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ZUR EINFÜHRUNG „Von mir kann ich Dir recht Drolliges erzählen. Ich habe nämlich den lustigen Einfall gehabt, ein Konzert für Geige und Cello zu schreiben. Wenn es einigermaßen gelungen ist, so könnte es uns wohl Spaß machen. Du kannst Dir wohl vorstellen, was man in dem Fall alles angeben kann — aber stelle es Dir nicht zu sehr vor. Ich habe das hinterher auch gedacht, aber da war's fertig", schrieb Johannes Brahms im August 1887 in einem Brief an Clara Schu mann. Dieses Werk, das Doppelkonzert für Violine, Violoncello und Or chester a-Moll op. 102, sollte das letzte Orchesterwerk des Meisters werden. Es entstand 1887 während seines Sommeraufent halts in der Schweiz am Thuner See und war von ihm als eine Art „Versöhnungskomposi tion“ für seinen Jugendfreund, den berühmten Geiger Joseph Joachim, gedacht worden, da zwischen ihnen — infolge von Streitigkeiten, die den Scheidungsprozeß Joachims betrafen — eine starke Trübung der Freundschaft einge treten war. Brahms litt sehr unter diesem ge spannten Verhältnis und wollte versuchen, durch die Komposition des Doppelkonzertes die einstigen engen Beziehungen zu Joachim wieder zu knüpfen, was ihm auch tatsächlich gelang. Es entspann sich eine ausgedehnte Korrespondenz um das neue Werk zwischen beiden, und am 21. September 1887 konnte Clara Schumann in ihr Tagebuch eintragen: „Joachim und Brahms haben sich seit Jahren zum ersten Male wieder gesprochen." Bereits am 18. Oktober wurde das Doppelkonzert mit Joachim und Robert Hausmann als Solisten unter der Leitung des Komponisten in Köln uraufgeführt. Leider hat das Werk allerdings bis heute im Vergleich zu den übrigen orche stralen Schöpfungen Brahms’ immer einen et was schweren Stand gehabt, was zum Teil vielleicht an einer gewissen Herbheit liegen mag, zum Teil aber sicher auch darauf zurück zuführen ist, daß das Konzert durch die Not wendigkeit, gleich zwei Solisten von Rang her anziehen zu müssen, seltener als die üblichen Instrumentalkonzerte des Komponisten zur Auf führung gelangt und den Hörern dadurch we niger vertraut ist. Dennoch offenbart das Brahmssche Doppelkonzert, in dem sich kam mermusikalische, konzertante und sinfonische Elemente organisch verbinden, eine Fülle mannigfaltiger Schönheiten und steht als wür diger Ausklang des orchestralen Schaffens des Meisters gleichberechtigt neben seinen ande ren großen Orchesterwerken. Von zwingender Einheitlichkeit ist der erste Satz des Konzertes, dessen Charakter durch Kraft und trotzige Energie bestimmt wird. Nach einer kurzen Orchestereinleitung, die bereits das Hauptthema andeutet, beginnt das Solo- Cello unbegleitet mit einem rezitativartigen, präludierenden Umspielen des Themas. In den darauf folgenden fünf Takten Bläsersatz und dem ersten Einsatz der Solo-Violine klingt schon das zweite Thema des Satzes auf. Es schließt sich ein Dialog zwischen beiden Solo instrumenten an, dann erst ertönt im Orchester die ausführliche Exposition der beiden Hai^k themen, zu denen im Verlaufe des Satzes verschiedene Nebengedanken treten. Die Durchführung bringt ein kontrastreiches, vor allem rhythmisch sehr differenziertes Wechsel spiel zwischen Solisten und Orchester. In dreiteiliger Liedform ist der langsame, von Hornrufen eingeleitete zweite Satz des Werkes angelegt, dessen thematische Grundlage ein weitgeschwungenes, kantables Thema bildet. Besonders charakteristisch für dieses besinn liche Andante ist die häufige, klangsatte Par allelführung der zwei Soloinstrumente in Ok taven. Der Mittelteil des Satzes moduliert von D-Dur nach F-Dur; das Seitenthema mit sei nen Terzen- und Sextenparallelen erklingt durch Flöten, Klarinetten und Fagotte und wird von den Solisten aufgegriffen und ver ziert. Scherzocharakter trägt das in freier Rondoform aufgebaute virtuose Finale. Das tänzerische, sehr einprägsame Hauptthema wird zunächst vom Solo-Cello vorgestellt und geht dann zur Solo-Violine über; es fesselt namentlich durch seine prickelnde Rhythmik und seinen immer wiederkehrenden Wechsel zwischen Legato und Staccato und verleiht dem Satz zum Teil etwas dämonische Züge. Auch das gesanglich-inn|Ä zweite Thema, das neben weiteren ausdruW^ vollen Seitenthemen im sinfonischen Gesche hen des Finalsatzes wirksam wird, führt zuerst das Violoncello ein. In freudiger, kraftvoll zuversichtlicher Stimmung wird das Konzert schließlich, in strahlendes A-Dur gewandelt, beendet. Am 29. Januar 1989 jährte sich zum 100. Male der Geburtstag von Rudolf Mauers- berger, Dresdens Kreuzkantor von 1930 bis 1971. Ein Jahr zuvor hatte ihm die Dresdner Philharmonie anläßlich ihres 100jährigen Be stehens die Ehrenmitgliedschaft verliehen. Die- \us Anlaß des 100 jährigen Jubiläums der Dresdner Philharmonie erlauben wir uns, Sie, hochverehrter PROF. D. DR. RUDOLF MAUERSBERGER zum EHRENMITGLIED unseres Orchesters zu ernennen. Allein vierzig Jahre haben Sie gemeinsam mit der Dresdner Philharmonie bedeutende Aufführungen geleitet. In tiefer Verehrung und Hochachtung vor der Beständigkeit Ihrer künstlerischen Leistungen