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Otto Reinhold: Triptychon für Orchester (1954) Der in Thum (Erzgebirge) im Jahre 1899 geborene, seit 1929 in Dresden wirkende und daselbst am 27. August 1965 viel zu früh verstorbene Otto Reinhold, einst Schüler von Hermann Grabner am Leipziger Konservatorium, hat ein zwar nicht quantitativ, jedoch qualitativ sehr gewichtiges Oeuvre hinterlassen. Seine Orchester-, Chor-, Kammermusik- und Liedkompositionen haben weit über die Grenzen der DDR in Westdeutschland, in der CSSR, in Polen, in der Sowjetunion, in Rumänien, in China, den USA, Italien, Belgien, Finnland, Holland und Frankreich Beachtung gefunden. Von der heimatlichen Landschaft, der Herbheit, Kargheit des Erzgebirges wurde schon frühzeitig das Wesen dieses eigen ständigen Musikers geprägt, das sich später in der typischen Spröde, Herbe, KlangunsinrM lichkeit und Geradlinigkeit seiner musikalischen Sprache so überzeugend ausdrücke™ sollte. Otto Reinhold, dessen schöpferisches Lebenswerk einen wesentlichen, profilierten Bestandteil unserer neuen Musikkultur darstellt, schrieb eine eigenwillige, immer saubere und ehrliche Handschrift, die sich einordnen läßt in die neoklassizistische Musikentwicklung unseres Jahrhunderts. Immer wollte der Komponist seine Musik vor allem als Ausdruck, als Ablauf seelischer und geistiger Vorgänge verstanden wissen. 1962 wurde der in der Stille wirkende feinsinnige Künstler mit dem Martin-Andersen-Nexö-Kunstpreis der Stadt Dres den geehrt. Das im Jahre 1954 entstandene, am 8. Oktober 1955 von der Dresdner Philharmonie unter Kurt Masur uraufgeführte Triptychon für Orchester darf in seiner gedanklichen Konzentra tion, seinem hohen ethischen Ausdruckswert zu den charakteristischen und auch erfolg reichsten Schöpfungen des Komponisten gezählt werden. „Ganz im Sinne der gleichbe nannten historischen Bild- und Schnitzwerke liegt diesem Orchesterstück ein zentraler Ge danke zugrunde, der auf drei Stufen verteilt, eine räumlichkontemplative Betrachtung for dert. Während der ruhige, vom weichen Gesang der Holzbläser eingeleitete, gleichsam rezitativische Mittelteil vornehmlich lyrische Stimmungswerte erschließt, kommt es in den Ecksätzen zu breit angelegten dramatischen Entfaltungen, die aus der fortschreitenden Veränderung der musikalischen Grundidee resultieren. Es ist bemerkenswert, daß eben diese Grundidee (von einem Hauptthema im traditionellen Sinne kann man nicht sprechen) nicht sogleich fertig vorliegt, sondern erst aus einem einleitenden Unisono entwickelt und schließlich im ersten Tutti gleichsam verkündet wird, um sodann ihren Einfluß bis in da letzten Takte des Finales geltend zu machen. Die dazu tretenden, mehrfach im Wechsel spiel zwischen kleinem und vollem Orchester auftretenden Seitenepisoden sind in jedem Falle logisch aus dem vorhandenen Material abgeleitet und tragen ihrerseits wesentlich zu dem großartigen, die vielfältigsten Gedanken und Empfindungen freilegenden musika lischen Umformungsprozeß bei". Felix Mendelssohn-Bartholdy: Konzert für Violine und Orchester e-Moll, op. 64 Eines der bekanntesten und meistgespielten Violinkonzerte überhaupt ist neben den be rühmten Konzerten von Beethoven, Brahms und Tschaikowski das Konzert für Violine und Orchester e-Moll, op. 64 von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Das Werk — übrigens wie die Schöpfungen der eben genannten Meister auch Mendelssohns einziger Beitrag zu dieser Gat