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Zschopauer Tageblatt und Anzeiger : 18.02.1939
- Erscheinungsdatum
- 1939-02-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1780077211-193902189
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1780077211-19390218
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1780077211-19390218
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Zschopauer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1939
-
Monat
1939-02
- Tag 1939-02-18
-
Monat
1939-02
-
Jahr
1939
- Titel
- Zschopauer Tageblatt und Anzeiger : 18.02.1939
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Nr. 4- 2. Beiblatt zum Ächopaure Tabtdlatt und Anzeiger SAM fieventen Tas Km ms« skM Charoktkr Nm? Von P o'e^cr Richard Mü Iler-Fr eienfels. Oft Hörl man in Gesprächen die Aeußerung, daß jemand sich vollkommen „verwandelt" habe, daß er ein „ganz anderer Mensch geworden" sei. Besonders wenn man jemanden länger nicht gesehen hat, nachdem er in ganz neue LedenSverhältnme gekommen ist, drängt sich leicht dieser Eindruck auf. Aeußerlich iritt diese scheinbare Wandlungsfähigkeit des Menschen beson ders in den ersten Jahrzehnten des Lebens heraus, wenn sich das Kind zuin Jüngling oder zur Jungfrau entwickelt, und weiterhin aus diesen wieder der reife Mann und die reife Frau hervorgehen, in denen man vielfach Dauertypcn erblickt, obwohl in Wahrheit auch im Erwachsenenalter oft noch tief gehende Veränderungen einlreten, die dann beim Uebergang ms Greisenalter sehr sichtbar werden. Die neuere Psychologie bat dazu nachgewiesen, daß diesen äußeren Wandlungen auch innere, mit einer faßbaren Gesetzlichkeit verlaufende Ver änderungen parallel gehen, die oft sogar bewußt betont werden, insofern der Jugendliche nicht mehr Kind sein will und alles Kindliche und Kindische energisch abstreift, ebenso Ivie der reife Mann und die reife Frau ihre Jünglings, oder Backfischgewohnheiten bewußt ablegen. Zuweilen kommt es auch vor, daß besondere Erlebnisse einen radikalen Bruch mit der Vergangenheit zu bewirken scheinen, daß jemand „aus einem Saulus ein Paulus wird". Biographen pflegen bei ihren Helden gern gerade die „Wandlungen" zu betonen, ver- schiedene „Lebensperioden" zu unterscheiden: ja, es gibt Per- wnlichkeitcn, wie Nietzsche, die in der Tal sich beständig zu wandeln scheinen, also daß sie verbrennen, was sie vorher angebetel haben. Diesen Beobachtungen stehen jedoch andere stracks ent- gegen. Wenn sich Schulkameraden in späteren Jahren wicder- treffcn, Io stellen sie ost mit Verwunderung fest, daß — unge achtet gewisser Veränderungen nn Aeußcren und in den uebcnsgcwohnheitcn — die anderen nn Grunde doch „ganz dieselben" geblieben leien. Schon rein äußerlich scheint die Wandlung nicht in die Tiefe gegangen zu sein; denn unschwer erkennt mau in den Zügen des Mannes oft noch sein Kinder- oder JünglmgSgesichi, und auch seelisch-geistig kommt in manchen Situationen im Maune noch „der Junge heraus". Der Mensch von ehedem ist nicht vollkommen verschwunden, ländern er ist nur verhüllt, überdeckt von andern LebenS- sormen. Und das gleiche gilt auch dort, wo ;emand unter äußeren Einflüssen oder auf Grund besonderer Erlebnisse ein ganz neuer Mensch geworden zu sein scheint; denn auch da bricht zuweilen doch die alte „Natur" mit