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^450 wiegt ö Pfund. An ihrem Ende halten fie dieselbe mit einem großen Haken hinten an -er rechten Seite fest. So kommen zu sie zum Zusammenstoß mit bedecktem Haupte auf niedrigen Sät- teln. So stark aber sind die Stöße, die sie austeilen, daß manchmal einer von ihnen, und oft Beide zu Boden fallen müssen. Nun trug es sich zu, als Herzog Mo ritz mit dem Erzherzog Ferdinand tur- nierte, daß sie eine ähnliche Lanze an der Brust brachen, sodaß ein ähnlicher Fall seit Menschengedenk«» niemals eintrat; die Begegnung war so kräftig, daß beide zur Erde fielen, und kaum die Pferde sich auf der Hinterhand halten konnten. Tags darauf unternahmen sie auf dem Wege ein« andere Jagd auf Hirsche. Weiterhin gelangten sie nach Frei berg; hier wandten sie sich einer Be sichtigung der Silberbergwerke zu, in denen jeder, falls er auf seinem Gebiete Adern findet, sie allein schürfen darf, indem er den Zehnten entrichtet und dem Eigentümer ein Achtel bezahlt. Hierauf brachen sie von dieser Stadt auf, um die Jagden zu lTt.) Marien berg zu beenden, einc^ Stadt, die im Jahre unseres Heils 1522 gegründet ward, woselbst viele von jenen Gruben sich fanden, durch die sie jahraus, jahr ein zunimmt und reich und schön wird. Nachdem dort die Jagden beendet waren, wobei unter anderen Tieren 126 Hirsche f!) erlegt wurden, naht für Seine Majestät lüem Böhmenkönig) die Zeit Ler Abreise; mit sehr großer Be friedigung über die in diesem Lande erlebten Zerstreuungen und unter un zähligen Dankesbczengungcn und vie len Liebenswürdigkeiten beiderseits reist sie sdie Majestät) am 14. August <1549) ab, nahm mit sich jene merkwür dige Lanze und ritt nach Prag." Soweit der Wortlaut der italie nischen Chronik von Cibonio Besozzi. Nun noch einige Worte zur Erläute rung. Die großen ausgedehnten Waldungen des Erzgebirges, die sich noch den Ur waldcharakter bis vor drei Jahrhunder ten gewahrt hatten und in denen in früheren Jahrhunderten neben reichen Hochwildbeständen noch das Wild schwein, der Bär, der Wolf und ande res Raubzeug hausten, brachten es mit sich, daßZschopau mit seinem Schlos- s« Wildeck als Ausgangspunkt großer Jagden von den jagdlustigen sächsischen Kurfürsten benutzt wurde und sich einer besonderen Bevorzugung erfreute. So geschah es vornehmlich im 16. Jahr hundert. Es waren Ereignisse in dem eintöni gen Leben -er kleinen Stadt, wenn der sächsische Hof mit großem Gefolge, mit zahlreichen Pferden und Hundemeutcn hier seinen Einzug hielt, wenn sich hier der Glanz der Jagdfeste entfaltete, oft mit ritterlichen Spielen und Turnieren verbunden. Die hier angcstellten Forst- und Wildmeister sorgten dafür, daß den fürstlichen Gästen auf Schloß Wildeck der Aufenthalt so angenehm als möglich gemacht wurde. Besonders zu Zeiten des Oberforst- und Landjägermeistcrs Cornelius von Rüxlcben entwickelten sich hier Jagdsestlichkeiten, die reiches, buntes Leben auch für das Volk mit sich brachten. Fremde Fürstlichkeiten waren oft zu Gaste, ja Schloß Wildcck war manchmal so überfüllt von Jagdteilnch- mern, daß die Räume nicht mehr zn- langtcn und sich 1545 bis 1550 die Aus setzung «ines weiteren Stockwerkes nötig macht«. Damals schaute unser lieber „Dicker Heinrich", noch mit dem schönen schlan ken Turm bewehrt, auf das bunte un- farbenprächtige Treiben auf dem Schloßhof«, auf die Fürsten und Ritter mit den wehenden Feüerbüschcn, auf di« züchtigen Frauen und Jungfrauen des Hofstaates mit befriedigtem Lächeln herab. Damals, ja damals — lang, lang ist es her! Und heute? Der „Ticke Heinrich" ist nicht mehr der Wehr- und Wachtturm wie einst. Mit eingezogenem Kopf« steht er inmitten eines Konglo merates von Kohlenbunkern und Asche- grubcn und sonstigen profanen Zweck bauten und blickt mürrisch in die Welt. Nur wenn er bei der Lchloßbelcuchtung im Lichte der Scheinwerfer erstrahlt, da