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MwcMkW eines (28. Fortsetzung.) „Du träumst nicht", erwiderte der Pförtner aus ihre Gedanken. „Der Duft des Zauherbaumcs trug dein Be wußtsein zu uns her. Tu stehst wahrhaftig hier vor mir im fremden Land. Und verlassen rnht dein Leib in deiner europäischen Heimat. Ader du wirst es niemals verstehen. Ihr seid zu jung, ihr europäischen, ihr westlichen Völker, um die letzten Weisheiten zu erfassen. Geh zurück. Ein treten darfst du nicht mehr in unser Kloster. Tie Schuld, die dich mit Stauh tzcdeckt, verwehrt dir den höchsten Flug. Geh zurück uud sühne sic." „Ich weis; nicht, wie." .Folge der Forderung", sagte ernst der Alte. Gern hätte Eonstauze noch vieles gefragt, aver das Bild vor ihr verblich. Sie fühlte sich wie in schwin delnder Eile hiuweggctragen. Es fröstelte sie. Sie er wachte. Aussahrend sah sie, wie die Augen des Buddha, den sic sich hatte in ihre Zuflucht hriugcu lassen, groß und offen aus sie gerichtet waren, und cs schien ihr, als ob noch in den engen Raum des möblierten Zimmers hinein die letzten Worte ihres Traumes dröhnten: „Folge der Forderung!" „Welcher Forderung?" fragte sie sich unwillkürlich. Wie gern Hütte sie den Alten noch gefragt. Sie stand aus. Ein Blick aus die Uhr zeigte ihr, daß sie nur wenig über eine Viertelstunde dem Nau sch des Giftes erlegen war. Es war ihr unheimlich und einsam zumute. Sie staud im Begrisj, ihre Wirtin um eine Tasse heißen Tees zu bitten, als es an die Tür klopfte und die alte Tarne eintrat. „Gnädige Frau, Besuch sür Sie!" „Fetzt? Um halb zehn am Abend?' „Ein Herr." . Eonstauze lachte. Es klang abweisend. „So spät empfange ich, wie Sie wissen, niemand mehr." „Aber ich bitte dich, Constanze." Gceringer stand auf der Schwelle ihrer Tür. „Du?" sagte sic bcsremdct. Niemanden hätte sie weniger erwartet. Er sah mit der Miene eines unschuldig Gekränkten zu ihr hin. Einen Augenblick ruhten ihre Augen ineinander. Constanze erblickte ihn, als sähe sic ihn zum ersten Male. Sie begriff heute nicht mehr, Ivie u- ihn einst hatte so bedingungslos bewundern können. „Was willst du?" fragte sie rauh. „Fch werde mich doch wohl nach dem Befinden meiner Frau erkundigen dürfen", sagte Gccringer pedantisch und erbost zugleich. „Du hast Manieren, Conskauzel Quartierst dich aus. bleibst vierzehn Tage fort. Wie lange soll das noch dauern? Fch sauge au, die Geduld mit dir zu ver lieren. Aus die Dauer fällt so etwas auf. Wenn die Leute erst zu reden beginnen..." Er hatte die Tür hinter der Wirtin geschlossen und war im Sprechen langsam immer näher an sie heran- gekommcn Es sah aus, als ob er beabsichtige, sie durch eine Zärtlichkeit oder Brutalität zu irgend etwas zu zwingen. Constanze zog sich immer weiter in ihr Zimmer zurück. „Bleib bitte da stehen", unterbrach sie ihn ärgerlich. „Also nicht einmal setzen darf ich mich?" Sic lachte. „Doch, gewiß. Nur, dir weißt, ich liebe keine Ver traulichkeiten!" „Fch dachte auch an keine solchen. Aber ich bitte um Klarheit!" .Scheidung!" sagte sie kalt. h ' Zr schien nicht überrascht. „Marotte!" sagte er trocken. ' „Dn wirst sehen!" „Da wirst dich dabei schlecht stehen. Weichen Grund willst du angebcn?" „Unüberwindliche Abneigung. Ehezerrüttung!' Er lächelte dürr. < „Fch werde nicht in die Scheidung willigen!" „Natürlich setze ich dir ein Einkommen aus.' Er blickte einen Augenblick vor sich nieder. Dann fragte er kurz: „Fst es Monroi oder Massier?" Sie schüttelte den Kopf. „Aber doch eine Liebe?" „Keiner von beiden!" „Ja und nein. Lassen wir das. Das geht dich nicht» an!" „Du solltest aus Erfahrung wissen, daß du keine sehr glücklichen Instinkte