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Am 15. Oktober 1844 stellte sich der Sohn erst mals in „Dommayers Casino" dem Wiener Publikum vor. Die Sensation war perfekt: Strauß gegen Strauß. Und auch der Erfolg war sensationell. Das Publikum geizte nicht mit Applaus (allein der Walzer „Sinngedichte" mußte 19mal wiederholt werden), die Presse war des Lobes voll. „Der Sohn . . . hat wohl nicht den Vater, aber die Erwartungen über troffen." Alle Wiener Wirte öffneten ihm ihre Lokale, doch auch Strauß Vater erfreute sich weiter hin großer Beliebtheit und mußte sein Orche ster von dreißig auf zweihundertzwanzig Mann erhöhen. Allabendlich fuhr er mit einem Fia ker zu den verschiedensten Spielstätten sei ner Musiker, um persönlich eine oder mehrere Programmnummern zu leiten. Eine Aussprache führte Vater und Sohn wieder zusammen. Den Wunsch des Vaters aber, als Stellvertreter in dessen Unternehmen einzusteigen, lehnte der junge Johann ab. Er wollte selbständig blei ben. Seine Kompositionen fanden stürmische Aufnahme, seine Walzer, Polkas, Quadrillen wurden gedruckt. Zu dieser Zeit waren seine Walzer schon feuriger und von lebhafterem Rhythmus als die des Vaters, seine Einleitun gen und die Coda erhalten sinfonischen Zu schnitt, die Harmonisierung ist reicher, die Formen variieren. Das Revolutionsjahr 1848 zeigt Strauß Vater und Sohn in entgegengesetzten Lagern: Strauß Sohn, nach Lanners Tode bereits Ka pellmeister des 2. Bürgerregimentes, als Na tionalgardisten, Strauß Vater als Gegner der Revolution. Der Sohn komponierte Tänze, die in ihren Titeln (aber auch nur dort) einen frei heitlichen Ton anschlugen, z. B. „Freiheitslie- der-Walzer", „Revolutionsmarsch", „Explo sionspolka". Er dirigierte auch mehrmals die Marseillaise. Der Vater führte am 31. August zum ersten Mal seinen „Radetzky-Marsch zu Ehren des großen Feldherrn . . . der k. k. Ar mee gewidmet" op. 228 auf. Als die Revolution fehlgeschlagen war, hieß jedoch einer der ersten Titel des Sohnes „Kai ser-Franz-Joseph-Marsch" — schnell hatte er sich der neuen Situation angepaßt. Immerhin verzieh ihm der neue Kaiser seine revolutio näre Einstellung nicht so geschwind, und erst im Jahre 1864 erhielt er sein Dekret als k. k. Hofballmusikdirektor. Es lebe der Walzerkönig! Am 25. September 1849 starb der Vater Jo hann. Mehr als 100 000 Menschen gaben ih rem Liebling das letzte Geleit. Der Walzerkö nig war tot. Doch nun hieß es: Es lebe der Walzerkönig! Der unerhörte Siegeszug Johann Strauß Sohn nahm seinen Lauf. Er übernahm die Kapelle seines Vaters, eilte — wie dieser — Abend für Abend von einem Lokal zum an deren, mußte Proben abhalten und auch noch Zeit fürs Komponieren finden. Die immer neu geforderten Tänze wurden — auch wenn sie seit Wochen bestellt waren — fast ausnahms los erst am Tage der Aufführung niederge schrieben, von einem bewährten Stab von Helfern arrangiert bzw. aus der Partitur abge schrieben, um sie abends einem enthusias mierten Publikum vorzustellen. Auslandsgastspiele häuften sich, und als Jo hann einen Vertrag mit der Zarsko-Selo-EisM^ bahn-Gesellschaft unterschrieb, der ihn mehrere Jahre an Pawlowsk (nahe St. Peters burg) band, überredete er seinen Bruder Josef (bis dahin Fabrikingenieur) zur Übernahme der Leitung der Wiener Kapelle. Josef entpupp te sich als glänzender Musiker, der auch als feinsinniger Komponist der Strauß-Dynastie al le Ehre machte. Von seinen 283 Tänzen sei hier nur an den Walzer „Dorfschwalben aus Österreich" erinnert. Johann hatte in den fol genden Jahren in Pawlowsk beispiellosen Er folg, legte hier den Grundstock zu einem Ver mögen und war während der ersten Jahre in einige amouröse Abenteuer verwickelt. Am 