Volltext Seite (XML)
n-. 2. Leiblalt zum Ächopaurr Laiublatt md Anzrlorr >r ,»»«.»>, ÄUM fieventen Lag Rätsel des Tolenkopss Sre»M Mischen wlffenschasl und Aberglauben Von. Wilhelm Bölsche. Ser Herz-Genemlor Eine elektrische Antriebsmaschin« in der Hand dcS ArztcS. Unter den Erfindungen der letzten Zeit ragt der Herz- Generator von C. Sch mit tutz in Bad Kissingen hervor, weil er geeignet erscheint, der ärztlichen Wissenschaft neue Wege und Heilverfahren zu weisen. Die Erfindung verbindet in glücklicher Weise die Forschungsergebnisse der Biologie und der Elektro technik und hat den hohen Stand beider Wissenschaften zur Bor aussetzung. Sie ist nicht weniger, als ein Herz-Generator, eine elektrische Antriebsmaschine für da« Herz. Die Biologie hat ja seit längerer Zeit erkannt, das; alle Nervenreize und Muskcl- funktioncn auf einem elektrischen Reiz beruhen. Am deutlichsten erkennbar ist der „biologische Stromerzeuger" an der Arbeit des Der Abstieg zum Nordmeer ist unvergeßlich: vor einem das dunkelblaue Meer, von dem ein eisiger Hauch cntgegen- weht, nach Westen die schneebedeckten Gipfel Norwegens, und nach Osten die tiefer gelegene Küste der Fischerhalbiuscl, hinter der sich im 'Nebel die russische Grenze verbirgt. Das Meer, bas hier einen Gezcitenunterschied von drei Meter hat, atmet schwer: eine sta ke Dünung rollt heran und donnert in herrlicher Brandung an Ne steile Felsenküste. Vom Golfstrom getragen, erreichen Zeugen serncr südlicher Meere diese Gestade: Seesterne, Seepferdchen und große Muscheln werden ans Ufer geworfen. Hell leuchtet der im Lause der Jahrtausende glatt gewaschene Granit im Sonnenlicht. Hier hat die Welt ein Ende.., Tausend Kilometer nördlich von Helsinki, dem Schau platz der Olympischen Spiele 1940, beginnt Lappland, das Alaska Europas. Diese Strecke maa einem weit erscheinen. Wer aber jenen letzten Rest unverfälschter Natur genießen will, der muß nur ein wenig seinen mitteleuropäischen Maß stab abändern, eine Fahrkarte bis ans nördliche Ende der finnischen Staatsbahnen lösen, und schon ist er in Rovaniemi, der Hauptstadt Lapplands. Nach einem Imbiß im Hotel „Pohjanhoovi" (Hof des Nordens), jenem letzten Wort der Gasthoflechnik am Ufer des in Stromschnellen herabbrausenden Kemiflusses, besteigen wir den komfortablen Riesenbus, der uns ins Herz des eigentlichen Lapplands bringt. Gleich hinter der Stadt beginnt die „tuuturi", die felsige, bewaldete Weite Lapplands. Nach fünf Kilometer brausen wir an einem großen Schild, auf dem in fünf Sprachen „Polarkreis" steht, vorbei. Mit 80 Stunden kilometern eilt unser Wagen auf der herrlichen Polarstraße dahin und mindert sein Tempo nur dann herab, wenn ein Reuntier ans dem Waldesdickicht auf die Straße springt und vor uns einhergaloppiert. Wir winden uns eine Hügelkette hinauf, von der sich ein endloser Blick über dnnkelgrüue Höhen, hellspiegelnde Seen und unbekannte Flußläufe anftnt. Im Sommer liegen diese Wälder völlig verlassen da. Einzelne Nennticrherden, die sich von Flechten und dein jungen Laub der niedrigen Birken und Ebereschen nähren, sind die einzigen Bewohner. Jin Winter dagegen kommt Leben in diese Wildnis: Tausende von Holz fällern beziehen ihre Lager, über Schluchten und gefrorene Flüsse werden notdürftig Wege gebahnt, auf denen Hunderte von schwersten Lastautos Tag und Nacht beim Scheinwerfer- licht während der monatelangen Finsternis die Baumstämme an die großen Flußläufe schaffen, von denen die Flößung im Frühjahr beginnt. Dann lebt Lappland auf: die Geschäfte in Rovaniemi, die im Sommer kümmerlich sich von Touristen ernähren, herrscht der Lumberjack. Hohe Lappensticfel, Dolche und — Haarpomade sind die gefragtesten Artikel. All« 150 Kilometer angeyalten: 15 Minuten