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HEIKE JANICKE, 1962 in Dresden geboren, begann fünfjährig an der hiesigen Bezirksmusikschule ihre Ausbildung, die sie mit dem 9. Lebensjahr an der Spezialschule und 1980—1987 an der Hochschule für Musik Dresden bei Prof. Heinz Rudolf fortsetzte. Seit 1987 ist sie Aspirantin in der Meisterklasse von Prof. Gustav Schmahl. 1988/89 erhielt sie das Mendels sohn-Stipendium der DDR. In Zusatzunterricht bzw. Kursausbildung förderten bedeutende Violin-Pädago- gen die vielversprechende Begabung der jungen Künst lerin, so Prof. Marschner und Prof. Gawriloff in der BRD, Prof Suk, CSFR, Prof. Rostal, Schweiz, Prof. Gertler, Belgien, Prof. Lewin, Schweden, Prof Fisch, Schweiz und Prof. Gutnikow, UdSSR. Heike Janicke ist mehrfach Preisträgerin internationaler Violin-Wett- bewerbe, u. a. beim Musikwettbewerb in Genf (1985), Kreisler-Wettbewerb in Graz (1987), Kulenkampff-Wett- bewerb in Köln (1988), Zino-Francescatti-Wettbewerb in Marseille (1989). Für die beste Interpretation des Violinkonzertes von Carl Nielsen erhielt sie 1988 den 2. Preis und den Nielsen-Spezialpreis beim 3. Inter nationalen Carl-Nielsen-Wettbewerb in Odense/Däne- mark. Ihre internationale Karriere belegen zahlreiche Auslandsgastspiele, Rundfunk- und Fernsehaufnahmen. Seit 1984 betätigt sich Heike Janicke als Duo-Partner und als Primarius des Janicke-Quartetts intensiv auch kammermusikalisch. das Geschehen in ungehemmtem „Redefluß", der in gleichsam akustischen Schlaglichtern forsch beendet wird. Holzbläser und Solo-Vio line musizieren im knappen Adagio des zwei ten Satzes einen wehmütigen Moll-Gesang. Weich fügen sich später die Streicher der Zwie sprache hinzu. Das Rondo-Thema erscheint wohl zunächst recht keck, aber allzu „scher- zando" ist das Rondo, der umfangreichste Teil des Konzertes, nicht angelegt. Hintergründig keit und Ernst halten den Scherz in Grenzen: Lächeln, das nicht bis in die Augen dringt. Ein paukenuntersetzter Aufschwung leitet die schwierige, doppelgriffige Kadenz der Violine ein, die ihrerseits wieder zum Rondo-Thema führt. Turbulent-quirlig — und trotzdem nicht lustig - klingt das Werk aus. Uber das sinfonische Schaffen Tschai kowskis äußerte Dmitri Schostakowitsch einmal: „Tschaikowski fügt zur philosophischen Verinnerlichung in der sinfonischen Musik Beethovens jene leidenschaftliche lyrische Aus sage der verborgensten menschlichen Ge fühle, die die Sinfonie, dieses komplizierteste -ormgebilde der Musik, der breiten Masse des Volkes zugänglich macht und nahebringt." Und tatsächlich haben gerade die Sinfonien Tschaikowskis — ganz besonders seine 5. und 6. Sinfonie, die Gipfelwerke der Sinfonik über haupt darstellen — eine Popularität wie we nige andere Werke dieser Gattung erreicht und entscheidend dazu beigetragen, den Na men ihres Schöpfers, der daneben vor allem durch seine Opern „Eugen Onegin" und „Pique Dame", seine Ballette „Schwanensee", „Dornröschen" und „Der Nußknacker", seine sinfonischen Dichtungen, seine Klavierkonzer te, sein Violinkonzert und seine Kammermusik werke internationalen Ruhm errang, in aller Welt berühmt zu machen. Das gesamte, äu ßerst vielseitige Werk dieses großen Meisters ist durchdrungen von der tiefen Verwurzelung in der Volksmusik seiner russischen Heimat, gleichzeitig aber stets überaus eng mit dem Leben und Erleben des Komponisten