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Ludwig van Beethovens 6. Sinfonie F-Dur, op. 68, erhielt durch ihn selbst die Bezeichnung „Sinfonie pastorale“ („Ländliche“ oder eigentlich ,,Hirten“-Sinfonie). Das Werk, das zusammen mit der im gleichen Jahre entstandenen, jedoch völlig andersgearteten kämpferischen 5. Sinfonie c-Moll erstmals am 22. Dezember 1808 in Wien aufgeführt wurde, steht an der Grenze zwischen „absoluter“ und schildernder Musik. Obwohl Beethoven auf dem Gebiete der Programmusik bereits an Vorgänger anknüpfen konnte (so hatte z. B. der Stutt garter Komponist Justin Heinrich Knecht sogar 1784 schon eine Sinfonie mit ähnlichem Inhalt komponiert), fand er doch auch hier ganz neue Wege und schuf mit der idyllischen Pastoral sinfonie ein Werk, das sich hoch über eine äußerliche, rein naturalistisch malende Programm musik in Bereiche absoluter Allgcmeingültigkeit erhebt. Bedeutsam dafür ist seine Anmerkung über der Urschrift der Pastorale „Mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei“. Und obgleich die fünf Sätze der Sinfonie durch ganz bestimmte programmatische Überschriften bezeichnet sind, obgleich Beethoven auch im einzelnen (so in der Schilderung von Bachgemurmel, Vogel gesang und Gewitter) die Anwendung tonmalerischer Mittel durchaus in seine Gestaltung ein bezieht, wünschte er doch, wie wir seinen Äußerungen entnehmen können, keinesfalls eine zu genaue Ausdeutung dieser Elemente: „Man überläßt es dem Zuhörer, die Situationen aus zufinden. Sinfonia caractcristica oder eine Erinnerung an das Landleben. Jede Malerei, nach dem sie in der Instrumentalmusik zu weit getrieben, verliert. Sinfonia pastorella. Wer auch nur je eine Idee vom Landleben erhalten, kann sich ohne viele Überschriften selbst denken, was der Autor will. Auch ohne Beschreibung wird man das Ganze, welches mehr Empfinden als Tongemäldc, erkennen.“ Dem Meister, für dessen tiefe, innige Naturliebe und -Verbundenheit viele Zeugnisse sprechen, kam es darauf an, ..die Idee vom Landleben“ wiederzugeben, die für ihn im Grunde die Idee vom freien Menschen in der freien, „unverdorbenen“ Natur bedeutete. In diesem Sinne wollte er „Empfindungen, welche der Genuß des Landes im Menschen her vorbringt“, ausdrücken (Kalendernotiz aus dem Entstchungsjahrc des Werkes). Eine sehr wich tige Rolle spielt in dieser, klassische Form mit programmatischer Schilderung meisterhaft ver bindenden Sinfonie charaktcristischcrwcisc auch eine starke Einbeziehung der Volksmusik, und zwar, wie durch Untersuchungen insbesondere der Themenbildung, aber auch der rhythmischen und harmonischen Struktur nachgewicsen wurde, in besonderem Maße speziell der kroatischen Bauernmusik. Der „Erwachen heiterer Gefühle bei der Ankunft auf dem Lande“ überschriebene lyrische 1. Satz ist ganz von glückhafter, dankbarer Freudigkeit über die zahllosen Schönheiten der Natur erfüllt, die uns in vielen anmutigen, von Spannungen und Kontrasten ungetrübten Bil dern vor Augen gestellt werden. Weiche Klangfarben, froh schwärmende Themen, in viele kurze, häufig wiederholte und gleichsam der Natur abgelauschte Motive aufgegliedcrt (diese Art der Themenbildung ist übrigens für die gesamte Sinfonie kennzeichnend), bestimmen den Satz. - Tiefster, träumerischer Waldfrieden wird uns im 2. Satz, der „Szene am Bach“, geschil dert. Zwei kantablc Themen bilden die Grundlage dieses reizenden Musikstückes, in dessen Verlauf bei melodischem Wellengemurmel, Vogelgezwitscher und Insektensummen ein über aus zartes und poetisches Stimmungsbild entsteht. In der Coda hören wir schließlich ein scherz haft nachahmendes Terzett zwischen Nachtigall (Flöte), Wachtel (Oboe) und Kuckuck (Klari nette). - Eine Art Scherzo stellt der 3. Satz, „Lustiges Zusammensein der Landleute“ genannt, dar. Ausgelassenes Treiben des Volkes, ländliche Tänze, übermütig parodiertes Spiel der Dorf musikanten stehen hier im Mittelpunkt. Doch durch ein aufziehendes Gewitter mit Sturm, zuckenden Blitzen, Donnergrollen und Regenschauern, von Beethoven mit einfachsten immer geschmackvoll bleibenden Mitteln wiedergegeben, wird im unmittelbar folgenden 4. Satz das lustige Geschehen jäh unterbrochen. Ebenso plötzlich beruhigt sich die aufgeregte Natur aber auch wieder, und wir empfinden nun im anschließenden 5. Satz („Hirtengesang“) „frohe und dankbare Gefühle nach dem Sturm“. Der im %-Takt stehende, breit strömende letzte Satz beginnt mit einer schlichten, volkstümlichen Schalmeienmelodie und bringt in vielen Abwand lungen dieses Themas, Anklängen an die ersten Sätze und neuen Motiven noch einmal einen strahlenden, sich immer mehr steigernden und endlich leise verklingenden Hymnus auf die Herrlichkeiten der Natur. Urte Härtwig LITERATURHINWEISE : Schurig: L. Mozarts Rciscaufzcichnungcn 1763-1771, Dresden 1920 Biographische Nachrichten von Jos. Haydn. Berlin 1959 Geiringer: Jos. Haydn, Potsdam 1932 Nottcbohm: Beethovens Studien (1. Band. Beethovens Unterricht bei Haydn, Albrechtsberger und Salieri), Leipzig 1873 VORANKÜNDIGUNG : Nächste Konzerte im Anrecht B 24-/25. Februar 1962, jeweils 19.30 Uhr Einführungsvorträge jeweils 18.30 Uhr Dienstag, 20. Februar 1962, 19.30 Uhr Steinsaal Deutsches Hygiene-Museum 3. Kammermusikabend der Kammermusikvereinigung der Dresdner Philharmonie, Anrecht D und Freiverkauf 6. Zyklus-Konzert 6035 Ra III-9-5 262 1,45 ItG 009'97/62