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Dichtung. Wie Berlioz in seiner „Phantasti schen Sinfonie", mit der sie inhaltlich ver wandt ist, bedient sich auch Tschaikowski eines in allen vier Sätzen erscheinenden „Leitthe mas" (einer „idee fixe") zur Symbolisierung seines von hohen Idealen durchdrungenen und für sie kämpfenden, aber von Zweifeln, Qualen und Widersprüchen zerrissenen Hel den, mit dem er sich identifiziert. Die programmatische „Manfred"-Sinfonie be steht aus vier Sätzen, deren Inhalt der Kom ponist selbst erläutert hat. Der erste, groß artigste, in drei Blöcke gegliederte Satz schil dert, wie Manfred von Qualen des Zweifels gefoltert, in den Alpen umherirrt. Das Stück beginnt düster mit dem ausdrucksvollen, zer klüfteten „Manfred"-Thema (der „idee fixe"), aus dem ein ungeheuer leidenschaftliches Rin gen entwickelt wird. Im lyischen Mittelteil ist dargestellt, wie sich der Held in „Erinnerung an Astarte, seine schöne Schwester, deren Le ben er durch sündhafte Liebe vernichtet hat, verzehrt". Der Schlußteil drückt aus, daß der seelische Kampf aufs neue entbrannt ist. „Fried- und ruhelos irrt Manfred durch die Welt, ein Opfer der furchtbarsten Verzweif lung." Im düsteren h-Moll, wie er begonnen, endet der Satz. Der zweite Satz ist ein dreiteiliges Scherzo: „Die Alpenfee erscheint Manfred unter dem Regenbogen". Glänzend schildert der Ton dichter das Glitzern, Sprühen und Rauschen des im Sonnenlicht flimmernden Wasserfalls. Im Trioteil charakterisiert eine liebliche, har fenumspielte Melodie das Erscheinen der gu ten Alpenfee. Hier wie auch in der Reprise, die den ersten Scherzoteil mit seiner zauber haften Naturstimmung reizvoll abwandelt, er klingt mehrmals das „Manfred"-Thema. Das Scherzo ist eines der glanzvollsten Stücke Tschaikowskis. Zum dritten Satz (einer Pastorale) schreibt der Komponist: „Schilderung des einfachen, freien und friedlichen Lebens der Bergbewohner". Bei den Bauern und Hirten vermeint Manfred Genesung von seinen Leiden zu finden. geblich. Verzweifelt stürzt er sich in den terirdischen Palast des Höllenfürsten Ahri man". Dort gerät er mitten in eine wüste Or gie, die im wilden Allegro fuoco des Final satzes geschildert wird. Eine lyrische Episode kennzeichnet die Beschwörung der Astarte, die Manfred das Ende seiner Leiden verkün det. Der Schlußteil stellt des Helden Tod und Auferstehung dar. Das „Manfred"-Thema ge winnt monumentale Größe und wächst zum heroischen Hymnus. Das abschließende Largo huldigt dem faustisch ringenden Menschen geist, der „immer strebend sich bemüht". Zum zarten H-Dur aufgehellt, verklingt das Werk. PHILHARMONISCHE NOTIZEN Pressestimmen Einen ganz ausgezeichneten Eindruck hatten die Dresd ner Philharmoniker unter der Leitung ihres Chefdiri genten Jörg-Peter Weigle bei der Aufführung des „Deutschen Requiems" von Johannes Brahms hinter lassen. So war es für die Besucher des „Kissinger Sommers" außerordentlich erfreulich, dieses großar tige Orchester noch einmal bei einem Symphoniekon zert erleben zu können . . . Das Engagement der Mu siker und die hervorragende dynamische Durchgestal tung der einzelnen Stimmen gaben den „Metamor phosen" (Strauss) eine erschütternde Tiefe . . . Die Bedrückung war allgegenwärtig . . . Daß aber auch die Aufführung der d-Moll-Sinfonie von Cesar Franck zu einer Sternstunde werden würde, hatte wohl nie mand geahnt. Selten ist im Regentenbau eine Sinfo- mit so großer musikalischer Kraft und konzeptio- er Geschlossenheit aufgeführt worden wie an die- Abend. Während bei den meisten Interpretatio nen die Zelebrierung des Spätromantikers Franck im Vordergrund steht, lenkte Weigle den Blick auf den Neuerer an der Schwelle zur Moderne, zeichnete er einen Romantiker mit Ecken und Kanten . . . Der Glanz punkt allerdings war der Schlußsatz, in dem alle The men noch einmal Revue passierten . . . Der Beifall war frenetisch. Er galt dem Orchester, das man bald einmal wieder in Bad Kissingen hören möchte. Saale-Zeitung, 8. 7. 1989 (Bad Kissingen) Am Pult der Dresdner Philharmoniker stand deren hochbegabter junger Chefdirigent Jörg-Peter Weigle. Hervorragend gelang unter seiner Leitung der wie eine Traumvision, wie ein duftiges musikalisches Pa stellbild herüberwehende zweite Satz (Mahler, 2. Sin fonie) — ein Ländler, dessen unüberhörbar wieneri scher Tonfall durch eine kleine agogische Verzögerung noch herausgekitzelt wurde. Und ohne Frage kam dem ehemaligen Leiter des Leipziger Rundfunkchores (und einstigen Thomaner) bei der überlegenen klanglichen Disposition des Schlußsatzes jahrelange Chorerfah rung zugute . . . Sicher ist der eher behutsame Chef der Dresdner kein Mann der fiebrigen, „wild herausfahrenden" Orchester- Exzentrik (auch sie gehört zu diesem Mahler-Werk). Doch eine imponierende, aufs sorgsamste ausgefeilte Leistung bot er im „Michel" allemal. Die Welt, 14. 