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Spieldauer: ca. 10 Minuten brachte. Manchmal entsteht sogar der Eindruck, daß die musikalische Erfindung bei Berlioz durch eine „instrumentatorische" ersetzt wur de. Neben der großen Anregerrol le, die er namentlich für Musiker wie Liszt, Wagner und Richard Strauss, als Schöpfer des moder nen Orchesters und glänzender Klangzauberer, spielte, darf man in dem Meister getrost einen der ganz großen französischen Kom ponisten sehen. Die Ouvertüre „Der römische Kar neval" („Le carnaval romain") op. 9 ein glänzendes, turbulentes Orche sterstück voller federnder Rhyth men, überschäumender Phantasie und kapriziöser Heiterkeit, entstand als zweite Ouvertüre zu seiner Oper „Benvenuto Cellini" im Jahre 1 844. Deshalb enthält das Stück, das Berlioz später als Zwischenakt musik einfügte, zwei Themen aus der Oper, das Thema des Karneval chores mit seinem schwungvollen italienischen Saltarello-Rhythmus und das lyrische Thema aus dem Liebesduett des ersten Aktes, das einen zärtlichen Kontrast zu der tänzerisch-ausgelassenen Grund atmosphäre der Ouvertüre schafft. Der Titel sagt alles über den Inhalt des Stückes: Volksfreude, zünden des, lebensvolles Karnevalsgesche hen mit Liebesgeflüster, Maskentrei ben und wirbelndem Kehraus. Neun Jahre nach der Uraufführung von Berlioz' heute populärster Komposition, der „Symphonie Fan- tastique" (1830), entstand als sein op. 17 „Romeo und Julia" („Romeo et Juliette"). Der Komponist nannte das am 23. November 1839 in Paris uraufgeführte, nach Shakes peares gleichnamiger Tragödie ge schriebene mehrteilige Werk eine „Dramatische Sinfonie". Es stellt ei ne Folge von Instrumental- und Chorsätzen mit Gesangssoli dar, denen ein Prolog vorausgeht. Aber wohl gerade durch diese unge wöhnliche Form, seinen halb sinfo nischen, halb oratorischen Charak ter vermochte sich „Romeo und Ju lia" als Ganzes weder zu seiner Entstehungszeit noch später recht durchzusetzen. Die selbständigen Orchesterstücke daraus, die in un serem heutigen Konzert erklingen, gehören jedoch zu den schönsten, poesievollsten Eingebungen ihres Schöpfers überhaupt. Die „Liebesszene" ist ein großes Adagio von berückendem Orche sterklang, ein empfindungstiefes, inniges und überaus stimmungsvol les Stück mit einem kurzen Mittel satz (Allegro agitato), das in tonma lerischer Ausdeutung das vertraute Gespräch der beiden Liebenden in lauer Sommernacht wiedergibt: zärtlich-süße Klänge, von drängen der Sehnsucht und Leidenschaft, aber auch bereits von der bangen Ahnung tragischen Schicksals er füllt. Nicht der originalen Reihenfolge in der Sinfonie entsprechend, schließt sich in unserer Ausführung nun die