Macht heraus, von der Hora; meinte, wenn nian sie mit einer Mistgabel aus- iriebe, so kehre sie doch zurück. Auch dort, wo einer aus einem Saulus ein Paulus geworden ist, ist die Wandlung nicht so ucfgehend, wie es äußerlich scheint. Und Paulus selbst hat >a > ..ch seiner Vision bei Taniaskus gewiß die Richtung und den ..decugchalt seines Geistes geändert; aber sein Charakter, der s ch schon vor der „Wandlung" in einer tiefen Leidenschaftlich- reit religiösen Erlebens offenbart hatte, ist auch nach feiner Wandlung wirksam geblieben. Und wenn wir Nietzsche als Beispiel eines in beständiger Neuformnng lebenden Menschen nannten, so hat gerade bei ihm die tiefer dringende Forschung steigt, daß er im Grunde sich mit erstaunlicher Zielsicherheit c i.wickelt hat. Wohl hat er in seiner sogenannten „zweiten Triode", als er sich bewußt einem kalten Positivismus ver- uhrieb, seine Eigenart zurückzudrängen gesucht; aber ein tiefer blickender Leser erkennt auch in den Schriften dieser Zeit den hnßen Unterstrom seines Wesens, der in der ersten Periode so glühend offenbar wurde und in der dritten Periode wieder mit vulkanischer Gewalt durchbrach. Jene zweite Periode war notwendig, damit er sich — in Auseinandersetzung mit ent- gegcngerichteten Mächten — seines Selbst bewußt ward; und es sind insbesondere aus dem Nachlaß Schriften der früheren Perioden bekannt geworden, aus denen man sieht, daß ihm seine wahre Mission zu allen Zeiten ganz klar war. WaS in diesen und ähnlichen Fällen als „Wandlung" erscheint, war nur Maskerade, gewollte Umstellung nach außen hin, WaS alles jedoch nicht in die Tiefe reichte. Nicht immer kommt der „ganze Mensch" heraus, und noch weniger wird immer der „wahre Charakter" zur Schau gestellt; aber hinter allen Nollen und Masken bleibt doch ein ruhender Pol. Ganz einfach ist also das Problem des Charakters als einer festen Prägung nicht zu lösen. Es ist jedoch nicht bloß eine theoretische Frage, sondern auch praktisch von höchster Wichtigkeit, weil es dabei um die Voraussetzungen geht, inner halb deren Erziehung und bewußte Menschcnformung zur Wirksamkeit kommest können. Gan; abzulehnen ist jedenfalls die Meinung, daß ein Mensch wirklich in seinem ganzen Wesen von außen umzu- wandeln sei, das mau aus jedem Menschen machen könne, was man wolle. Diese Meinung hat theoretisch in der absurden Lehre, daß der Mensch ein „Produkt seines Milieus" sei, ihren Ausdruck gefunden. Gewiß kann sich ein Menschen sehr ver ¬ schiedene Umgebungsverhällnisse anpassen und in Auseinander setzung mit ihnen sehr verschiedene Lebensgewohnheiten, Meinungen, Interessen annehmcn; aber alles das bleibt äußer lich und reicht nicht in die Tiefe. Mil Recht wird daher neuer dings gegenüber jeder Milieuihcorie betont, daß der Charakter eines Menschen entscheidend durch seine Erbanlagen bedingt sei, die einen festen Kern bilden, der in allen Anpassungen und Beeinflussungen von außen erhalten bleibt. Freilich können wir mit Sicherheit nur feststellen, daß in jedem Menschen in Form von Erbanlagen wesentliche Züge vorausdestimmend sind; welche Züge das jedoch im einzelnen sind, ist, mindestens in der Frühzeit des Lebens, zumeist kaum zu ermitteln; ja oft kommen in der Jugend Züge, Neigungen, Anlagen heraus, die später ganz zurücktreten. Nur insofern sind die