ver knüpft. Tschaikowskis 5. Sinfonie e-Moll op. 6 4 entstand im Sommer 1888 und wurde noch im gleichen Jahr unter der Leitung des Kompo nisten in Petersburg uraufgeführt, über ein Jahrzehnt war seit der Vollendung seiner 4. Sinfonie, der die 5. in der kompositorischen Anlage wie in ihrem Ideengehalt verwandt ist, vergangen. Nur zögernd begann er, von erfolg reichen Gastspielen im Ausland in den Jahren 1887/83 zurückgekehrt, mit der neuen Arbeit. „Ich bin nun endlich dabei, aus meinem stumpf gewordenen Hirn schwerfällig eine Sin fonie herauszuquetschen", äußerte er in dieser Zeit. Dennoch beendete Tschaikowski das Werk schließlich weit eher, als er gedacht hatte. Aber gerade bei dieser Sinfonie kamen dem sehr selbstkritischen Komponisten immer wie der Zweifel, sie schwankte außerordentlich in seiner eigenen Einschätzung. So schrieb er noch kurz nach der Uraufführung: „Nachdem ich nun meine neue Sinfonie zweimal in Pe tersburg und einmal in Prag gespielt habe, habe ich die Überzeugung gewonnen, daß sie kein Erfolgswerk ist. Sie enthält etwas Absto ßendes, ein Übermaß an Farbigkeit und Un echtheit, etwas Gewolltes, was das Publikum instinktiv erkennt . . . Bin ich denn wirklich aus geschrieben, wie die Leute sagen?" Wie sehr Tschaikowski sich mit diesen Zweifeln an dem bleibenden Erfolg seiner 5. Sinfonie irrte, ist längst erwiesen. Dieses Werk, dessen Pro gramm ähnlich wie in Beethovens 5. Sinfonie die Überwindung des Schicksals, des Zweifels und der Dunkelheit durch Daseinsfreude und Zukunftslicht bildet, hat seine starke, unmit ¬ telbare Wirkung auf die Hörer bis heute im mer wieder unter Beweis gestellt. Mit einer langsamen, dunklen Einleitung, de ren Thema das Grundthema der Sinfonie, ein in allen Sätzen wiederkehrendes Schicksals motiv, darstellt, beginnt der erste Satz (Alle gro con anima). Ein schnelles, rhythmisch-er regtes Thema, immer mehr gesteigert, folgt. „Zweifel, Klagen, Vorwürfe" schrieb der Kom ponist neben die Skizze dieses Themas. Es kommt zu einer dramatischen Durchführung - dann endet der Satz düster resignierend, verlöschend im Pianissimo der tiefen Streicher, der Fagotte und der Pauke. Im zweiten Satz, dem berühmten Andante cantabile, erklingt ei ne schwärmerische, lyrische Hornmelodie völlig Sehnen und Glücksempfinden. Obwohl ai^H hier wieder zweimal die mahnende Stimi^P des düsteren Grundthemas drohend eindringt, dominiert doch in diesem Satz das angedeu tete Bild einer lichten Welt. Ein rauschender, langsamer Walzer erscheint im dritten Satz, in dem freilich auch das dunkle Schicksals motiv wieder auftritt, an der Stelle des sonst üblichen Scherzos. Doch das Finale bringt in seiner Wendung vom Moll zum strahlenden E-Dur, in der Veränderung des Schicksalsthe mas in einen heroischen Marsch schließlich Triumph und Sieg — die Überwindung der dunklen Mächte. Nach volkstümlichen russi schen Tanzepisoden im Hauptteil dieses Satzes wird das Werk in überschäumendem Jubel und Festesfreude beschlossen. Ton- und Bildaufnahmen während des Konzertes sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. Programmblätter der Dresdner Philharmonie Redaktion: Dipl.-phil. Sabine Grosse Die Einführung zu Tschaikowskis 5. Sinfonie verfaßte Prof. Dieter Härtwig. Chefdirigent: Jörg-Peter Weigle — Spielzeit 1989/90 Druck: GGV, BT Heidenau 111-25-16 EVP -,25 M 8. ZYKLUS-KONZERT 19 89/90