Kaffeepause. Im Rasthaus stehen auf großen Tischen viele Tassen voll duftenden Kaffees. Draußen warten Lappenjungen in ihrer bunten Tracht und bieten Renntiergeweih« zum Kauf. Hier wacht kein Preiskommissar: je nördlicher, desto billiger werden die Geweiht. Der Wald wird undichter, die Bäume werden knorriger und noch niedriger. Menschlich« Siedlungen kann man nur ahnen, wenn der Postjunge, neben dem Fahrer fitzend, in rasender Fahrt durch ein« Luke die Post in offene, hohe Brief kasten schleudert. Er trifft erstaunlich aut und kennt die Namen aller Siedler auf einer Strecke von über 500 Kilometer. Auf der Wasserscheide zwischen Bottnischem Meerbusen und Polarmeer mitten in verlassenster Wildnis hält unser Bus vor einem Schlagbaum. Am Wegesrand« steht ein sauberes rotes Häuschen. Ein schlanker Riese in Sportdreß, und mit einer Dienstmütze, die die Würde seines Amtes ver rät, springt in großen Sätzen an den Bus, reißt alle Türen auf, grüßt militärisch, ruft in mehreren Sprachen „Zoll", schlägt ebenso schnell die Türen zu, windet den Schlagbaum hoch, und wir find über die Zollgrenze hinüber. Das nördliche Lappland ist zollfreies Gebiet, um den Wohlstand der Neu siedler zu heben. Hinab geht es von den baumlosen Höhen der Wasser scheide. Durch tiefe Schluchten windet sich unser Wagen. Hinter großartiger Felsenszenerie taucht ein gleißender See auf. Rechts stürzen brausende Bäche eine blaue Fclsenwand herab, dann wieder endlose Wälder. Hier gedeihen nur noch Zwergkiefern und Birken. Wir fahren eine Stunde lang an dem Jnarisee entlang, der mit seinen 1100 Quadratkilometern doppelt so groß wie der Bodensee ist und mit vielen seiner Buchten bis an die Straße heranreicht. Tann geht es durch ein Felscntor, und vor uns öffnet sich eine große Ebene, zur Linken langgestreckte Seen, auf deren anderem Ufer man norwegische Fahnen an den Blockhütten der Grenzer erkennt. Zur Rechten am Hori zont ein großes Bergmassiv: die Petsamobcrge. Wir halten am Autobahnhof Salmijärvi. Eine neuartige Atmosphäre: große Tankstellen, Gasthäuser, Post und Bank. Hier herrscht ganz unlappländische Geschäftigkeit. Aus allen Bovenpanvigieit zu gelangen. Jeoe Generation sttrvt ans und fordert einen neuen Gastzug im nächsten Jahr. WaS bewirkt diesen zähen Kampf mit dem Unmöglichen? Will der Falter sich durchaus in ein nenes Gebiet verbreiten, das ihm ooch vor läufig klimatisch verschlossen? Oder ahnt er im Hellblick der Natur eine Wandlung, die auch den Norden wieder warm machen könnte, wie er es vöreinst schon einmal war, und sendet seine Propheten als Märtyrer voraus? Das zweite Wunder ist dann die Zeichnung auf dem Rücken- schild: der berühmte „Totenkopf" selbst. In der Tat sicht man gelb auf Dunkel im Samt einen solchen dort, unverkennbar und unheimlich genug: natürlich einen Menschenschädel. Von ihm zehrt all der schaurige Volksglaube und zoologisch der Schreckensname Acherontia atropos, das ist: die Todesparze vom Schattcufluß. Das Ganze ist etwa impressionistisch flott hin- gesetzt, aber gerade so charakteristisch aufs wesentlichste des ersten Blicks. Die Augen klein, doch stechend — bei verwandten indi schen Arten sind sie auch wirkliche Höhlen. Man muß sich den Schädel etwas von oben gesehen denken, wobei (wie bereits der alte Maler Rösel von Rosenhof ini 18. Jahrhundert be merkte) die Schattierung besonders gut die Wölbung heraus- arbeitet. Alles in allem ein Meisterwerk der Natur. Daninter dann noch ein Ornament, in das man unschwer ein paar Toten rippen oder auch die beiden gekreuzten Knochen unseres allen ApothekenzeichenS für Gist hineinsehen kann. Gerade hierzu aber verblüffend die rein naturgeschichtliche weitere Tatsache: Einer unserer bekanntesten deutschen Dichter hatte vor