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DRESDNER PHILHARMONIE Sonnabend, den 10. April 1971, 20.00 Uhr Sonntag, den 11. April 1971, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden 9. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Juan Pablo Izquierdo, Chile Solist: Jürgen Pilz, Dresden, Violine Franz Liszt 1811-1886 Les Preludes Sinfonische Dichtung nach Lamartine Sergej Prokofjew 1891-1953 Konzert für Violine und Orchester Nr. 2 g-Moll op. 63 Allegro moderato Andante assai Allegro ben marcato Zum 80. Geburtstag des Komponisten am 11. April 1971 PAUSE Ludwig van Beethoven 1770-1827 Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 (Eroica) Allegro con brio Marcia funebre Scherzo (Allegro vivace) Allegro molto Der chilenische Dirigent Juan Pablo Izquierdo wurde 1935 in Santiago de Chile geboren. Nach Ab schluß einer Kompositions lehre betrieb er intensive Dirigierstudien, u. a. als Schüler von Hermann von 1958 bis 1960 und Scherchen in Gravesano danach als Assistent beim Philharmonischen Orchester seiner Heimatstadt. Als Direktor der Musikabteilung der Universität von San tiago entfaltete er eine vielseitige künstlerische Tä tigkeit, wofür ihm 1962 der Nationale Kritiker-Preis Chiles verliehen wurde. 1966 wurde er 1. Preisträger beim Internationalen Dimi tri - Mitropoulos - Dirigenten wettbewerb in New York, Damit verband sich eine einjährige Assistenz bei den New Yorker Philharmonikern unter der Anleitung von Leonard Bernstein. Seit 1965 konzertierte er nicht nur in seiner Heimat, sondern auch, in zahl reichen südamerikanischen Staaten und in Europa. 1967 wurde er als Dirigent für Oper und Konzert an die Indiana-Universität in Bloomington (USA) verpflichtet. Jürgen Pilz, seit der Spielzeit 1969/70 als Konzertmeister der Dresdner Philharmonie verpflichtet, wurde 1945 in Dresden geboren. Er studierte an der Spezialschule für Musik in Dresden, an der Fachschule für Musik in Berlin und an der Franz-Liszt-Hochschule in Weimar u. a. bei den Professoren Mühlbach, Scholz und Ehlers. Der junge Künstler erhielt 1967 den 1. Preis beim Nationalen Solistenwettbewerb der DDR in Markneukirchen, im gleichen Jahr wurde er Preisträger beim Internationalen Enescu-Wettbewerb in Bukarest. 1968 wurde er mit einem Diplom des Internationalen Bach-Wettbewerbes in Leipzig und mit einer Bronze- Medaille beim Internationalen Geigerwettbewerb anläßlich der Weltfestspiele der Jugend in Sofia ausgezeichnet. Konzertreisen führten Jürgen Pilz bisher in zahlreiche Städte der DDR sowie nach Polen, Ungarn, Rumänien, in die CSSR und nach Bulgarien. ZUR EINFÜHRUNG Franz Liszts sinfonische Dichtung „Les Preludes" wurde im Jahre 1845 entworfen und 1854 in Weimar uraufgeführt, wo der Komponist in der Zeit von 1848 bis 1861, nachdem er sich von seinen großen Reisen als Klaviervirtuose zurückgezogen hatte, als einflußreicher Lehrer und Förderer einer neuen Generation von Pianisten und Komponisten lebte und wirkte. Vieles in der Musik dieser bedeutenden, weithin wirkenden und ihrer Epoche unendlich viele Anregungen vermittelnden Persönlichkeit erscheint uns heute recht zeitgebunden und in seiner Wirkung ferner gerückt — doch darf nicht verkannt werden, daß Liszt trotz starker Betonung des virtuosen Elements, trotz der großen, uns häufig etwas äußerlich-pathetisch anmutenden Klanggebärde stets bestrebt war, seinen Werken einen geistigen Gehalt zu geben. Ebenso bedeutend wie auf dem Gebiete der Klaviermusik war Liszt in der Orchestermusik. Die Bestrebungen Hector Berlioz' fortsetzend, gelangte er in seinen sinfonischen Dichtungen zu einem neuen Typus der Programmsinfonie, jenseits aller erstarrten Formen. Mit der von ihm geschaffenen Gattung der sinfonischen Dichtung, die in Richard Strauss ihren genialen Vollender fand, hat er einen großen Einfluß auf die Entwicklung der Orchestermusik in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und noch darüber hinaus ausgeübt. Nicht nur in Deutschland bildete sich eine regelrechte Liszt-Schule, sondern auch in Frankreich, in der Tschechoslowakei, in Rußland, ja selbst in England und in Amerika. Die sinfonische Dichtung „Les Preludes" ist, obwohl ihr in der Mehrzahl stehender Titel „Vorspiele" verheißt, ein einsätziges Orchesterwerk, über das der ungarische Musikwissenschaftler Zoltän Gärdonyi einmal folgendes geschrieben hat: „Zur Erklärung des Inhalts verwendete Liszt eine umfangreiche .Meditation' des französischen Dichters Lamartine. Dieses Gedicht enthält eine eigenartige Be trachtung des Menschenlebens. ,Was ist unser Leben anders als eine Reihen folge von Präludien zu jenem unbekannten Gesang, dessen erste und feierliche Note der Tod anstimmt?' — heißt es in Liszts Erläuterung zu seiner Komposition. Aber das Werk ist alles andere als ein Vorspiel zum Tode. Es schildert das wechselvolle Leben eines heroischen Menschen und schließt sieghaft triumphierend. — Nach einer tastenden langsamen Einleitung erklingt das Hauptthema zuerst in pathetisch feierlichem Ton. Dieses heroische Thema nimmt dann eine weichere, sehnsuchtsvolle Gestalt an. Ein selig wogendes Thema erzählt von schwärmerischen Liebesträumen. Nach Abschluß dieses lyrisch schwelgerischen Teils entwickelt sich eine leidenschaftlich kämpferische, stürmisch bewegte Durchführung mit einem energischen Fanfarenmotiv, das aus dem heldischen Hauptthema gebildet ist. Der Mittelteil ist ein Allegretto pastorale mit einem lieblichen Thema, das der Freude des Menschen an der Natur Ausdruck gibt. Im glanzvollen, triumphalen Schlußteil der .Preludes' erfahren die beiden Hauptthemen, das energische Heldenthema und das lyrische Liebesthema, eine marschartige Umformung ins Sieghafte. Immer strahlender wird der großartige Melodienstrom, bis das Werk mit dem heroischen Fanfarenthema schließt, mit dem es auch begann.“ Sergej Prokofjew schuf zwei Violinkonzerte. Das erste, op. 19, D-Dur, entstand bereits in den Jahren 1915—17 — die in Petrograd vorgesehene Urauf führung mußte wegen der Revolutionsereignisse abgesagt werden —, das zweite, op. 63, g-Moll, wurde 1935 — als Auftragswerk für den Geiger Robert Seutance, den er 1934 in Paris kennengelernt hatte — vollendet. Während einer Konzert tournee mit dem Geiger Seutance im Winter 1935 36 durch Spanien, Portugal, Marokko, Algier, Tunis gelangte das Violinkonzert Nr. 2, das aus dem ursprünglichen Plan einer Violinsonate erwachsen war, am 1. Dezember 1935 im revolutionär bewegten Madrid zur erfolgreichen Uraufführung — am Vorabend des Sieges der republikanischen Volksfront. „Fast im Gegensatz zu der gärenden