äußeren Umstände wichtig, als daran die angeborenen Anlagen sich, d. h. auf Grund des Gegebenen, unterschiedlich entwickeln, was jedoch nur den Erscheiuungstypus, nicht den Wesenstypus, berührt. Dieser aber setzt sich auch unter wesens- fremden Außcnverhältnissen durch. Man mochte den Achill unter Mädchen in Mädchcukleidcrn aufziehen; als man ihm ein Schwert zeigte, griff er nur danach, nicht nach den gleich- zeitig gezeigten Schmuckstücken. Und wenn geborene Dichter, wie Ibsen oder Fontane, in ein Apothekermilieu gerieten, sie wurden doch keine Apotheker. Wo eine Anlage vorhanden ist, setzt sie sich durch; und wenn sie nicht stark genug ist, das ganze Leben zu gestalten, so findet sie doch ein ihr gemäßes „Stecken pferd"; daher ist für viele Menschen ihr Steckenpferd weit „charakteristischer", d. h. ihr Wesen offenbarend, als ihr sogenannter „Beruf". Immerhin, es bleiben jene „Wandlungen", die jeder Mensch als „Altcrsphasen" durchlebt. Auch sie siud nicht von außen bedingt, sondern von innen; und es steht dem Menschen nicht frei, ob er sich vom Kinde zum Jüngling, ob er sich vom Mann zum Greis entwickeln will. Wohl kann er äußerlich die Maske des Jugendlichen annehmen und durch allerlei Künste betonen, es hilft ihm nichts; er wird doch durchschaut. Eine andere Frage jedoch ist, ob das Altern wirklich eine totale Wandlung ist. Und diese Frage müssen wir verneinen. Das Kind stirbt nicht, wenn die Pubertät eiulritt, uud die Jugend entschwindet nicht restlos, wenn der Mensch ins Mannesalter kommt; das Frühere wird vom Späteren nur überschichtet, zurückgcdrängt, verhüllt; aber es dauert weiter. Ja, es kommt oft überraschend hervor. Ter Jüngling mag sich noch so von allem Kindhaften abgewandt haben, sobald er selbst Kinder hat, erwacht auch das Kind in ihm wieder, wenn er mit jenen spielt; und noch deutlicher ist das bei Frauen, die als Mutter und Großmutter im Umgang mit ihren Kindern selbst wieder zu Kindern werden. Es sind innerlich arme Menschen, die das Kindliche oder das Jugendliche in sich verkümmern lasten oder ertöten. Alle wahre Entwicklung ist ein „Aufheben" deS Früheren im Hegelschen Toppelsinn des Wortes, also daß es zugleich ein „Ueberwinden" und ein „Betvahren" bedeutet. Nichts in der Welt kann einen Menschen total verwandeln, weder äußere Einflüsse, noch der eigne Wille. Man kann vom Apfelbaum keine Orangen ernten. Wohl aber kann man den Apfelbaum so veredeln, daß er reichere, schönere, bessere Frucht tragt. Und diese „Veredlung" ist der Sinn und auch die Mög lichkeit aller Erziehung, welches Wort fa „Heraus-Zreyung- bedeutet, d. h. ein Hervorholen dessen, was anlagemäßig gegeben ist. Das sieht von außen oft wie eine „Wandlung* aus, ist aber in Wahrheit nur „Entwicklung", d. h. Heraus- Wicklung dessen, was im Menschen bereits darinsteckte. Keine Anlage kann „ertötet" werden; wo das versucht wird, bricht sie unter allerlei Masken dennoch durch; keine Anlage jedoch ist auch so, daß sie ertötet werden müßte. Auch Anlagen, die Gefahren in sich bergen, können veredelt werden. Man hielt eS zeitweise für wünschenswert, den Ehrgeiz der Jugendlichen zu ertöten; richtiger ist es, den Ehrgeiz auf hohe Ziele zu lenken, wobei das Egoistische von selbst zurücktritt. Auch der Geschlechtstrieb ist nicht an sich böse, wie man im Mittelalter