DRESDNER PHILHARMON Mittwoch, den 24. März 1971, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden 6. KONZERT IM ANRECHT C Dirigent: Lothar Seyfarth Solisten: Brunhild Partsch, Dresden, Klavier Amadeus Webersinke, Dresden, Klavier Siegfried Wolf 1 Karl Jungnickel > Dresden, Schlagzeug Gerald Becher J Kinderchor des Philharmonischen Chores Dresden Leitung Wolfgang Berger Bela Bartok 1881-1945 Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug Assai lento — Allegro molto Lento ma non troppo Allegro non troppo Zum ersten Male Neun zwei- und dreistimmige Chöre a cappella aus „Kinder- und Frauenchöre“ (1935) Zauberspruch Einsamkeit Habicht, schwarzer Habicht Brotbacken (Scherzlied) Geh nicht fort! Mädchenspottlied Abschied Spottlied Locklied DDR — Erstaufführung PAUSE Ludwig van Beethoven 1770-1827 Ouvertüre zu „Die Ruinen von Athen“ op. 113 Bela Bartok Suite für Orchester Nr. 1 op. 3 Allegro vivace Poca adagio Presto Moderato Molto vivace ZUR EINFÜHRUNG In den Monaten juli/August des Jahres 1937 schrieb Bela Bart 6 k eines sei ner meisterlichsten Werke: die Sonate für zwei Klaviere und Sc h I a g ze u g , die am 16. Januar 1938 in Basel (mit dem Komponisten und seiner Gattin Ditta Päsztory als den Klaviersolisten) uraufgeführt wurde. Zwei Jahre später legte Bartok eine Fassung desselben Werkes mit Orchester vor. Außer den zwei Klavieren werden folgende Schlaginstrumente gefordert: Pauken, Becken, Xylophon, Tamtam, große und kleine Trommel, Zymbel, Triangel. Das Schlagwerk setzt Bartok nicht dem Klavierklang entgegen, sondern er verschmilzt beide Elemente in durchaus sinfonischem Sinne. „In der Tat handelt es sich nicht um ein Schlagzeugkonzert vor einem harmonischen Hintergrund von Akkorden und Kontrapunkt, sondern entschieden um ein orchesterhaftes Tutti, in dem jedes Instrument seinen — bei manchen sogar thematischen — Part spielt. Man muß einmal gehört haben, wie ein Schlag auf der großen Trommel einen tiefen Ton der Klaviere fortsetzt, wie ein Klaviertriller vom Xylophon echohaft aufgenommen wird, um die völlig neue Art dieses Vorgehens zu begreifen, das mit einer Logik und einem Reichtum der Erfindung durchgeführt ist, die Bartoks erstaunliche mu sikalische Phantasie ermessen lassen. Der Klaviersatz hat prächtige Klangfülle und baut sich oft auf dem sogenannten Gruppenkontrapunkt auf. Den Schlüssel zu dieser koordinierten Bewegung der beiden Klangkörper bildet der rhythmische Kontrapunkt. Es versteht sich, daß nur ein so großer Meister des Rhythmus wie Bartok eine derartige Aufgabe überzeugend lösen kann. Es ist also ersichtlich, daß das sehr reich besetzte Schlagzeug außer der oben bezeichneten Rolle noch die Aufgabe hat, die Grundrhythmen der beiden Klaviere zu stützen und zu ver deutlichen, wenn zwischen den Klavieren der Gruppenkontrapunkt herrscht. Der erste Satz der Sonate zeigt diese Technik in sehr charakteristischer Weise, besonders in seinem ausdrucksvollen Präludium, das über ein accelerando in ein rasches Tempo einmündet; nach und nach fällt das gesamte Schlagzeug ein, unterbricht und zerstückt den Dialog der Klaviere und bereitet so das Ohr wun derbar darauf vor, das scharfe Profil eines in Fugenform behandelten Themas aufzunehmen; das Tempo beschleunigt sich dynamisch noch immer mehr und reißt Klaviere und Schlagzeug in einen wilden, bestürzenden Tanzwirbel. Im zweiten Satz — Andante — entwickelt sich eine sehr langsame und lyrische Melodie in überraschenden Wendungen, farbig umspielt von vielfältig gruppier ten und mit erlesenem Geschmack auf die Instrumente verteilten Wirbeln des Schlagzeugs. Der dritte Satz — Finale (Allegro) — ist ein Rondo. Die Exposition des kecken Tanzlied-Themas hat das Xylophon, das erste Klavier nimmt es auf. Die rhythmi schen und melodischen Entwicklungen, an denen sich alle Schlaginstrumente und die beiden Klaviere beteiligen, beginnen ziemlich ruhig und drängen sich dann immer stärker zusammen; die immer dichter sich folgenden Einsätze führen eine so starke dynamische Spannung herbei, daß man sich fragt, wie Bartok sie lösen wird: meisterhaft in einem luftigen, entspannten, traumhaften Schluß" (S. Moreux). Sind auch Rhythmik und Dynamik die treibenden Kräfte dieses für die Interpreten überaus anspruchsvollen Stückes — die eigenartigen Klangkom binationen verweisen auf ostasiatische Einflüsse —, so entfaltet sich doch auch eine eindrucksvolle Melodik. Nicht zuletzt tritt das ungarische Element bedeutsam in Erscheinung. Zoltän Kodäly hat einmal gesagt: „Niemand ist so groß, daß er nicht für die Kleinen schreiben könnte, ja er muß sich bemühen, groß genug dafür zu sein. Originalwerke müssen geschrieben werden: im Text, in der Melodie, in der Farbe von der Kinderseele und der Kinderstimme ausgehend." Bartok hat sich nicht nur