einiger Zeit ein ritterliches Abenteuer mit dem Schmetterling, den man den Totenkopf nennt. Solches dicke Ungetüm im brau nen Goldbrokat mit Schnüren und blauer Atlaswcste drang nächtlich in sein Hotelzimmer ein — vom Naturfreunde der Freiheit zurückgegeben, kcbrte es in der Folge dreimal zurück, und als es endlich ausgeolieben schien, brachte es der Kellner gefangen. Da der Dichter als herb gilt, lag Wohl eine kleine Jnstinktsirrung vor, denn der Totenkopf ist ein unermüdlicher Süßigkeitsjäger, der, durch zu kurzen Rüssel am Blütensaugen verhindert, mit Liebe die Bienenstöcke brandschatzt und halb- tcelöffelweise Honig heimst. Jedenfalls traf aber der Volks- glaube, daß der Schmetterling Unheil künde, nicht zu, denn der Dichter arbeitet seither mit gleichem Bienenfleiß weiter, und vielleicht halte auch der Nachtfalter sich nur an dem versehen. Wobei sich doch nicht leugnen läßt, daß dieser Totenkopf nicht nur unser größter reichsdeutscher, sondern m gewissem Sinne auch der geheimnisvollste Schmetterling überhaupt ist. Mindesten» vier Rätselfragen umgeben ihn. Zunächst daS seiner Verbreitung: er gehört eigentlich nach dem warmen Afrika vom Kap bis zum Mittelmeer, taucht aber alljährlich auch in Nordeuropa bi» hoch zum Polarkreis auf, wobei die Gäste durch- iveg schon befruchtet« Weibchen sind. Unentwegt setzen sie auch hier Eier, erzeuge« Raupen und Schmetterlinge, aber ebenso unentwegt erliegen diese jahraus, jahrein wieder dem kalten Winter Ä>er bleiben doch unfruchtbar, ohne zur wirklichen daß auch der Totenkopsschmetterling Wohl solche Giftflasche der Natur wirklich bildet. Seine Raupe lebt von strengen Gift pflanzen des Nachtschattengeschlechts: bei uns Stechapfel, Bilsen kraut, Tollkirsche und ähnlichem Teufelszeug. In dieser Ver wandtschaft istsie auch auf unsere Kartoffel ubergcgangen, wes halb eS eine Weile irrig hieß, sie sei mit ihr aus Amerika ein geschleppt. Einerlei aber: wegen solcher Nahrung ist di« Raupe zweifellos selber giftig, ungenießbar für tierische Angreifer ge worden, und das scheint ebenfalls auf den Schmetterling über gegangen. Wieder solche Gifter werden aber von der Natur all gemein gern mit lebhaften sogenannten Warnfarben ausgestattet, gleichsam öffentlichen Signalen: „Friß mich nicht, du hast nur Schaden davon." Beliebt ist dafür grelles Schwefelgelb, und das sehen wir denn auch bei der Raupe wie im Brokat- und Atlaskleid des Totenkopfschmetterlings reichlich verwendet. So weit ist alles gut. Aber nun in dem Totenschädel und seinen Knochen das geheimnisvolle Apothekengiftzeichen — es könnte selber doch nur auf den Menschen zielen! Sollten wir hier den einzigartigen Fall eines Insekts haben, das aus gesprochen auf die Intelligenz des Menschen eingestellt wäre? Man könnte sich ausdenker-, gerade dieses Schädelzeichen mit den zwei gekreuzten Knochen sn lange vor unserer Npothekenver- wertung bereits bei wilde,, vielleicht prähistorischen Mensche» der Tropen ein uraltes Geheimsymbol für Gift gewesen, und die Natur habe dem Falter dieses Symbol aufgezüchtet als Schutz gegen menschliche Verfolgung — auch Wilde verzehren bekanntlich Insekten. Oder auch: diese Menschenwirkung wäre ursprünglich nicht vom Gift ausgegangen, sondern bloß von den gespenstischen Knochen selbst, die auf den regen Tämonenglaubcn solcher Naturkinder abschreckend gewirkt hätten, und daraufhin hätte die Natur gezüchtet. Es könnte gerade für diese letztere Deutung immerhin noch ein viertes Rätsel an unserm Totenkopf sprechen. Er hat näm lich zu seiner Farbzeichnung auch noch die Gabe, einen ziemlich lauten Ton hervorzubringen, der ersichtlich ebenfalls im Dienst der Warnung steht. Bereits die Raupe knackt mit den Kiefern, wenn man sie anfassen will, vernehmlich