meinte, wo man ibn durch Askese ausrotten wollte; das gelang nicht, Wohl aber läßt er sich zu reiner, geistiger Liebe veredeln. Und eine solche Veredlung ist sogar mit verbrecherischen An- lagen möglich. Man hat neuerdings bei verschiedenen Dichtern verbrecherische Neigungen festgestellt; das ist kein Verdam- mungsurtcil; im (Äcgcnteil, cs ist bewundernd anzuerkennen, das sie in ihren Dichtungen jene Anlagen veredelt haben, also daß sie niemand schadeten, wohl aber ocn Dichtern selbst und ihren Lesern ein Verständnis auch der dunklen Untergründe des Menschenlebens erschlossen. Also totale Wandlung eines Charakters gibt es nicht; Wohl aber können zeitweilig zurückgedrängte Anlagen hervor treten und — was das Wichtigste ist — veredelt werden, WaS sich bei oberflächlichem Hinsehen dann doch als tiefgehende Wandlung darstcllen kann und, wertmäßig beurteilt, auch ist. MWei Wer« WenW Ein Lebensbild von Fritz Brühl. Das ist nun wieder die Zeit der ungekrönten Königinnen Hinterm Ladentisch. Ihr wohlassortiertes Reich Hal den Sturm heraufbeschworen, der in diese» Tagen vor den langen Theken tobt. Vor den Glasfestungeu der JnnenauSIagen stehen sie, gern bereit, jeden einzulassen, der sich ernsthaft oder nur aus Neugier naht. Nie hat es scharmantere Zitadellen- Wächter gegeben als sie, nie ist bereitwilliger die weiße Fahne der Kapitulation aufgezogen worden, wenn nach langen Vor spielen die Einigung gelang: Hier hast du es, das begehrte Stück, gehe heim in Frieden. Keine Königin vergab sich etwas, wenn namhafte Teile ihres freundlich gehüteten Besitzes in FeindeS- hand übergingen — denn dies ist ein Reich der Verschwendung, und es lebt vom Rausch des Verkaufens. Ja, der Rausch ibres Berufs mag sie in diese» Tagen zu- weilen packen, wenn die Prozessionen der Käufer durch di« Ladenstraßen wandeln, kauslüstern und doch überlegend, lauernd und doch unentschlossen, siegesgewiß und dennoch dem Geld beutel und seinen schnöden Bedingungen verhaftet. Ich will dir alle Herrlichkeiten und all« Schätze zeigen, ich verfüge darüber, -ich wähle mit aus, ich rate uns letze sie in das rechte Licht, ich vergleiche sie mit den anderen, ich Schlage sie in weiches, wärm einhüllcndes Papier ein, ich, nnhöflicherweise Ladenmädchen ge- nannt, und doch Königin, die eine Welt verschenkt. Meist heißen sie Lisbeth, sind blond und sehr schlank, denn sie treiben viel Sport oder Gymnastik. (Der Stift freilich hat Fräulein Lisbeth zu sage», und das ist in der Ordnung, auch wenn er, in den ersten Tagen des Monats natürlich nur, gelegentlich in das Konfitürcngeschäft schräg gegenüber laufen und dort einiges für den Zeitvertreib des Gaumens holen muß.) Abends sind sie todmüde, der Tag hat an ihren Nerven ge zerrt, die Beine tun vom Lausen und Treppensteigen Weh, nn Gehirn geht vieles reihum, was sie noch in den Schlaf hinein verfolgt. Wenn ihnen schon die Augen längst zugefallen sind, sage» sie noch immer: „Vitt' schön, und dann haben wir hier noch etwas besonders Schönes, und wenn Sie vielleicht dort einmal sehen wollen." Leise sprechen sie dabei vor sich hin, und auf ihren Gesichtern liegt noch das verbindliche Löcheln, das er muntern soll und dennoch die Distanz wahrt. Denn wie sagt der Chef: Ja nicht aufdringlich sein, wir sind hier der Herr, spielen sie Königin hinterm