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Hilhamoomio /o RAN K JNDIGUNGEN: Sonnabend, Freier Kartenverkauf Programmblätter der Dresdner Philharmonie - Spielzeit 1970/71 - Chefdirigent: Kurt Masur Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Druck: veb polydruck Werk 3 Pirna - 111-25-12 3,2 ItG 009-55-71 9. PHILHARMONISCHES KONZERT 1970 71 Sinfonik. Die Klavierkonzerte entstanden etwa parallel zu den ersten sechs Sinfonien. Als ein Gehörleiden den Meister zwang, seine von den Zeitgenossen hochgeschätzte pianistische Tätigkeit aufzugeben, hatte er sein bedeutendstes Klavierkonzert, das fünfte in Es-Dur, bereits geschaffen und die mit dem dritten Konzert einsetzende Entwicklung seines konzertanten Schaffens von aristokra ¬ tisch-gesellschaftlicher Unterhaltungskunst zum ideell-schöpferischen Bekenntnis auf den Höhepunkt geführt. Das 3. Klavierkonzert in c-Moll op. 37 stammt in seiner endgültigen Gestaltung aus dem Jahre 1802 (Skizzen dazu entstanden allerdings bereits in früheren Jahren) und wurde mit dem Komponisten als Solisten zusammen mit der 2. Sinfonie und dem Oratorium „Christus am Olberg" am 5. April 1803 in Wien uraufgeführt. Es ist sicher vor allem von der Zeit der Entstehung dieses Werkes her zu begreifen, wenn Beethoven hier im Vergleich zu den beiden vorhergehenden Klavierkonzerten ganz neue Töne anschlägt, diese Gattung unter ganz neue Gesetze stellt: war doch das Entstehungsjahr 1802, das Jahr des erschütternden „Heiligenstädter Testaments", für ihn durch die menschliche Tragik seiner beginnenden Ertaubung auch in persönlicher Beziehung äußerst krisenreich und bedeutungsvoll. Aus dem c-Moll-Konzert (schon die Wahl dieser Tonart ist charakteristisch) spricht bereits der gereifte Meister zu uns, der sich in großen, leidenschaftlichen Auseinandersetzungen durch die ihn bewegenden Probleme hindurchkämpft und sie endlich überwindet. In formaler Hinsicht wird dabei in diesem Werk zum erstenmal in der Geschichte des Instrumentalkonzertes das Konzert der Sinfonie angeglichen und auch in der Verarbeitung des thema ¬ tischen Materials dem sinfonischen Prinzip unterworfen. So wie beim Soloinstru ¬ ment das Virtuose jetzt vollkommen in den Dienst der inhaltlichen Aussage gestellt wird, wird nun auch das Orchester aus seiner bisher größtenteils nur begleitenden Funktion gelöst — Klavier und Orchester konzertieren im drama ¬ tischen, spannungsgeladenen Mit ¬ in absoluter Gleich- und Gegeneinander berechtigung. Das plastisch-einprägsame, männliche Hauptthema des ersten Satzes (Allegro con brio) setzt sich aus einem aufsteigenden c-Moll-Dreiklang, einem abwärts zum Grundton fallenden Schreitmotiv und einem ausgesprochen rhythmischen Quartenmotiv zusammen, das besonders in der Coda (hier von den Pauken gespielt) wichtig für die thematische Entwicklung wird. Einen Gegensatz dazu bringt ein schwärmerisches, gesangvolles zweites Thema in der Paralleltonart Es-Dur. Nachdem das Hauptthema die orchestrale Exposition energisch beendet der an Auseinandersetzungen und Spannungen reichen, die hat, beginnt in Themen meisterhaft verarbeitenden großen Durchführung das intensive Wechsel ¬ spiel der beiden Partner, das schließlich noch nach der Kadenz des Solisten in der Coda eine letzte Steigerung erfährt. Schon rein durch seine Tonart E-Dur hebt sich das folgende, innig-schöne Largo merklich von den Ecksätzen ab. Der dreiteilig angelegte Satz, von dem eine gelöste, feierlich-ruhevolle Stimmung ausgeht, setzt solistisch ein; das zuerst vom Klavier vorgetragene Thema ist von klassischer Größe und Erhabenheit. Im Zwiegespräch mit dem Orchester wird es dann durch das Soloinstrument mit