hast — in deinen Neigungen!" Constanze fühlte sich erblassen. „Was soll das?" „Du glaubst, mit mir hereingefallcn zu sein. Und der andere?" „Laß das!" sagte Constanze. „Bist dn überhaupt noch wert, meine Frau zu sein?" .Wahrscheinlich nicht!" erwiderte sic spöttisch. Ihm gegenüber hatte sic kein Gcfühl von Schuld. „Fch lasse dir noch einige Tage Zeit, dann..." Und plötzlich hcstig werdend: „Du willst, scheint mir, mit voller Absicht mir das Leben verderben. Eine Scheidung schadet einer jungen .Karriere immer." „Wirklich? Schade! Auch heute noch?" „Man ist in unseren Profcssorenkrcisen nicht über modern. Fch bin dazu ein Außenseiter, der nur durch Zufall .." « „Durch deine Fran..." „Und ich verhehle mir nicht, wenn dn deine Absicht auösührst, daS wird mir schaden. So fest sitze ich noch nicht im Sattel." Constanze sah ihn groß „Matthias, weißt du eigentlich nicht, wie sehr du dich vor mir bloßstellst?" . „Was heißt bUmstellen?" entgegnete er verständnislos. „Hier kommt es aus die schlichte, sachliche Wahrheit an!" „Uud mit dieser schlichten, sachlichen Wahrheit, Matthias", erwiderte Constanze merkwürdig ruhig, „hast du — unter anderem - unsere Ehe zerstört. Fch bin ein Mensch, eine Fran, ich habe eine Seele." „Hysterie!" sagte er wegwerfend. „Ich bitte dich, geh!" „Ich sage dir: besinne dich! Meine Geduld lst zu Ende. Ich wünsche, daß dn zu mir zurücktchrst!" „Fch habe es zur Kenntnis genommen!" sagte sie kalt. Er stand schwerfällig auf. „Und so läßt du mich gehen? Wie einen fremden lästigen Besuch?" Da empfand Constanze Mitleid mit ihm. Sic halte ihn doch einmal so ehrlich liebgchabt, war bereit und überbercit gewesen zu Opfern, Entsagungen und Entgegenkommen. „Wir passen nicht zusammen, Matthias", sagte sie traurig. „Es ist das einzig Nichtige, wir gehen ausein ander. Tu hast keine Schuld!" „Schuld? Ich? Tas wäre ja auch noch schöner! Nein, ich habe gewiß keine Schuld, mein liebes Kind!" Fast beneidete sie ihn nm seine Selbstsicherheit. Toch zugleich erstickte seine Art in ihr jede wärmere Empfindung. Als er gegangen war, warf sich Constanze aufs Bett. Der Tag mit seine» mannigfaltigen Erlebnissen war ihr zuviel geworden. Jetzt krank werden können, dachte sic müde, und eine Zeitlang jeder Verantwortung enthoben sein! Aber das Leben machte es ihr nicht so leicht. * Geertilger kam ihr zuvor. Während sie noch zögernd uno mit ryrem Gewissen rechtend schwankte, hatte er die Klage eingcrcicht. Und jetzt erst sah Constanze, wie die andere Perspek tive den Anblick verschob. Nach Gceringers Angaben stand sie als die Allein- schuldige da, und ihr Rechtsanwalt schüttelte bedenklich den Kops. „Tas wird eitle teure Geschichte für Sic, gnädige Frau. Ist denn das alles genau so wahr?" „Sachlich genommen, eigentlich ja", antwortete Constanze nachdenklich. „Aber vom Standpunkt des inneren Erlebens, wcnn's erlaubt ist, cs so zu nennen, der Seele ans — nein, da verhält sich alles ganz anders." Der Rechtsanwalt zuckte mit den Achseln. „Subjektive Auffassung. Und Sie haben ihm auch noch oicse unglückselige Schenkung gemacht! Das ist nun sein rechtmäßiger Besitz. Sie sind nm so viel ärmer. Und er wird Ihnen die Hälfte Ihrer Barcinkünste mich noch ab- knöpsen." „Aber zeigt nicht gerade diese Schenkung meinen guten Willen ihm gegenüber?" fragte Constanze verwundert. „Wenn cs dem Gericht gefällt, es so auszulegen! Aber Ihr Herr Gemahl betont wieder und immer wieder Ihr unzuverlässiges, wechselndes Wesen ihm gegenüber. Man kann diese impulsive Schenkung auch so austegcn." „Ich tat es, um die sich austucnde Kluft zwischen uns, soviel au mir lag, zu überbrücken. Ich liebte ihn