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Nach der Absage der sowjetischen Geigerin Tatjana Grindenko. die ursprünglich verpflichtet war, konnte Professor Krzysztof Jakowicz als Solist für unser heu tiges Konzert gewonnen werden. KRZYSZTOF JAKOWICZ, international geschätzter Violinsolist und Professor an der Fryderyk-Chopin-Mu sikakademie Warschau, war als Schüler u. a. von T. Wronski und H. Szeryng ausgezeichneter Absolvent der Warschauer Musikakademie sowie der School of Music der Indiana University in Bloomington, USA. Preise bei renommierten nationalen und internationa len Violinwettbewerben dokumentieren seine Bega bung. So war er u. a. 1959 Preisträger des Warschauer Ysaye-Wettbewerbs, 1962 des Poznaher Wieniawski- Wettbewerbs, erhielt er 1971 den Szeryng-Sonderpreis beim Enescu-Wettbewerb in Bukarest und 1986 beim Musikfest „Warschauer Herbst“ den Preis der polni schen Musikkritiker „Goldener Orpheus" für die Ur aufführung der Komposition „Chain 2" von Witold Lu tostawski. Darüber hinaus erkannte ihm sein Land mehrfach Auszeichnungen zu für das Propagieren pol nischen Musikschaffens im Ausland. Intensive Konzert tätigkeit führt den Künstler durch Europa, in die USA, nach Kanada, Israel, Australien, Japan und Neusee^ land. Auch international bedeutsame Musikfestiv^fl laden ihn als Solist ein, so z. B. Berlin, Edinbuq^H Paris, Spoleto, Bregenz, London. Zahlreiche ScharF platten polnischer und ausländischer Firmen liegen mit Einspielungen von ihm vor. Neben seiner Lehrtätig keit in Warschau gibt Krzysztof Jakowicz Meisterkurse in Tokyo, Frankreich und Spanien. ZUR EINFÜHRUNG Ludwig van Beethovens Ouver türe zu Goethes „Egmont" f-Moll o p. 8 4 gehört zu einer insgesamt zehn Num mern umfassenden Bühnenmusik des Kompo nisten zu diesem Drama, die er als Auftrags werk der Wiener Hoftheaterdirektion im Jahre 1810 vollendete. Die zuletzt komponierte Ouvertüre stellt zweifellos das bedeutendste Stück der Bühnenmusik dar, in der außerdem u. a. noch die beiden bekannten Klärchen-Lie- der „Die Trommel gerührt“ und „Freudvoll und leidvoH“, eine Musik zu Klärchens Tod und eine Siegessinfonie enthalten sind. Beet hoven schuf die ,,Egmont”-Musik — sie erklang zum ersten Male bei der „Egmont“-Auffüh- rung am 15. Juni 1810 in Wien — voller Begei sterung für den von ihm hochverehrten Dichter und für die patriotische Idee des Dramas; fiel die Komposition doch gerade in die Zeit des patriotischen Befreiungskampfes gegen Napo leon. Der Meister äußerte später stolz über sein Werk: „Damals, als ich noch recht im Feuer saß, hab ich mir auch meine Musik zu seinem ,Egmont' ausgesonnen; und sie ist ge lungen — nicht wahr?" Und Goethe bekannte nach dem Kennenlernen im Jahre 1812: „Beet hoven ist mit bewundernswertem Genie in meine Intentionen eingegangen.“ Die in Sonatenform geschriebene Ouvertüre ist als eine sinfonische Dichtung angelegt, in der der Inhalt des Dramas — auf seine Kern ideen konzentriert — prologartig vorwegge nommen wird. In einer düsteren langsamen Moll-Einleitung (Sostenuto) werden zunächst die Leiden der von der spanischen Fremdherr schaft gequälten Niederländer geschildert. Das wuchtige Anfangsthema im Rhythmus einer Sarabande (spanischer Tanz des 16. Jahrhun derts) malt dabei die finstere Gestalt Herzog Albas, des grausamen Volksunterdrückers. D^ Hauptteil der Ouvertüre (Allegro), dessen ti^H bendes Motiv schon in der Einleitung anklang; gibt dann in leidenschaftlich-erregten Tönen dem aufflammenden Befreiungskampf des Volkes Ausdruck, der sich mit unerbittlicher Härte entwickelt. Und wenn es auch vorüber gehend den Anschein hat, als würden die dunklen Mächte (versinnbildlicht durch das triumphierend erklingende Tyrannen-Motiv) siegen — der Schlußteil des Werkes zeigt, daß trotz des Todes des Volkshelden Egmont der Sieg des Volkes über seine Unterdrücker un ausbleiblich ist. In hellem, strahlendem F- Dur-Jubel, in mitreißenden, enthusiastischen Klängen ersteht vor uns eine Vision der Feier des endlich errungenen Sieges, der erkämpf ten Freiheit. Karol Szymanowski gilt als der bedeu tendste polnische Komponist nach Chopin. Schon in jungen Jahren errang er aufsehener regende Erfolge. Von der Spätromantik ausge hend, fand er bald den Weg zu der „moder nen Musik" der Jahre um 1910, mit deren viel fältigen