tung — entstand in seiner endgültigen Gestalt im Sommer 1844 in Bad Soden, wo der Kom ponist im Kreise seiner Familie heitere, ungetrübte Ferientage verlebte; erste Entwürfe dazu stammen jedoch bereits aus dem Jahre 1838. Am 13. März 1845 wurde das Violinkonzert im Leipziger Gewandhaus unter der Leitung des dänischen Komponisten Niels W. Gade durch den Geiger Ferdinand David uraufgeführt, für den es geschrieben worden war. Nach der erfolgreichen Uraufführung schrieb David an den ihm befreundeten Komponisten einen be geisterten Brief, in dem es u. a. über das Werk hieß: „Es erfüllt aber auch alle Ansprüche, Be an ein Konzertstück zu machen sind, im höchsten Grade, und die Violinspieler können Dir nicht dankbar genug sein für diese Gabe". Bis heute hat sich dieses Urteil nicht geän dert; vereinigt das unverblaßt gebliebene Konzert, das sich vor allem durch seine harmo nische Verbindung von Virtuosität und Kantabilität auszeichnet, doch auch wirklich in schön ster Weise alle Vorzüge der Schaffensnatur seines Schöpfers: formale Ausgewogenheit, ge dankliche Anmut und jugendliche Frische. Ohne Einleitungstutti beginnt der schwungvolle erste Satz mit dem vom Solisten vorgetrage nen gesanglichen Hauptthema von echt vioiinmäßiger Prägung. Neben diesem Thema wer den im Verlaufe des von blühender romantischer Poesie erfüllten Satzes noch ein ebenfalls sehr kantabler Seitengedanke und ein liedhaftes, ruhiges zweites Thema bedeutsam, das zuerst durch die Bläser über einen Orgelpunkt des Soloinstrumentes erklingt und dann von diesem aufgegriffen und weitergeführt wird. — wie eines der Mendelssohnschen „Lieder ohne Worte" mutet der durch einen liegenbleibenden Ton des Fagotts angeschlossene drei teilige Mittelsatz an, ein Andante in wiegendem 6 / 8 -Takt. Echt romantischer Elfenzauber wird schließlich im geistsprühenden, prickelnden Finale, das in seinem Charakter der kurz vorher vollendeten „Sommernachtstraum"-Musik des Komponisten nahesteht, in überaus poeti scher, stimmungsvoller Weise heraufbeschworen. In festlichem Glanz beendet dieser be sonders virtuose, dabei musikalisch ebenfalls substanzreiche Satz das Werk. Antonin Dvorak: 8. Sinfonie G-Dur, op. 88 "nen weiten Weg hat der schlichte Gastwirtssohn, Dorfmusikant und Organist Antonin Dvorak zurücklegen müssen, ehe er — neben Smetana — gefeierter tschechischer National komponist wurde. Die Neue Welt, Amerika, hatte ihn angezogen (hier entstand 1894 seine populärste, bedeutendste Sinfonie „Aus der Neuen Welt"), doch kehrte er bald wieder nach Prag zurück, wo er Direktor des Konservatoriums wurde. Er hatte das seltene Glück, Zeuge seiner internationalen Anerkennung zu werden. Die Universitäten Prag und Cambridge verliehen ihm die Würde des Ehrendoktors. Wie Smetana schöpfte auch Dvorak in seinen bedeutenden Kammermusik- und Orchesterwerken, in seinen Opern (von denen in Deutschland vor allem „Rusalka" bekannt wurde) aus dem unerschöpflichen Born der tschechischen Volksmusik. Dem feinnervigen Smetana, aber auch Beethovens, Brahms' und Schuberts Schaffen hat Dvorak, ein urwüchsiger Vollblutmusiker, viel zu danken. Die 8. Sinfonie G-Dur, op. 88, bei der Herausgabe unrichtigerweise als Dvoraks „Vierte" bezeichnet, da sie die vierte gedruckte Sinfonie des Komponisten darstellte, entstand im Sommer und zu Beginn des Herbstes 1889, kurz nach der Komposition des Klavierquintetts Es-Dur — knapp sechs Jahre nach dem Abschluß der vorangegangenen 7. Sinfonie. Die