schon damals nicht im geringsten mehr. Ich wollte edelmütig sein", erwiderte Constanze kleinlaut. „Zuviel Edelmut wird meistens falsch ausgelegt, gnädige Fran. Wenn Sie irgendwie Doktor Geeringers Unglaubwürdigkeit Nachweisen könnten, einen minder wertigen Zug seines Charakters..." „O Gott, nein. Ncußerlich ist er immer korrekt, tadel los, einfach, unanfechtbar. Man muß ihn sehr genau kennen, um zu merken, wie er im tiefsten Grunde ist!" Der Rechtsanwalt zog ein merkwürdiges Gesicht. Mit einem Male wurde es Constanze klar, daß auch er nur von Geschäfts wegen an ihr Recht glaul-" Heiß stieg cs in ihr aus. Aber nur jetzt nicht weinen! Sie sah sich nur von Zweiflern und Feinden umgeben. Nun, kvas sie zu opfern bolum unr nichts als Geld. Es blieb ihr genug zu leben, einen Berns zu -reifen, ihr Dasein aus irgendeine Weise nützlich auSzusüllen. Dennoch stand ihre Sache schlecht. Ihre Aufrichtigkeit, ihr ruhiges Bewußtsein um ihr Recht gaben ihr zwar inneren Halt und Selbstvertrauen, aber nach außenhin setzte sie sich oft genug gerade dadurch von neuem ins Unrecht. Geeringer führte seine Sache glänzend. Er schien so würdig, korrekt und wohlwollend, wie sie eigenwillig, launenhaft, unzuverlässig und bös willig. Was wollte sic denn eigentlich? Sie konnte ihm nichts Belastendes Vorwerke». Es gab Stunden, in denen sic an sich selbst irre wurde. Aber dann dachte sic an ihre bitteren Erfahrungen. Das gab ihr immer von neuem die Uebcrzcugung von ihrem Recht. Gccringer lebte während des Prozesses in dem ihm von Eonstanze geschenkten Hause, von ihrem Gelde, ohne Hemmungen zu empfinden. Seine Mutter uud Massier, der sich zu einer längeren Reise nach dem Fernen Osten rüstete, wohin ihn, nun er wieder genesen, die Zeitungen und Zeitschriften, für die er arbeitete, schickten, erfuhren wenig von dem Stand der Dinge. Gccringer schüttelte wohlwollend den Kopf, wenn man ihn nach Constanze fragte. „Sic ist zu töricht", sagte er hcrablasscnd-bedaucrnd Uud vielleicht hatte er damit ja auch recht. Constanze selbst schwieg ebenfalls. Die Pslegeeltern? Was ging das alles die noch an, nachdem sie von ; ihnen jenen kaltherzigen Bries empfangen batte! Monro« konnte der Versuchung nicht widerstehen, sie ' einmal anszusncheu, obwohl Constanze es streng'unter sagt hatte. i „Bedenken Sie, wie mau daS auSlegeu würde!" Gewiß, aber er kam doch - zu ihrer Wirtin. , Die alte Dame hatte Verständnis sür die Lage der gutzahlenden Mieterin. Sie gab sich zur Anstandsdamc her und wich nicht von Constanzes Seite. Vor dem Freunde öffnete sich Constanzes schweigender j Mund. Sic erzählte von Gccringer und seiner geschickten « Art, gegen sic vorzugchen. „Auch die Heuchelei will gelernt sein", meinte sic wch- - mütig. „Mir fehlt jedes Talent dazu." - Durch Monroi erfuhr es Massier. s Der wurde blaß und rot. „Ich verdanke Constanze viel", sagte er langsam und nachdenklich. „Und ich verlasse Europa für Jahre. ES ! kann mich meine Existenz kosten. Aber ich muß cs darauf ankommcn lassen." j So erfuhr Eonstauze durch einen langen Brief von , ihm, dem alle notwendigen Wahrheitsbeweise bcigclegt ' waren, daß vor Fahren Gceringer, aus Rachsucht und Wut, jeue Artikel gegen daS Lcbenswerk seines Wohl täters im „Figaro" veröffentlicht halte, wobei Massier als Mittelsmann und Uebersetzcr — ja, als geistreicher Helfer mitgewirki hatte. „Ich kannte Sic noch nicht nnv war wirtschaftlich in großer Not." Aber nicht nur das! i Er uud Geeriugcr hatten auch die Entgegnungen im ! „Temps" bedenkenlos übernommen und so doppelt vcr- ! dient und doppcU getäuscht. Eonstauze traute ihren Sinnen nicht. Freilich, nun verstand sie, warum