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SCHULKONZERT für die 11. und 12. Klassen Freitag, 6. Januar 1989, 16.30 Uhr im Festsaal des Kulturpalastes Dresdner Philharmonie Dirigent: Otakar Trhlik, CSSR Solisten: Ludek Cap, CSSR, Violine Frantisek Krystynek, CSSR, Violine Einführung: Hans Peter Altmann Bohuslav Martinü Konzert für 2 Violinen und Orchester Antonfn Dvorak Sinfonie Nr. 6 D-Dur op. 60 Das Konzert für z w ei Violinen und Orchester von Bohuslav Martinü (uraufgeführt 1951) wurde in spiriert durch die Zwillinge Gerald und Wilfred Beal, zwei hervorragende junge Geiger. Der Charakter der Komposition trug nicht zu ihrer Tiefe bei, stand jedoch dem geistvollen klassizi stischen, wohl anzuhörenden Konzertieren keines falls im Wege; die Umwandlung des Haupt themas des Mittelsatzes zum Grundelement des Schlußrondos (in verkürzter Form) ist eine gewis se Kuriosität. Dem strengen Kritiker dieser Ge legenheitskomposition dürfte nicht entgehen, daß sie eigentlich für die Jugend geschrieben war; im Jahr ihrer Vollendung waren die Beal-Zwillinge "etwas über 17 Jahre alt. Sie führten das Konzert mit jugendlichem Temperament auf, und das Werk paßte ideal zu ihnen. („Das Konzert von Martinü ist wie für sie geschaffen - sein moderner Stil ent spricht ihrer Zeit, seine Klarheit, seine Rhythmen und seine Melodie sind ein Spiegelbild ihrer Jugend; sie spielen es brillant.“ schrieb der Kri tiker Miles Kastendieck im New York Journal- American.) (Übersetzung aus dem Tschechischen) In der alten Zählweise der Sinfonien Antonin Dvoraks erschien die Sinfonie Nr. 6 D-Dur op. 60 als erste; war sie doch die erste, die veröffentlicht wurde und die der bescheidene Komponist als gültiges Werk vertrat. Er hatte lange Zeit ge braucht, hatte viele harte Entbehrungen auf sich nehmen müssen, ehe er mit seinen Kompositionen in der musikalischen Welt bekannt wurde. Die „Slawischen Tänze“, die „Slawischen Rhapsodien“ und die „Klänge aus Mähren“, Werke, deren musikalische Struktur ganz aus den nationalen ^Intonationen der reichen böhmischen Volksmusik erwachsen waren, trugen den Ruhm des Kompo nisten dann jedoch in die Welt und vermittelten Dvorak die Bekanntschaft und verehrende Freund schaft einiger Großer der Musikwelt wie Johan nes Brahms, Joseph Joachim und Franz Liszt. In dieser freudvollen Zeit der wachsenden interna tionalen Anerkennung seines Schaffens entstand die D-Dur-Sinfonie. Von der Freude über die An teilnahme, die man seinen Werken allerorts zollte, wesentlich bestimmt, entstand die Sinfonie in un- gemein kurzer Zeit. Drei Wochen benötigte Dvorak für die Niederschrift der Skizze, drei weitere für die Ausarbeitung der Partitur. Am 25. März 1881 gelangte das Werk in Prag zur Ur aufführung. Die Sinfonie verleugnet in keinem Takt die natio nale Herkunft des Komponisten, dennoch gehört sie bereits zu jenen Werken Dvoraks, in denen er, über die starke Anlehnung an die böhmische Folk lore hinauswachsend, in immer stärkerem Maße die sinfonischen Formprobleme und die harmo nische Entwicklung der westeuropäischen Roman tik für sein Schaffen wirksam werden ließ. Zwar läßt auch in dieser Sinfonie der Musikant Dvorak manchmal noch ein wenig die Zügel durchgehen, führt in nimmer ermüdender musikantischer Kraft eine thematische Erfindung nach der anderen ins Treffen und gelangt noch nicht ganz zu der Bän digung der hervorquellenden Energien, wie das in seinen letzten Sinfonien der Fall ist; die Frische aber der Erfindung, die kraftstrotzende Gesund heit der Verarbeitung ist von so überzeugender Echtheit, daß man leichten Herzens kleine formale Unebenheiten in Kauf nimmt. Der tschechische Dvorak-Forscher Otakar Sourek sagte über die Sinfonie: „Satz für Satz ist sie stilisierte Daseins heiterkeit, Lebensmut, Freude und Frohsinn. Da bei ist das Werk seinem Geist und Ausdruck nach tschechisch. Mit seinen Wurzeln haftet es im Grund und Boden der tschechischen Provinz, und die Liebe des Tondichters zu diesem Boden, der ihn hervorgebracht hat, seine Liebe zur heimat lichen Natur und zum tschechischen Volk durch wärmt und leitet jeden Gedanken des Werkes, jeden einzelnen Takt. In dieser Sinfonie leben Humor und Hochgefühl, Frohsinn und Leiden schaft des tschechischen Volkes, atmet der Duft und jauchzt der Gesang der böhmischen Fluren und Wälder. Hier gibt es kein lastendes Gewölk, nicht einmal Wölkchen.“ Bohuslav Martinü, der bedeutendste tschechische Komponist um die Mitte unseres Jahrhunderts, studierte Violine und Orgel am Prager Konser vatorium, war 1913-1923 Geiger der Tschechi schen Philharmonie und lebte 1923 bis 1940 in Paris. Nachdem Dvorak und Debussy sein frühes Schaffen beeinflußt hatten, bekannte er sich nun - nicht zuletzt von den freundschaftlichen Begeg nungen mit Ravel, Strawinsky, Honegger und Milhaud beeindruckt - zum Neoklassizismus. Gleichzeitig machte sich seit den 30er Jahren die immer stärkere Betonung eines national-tschechisch gefärbten Ausdrucks bemerkbar, das Bemühen,