ZUR EINFÜHRUNG Josef Suk (1874 - 1935) darf mit seinem Schaffen wie Leos Janäcek und Vitezslav Noväk als Wegberei ter jener tschechischen Musikerge neration angesehen werden, die nach dem Zweiten Weltkrieg in das Blickfeld der Öffentlichkeit trat. Aber nicht nur für die weitere Ent wicklung der tschechischen Musik wurde seine Oeuvre außerordent lich bedeutungsvoll - es besitzt vor allem genügend künstlerische Ei genständigkeit und Überzeugungs kraft, um selbständig bestehen zu können. Suks Stil wurde stark durch den Impressionismus und Richard Strauss beeinflußt, erhielt jedoch seine persönliche Note durch den kompliziert-grübleri schen Charakter des Komponisten, seine lyrisch-melodische Erfin dungsgabe und seinen eigenarti gen Formwillen. Er schrieb u. a. bedeutende Orchesterwerke (dar unter die Streicherserenade Es-Dur, die sinfonische Dichtung „Praga", die Sinfonien „Asrael", „Das Rei fen" und „Epilog"), Kammermusik, Klavierstücke, Chorwerke und Büh nenmusiken. Einer alten Kantorenfamilie ent stammend, 1874 in Krecovice (Böhmen) geboren, zeigte Suk schon frühzeitig Äußerungen einer außerordentlichen musikalischen Begabung. Als Elfjähriger kam er bereits an das Prager Konservatori um, wo er die Aufmerksamkeit An- tonin Dvoraks, seines späteren Leh rers, erregte. 1892 gründete er das weltberühmt gewordene „Böhmische Quartett", dem er bis 1933 angehörte, bei etwa 4000 Konzerten in der ganzen Welt mit wirkend. Suk war auch ein hervorragender Pädagoge. Einer seiner Schüler war Bohuslav Martinü. 1922 wur de er Kompositionsprofessor am Prager Konservatorium - eine Stel lung, die er bis zu seinem Tode im Jahre 1935 innehatte. 1898 hatte er Dvoraks Tochter Otylka geheira tet. Als 1904/05 Schwiegervater und Frau verstorben, erschütterten ihn diese beiden Schicksalsschläge derart, daß eine Wende zum Refle- xieven in seinem Schaffen eintrat. Die Ouvertüre „Märchen eines Winterabends" op. 9 komponierte Josef Suk in der ersten Hälfte des Jahres 1894. Es war der erste Schritt des Zwanzigjährigen auf dem Feld der Programm-Musik, den er auf Zureden des Musikkriti kers Emanuel Chväla unternahm, und es blieb zugleich sein einziger Versuch der Programmkomposition nach einem fremden, nicht persön lich erlebten Sujet. Seine Begeiste rung für Shakespeares Schauspiel „The Winter's Tale" (Das Winter märchen, um 1610) und seinerzeit stattfindende Auseinandersetzun gen mit Fragen der Programm-Mu sik hatten die Anregung für die Komposition gegeben, deren emo tionale Grundhaltung natürlich nur der Hauptlinie des Shakespeare- Stückes folgen konnte, nicht seinen vielgestaltigen Handlungssträngen. So geht es vor allem um Leontes', des Königs von Sizilien, unbegrün- Spieldauer: ca. 15 Minuten