feinem, filigranhaften Figurenwerk Harfenähnliche Arpeggien des umspielt. Klaviers umranken im Mittelteil des Largos den Gesang der Flöten und Fagotte, bis in der Reprise wieder die Ornamentik des begleitenden Soloinstrumentes, jetzt noch reicher angewendet, kennzeichnend wird. Der lebhafte, humorvoll-energische Finalsatz, ein Rondo, führt in die Haupt ¬ tonart c-Moll zurück. Wiederum beginnt der Solist mit dem Hauptthema, das zupackend-trotzige Züge trägt und im Verlauf des Satzes im geistvollen Dialog zwischen Orchester und Klavier mit Varianten immer wieder auftaucht, wobei interessante harmonische Rückungen, eigenwillige Modulationen charakteristisch sind. Nach einer zweiten kurzen Kadenz des Klaviers findet ein Wechsel von fakt, Tempo und Tonart statt. Die stürmische Coda (Sechsachteltakt, Presto) schließt in strahlendem C-Dur schwungvoll und glänzend das Konzert ab. Die Variationen Moza r t und Fuge über Thema 132 sind neben den Hiller-Variationen rasch zu Max Regers be ¬ rühmtestem und volkstümlichstem Orchesterwerk aufgestiegen. Das im Sommer 1914 entstandene Werk mutet in der umfassenden Überschau der Reg erseh en Kunst wie ein testamentarisches Vermächtnis an. Der Komponist hat hier den Gipfelpunkt seines jahrelangen Ringens um Einfachheit, Klarheit und Durch ¬ sichtigkeit des Ausdrucks und der Orchesterbehandlung erreicht. Sein reifstes, schönstes und bedeutendstes Orchesterwerk müssen wir also in den Mozart- -Thema aus Mozarts Pariser A-Dur- Variationen sehen, denen das bekannte Kiaviersonate zugrunde liegt. Mit einem harmonischen Raffinement ohnegleichen, Rhythmik, einer stark einer hochgesteigerten Chromatik und differenzierten Mozart- kontrastierenden Dynamik wird der großartige Cantus firmus des nicht als stilistische Vorlage, dient, Themas, das hier nur als Phänomen, wundersam zu etwas völlig Eigenem und Neuem umgeformt. Regers Werk reicht also weit über den Begriff „Mozart" Seine überlegene Phantasie und hinaus. abe zu konzentrierter Ausdrucksverdichtung ließen ein Werk entstehen, dessen gestalterische Vielfalt, dessen schöpferischer Reichtum scheinbar alle Formen sprengt und das doch in die Formen Variationen und Fuge, wie sie bei Reger ort begegnen, hineingepreßt ist. Das Mozart-Thema erklingt zunächst in Originalgestalt, von Holzbläsern und Dann folgen acht Variationen, deren größter Teil das Streichern vorgetragen. Thema oder Ausschnitte aus diesem unangetastet lassen. Im Sinne des vorklassi ¬ schen Figurationsprinzipes werden dabei neue Stimmungen durch andere Harmo ¬ nisierung (auch Mollversetzung), kontrapunktische Gegenstimmen, Umkehrungen, und der Instrumentation usw. erreicht. In der Veränderungen der Rhythmik zierten und fünften Variation verwandelt Reger auch den Charakter des Themas völlig, wie es in der Romantik üblich war. Die achte Variation ist eine ungemein Dann setzt als überwältigende Krö- ausdrucksstarke Fantasie über das Thema. Das erste Thema wird in leichtflüssigem nung des Werkes eine Doppelfuge ein. Staccato angestimmt, das zweite besitzt einen mehr gesanglichen Charakter. Beide Themen werden verknüpft, als Kontrapunkte treten Reminiszenzen aus den Variationen hinzu. Auf dem Höhepunkt der Entwicklung erklingt zu den beiden Fugenthemen (in den ersten Violinen und in der Klarinette) mit strahlend-fest ¬ lichem Hörner ¬ fixe dee. und Trompetenklang das originale Mozart-Thema gleichsam als Der Kreis dieses einzigartigen Variationszyklus hat sich geschlossen. Dr. habil. Dieter Härtwig den 29. Mai 1971, 20.00 Uhr, Kulturpalast 11. AUSSERORDENTL CHES KONZERT Dirigent: Kurt Masur Solistin: Silvia Marcovici, SR Rumänien, Werke von Janacek, Lalo und Ravel