27. Januar 1862 verheiratete er sich mit der Sän gerin Jetty Trefz. Der dritte Sohn Auch Bruder Eduard, der „schöne Edi", wie ihn die Wiener bald nannten, wurde zu Dirigaten herangezogen. Als Zauberer auf der Geige und trefflicher Orchestererzieher bewahrte er der Strauß-Kapelle ihren Weltruhm bis zum Jahre 1901. Im Alter wunderlich geworden, ließ er 1907 gesamte Notenarchiv der Familie Strauß, viele Originalhandschriften und ungedruckte Werke enthielt, verbrennen und damit uner meßliche Schätze in Flammen aufgehen. Johann Strauß zog sich, im Vertrauen auf sei ne Brüder, von der regelmäßigen Leitung der Kapelle zurück und dirigierte nur bei außeror dentlichen Gelegenheiten, so 1867 zur Pariser Weltausstellung, wo der von den Wienern ab gelehnte Walzer „An der schönen blauen Do nau" stürmischen Beifall fand und nun auch zu einer Lieblingsnummer der Wiener wurde. Am 22. Juli 1870 starb Josef in Wien. Eduard war nun alleiniger Leiter der Strauß-Kapelle, BIRGIT FANDREY stammt aus Mecklenburg. Nach einer Lehre als Dreher mit Abitur studierte sie an der Hoch schule für Musik „Carl Maria von Weber“ Dresden bei Helga Termer. Sie wurde danach Mitglied des Opern studios und gehört seit 1987 zum Solistenensemble der Staatsoper Dresden. Sie gastierte bisher u. a. an den Opernhäusern in Berlin, Leipzig und Amsterdam, wurde zu Opernkonzerten und Liederabenden, auch bei Funk und Fernsehen, verpflichtet. KONSTANTIN SCHENK wurde 1957 in München gebo ren. Er studierte an der Wiener Hochschule für Musik und darstellende Kunst bei Otmar Suitner, erhielt 1981 sein Diplom und das erste Engagement als Kapell meister am Staatstheater Kassel. 1984/85 war er 1. Ka pellmeister in Oberhausen. Seit 1986 ist er ständiger Dirigent an der Wiener Volksoper und gastiert bei den verschiedensten Orchestern u. a. in der BRD, in Bel gien, der Schweiz und den Niederlanden. während Johann sich ganz seinem kompositori schen Schaffen widmete. 1872 folgte Johann Strauß einer Einladung nach Amerika. Das Angebot war verlockend: 100 000 Dollar. Es fand das Spektakel eines Konzertes mit 20 000 (!) Instrumentalsolisten und Sängern statt, das Strauß mit Hilfe von 100 Subdirigenten leitete. Die Erkenntnis, daß unter solchen Umständen „an eine Kunstlei stung gar nicht zu denken war", ließ ihn wei tere Amerikaangebote ablehnen. ANDREAS CONRAD, Sohn von Philharmoniker Erich Conrad, wurde 1956 in Magdeburg geboren. 1961 nach Dresden übergesiedelt, wurde er Mitglied des Kreuz chores und absolvierte 1980 die Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“, wo er seine Gesangsausbil dung bei Marianne Fischer-Kupfer erhalten hatte. Die Dresdner Staatsoper nahm ihn in ihr Opernstudio aut, von dort ging Andreas Conrad 1984 an die Komische Oper Berlin. Gastrollen übernahm er an der Staats operette Dresden, am Landestheater Altenburg, in Leipzig, Halle, Moskau und Amsterdam. 1986 erhielt er für die Darstellung des Monostatos in der Kupfer- Inszenierung der „Zauberflöte“ an der Komischen Oper den Kritikerpreis der Berliner Zeitung. Mit Partien in einem Opern-Querschnitt und der Gesamteinspielung der „Ariadne" (Strauss) sowie bei einer Produktion von „Figaros Hochzeit" (Mozart) war Andreas Conrad bei Platte und Funk verpflichtet. Ein neuer Anfang In jenen Jahren wandte sich Strauß der Ope rette zu. Bis zu seinem Tode schuf er sechzehn Operetten, eine Oper und ein Ballett. Mi serable Libretti ließen die meisten von ihnen nur zu halben oder zu Mißerfolgen werden; sie sind heute vergessen. Einzig sein drittes Bühnenwerk, „Die Fledermaus", und der 1885 komponierte „Zigeunerbaron" entstanden auf der Basis einigermaßen vertretbarer Textbücher und wurden Erfolge.