufführung wurde die Ouvertüre zu seiner Oper „Alfonso und Estrella" dafür verwendet; die heute überall bei Aufführungen der „Rosamunde"-Musik zu hörende Ouvertüre war jedoch ursprünglich die Ouvertüre des 1820 veröffent lichten Melodrams „DieZauberharfe'',dieSchubert selbst später als „Rosamunde"- Ouvertüre bezeichnete. Es ist ein blühendes romantisches Musikstück, das nach einer etwas düsteren, unheilkündenden Andante-Einleitung einen Allegro-vivace- Teil mit lieblich-gesanglichem Hauptthema ohne eigentliche Durchführung bringt. Außer dieser sehr bekannt gewordenen, in vielem an Rossinische Ouvertüren erinnernden und doch echt Schubertschen Komposition erklingen in unserem Konzert die Zwischenaktmusik Nr. 2 sowie die Ballettmusik Nr. 2 aus „Rosa munde". Diese Zwischenaktmusik, ein lyrisches B-Dur-Andantino, komponierte Schubert als Einleitung zur ersten Szene des vierten Aktes, in der Rosamunde in einem idyllischen Tal bei ihren Herden erscheint. Das volkstümlich-schlichte Hauptthema benutzte der Komponist übrigens auch für den langsamen Satz seines Streichquartetts a-Moll und für die Variation eines seiner berühmtesten Impromptus. Eingeschaltet in das B-Dur-Andantino sind zwei Minore-Teile in g-Moll und b-Moll mit charakteristischer Trioienbewegung und Ruf- und Antwort spiel der Holzbläser. Die am Schluß des Dramas gespielte zweite Ballettmusik, gleichfalls ein Andantino, zählt wie die zweite Zwischenaktsmusik mit Recht zu den bedeutendsten und beliebtesten Teilen der „Rosamunde"-Partitur. Feine Nuancierung und Kontrastierung von Hauptsatz und Trio, von Piano- und Forte- Abschnitten, Dur- und Moll-Teilen kennzeichnen dieses Stück, das im da capo mit fröhlich jubelnden, österreichisch anmutenden Klängen beschlossen wird. Wie Ludwig van Beethoven in der Reihe seiner Sinfonien zwischen Werken kraftvoll-männlichen und anderen mehr lyrisch-weiblichen Charakters abwechselte, steht auch sein Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur op. 58 ein wenig träumerisch zwischen dem heroischen c-Moll- und dem grandiosen Es-Dur- Konzert. Erstmalig aufgeführt wurde dieses Werk, von Beethoven selbst gespielt, im März 1807 bei einer seiner Akademien im Palais Lobkowitz in Wien. Der be kannte Liederkomponist und Musikschriftsteller Johann Friedrich Reichardt, der das Konzert bei einer Wiederholung im Dezember des folgenden Jahres zusam men mit zahlreichen anderen Kompositionen Beethovens hörte, berichtete dar über: „Das achte Stück war ein neues Pianofortekonzert von ungeheurer Schwie rigkeit, welches Beethoven zum Erstaunen brav in den allerschnellsten Tempi ausführte. Das Adagio, ein Meistersatz von schönem durchgeführten Gesang, sang er wahrhaft auf seinem Instrumente mit tiefem melancholischen Gefühl, das auch mich dabei durchströmte." - In der Tat ist im G-Dur-Konzert die Form des Solokonzertes mit Orchester in ganz idealer Weise gemeistert. Der Solist, dessen virtuos-pianistische Forderungen nie außer acht gelassen, aber geist voll als organischer Bestandteil des Werkes eingesetzt werden, und das Or chester sind hier durchaus selbständige und doch motivisch-thematisch aufs genialste miteinander verknüpfte Partner. Sie dienen gemeinsam der sinfonischen Idee, die die drei kontrastierenden Sätze des Werkes zu einer entwicklungsmä ßigen Einheit verbindet, so daß man hier, wie auch beim Es-Dur-Konzert, mit vol lem Recht von einer „Klaviersinfonie" sprechen kann. Als Kernstück des Konzerts, in dessen Grundhaltung die lyrisch-idyllischen Züge dominieren, ist der dialogi sierende Mittelsatz mit seinem poetischen Gegenspiel von Klavier und Orchester anzusehen. Der erste Satz (Allegro moderato) bringt zu Beginn, solistisch vorgetragen, das zarte, weiche G-Dur-Hauptthema, auf dessen motivische Beziehung zu dem berühmten „Schicksalsmotiv" der 5. Sinfonie häufig aufmerksam gemacht wurde. Auf der Dominante endend, erfährt das Thema durch einen plötzlichen Wechsel nach H-Dur eine neue Beleuchtung. Nach einer Weiterentwicklung im Tutti erklingt zuerst in den Violinen das stolze, signalartige zweite Thema. Mit diesen Hauptgedanken, die jedoch durch mannigfache neue Seitengedanken bereichert, vom Klavier in ausdrucksvollen Akkordfigurationen umspielt und immer wieder abgewandelt werden, entsteht nun ein wundervolles, von größtem Empfin dungsreichtum zeugendes Zusammenwirken von Soloinstrument und Orchester, das nach der großen Kadenz rauschend-schwungvoll beendet wird. — Höchste poetische Wirkungen erreicht der ergreifende langsame Satz (Andante con moto), der die Romantiker verständlicherweise ganz besonders begeisterte. Einer Überlieferung zufolge soll er von der Orpheus-Sage inspiriert sein und die Bezwingung der finsteren Mächte der Unterwelt durch die Macht seelen vollen Gesanges zum Inhalt haben. In leidenschaftlichem Dialog zwischen Kla vier und Orchester erfolgt, charakterisiert durch zwei äußerst gegensätzliche Themen, ein düster-drohendes und ein innig-flehendes, diese entscheidende Auseinandersetzung zweier Prinzipien. — Der sich unmittelbar anschließe.^B Schlußsatz, ein Rondo, zeigt danach nun in seiner Gestaltung stürmische Lebensfreude, heitere Glücksempfindungen. Phantasievolle Kombinationen des tänzerischen Rondo-Themas und eines lyrischen, schwärmerischen Seitenthemas münden in einen glanzvollen Abschluß des Konzertes. VORANKÜNDIGUNG: 9. und 10. Mai 1969, jeweils 19.30 Uhr, Kongreßsaal 16. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Lothar Seyfarth Solist: Ruggiero Ricci, USA, Violine Werke von Bianchi, Strawinsky und Lalö Freier Kartenverkauf Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1968,69 — Chefdirigent: Kurt Masur Redaktion: Dr. Dieter Härtwig Druck: Grafischer Großbetrieb Völkerfreundschaft Dresden, Zentrale Ausbildungsstätte 40909 III 9 5 1,4 469 JtG 009 42/62 »hihamnoni 15. AU S S E ROR DE NTLIC H E S KONZERT 1968/69