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3. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Festsaal des Kulturpalastes Dresden Mittwoch, den 25. Januar 1989, 19.30 Uhr Donnerstag, den 26. Januar 1989, 19.30 Uhr dresdner ohilhsimooniiGi Dirigent und Solist: Martino Tirimo, Großbritannien Benjamin Britten 1913-1976 Soirees Musicales - Suite in fünf Sätzen nach Rossini op. 9 Marsch (Allegro brillante) Canzonetta (Allegretto grazioso) Tirolese (Allegro con brio) Bolero (Andante molto moderato) Tarantella (Presto vivace) Zum 75. Geburtstag des Komponisten am 22. November 1988 Erstaufführung Wolfgang Amadeus Mozart 1756-1791 Konzert für Klavier und Orchester d-Moll KV 466 Allegro Romanze Rondo (Allegro assai) PAUSE Antonin Dvorak 1841-1904 Sinfonie Nr. 8 G-Dur op. 88 Allegro con brio Adagio Allegretto grazioso Allegro ma non troppo JA^TINO TIRIMO entstammt einer griechischen Mu- ' ^Bfamilie, die die Begabung des Kindes schon zei- n|^förderte. Seine pianistische Ausbildung erhielt er in Wien und London, der Stadt, die er später auch als Wohnsitz erwählte. Seine internationale Karriere be gann mit den 1. Preisen bei den Internationalen Kla vierwettbewerben in München (1971) und in Genf (1972). Konzerte in vielen europäischen Musikzentren, in Kanada und in den USA (hier debütierte er mit dem Cleveland-Orchester) biachten ihm eindrucksvolle Er folge. Anerkennung errang er auch mit seinen Schall platteneinspielungen aller Schubert-Klaviersonaten, der Klavierkonzerte von Brahms und verschiedener Werke von Rachmaninow. Mit der Dresdner Philharmonie mu sizierte der prominente Pianist und Dirigent erstmals 1983. Im 1. und 2. Außerordentlichen Konzert der Spiel zeit 1985/86 realisierte er eine ebenso anspruchsvolle wie ungewöhnliche interpretatorische Aufgabe, der er sich auch im Mai 1986 gelegentlich eines Großbritan nien-Gastspiels der Dresdner Philharmoniker in der Londoner Royal Festival Hall stellte: die zyklische Dar bietung sämtlicher Klavierkonzerte Beethovens an zwei Abenden, die er zugleich als Dirigent und Solist be stritt. ZUR EINFÜHRUNG Benjamin Britten, der als der bedeu tendste englische Komponist seit Henry Purcell (1659—1695) gilt, studierte bei F. Bridge und am Royal College of Music in London bei J. Ireland. 1935—1939 arbeitet er mit dem Dich ter W.H. Auden zusammen, war 1947 Mitgrün der der English Opera Company und 1948 des Aldeburgh Festival und trat auch als Pianist (Begleiter des Tenors Peter Pears) sowie als Dirigent hervor. Im Jahr seines Todes, 1976, wurde er zum Pair of England erhoben. Seine Musik, die vielerlei Anregungen verschmolz, wurzelt fest in der Tonalität, zeigt eine ausge prägte, übersichtliche Faktur und betont die klanglich-melodische Dimension. Als Kompo nist von Opern und lyrischen Gesangsstücken war er am erfolgreichsten, konnte jedoch auch mit Orchesterwerken, Konzerten und Kammer musikwerken nachhaltige Erfolge erringen. Während am 13. und 14. Februar 1989 zum Gedenken an die Zerstörung Dresdens eines der bedeutendsten Großwerke des englischen Meisters von der Dresdner Philharmonie aufge führt werden wird, sein erschütterndes War Re quiem op. 66, erklingt heute ein kleines, lie benswürdiges Jugendwerk aus seiner Feder: Soirees Muicales — Suite in fünf Sätzen nach Rossini op. 9. Der eng lische Musikwissenschaftler Deryck Cooke äußerte darüber: „Im Gegensatz zu Mozart war Gioacchino Rossini (1792—1868) einer der am wenigsten schaffensfreudigen Komponisten, zu mindest nach seinem 37. Geburtstag - 1829 -, als in Paris seine Oper .Wilhelm Teil' uraufge führt wurde. Seit seiner Jugend hatte er zwei Opern pro Jahr komponiert und war damit der unbestrittene Beherrscher von Europas Opern bühnen. Da aber gab er plötzlich auf und komponierte in den verbleibenden 29 Jahren seines Lebens nur noch sehr wenig. Er schien sich in erster Linie für das Kochen zu interes sieren, worin er ein ebensolcher Meister war wie auf dem Gebiet der Musik. Abgesehen vom .Stabat mater' und der .Petite Messe solen- nelle' schrieb er nur noch einige Lieder, die unter dem Titel .Soirees musicales' erschienen, und mehrere Klavierstücke, die er .Meine Al- terssünden' nannte. Brittens Suite, die ursprünglich 1938 für einen Silhouettenfilm zusammengestellt wurde, ent hält drei dieser Lieder und zwei dieser Klavier stücke, die in Anlehnung an Rossinis Instru mentationskunst witzig und spritzig orchestriert wurden. Die Kanzonette ist ursprünglich ein Liebeslied, die Tirolese — Tiroler Lied — ein Jodellied und der Bolero das Werbelied eines spanischen Mädchens um ihren Liebhaber. Der Marsch und die Tarantella waren ursprüng lich Klavierstücke. Die zufällige Ähnlichkeit des Themas der Tarantella mit der viktorianischen Kirchenweise .Laßt uns unsere fröhlichen Lie der anstimmen' (Come let us join our cheerful songs) hätte zweifellos auch Rossini erheitert " Wolfgang Amadeus Mozart hat mit seinen Klavierkonzerten, die zunächst für den eigenen Gebrauch komponiert wurden, einen außerordentlich bedeutenden Beitrag zur virtuosen Klavierliteratur geleistet. Meist sind diese Werke dem Unterhaltungsideal der aristokratischen Gesellschaft der Mozartzeit verpflichtet. Die Reihe der heiter strahlenden, überwiegend in Dur-Tonalität stehenden Wer ke hat der Salzburger Meister jedoch zweimal mit Konzerten in einer Moll-Tonart unterbro chen, mit dem heute gespielten Konzert d- Moll KV 466 aus dem Jahre 1785, das übri gens Beethoven sehr schätzte, und später mit dem c-Moll-Konzert KV 491. In beiden Schöp fungen erscheint uns Mozart als Künder einer neuen Epoche. Die Konvention der feudal-ari stokratischen Gesellschaftskunst wird durchbro chen, ja zurückgewiesen. Ein neues Ideal - der Mensch als Individuum - spricht aus die ser Musik. Neue Empfindungen, die auf Beet hoven und auf die Zeit der Romantik hinwei sen, werden ausgedrückt. Das d-Moll-Konzert KV 466, ^Jls der Komponist in einem Subskriptionskonzert am 11. Februar 1785 uraufführte, versetzt uns im ersten Satz (Allegro) in eine tragisch schwermütige Stimmung. Mit drohend aufstei genden Bässen und unruhigen Synkopen reckt sich das Hauptthema auf, das im Tutti schmerzlich aufbegehrt. Im Kontrast hierzu bringt das kantable zweite Thema eine ge wisse Aufhellung. Das Soloinstrument setzt so dann mit einem dritten Thema ein, das na mentlich in der Bläserfortsetzung zu einer Ent spannung führt. Doch bald gewinnt die tra gische Stimmung des Beginns wieder Ober hand und bleibt auch in der Durchführung