Volltext Seite (XML)
geschloffen, und der Gottesdienst mußte in der alten Stadtkirche abgehalten werden. Verstorben« Soldaten wurden auf einem Kastenwagen nach dem Fried- Hofe gebracht und ohne Sang und Klang beerdigt. Wie leichtfertig manchmal hierbei umgegangen wurde, beweist folgender Vorfall: Der Totenwagen war eben auf dem Friedhof angekommen und die Krankenwärter waren eben im Be griffe, die Verstorbenen zu begraben, als einer der Wärter äußerte: „Der kann noch nicht tot sein, denn ich be merke, baß derselbe noch blutet: wir wollen ihn wieder mitnehmen!" Der andere Wärter wollte jedoch nicht, daß der vermeintliche Tote wieder zurück transportiert werde. Da aber der «rstsre darauf bestand, transportierten sie ihn wieder zurück, und der Mann wurde auch wirklich wieder gesund. Das Fieber wurde nicht nur im Hospital, sondern auch unter der Augu stusburger Einwohnerschaft immer schlimmer. Auf dem Friedhöfe konnten die Toten nicht mehr untergebracht werden, weshalb die Soldaten nun im Wald begraben werden mußten. Wenn man den Weg, der nach Hennersdorf führt, hineinkommt, so steht links ein« Tanne, und rechts geht «in Fahrweg ab: dieser führt auf die Stelle, wo weit über tausend Soldaten begraben liegen, in einem Grabe gegen 80 Mann in klusive der Franzo>«n, welche später da hin kamen. Das Elend war groß. Es gab nicht einmal eine Apotheke, man mußte die Arznei aus Zschopau oder Oederan verschreiben lagen. Wieder gingen allerhand Gerüchte um, di«smal hieß es, Preußen habe sich Rußland angeschloffen und ginge mit gegen das Napoleonische Heer vor. Der König von Preußen erließ einen Aus ruf an sein Volk, worauf die Männer, alt und jung, sich scharenweise unter die Fahnen stellten. Inzwischen waren auch die Sachsen unter dem sran-ösi- schen General Reinirr in Dresden ein- getroffrn. Auch Franzosen befanden sich darunter. Die Erbitterung gegen die Franzos«» wurde groß, d«n» in Dresden wurden Anstalten unter dem französischen General Davoust getrof fen, den dritten Pfeiler der schönen Elbbrücke zu sprengen. Mancher dacht«, Sachsen könne sich nun gleich mit an Rußland und Preußen auschließen, was aber nach der Meinung der damaligen maßgebenden Personen für einen Feh ler gehalten wurde, da man annahm, daß Sachsen dann zum Kriegsschauplatz würde. Die Ereignisse haben das Ge genteil ergeben, denn Sachsen wurde nun erst recht zum Kriegsschauplatz. Die letzte Woche vor Ostern trafen di« ersten Preußen in hiesiger Gegend ein: es waren hauptsächlich Freiwillige. Plaue, Flöha und andere Orte an der Hauptstraße erhielten Husaren, welche meist bemittelten Familien angehörten. Grünberg und andere Ort« unseres Bezirks erhielten Jäger, auch diese waren Freiwillige: ihr Benehmen war tadellos. Die Soldaten blieben einige Tage, dann ging der Marsch weiter nach Chemnitz zu. Nun kamen di« Ruffen, und zwar über Hohcnfichte herauf. Der Stab eines Infanterie-Regimentes kam nach Augustusburg. Grünberg, Hohenfichte, Metzdorf, Erdmannsdorf, Dorfschelleu- bcrg und alle Nachbarorte erhielten Einquartierung. Die Gegend um Flöha herum hatte viel durch Truppenburchmärsche zu lei den. Es hieß, daß der Kaiser Napoleon mit seinem Stabe.und einer großen Truppenmasse Flöha passiert habe. Auch der preußische Kronprinz Friedrich Wilhelm sei am 3. April durch Flöha gekommen. Man lebte in der Hoffnung, daß die Franzosen von den Russen und Preußen noch besiegt werden könnten. Am 22. April kam Feldmarschall Blücher mit einigen Regimentern in Oederan an, lagert« erst im Hirsch und dann in einem Haus am Markt. Er sprach sich, wie «s in der Schützenchrvnik von Oederan heißt, bitter über den Saltsinn der Sachsen aus, verlangte für sein« Soldaten allen Vorrat an Stie sel», Schuhen, Tuch und Leinwand, war freundlich und höflich mit Jeder mann, aber barsch und wild, wen«