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ches Drama dar (Trauer und seeli scher Aufruhr im 1. und 2. Satz; höchste Lebenslust, doch Suche nach Bestätigung und Sicherheit im Scherzo; Ruhe und Rast der Seele im Adagietto; Rückkehr ins Leben mit rastloser Tätigkeit und Geschäf tigkeit im Finalsatz). Mahler schrieb ein Werk in fünf Sätzen (ursprünglich nach „klassi scher" Regel sollten es vier wer den, die lediglich in ihrer „ver wandten Stimmung verbunden sind" - wie er anfangs meinte). Doch während der Verlobungszeit mit Alma Schindler (Herbst 1901 bis März 1902) schob er das Ada gietto - eine Liebeserklärung - ein und überdimensionierte die Sinfo nie, teilte das Werk in drei Abtei lungen und ordnete den Sätzen vier verschiedene Tonarten zu (ge gen jede überlieferte Regel). Der 1. Satz, sonst in der sogenannten Haupttonart stehend, die späte stens im Schlußsatz wieder aufge griffen wird, steht hier in cis-Moll, der 2. Satz, mit dem 1. Satz aller dings thematisch und formal un trennbar verbunden--deshalb I. Ab teilung für beide Sätze -, steht in a-Moll und gilt als der eigentliche Hauptsatz, wie Mahler selbst be kräftigt hat und strikt dagegen war, dieses Werk als Cis-Moll-Sinfonie bezeichnet zu wissen. (Und den noch hat sich das Werk so einge bürgert.) Der 3. Satz - ein sehr großangelegtes Scherzo (über 800 Takte!) kommt aus D-Dur und bildet allein die II. Abteilung, der 4. aus F-Dur und der 5. Satz aus D-Dur, ein mutiger Bruch mit jederTradition und doch ein Beziehungsgeflecht ganz besonderer Art (III. Abtei lung). Zur Musik schrieb 1970 der be deutende Mahlerspezialist Eber hardt Klemm für eine Schallplat teneinführung, die hier auszugs weise zitiert werden soll: „Der erste Satz, der Trauermarsch ... ist [gestimmt wie die] soldati schen Wunderhornlieder 'Revelge' und 'Tambourg'sell'. Er beginnt mit seiner cis-Moll-Fanfare der Trom pete, die zu dem lastenden, stockenden Trauermarschrhythmus führt, den das gesamte Orchester, in sich erzitternd, mitvollzieht. Ein mehrmals aufscheinendes Liedthe ma von unsäglicher Traurigkeit ver möchte sich kaum zu befreien von der Gewaltherrschaft dieses Rhyth mus, die einigermaßen zu brechen nur zwei Zwischensätzen gelingt. Der erste, stürmische Zwischensatz klingt stellenweise wie eine Marschparodie - bei Mahler sind Schmerz und Parodie meist eins. Der zweite, ruhigere, der wieder zur Trauermarsch-Fanfare und zum Zusammenbruch der Coda führt, enthält in den Bratschen Klangmoti ve, welche in die Faktur des zwei ten Satzes überall hineintönen. Der Schmerz, der dem Satz voraus gegangen ist, läßt sich hier nicht länger bändigen. Es kommt zu ei nem chaotischen Aufruhr der Ge fühle. ... Der Satz ist zwar in Sona tenform komponiert, allein er wird nur verständlich, wenn man ihn als eine Auseinandersetzung mit dem Zur Musik: Der 1. Satz ist ein finsterer Trauermarsch ohne begütigenden Anklang an Ergebung ins Sterben-Müssen, dafür Panik, Raserei und Aufschrei des Entsetzens. Der 2. Satz gibt sich „Stürmisch bewegt. Mit größter Vehemenz". Wüst und heftig führt er zum Choral, der keinen Trost bringen kann und in Verzweiflung verklingt.