Ladentisch! Später aber,, gegen Mitternacht, erscheint noch einmal schreckhaft verzerrt die zänkische Frau mit dem entsetzlich unmodernen Hut. die schon am Tage zu ertragen eine Oual war, weil sie wegen eines schlecht ein gepackten Pakcis zum Abteilungsleiter laufen wollte: ihr folgt Minuten später im Traum der junge Mann mit der Hornbrille, der nicht übel ausjah, aber mit einem seltsamen, hungernden Blick durch den Laden lief, vor dem man Angst haben konnte. Manchmal sind sie traurig, und dann halten sie wenig vom Leben. Es sind meist junge Menschen, und das Pendel ihres Gemüts schlägt weit aus. Sie wissen eigentlich nicht, warum sich der Himmel zuweilen jo plötzlich versinstert; eben noch schien er blau und festlich gestimmt. Mit einem Male aber will vieles sinnlos vorkommen: Abends erschöpft helmgehen, der Mutter noch hier und da helfen müssen, am Monatsende einen kleinen oder großen Beitrag dafür leisten daß man die Beine mittags unter den Familientisch strecken kann, der kleine Zank mit dem Vater, weil man drei Minuten später als 10 Uhr nach Hause kam, die sinnlose Strenge des Chefs, der ein Pedant zu sein scheint wenn nicht die Freude auf Ferien wäre, die das Dasein von elf Monaten des Jahres so wunderbar ausfüllen kann, und wenn nicht abends manchmal Punkt sieben einer mit hochgeschlagenem Mantelkragen draußen auf und ab ginge, in dessen Arm sie nach Geschäftsschluß den ihren behutsam lut, unc der sie dann ganz fest hält, wenn der Wasserfall des Tages berichtes beginnt, dann könnte man, ja, was könnte man... Ach, es sind eben junge Mädchen, und es sind so seltsame Jahre. - Am nächsten Morgen haben sie natürlich wieder einen ganz ' klaren Kopf, aller Spuk ist verflogen, nie ist das Dasein herr- j sicher gewesen. Wer gar von auswärts täglich in die Stadt , kommen muß, dem bläst die frühe Morgenstunde gehörig die Ge- ! danken rein, und daß dann ein Zug mit der Aufschrift Berlin— Magdeburg — Hannover — Göttingen — Bebra — Frankfurt- Basel—Mailand wieder Sehnsüchte wecken könnte, das ist nicht möglich. Zn Legionen treffen sie kur; vor acht in den Gelchäfts- . sträßen zusammen, zwitschernd und kichernd und die Stadtmitte s für kurze Zeit mit einem übermütigen Leben füllend — bis dann die Rolläden rascheln und die Gitter fallen. Niemand kann ihnen verbieten, sich, noch bevor der erste Kunde kommt, aus den heutigen Heimao-nd zu freuen, an dem aus dem er regenden Buch vorgelesen wird, oder darauf, daß es morgen „Nigoletto" in der Oper gibt. Ter Film, der gestern viertel- seitig in der Zeitung angezeigt wurde, soll gut sein, also werden sie sich an einem der nächsten Tage abends ein paar Tropfen Lavendel Himers Ohr tun, in ein anderes Kleid schlüpfen und nn Dunkel eines Kinos verschwinden, wenn der Mann mit dem hochgeschlagenen Mantelkragen seine Mitwirkung zugesagt, das heißt noch Geld für zwei Eintrittskarten Hal. Diese Freude an harmlosem Vergnügen nimmt ihnen nichts von dem, was man so gewichtig den „Ernst deS LebenS" nennt. Ob sie nun am nächsten Tage SeifenkarionS und Lippenstifte ausstellen oder einer verwöhnten Frau ein Dutzend Paar Schuhe anprobieren oder in ein Heringsfaß greifen müssen — die Ver antwortung ist die gleiche. Es gibt Abstufungen, gewiß. ES gibt gepflegte Fingernägel und Hände, die schmutzig und rissig wer- den. Es