Strömungen er sich lebhaft auseinan dersetzte. über Szymanowskis Schaffen in die ser Zeit schreibt der polnische Musikwissen schaftler Tadeusz Marek in einer Studie u. a.: viele Anregungen und faszinierende Vor- ^Ber Szymanowski auch verwertete — stets versuchte er, Fremdes in seiner Arbeit zu über winden und zur eigenen Aussage, zur selbstän digen Form vorzudringen." In seinem letzten Lebensjahrzehnt gelangte der vielseitig gebildete und für alle Probleme seiner Zeit interessierte Komponist dann zu einem deutlich national ausgeprägten Stil. Er setzte sich mit der originellen Volksmusik der Goralen, der Bergbewohner der Hohen Tatra, auseinander. Besonders deutlich fand dies in dem an vielen europäischen Bühnen aufge führten kraftstrotzenden Ballett „Harnasie" seinen Niederschlag. Andere bedeutende Wer ke Szymanowskis sind die Oper „König Roger“, das „Stabat mater", die 3. und 4. Sinfonie so wie Kammermusik, Lieder und Klavierstücke. Szymanowski gehörte zu der Komponisten gruppe des sogenannten „Jungen Polen" und hatte großen Einfluß auf die Entwicklung der polnischen Musik bis in die Gegenwart. über das 1916 komponierte und 1922 in War schau von Jozef Oziminski uraufgeführte Vio linkonzert Nr. 1 o p. 3 5 äußerte die polnische Musikwissenschaftlerin Zofia Lissa: Jjteressant und für ein Instrumentalkonzert ^Ren ist an ihm, daß es ein Programm hat, cma zwar das Gedicht .Maiennacht' des pol nischen Dichters Tadeusz Micinski. Ein heid nisches Frühlingsfest, Liebestänze in der Na tur unter einem funkelnden, sternenübersäten Frühlingshimmel — das sind die Bilder, die den Komponisten zu den beiden ersten Teilen des im Grunde genommen einsätzigen Kon zerts angeregt haben. Die poetischen Klang bilder sind in diesem Konzert mit orientali schen Impressionen verbunden, die der Kom ponist auf seinen Reisen in den Süden und den Nahen Osten empfangen hatte. Hinsicht lich der musikalischen Mittel nähert sich Szy manowski in diesem Werk dem Stile der fran zösischen Impressionisten wesentlich mehr als in der dritten Sinfonie. Kurzen, flackernden und sprühenden Motiven im Orchester steht eine lange, geschmeidige und gebrochene, stark chromatische Linienfüh rung der Solovioline gegenüber. Um sie herum lodert und schillert das Orchester und erzeugt mit seinen Motiven und Farben eine eigen tümliche Stimmung, die den farbigen Hinter grund für den recht komplizierten Solopart bil det. Man kann hier schwerlich von einer be stimmten thematischen Arbeit sprechen. Einzelne Abschnitte sind im Ganzen des Kon zertes zu unterscheiden: Auf die kurze Orche stereinleitung folgt ein lyrischer Teil, danach ein an ein Scherzo erinnernder Abschnitt, dann wieder ein lyrischer Teil mit einem Motiv, das der Komponist auch in seiner .Scheherazade' für Klavier verwendet hat. Der Schlußsatz mit der groß angelegten, von dem Geiger Pawel Kochanski stammenden Kadenz für die Solo violine mutet wie eine Zusammenfassung des gesamten Materials an. Mit diesem Kochanski gewidmeten Konzert wie auch mit seinen .My then' für Violine schuf Szymanowski den ganz eigenartigen Stil eines .Violin-Impressionis- mus'." Ludwig van Beethovens Sinfo nie Nr. 6 F - D u r o p. 6 8 erhielt durch ihn selbst die Bezeichnung „Sinfonie pasto rale“ („Ländliche“ oder eigentlich „Hirten"- Sinfonie). Das Werk, das zusammen mit der im gleichen Jahre entstandenen, jedoch völlig andersgearteten kämpferischen 5. Sinfo nie c-Moll erstmals am 22. Dezember 1808 in Wien aufgeführt wurde, steht an der Grenze zwischen „absoluter" und schildernder Musik. Obwohl Beethoven auf dem Gebiete der Pro grammusik bereits an Vorgänger anknüpfen konnte (so hatte z. B. der Stuttgarter Kompo nist Justin Heinrich Knecht sogar 1784 schon eine Sinfonie mit ähnlichem Inhalt kompo niert), fand er doch auch hier ganz neue We ge und schuf mit der idyllischen Pastoralsinfo nie ein Werk, das sich hoch über eine äußer liche, rein naturalistisch malende Programm musik in Bereiche absoluter Allgemeingültig keit erhebt. Bedeutsam dafür ist seine Anmer kung über der Urschrift der Pastorale „Mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei". Und obgleich die fünf Sätze der Sinfonie durch ganz bestimmte programmatische Überschrif ten bezeichnet sind, obgleich Beethoven auch im einzelnen (so in der Schilderung von Bach-