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9. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Festsaal des Kulturpalastes Dresden Sonnabend, den 3. Juni 1989, 19.30 Uhr Sonntag, den 4. Juni 1989, 19.30 Uhr Dirigent: Jörg-Peter Weigle Solisten: Elisabeth Wilke, Dresden, Mezzo sopran Josef Schwab, Berlin, Violoncello Ernst Hermann Meyer 1905-1988 Sechs Lieder für Mezzosopran und Orchester Texte: Louis Fürnberg (1909—1957) und Theodor Fontane (1819—1898) Tausend Dinge Spätsommernacht (Uraufführung der Orchesterfassung) Linde vor meinem Fenster Mittel-Alter Ausklang Epilog Ernst Hermann Meyer Konzert für Violoncello und Orchester (1987/88, unvollendet) Moderato Uraufführung PAUSE Richard Strauss 1864—1949 Sinfonia domestica op. 53 Allegro (Der Mann, Die Frau, Das Kind) — Scherzo (Elternglück, Kindliches Spiel, Wiegenlied) — Adagio (Schaffen und Schauen, Liebesszene, Träume und Sorgen) — Finale (Lustiger Streit, Fröhlicher Beschluß) Das Konzert wird vom Rundfunk der DDR aufgezeichnet. TAUSEND DINGE Louis Fürnberg Tausend Dinge hab ich für Dich aufgespart, goldne Sonnenringe, Sternschnuppen, Schwalbenschwinge zart. Wie ich meine Zeit verbringe? Mit Gedanken an dich und Träumen, die schaukeln in den Bäumen, und ich klinge wie eine gezupfte Saite auf Hörst du sie? der Gei 9 e ' 4jfl TSO MMERNACHT Louis Fürnberg Heuruch zieht von den Wiesen her und aus den Gärten Rosenduft. Der Himmel ist von Wolken schwer, Der Vogel schläft und weiß nicht mehr von Tag und Flug. Nachtluft ums offne Fenster weht, ein weißer Falter zieht im Kreis um's , , Lampenlicht und zittert leis , K und meine Sehnsucht wacht und weiß: bald kehrt sie heim. MITTEL-ALTER Louis Fürnberg Nicht das Leid, nicht die Vergänglichkeit sind der Inhalt unsrer Elegien, — Herzeleid, poetisch ausgeschrien, ist kein Herzeleid in Wirklichkeit. Aber daß die Jahre sich so jagen und man nicht mehr fünfundzwanzig ist, das ist trist und ein Herzzerreißen, kaum zu sagen. AUSKLANG Theodor Fontane Am Waldessaume träumt die Föhre, am Himmel weiße Wölkchen nur, es ist so still, daß ich sie höre, die tiefe Stille der Natur. Rings Sonnenschein auf Wies und Wegen, die Wipfel stumm, kein Lüftchen wach, und doch, es klingt, als strömt ein Regen leistönend auf dem Blätterdach. Schon mischt sich Rot in der Blätter Grün, Reseden und Astern sind im Verblühn, die Trauben geschnitten, der Hafer gemäht, Der Herbst ist da, das Jahr wird spät. Und doch, ob Herbst auch, die Sonne glüht, weg mit der Schwermut aus deinem Gemüt, eh Stille, Schnee und Winter einzieht. LIND VOR MEINEM FENSTER Louis Fürnberg Meine Augen ruhen aus, das Lied vom Lindenbaum singt in mir, ruhe, meine Seele, ruhe, . . . auch ich ein fahrender Geselle, nein, das Leben tut nicht weh! Tod den Elegien, Tod den Tränen, der Angst, dem Herzklopfen! O Erde, Erde, Lippen leg ich, drück ich VR-deine Brust. Vögel singen und wiegen sich in der Linde, die Blüten schwingen, und der Wind trägt auf seinen langen Fingern den Duft in mein Zimmer. Ich liege träumend auf dem Bett. O Zeit Erahnen, o Jahre, wo der Schmerz eine bittere Sage sein wird, vergessen, vergessen . . . EPILOG Louis Fürnberg Wenn ich einmal hingeh, dorthin, woher ich kam, aus den Tiefen der Wälder und hinter den Urnebeln hervor, wird mein Heimweh nach der Erde nicht geringer sein. Ich werde keine Ruhe finden und mit dem Staube kämpfen, der tun wird, als wär er meinesgleichen. Mit den ersten Schneeglöckchen werd ich auf den Wiesen stehn, die noch gelb sind vom Winter. Mit den Maulwürfen werde ich die Erde aufbrechen über mir. Wenn ich einmal heimgeh, dorthin, woher ich kam, werde ich ein Fremder sein an meinem Ursprung.