gibt junge, strahlende, gewinnende, ja verwirrens« Ge sichter, es gibt ältere, ältliche, die seit Jahren oder Jahruhmen jene Seite des Ladentisches ihre Tagesstatt nennen, an der die Bindfäden hängen, die Einwickelpapiere liegen und die vielen Schubladengriffe, preußisch auSgerichtet, glänzen. Das sind die mit den großen, geschäftlichen Erfahrungen, die Stützen deS Chefs, die ruhenden Pole in der Flucht der Lehrmädcheuerjchei- nungen, die freilich dennoch nicht selten eines TageS ei» wenig aufgeregt und mit hochrotem Kopf zum Chef gehen, und ihn in langüberlegter, auswendig gelernter Rede bitten, er möge sich nach einer Vertreterin umsehen; eS sei da jemand in ihr Leben getreten, der... Inder glauben nur die ganz jungen Dinger daran, daß eS ihnen einmal so gehen wird, wie der schönen Verkäuferin in Njua: daß einmal ein unwahrscheinlich reicher indischer Fürst iw Geschäft erscheint und nicht nur die teuersten Schuhe, sondern auch das anmutigste Mädchen des Ladens mitnimmt, um eS fern am Ganges zu seiner Frau zu machen. Die anderen wissen eS bestimmt, und das gibt ihnen die große, innere Sicherheit, daß eine- Tages ein braver, aufrechter Kerl, de« sie beim Baden oder Wandern oder in der Straßenbahn kennen und später lieben gelernt haben, furchtlos die Frage stellen wird, ob man denn nicht für immer zusammenbleiben wolle. Und dann werden sie ja sagen, während ihnen das Herz zum Halse schlägt, und dann wird sich ihr Traum erfüllen, den sie seit Jahren träumten: der Traum von den vier Wänden, die ihnen allein gehören werden, von einer bellen Küche mit blinkenden Tellern, von einem gemütlichen Zimmer und nicht zuletzt von einer bunt bemalten, bedächtig schaukelnden Wiege. Mozart Md die WnheitskoMrrenz Es ist alles schon dagewesen... Der 26jährige Mozart schrieb an Konstanze Weber, seine spätere Frau, einen bitter bösen Brief, weil sich das Mädchen an einer kleinen Schön- heuskonkurrenz im Hause der Baronin von Waldstädtcn beteiligt hatte: „...Daß Sie so unverschämt, unüberlegt waren, Ihren Schwestern, NB. in meiner Gegenwart, zu sagen, daß Sie sich von einem Kavalier haben die Waden messen lassen. Das tut kein Frauenzimmer, welches auf Ehre hält. Wenn es sich wirklich die Baronin selbst hat tun lassen, so ist. es ganz was anders, weil sie schon eine übertragene Frau, die ohnmöglich mehr reizen kann, ist. Ich hoffe nicht, liebste Freundin, daß Sie jemals so ein Leben führen wollten wie sie, wenn Sie auch nicht meine Frau sein wollen." As Muserhaar - besonders mrzeW Untersuchungen, die unlängst Professor vr A. Basler über die Haare der sogenannten „unbehaarten" Körperteile durchführte, zeitigten eine Reihe aufschlußreicher Ergebnisse. Danach weisen diese ganz feinen Härchen fast die gleiche Wurzelfestigkeit wie das Kopfhaar auf. Haare in der Haut von Muttermalen hielten sogar einer Zugkraft bis zu 63 Gramm stand, während Flaumhärchen an den Wangen schon auf einen Zug von nur 4 Gramm ousgezupft werden konnten. Die durchschnittliche Wurzelfestigkeit dey Haare — sie ist bei Männern größer als bei Frauen — liegt bei einer Zugkraft von 31,8 Gramm. Sie verringert sich infolge starker Kälte oder elektrischer Reizungen sowie durch Bluteutziehung, ver stärkt sich hingegen bei Blutüberfülle.
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