der geizige Gccringer ! Massier so nnbegrcnz! Gastfreundschaft und Hilse haue ' zuteil werden lassen. Sie hatte ihm das immer hoch an- ! gerechnet. Also das war der Grnnd! Der Rechtsanwalt «ah die Sache mehr geschäftlich an. „Nun, das rettet Ihnen Tausende. Damit ist allcr- ! dings allerlei erwiesen. Zum mindesten der schlechte ! Charakter und die Unglaubwürdigkeit des Gegners." Gceringer bebte vor Wut. Dennoch verlor er nicht die Haltung. „Vielleicht", sagte er zynisch, „kann ich binnen kurzem ! neue uud schlagendere Einwände gegen meine Frau Vor bringen. Ich handelte damals aus schwerer, materieller Not uud ahnte nicht, daß das damalige Fräulein van der Pfordten mich zu heiraten beabsichtigte." Aber die Sympathien verschoben sich sehr zugunsten Constanzes. „Aus alle Fälle wird uns Ihre Frau viel verständ licher", sagte der Richter. „Sie wußte es ja nicht", meinte Gceringer von oben herab. „Aber sic fühlte es", wurde ihm erwidert ü- ! Das kleine Telephon, das auf dem Nachttisch neben Constanzes Bett stand, schrillte auf. So früh? Sieben Uhr? dachte die, erwachend. Was kann das sein? Eine zitternde Stimme schlug an ihr Ohr. „Constanze, bist dn..." „Schwiegermutter?" fragte sie befremdet und unan genehm berührt, „was ist denn los?" - - „Matthias..." , „Bitte?" ' ! „Matthias ist schwer erkrankt." „Oh...", meinte Constanze mit kalter Stimme Sie glanbte an eine Irreführung, aus der man sich drüben s Vorteile versprach. i „Er liegt besinnungslos. „Und der Arzt?" „Mertens holt hn eben." Ach ja, der alle Tanitätsrat wohnte ja nur wenige I Minuten entfernt. „Ich möchte Frau Mertens sprechen." „Gewiß", sagte die alte Frau Geeringer verschüchtert, und fuhr fort, „ach, Constanze, komm doch herüber..." Fran Mertens, die sicher nicht auf Geeringers Seite stand, bestätigte die Angabe. Ihr Mann habe den „Herrn Doktor" gesunden: be sinnungslos habe er vor der Tür des Museums gelegen. Er schiene die Treppe heruntergefallen zu sein. „Der Arzt soll mir Bescheid sagen." Constanze kleidete sich rasch an, wartete ans den Anruf des Sanitätsrats. Sie begriff nicht. Gceringer trank nicht. Er war sehr sicher ans den Füßen, kannte das Haus, konnte im Dnnkeln auffallend gut sehen. Sie blieb immer noch mißtrauisch. Aber dann läutete wieder das Telephon, und der Arzt gab ihr seinen Befund. Schwere Rückgratverletzung, tiefe Besinnungslosigkeit. Transport ins Krankenhaus zur Zeit ausgeschlossen. Er habe ein paar Kollegen aus der Klinik gerufen. Es müsse sogleich Entscheidendes geschehen. Den Weg bis zu ihrem elterlichen Hause legte Constanze zurück wie im Traum. Fluch oder Erlösung? Was bedeutete dies neue Unheil? Als sie an dem Haus > von Fred Lau vorbciglitt - der Wagen hatte höchste Ge schwindigkeit -, beugte sie sich ein wenig vor, sah slüch- ! tig, daß vor dem Fenster, hinter dem er zu schlafen ! pflegte, noch die Vorhänge geschlossen waren. Sic lächelte ! weh und müde. Vorbei, vorbei... Ein Traum, der schnell ! zerstob! War sie schuldig? Wäre Matthias besser zu ihr ! gewesen... Sie war im Grunde'genommen eine trcne Natur. Ist nicht saft jede Frau im Grunde genommen treu? Ach. wcun unsere Männer mehr von unserer Seele ! wüßten, dachte sie. wicvicl besser wäre das sür uns und sür sie! Ja, da waren nun die Acrztc und machten bedenkliche Gesichter. j (Fortsetzung solql.) l am so ans gcr pla Scl lcg< wa der Ku m c dcS tret vor das bcsl den Zu Die Zu II. bcn stell stcu Sitz Rc. 0b< und »er run Air rigc in Ru keil mit her heil so r da der im Bil> dan den dich Bei ihm Bol Die auf « wer Arb rum chnr der, Fül lichc stell kau Ges und und not gesti Han Bai Bür schli gen Hilf Aus sam zog > Wo in r