9. 1989 (Hamburg) Unter ihrem jungen Chefdirigenten Jörg-Peter Weigle saielte das Orchester Beethovens Werk (Egmont-Ouver- JML mit Energie und breitem, pastosem Streicher- Weigle bewies Sinn für Tempoproportionen, agogische Stimmigkeit und auch dramatische Span nung. Kölnische Rundschau, 15. 9. 1989 (Köln) GMD Jörg-Peter Weigle wurde anläßlich des 33. In ternationalen Beethovenfestes 1989 in Bonn die Ehre zuteil, sich in das Goldene Buch der Stadt Bonn ein zutragen. Damit gehört er zu dem Kreis von Künstlern, die von den Stadtverordneten dazu auserwählt wur den. Jörg-Peter Weigle hatte, wie bereits berichtet, mit den Philharmonikern im letzten Monat während dieses renommierten Musikfestivals in Bonn konzer tiert. Vom 4. bis 20. Oktober gab unser Orchester unter Lei tung von GMD Prof. Herbert Kegel als Gast zehn Kon zerte in Japan: in Urawa, Osaka, Kyoto, Kobe, Na ¬ goya, Hiroshima, Kitakyushu, Tokyo und Yokohama. Auf dem Reiseprogramm standen die Egmont-Ouver- türe, die 5. und 7. Sinfonie von Ludwig van Beethoven und Gustav Mahlers 4. Sinfonie sowie Kitvierkonzerte von Wolfgang Amadeus Mozart und Robert Schumann, als deren Solist der Leipziger Panist Andreas Pistorius fonie sang Venceslava Hrubä-Freiberger. Die Dresd- verpf lichtet war. Die Sopranpartie in Mahlers 4. Sin nen Philharmonie gastierte damit bereits zum fünf ten Mal in Japan. Eine große Orchestertournee fand erstmalig 1976 statt, als mit den Dirigenten Gün ther Herbig und Hartmut Haenchen 20 Konzerte in 17 Städten gegeben wurden. Außerdem reiste das Orche ster 1975 mit dem Leipziger Thomanerchor unter Hans- Joachim Rotzsch sowie 1979 und 1988 mit dem Dresdner Kreuzchor unter Martin Flämig zu Konzerten in das fernöstliche Land. Alle Sinfonien von Ludwig van Beethoven, seine Eg- mont-, Corio Ian- und 3. Leonoren-Ouvertüre spielen die Philharmoniker unter ihrem Chefdirigenten in fünf Konzerten vom 22. bis 26. November d. J. in Madrid. Am 28. November folgt noch ein Konzert im spanischen Valencia ebenfalls mit Beethoven-Werken. GMD Jörg-Peter Weigle leitet im Dezember das Bach- Collegium München in zwei Konzerten in München und Düsseldorf. Er dirigiert die „Unvollendete" von Schubert, das Violinkonzert von Beethoven — mit Flo rian Sonnleitner als Solisten — und Haydns Sinfonie Nr. 88. Das Barock-Collegium der Dresdner Philharmonie, das von Kammermusiker Volker Karp geleitet wird, gastier te auf der Burg Kriebstein, auf Schloß Weesenstein sowie im Rahmen der Silbermann-Tage des Bezirkes Karl-Marx-Stadt in der Schloßkapelle Rochlitz. Auf dem Programm standen Werke der Bach-Familie, der Bach-Schüler Krebs und Goldberg sowie von Viva Id i und Telemann. Philipp Beckert, Violine, hat in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal an der Internationalen Sommeraka demie Mozarteum Salzburg teilgenommen. Wiederum wurde er in den Kurs von Ruggiero Ricci, dem 69jäh- rigen großen Virtuosen und Pädagogen, der 1978 letzt malig mit der Dresdner Philharmonie musiziert hat, aufgenommen, im 15. Konzert der Akademie trat Phi lipp Beckert als Solist hervor: Er spielte mit dem ja panischen Pianisten Kyoko Hashimoto die Violinsonate Es-Dur op. 18 von Richard Strauss. Kammervirtuos Siegfried Kornek, Violine, begeht am 1. Dezember 1989 sein 40jähriges Dienstjubiläum bei der Dresdner Philharmonie. Prof. Dr. Dieter Hartwig, seit 1965 Chefdramaturg und Stellvertretender Künstlerischer Leiter, beging kürzlich sein 30jähriges Berufsjubiläum. Nach dem Studium der Musikwissenschaft und Germanistik in Leipzig trat er 1959 sein erstes Engagement als Musikdramaturg am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin an, dem 1960 eine fünfjährige Tätigkeit in gleicher Position an den Landesbühnen Sachsen folgte. Er promovierte 1963 an der Leipziger Karl-Marx-Uni versität, an der er 1970 auch habilitierte. 1960 bis 1962 und seit 1973 lehrt Dieter Härtwig das Fach Mu sikgeschichte an der Hochschule für Musik „Carl Ma ria von Weber" Dresden, seit 1984 als Honorarprofes sor. Darüber hinaus legte er mehrere Bücher vor u. a. über Rudolf Wagner-Regeny und Fidelio F. Finke, die Chronik der Dresdner Philharmonie 1870 bis 1970, einen Bildband über unser Orchester sowie über Carl Maria von Weber. Ein weiterer Bildband über den Dresdner Kreuzchor ist zur Zeit im Entstehen. Bis zum 125jähri-