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DRESDNER PHILHARMONIE Mittwoch, den 12. Mai 1971, 20.00 Uhr Donnerstag, den 13. Mai 1971, 20.45 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden 9. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Kurt Masur Solist: Hans Richter-Haaser, BRD, Klavier Siegfried Thiele Introduktion und Tokkata für großes Orchester geb. 1934 - . , , ■■ . 3 Erstaufführung Ludwig van Beethoven 1770-1827 Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 c-Moll op. 37 Allegro con brio Largo Rondo PAUSE Max Reger 1873-1916 Variationen und Fuge über ein Thema von W. A. Mozart op. 132 PROF. HANS RICHTER-HAASER wurde im Jahre 1912 in Dresden geboren. Er studierte am Dresdner Konservatorium und debütierte 1928. Aufführungen der Dresdner Staatsoper unter Fritz Busch und Karl Böhm und der Dresdner Philharmonie unter Scheinpflug, Lodwig und van Kempen beeindruckten den jungen Künstler nachhaltig, der 1930 den vielumworbenen Bechstein-Preis gewann. Seit 1932 konzertierte Richter-Haaser, der zu den führenden deutschen Pianisten der Gegenwart aufstieg, in allen fünf Kontinenten. Er betätigte sich zeitweilig auch als Komponist und Dirigent. 1945 bis 1947 dirigierte er das Städtische Orchester in Detmold, wo er seit 1946 an der Nordwestdeutschen Musikakademie lehrt und seit 1955 einer Meister klasse vorsteht. Mit der Dresdner Philharmonie musizierte er bereits am Beginn seiner Karriere im Jahre 1932 und zuletzt im Jahre 1966. ZUR EINFÜHRUNG Siegfried Thiele, 1934 im damaligen Chemnitz geboren, studierte an der Hochschule für Musik in Leipzig Komposition (bei den Professoren Wilhelm Weismann und Johannes Weyrauch) und Dirigieren (bei Franz Jung und Heinz Rögner). Nach Abschluß des Hochschulstudiums wirkte er als Musiklehrer an den Musikschulen Radeberg und Wurzen. Neben seiner Lehrtätigkeit führte Siegfried Thiele seine Kompositionsstudien an der Deutschen Akademie der Künste zu Berlin bei Professor Leo Spies in den Jahren 1960 bis 1962 weiter. Danach wurde er an die Hochschule für Musik in Leipzig als Lehrer für Tonsatz und Partiturspiel verpflichtet, wo er heute noch als Oberassistent tätig ist. 1963 übernahm er die Leitung des Leipziger Jugendsinfonieorchesters. Der Komponist konnte verschiedentlich nachdrücklich auf sich aufmerksam machen. An Werken entstanden bisher Klaviermusik, Kammermusik, verschie dene konzertante Arbeiten, von denen das Klavierkonzert (1963) besonderen Erfolg errang, und sinfonische Musik (Pantomime für Orchester, 1962, Sinfonie in fünf Sätzen, 1965, Musik für Orchester, 1968, Intrada - Cantus — Tokkata für Orchester, 1968, Konzert für Orchester, 1970). Das kurze, festliche Orchesterwerk Introduktion und Tokkata, ein Auftragswerk des Berliner Sinfonie orchesters zum 20. Jahrestag der Deutschen Demokratischen Republik, entstand 1969. Im September des gleichen Jahres erlebte die Komposition im Eröffnungs konzert der Berliner Festtage ihre Uraufführung durch das Berliner Sinfonie orchester unter Kurt Sanderling und wurde auf der jüngsten Frankreich-Tournee des Berliner Sinfonieorchesters und der England-Tournee des Leipziger Gewand hausorchesters auch erfolgreich im Ausland interpretiert. Siegfried Thiele äußerte zu dem Stück: „Introduktion: Energisch gespannte Blechbläserklänge, denen ein nachdrücklich deklamierender Charakter eigen ist, eröffnen das Werk. Tiefe Streicher wieder holen die von den Bläsern aufgestellte Melodik. Danach nehmen die Blechbläser wieder den Anfang des Werkes auf, diesmal in exponierter Lage. Von da aus wird der Höhepunkt dieses kurzen Einleitungssatzes in gleichmäßig schreitenden Halben erreicht. Ein Epilog stellt der eben gewesenen dynamischen Expansion eine aufs Pianissimo reduzierte Dynamik gegenüber. Tokkata: Ein in sich dreiteiliges Stück, das — in seiner Grundhaltung erregt und vorwärtsdrängend — verschiedene Formen lebhaft bewegten Musizierens ent faltet. Der erste Teil geht aus einem einfach rhythmisierten Kleinterz-Intervall hervor: zu Beginn des Satzes von der Pauke piano vorgetragen. Dieses Terz intervall wird bestimmend für die allmählich sich bildende Thematik dieses ersten Teiles. Dabei wird die Formung im wesentlichen von registerartigen Klangver stärkungen geprägt. Der weniger ausgedehnte Mittelteil setzt ein mit einem weitgespannten Quartmotiv in der Tuba. Der Verlauf dieses Teiles steht im umgekehrten Verhältnis zum vorangegangenen ersten Teil der Tokkata: es findet jetzt eine allmähliche Entthematisierung statt, die dazu führt, daß bloße Rhythmus- bzw. Intervallstrukturen erklingen. Energische Schlagzeug- und Blech bläsereinwürfe führen dann zurück zu Themengestalten des ersten Teiles. Wiederholung und Variation dieser Themengestalten sind Inhalt des dritten Teiles. Im Ausklang der Tokkata wird noch einmal auf die Introduktion zurück gegriffen: die zu Anfang des Stückes aufgestellte Melodik erklingt auch am Schluß, jetzt im Fortissimo des ganzen Orchesters." Ludwig van Beethoven hat mit seinen fünf Klavierkonzerten, die er zunächst für sein eigenes öffentliches Wirken als Pianist schrieb, Gipfelwerke der virtuosen Konzertliteratur geschaffen. Bereits vor den ersten beiden Klavier konzerten op. 15 und 19 hatte er sich mit der Komposition von Klavierwerken beschäftigt (Trios op. 1, zahlreiche Sonaten) und auf diesem Schaffensgebiet weit eher musikalisches Neuland, neue Klangbezirke erschlossen als in der