laut. Der Schmetter ling mit dem Totengebcin aber erzeugt einen höchst gespenstisch laienhaften, klagenden oder heulenden Laut, bei dem man sich schwer dem Gefühl entzieht, daß er mich ganz besonders auf den Menschen ziele und seine Gespensterangst, also an das Knochen bild angeschlossen sei, es gleichsam noch unterstreichend. Die Ary wie dieser Ton von dem Tier hervorgebracht wird, hat aber noch auf eine Einzigartigkeit in ihm führen sollen, damit die Ge heimnisse nicht abreißen. Man hat sich unendliche wissenschaftliche Mühe gegeben, den rätselhaften Schrei anatomisch zu erklären. Zunächst sollte er wie bei anderen musizierenden Insekten durch Reibung mit dem Rüssel entstehen. Der alt« Witzbold von Münster, LandoiS (Ge nosse deS tollen Bomberg), der doch auch ein tüchtiger Zoologe gewesen ist, hat dann nachgewiesen, daß da» Seufze« wie eine echte Stimm« erst durch ein Luftausstoßen au» dem Rüssel von innen her erfolge, wozu eine besondere innere Blase gleichsam di« Lung« spiele — und zum Schluß hat gar einer «ine Art richtwen Stimmbande» feststellen können, an dem die Luft au« der Blase beim Passieren melodisch erklingt. Jetzt allen Ernste« muß man sagen: e» ist der einzige Schmetterling, ja der einzige Jnsektenvertreter allgemein, der, mit einem Wort de» großen Altmeister» unserer heutigen SchmetterlingSkund«, Professor Seitz, „richtig flöten oder singen" kann. Wäre e» (wir find nun schon in der Utopie der Geheimnisse) möglich, einem Schmetter ling da» Sprechen beizubringen, so könnte einzig und allein der Totenkopf dafür in Frage kommen. Ob er uns dann viel leicht erzählen würde, wie der Naturgeist wirklich auch seine andern Wunder auf ibn aezaubert? Zm Alaska Ku«»«: Deutsche sahren ans Ende der Vell Don H. A. v. Wahl. Herzens. Das menschliche Herz ist einer lebendigen Pumpe zu ver- ö gleichen, die am Tage rund hunderttausend Hubbcwegungen aus führt. Wir sagen, das Herz sei unerinüdlich, und doch ruht seine Muskeltätigleit am Tage fünf volle Stunden lang, um sich zu erholen. Das ist freilich nicht zu merken, weil sich diese Ruhe pause auf hunderttausend Zeitabschnitte verteilt. Das Herz « funktioniert rein elektrisch-mechanisch, und die für jeden Herz- « schlag aufgewandte elektrische Antriebscnergie ist so beträchtlich, , daß sie ohne weiteres geniessen werden kann. Es kommt der Forschung dabei natürlich zugute, daß die Elektrotechnik Meßinstrumente geschaffen Hot, mit denen man auch die feinsten Stromstöße festhalten kann. Hier beginnt nun die Arbeit von C. Schmittutz. Die feinen Herzslromstöße nimmt er durch äußerlich anzubringende Kontakte, die zum Beispiel am Puls angelegt werden können, dem Herzen ab und führt sie einem elektrischen Apparat zu, der eigentlich ein kleiner Sender ist, ein Instrument, das winzige Impulse aufnimmt, um damit große elektrische Energien zu steuern. Das geschieht auch mit dem Herzaktionsstrom. Die entnommenen seinen Herzströme werden in dem Generator in große elektrische Ströme übersetzt, die sich, da sie ja vom Herzen aus gesteuert werden, genau so verhalten wie die Herzaktionsströme. Diese durch eine äußere Kraft verstärkten Herzströme werden nun dem Herzen wieder zugeführt und entlasten das Herz nicht nur, sondern treiben es gewissermaßen auch an. Es spürt nichts da von, daß die Stromzufuhr von einer äußeren Quelle kommt, weil sie in ihrer ganzen Gestalt den schwachen Herzströmen gleicht. So ist der Herz-Generator geschaffen, den jetzt die ärztliche Wissenschaft als ein gewiß nicht zu unterschätzendes Instrument zur Heilung kranker Herzen in di« Hand bekommt. Die viel fachen Anwendungsgebiete des Herz-Generators sind noch nicht zu übersehen. Für die Behandlung der bekannten Herzschwäche- Erscheinungen scheint