Unter den inhaltlich und formal höchst individuellen Sinfonien Krzysztof Pendereckis nimmt die von den Münchner Philharmoni kern in Auftrag gegebene und von diesen unter Leitung des Komponi sten am 8. Dezember 1995 urauf geführte Sinfonie Nr. 3 in mancher Hinsicht eine Sonderstellung ein. Im Gegensatz zu allen anderen Werken der Gattung ist die „Dritte" dezidiert mehrsätzig angelegt. Die vier Sätze der 1972/73 entstande nen Sinfonie Nr. 1, in welcher noch mikrointervallische Cluster, aleatorisch definierte Ton-Ge räusch-Felder und engmaschige Glissandostrukturen dominieren, gehen alle ohne Pause ineinander über. Der Anlage nach könnte die ses Werk als Sonatensatz bezeich net werden. Einsätzig angelegt sind die Sinfonien Nr. 2 (1980; durchströmt vom gleichen roman tisch getönten Geist, der auch die Oper „Paradise Lost" charakteri siert), Nr. 4 (1989 als expressives Adagio anläßlich des 200. Jahres tages der französischen Revolution in Paris uraufgeführt) und Nr. 5 (1991/92; aus der Taufe gehoben im August 1992 in Seoul zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeit Koreas von Japan). Gegensätzlich charakterisierte Themenkomplexe bewirken in diesen drei Werken das manchmal geradezu orga nisch wirkende Wachstum einer eigenständigen Form. Nicht das krude Schema des Sonatenhaupt satzes, immerhin aber das formge nerierende Prinzip des Kontrastie rens, Einander-Durchdringens und schließlich Aufhebens divergieren der Haltungen ist überall wirksam. Auch zwischen den fünf charakter lich markant profilierten Sätzen der in den Jahren 1988 bis 1995 ge reiften und gewachsenen Sinfonie Nr. 3 gibt es freilich mehr oder we niger stark ausgeprägte Verwandt schaftsbeziehungen. Mit einer de taillierten Analyse der thematischen Prägungen und auch der charakte ristischen Klangmomente sowie ih rer Lebensgeschichte innerhalb der Großform könnte man an diesem Werk exemplarisch zeigen, daß das reife Schaffen des Sinfonikers Penderecki nicht zuletzt auf einer traumwandlerisch sicher gehand habten Kunst des Verwandelns von thematischer Substanz beruht. Mo tivische Kernqualitäten tauchen - gewissermaßen neu beleuchtet - in unterschiedlichen Sätzen ebenso wieder auf, wie Sekundärqualitä ten, also z.B. ein rhythmisches Cha rakteristikum, eine Stimmführungs besonderheit wie parallele Terzen oder eine besondere Klangfarbe. Bei aller Strenge des Baues und der den Einzelsatz bestimmenden Ingredienzien -der vierte Satz, eine Passacaglia, verankert das sinfoni sche Werk ein weiteres Stück in der Tiefe der Tradition - hat die über weite Strecken sehr dunkel grundierte Musik aber etwas vege tativ aus einem Fundus Wachsen des, ja, Wucherndes. Pars pro toto eine detailliertere Be schreibung der Elemente des sym- Spieldauer: ca. 45 Minuten