der Nutzen klar zu sein. Denn die elektrische Antriebsmaschin« wird das schwach« Herz wesentlich stärken. Aber auch bei Wiederbelebungsversuchen an Ver unglückten, bei denen der Tod meistens durch Aussetzen des Herz« I schlages eintrat, wird der Apparat aute Dienste leisten können. Richtungen treffen Ueberlandbusse und riesige Lastzüge ein. Die Fahrer begeben sich an die gedeckten Tische. Touristen aller Nationen machen sich nach langer Fahrt etwas Be wegung. Siedler und Waldarbeiter empfangen ihre aus dem fernen Süden eingetroffenen Waren, und schweigsam, die kurze Stummelvfeife zwischen den Zähnen, drücken sich in diesem Gewirr ine einstigen Herren des Landes, die Lappen, herum. Nach kurzem Aufenthalt verlassen wir diesen Platz, um die letzten zwei Stunden bis zum Eismeer zuruckzulegen. Es ist später Abend, doch die Sonne steht noch hoch am Himmel. Ueber ein karges Hochland fahren wir in das Tal des Pet- samoflusses hinab. Eine fast üppige Vegetation empfängt uns, inmitten grünen Baumbestandes Siedlerhäuschen und der schüchterne Versuch des Ackerbaues: Wunder des Golfstromes, der den Petsamofjord selbst im strengsten Winter nicht zu- srieren läßt und dem Menschen das Leben in diesen Regionen erst ermöglicht. Am Äser des Fjordes in Liinahaamari liegt das nörd lichste Hotel des Finnischen Touristenverbandes. Die Bedie nung besteht nur aus Studentinnen, die mit ihren Sprach- kenntnissen dem ausländischen Touristen helfen. In ab- gelegeneren Gegenden unterhält dieser Verband Zeltlager. Um ein Hüttchen, in dem sich Küche und Speisezimmer be finden, scharen sich am Felsenhang die Zelte, die, peinlich sauber gehalten, vermietet werden. In einem solchen Lager an der norwegischen Grenze fanden sich unter der Obhut einer finnischen Krankenschwester sieben Nationen am Mittagstisch zusammen: der holländische Doktor mit seinem Sohn, begeisterte Angler, die in drei Wochen über 200 Kilogramm an Lachsen gcsangen hatten, der alte englische Oberst, der dieses Sportes wegen schon zum drittenmal die Stromschnellen des Paatsjoki aufsuchte, ein Italiener, einige Schweden, deren Hauptsorge die kulinarischen Genüsse zu sein schienen, ein Offizier der finnischen Luftwaffe, der kleine javanische Prinz — unser „schwarzer Bruder", dem die vorsorgliche Krankenschwester statt zwei gleich fünf Decken in sein Zelt gab — und wir Deutschen. Von diesen Endpunkten des Touristenverkehrs erreicht man in Tagesmärschen die Gestade des Nördlichen Eismeeres. Bon majestätischen Felsen eingeschloffen, zieht sich das glei ßend« Band der Fjorde an» offene Meer. Bon steilem Hang wrüht ein Wasserfall zu Tal, bei jedem Windstoß wie ein Vorhang zur Seite geweht. Der Marsch über die Felsen an» Meer ist teilweise sehr beschwerlich, es gibt weder gekennzeichnete Pfaoe noch Karten, die einem das Zurechtfinden erleichtern. Man erklettert einen Felsrücken und legt sich den Weg bi» zur nächsten Wand zurecht. Die Einsamkeit in diesen Bergen ist großartig: soweit I das Äuge reicht, grauer Fel», der im Sonnnenlicht erglänzt» I zerklüftet von tiefen Schluchten und umgeben von kleinen Seen, die sich in rauschende Gebirgsbäche erließen. An den I Nordhängen liegt ewiger Schnee, den selbst die Mitternachts sonne im Laufe des drei Monate währenden Sommer» nicht I zum Schmelzen bringt. Keine Spur deS Menschen weit und breit zu sehen, nur urwüchsigste Natur. Hoch oben zieht der Seeadler seine stillen Kreise, und ein Lemming lugt ausgeschreckt nach dem Eindringling, dem Menschen, hinter einem Granitblock hervor. Dian muß nur wenige Kilometer von den Verkehrsadern abweichen, um überall in diesem schier endlosen Lappland eine solche Unversehrtheit vorzufindcn. Taher preisen die Finnen dieses Land als das Alaska Europas.