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Der diplomatische Vertreter der „Morning Post" ver tritt in einem Alissas, den Standpunkt, dah der Sinn des Vertrages von 1906. der die Grundlage der Dreimüchte- Verhandlung in Frankreich bildet, nicht allein auf die Wah rung der Unabhängigkeit Abessiniens hinauslause, sondern vielmehr auf den Schuh der Interessen der drei Mächte in Abessinien Eden werde beim Zusammentreffen mit seinen fran zösischen und italienischen Kollegen versuchen, die Italiener zu einer Beschränkung ihrer Forderungen auf das wirt schaftliche Gebiet zu überreden. Die Aussicht auf Erfolg werde aber sogar in London für gering gehalten. Bei dieser Sachlage werde angenommen, das; die Verhandlungen nur zum Ausfällen der Zeit bis zum Zusammentritt des Völ kerbundsrates am 4. September dienen werde»- Msenstandal im Sowjetparadies Millionenunterschlagungen in der „Arbeiterversorgung". Moskau, 7. August. In der sowjelrussischen Schwerindustrie ist ein Riesen skandal aufgedeckt worden. In den Abteilungen „Arbeiter- Versorgung" einer Reihe der größten Merke des Dnjepr gebieles sind von den Leitern und Beamten im Lause dei vergangenen Monate über fünf Millionen Rubel unter schlagen worden. Die Abteilungen „Arbeiterversorgung" sind seit je dii Sorgenkinder der Sowjetregierung gewesen. Der „Appa rat", das heißt der Beamtenstab dieser Abteilungen, Hai schon immer in seiner Tätigkeit ein bequemes Mittel zui persönlichen Bereicherung auf Kosten der Arbeiter erblickt, die an den notwendigsten Lebensmitteln und den Gegen ständen des täglichen Gebrauchs bitteren Mangel leidem Eine Kontrolle der Werke im Dnjeprgebiet hat anfangs dieses Jahres zu dem überraschenden Ergebnis geführt, daß die Abteilungen „Arbeiterversorgung" einen Fehl betrag von 5,9 Millionen Rubel haben, obwohl die Waren, die vom Staat bezogen wurden, an die Arbeiter der be treffenden Werke zu einem wesentlich verteuerten Preis weiterverkauft wurden. Dieses Ergebnis führte dazu, dah die Staatsbank des, Werken den Kredit sperrte. Bon dem angegebenen Fehlbetrag wurden allein 1 483 00V Rubel von den Beamten unkontrolliert ausgegeben und gestohlen. Weitere 3 290 000 Rubel entfielen auf das Konto „Ausschußwaren, verdorbene Waren und — Einbruchs diebstähle". Auch im laufenden Jahre hat der Fehlbetrag wieder eine Million Rubel überschritten. Die Abteilungen „Arbeiterversorgung" sind durch die Einstellung der Staats bankkredite nun erst recht in eine schwierige Lage geraten. Ihr Zusammenbruch ist ein Staatsbankerott der Sowjetverwaltung, in der der Kollektivismus so aufgefaßt wird, daß jeder Beamte sich auf Kosten der All gemeinheit die Taschen füllen kann. (5 Fortsehung.) Jutta überlegte blitzschnell. Mit Beteuerungen und Zügen kam sie nicht weiter. Vielleicht aber mit brutaler Offenheit? Sie sah Dietrich fest an: „Und gesetzt den Fall, es wäre so, Dietrich? Wäre oenn das so furchtbar schlimm? Herr auf Veltheim zu lein, ist schon etwas wert. Willst du wirklich diese Erb- ichaft ausschlagen, nur weil du in mir nicht mehr das Ideal zu sehen vermagst? Vielleicht ist es bessex so, daß >u nüchterner denkst. Eine Ehe, in der der eine Teil den mdern als einen Engel oder einen Gott ansieht, ist noch nie gut geworden. Wenn man sich aber klar gegenttber- lteht, seine Vorzüge und auch meinetwegen seine Fehler ennt — ich glaube, das gibt etwas viel Besseres." „Die Hölle auf Erden gibt das", sagte Dietrich Velt- zeim hart. „Ich weiß genau, in einer Ehe bröckelt so nanches ab von dem idealistischen Ueberschwang des ersten Nlücks. Aber gerade weil so viel abbröckelt, mutz dieser Ueberschwang erst einmal sein. Denn sonst bleibt im nüchternen Tageslicht überhaupt nichts mehr übrig. Nein, Jutta, du hast mir den Glauben an die Frauen gründlich jcrstört. Dein Zauber über mich ist gebrochen — er kehrt niemals wieder. Niemals! Und damit haben wir uns wohl alles gesagt." Er verbeugte sich, wollte das Zimmer verlassen. Jrktta starrte ihm haßerfüllt nach. „Also geh, du Narr! Geh in deine Armut zurück! Die Romberts werden sich freuen, wenn sie die reiche Erb schaft antreten." Dietrich Veltheim wandte sich um. Jetzt konnte er ieinahe lächeln: „Du täuschst dich, Jutta — ich trete die Erbschaft an." Sie starrte ihn fassungslos an. Was sagte er da? Er rat die Erbschaft an? Also hatte er sich doch eines kiesseren besonnen? Hatte er ihr vielleicht nur eine Szene zemacht, damit sie ihn unter Tränen um Verzeihung bat? vielleicht gehörte er zu den Männern, die so etwas siebten? Sie machte einen Schritt aus Dietrich zu. Der aber schien die Gedanken in ihrer Seele zu lesen. Das eigen- iümliche sarkastische Lächeln auf seinem Gesicht ver stärkte sich. „Gib dir keine Mühe, Jutta. Du bist auf einem Irr wege. Ich werde innerhalb eines Jahres heiraten, aber Meuchelmörder wird Wister der Nolen Armee ! Vor mehr als Jahresfrist wurde ein armer griechischer Polizist von kommunistischen Mordbuben erschossen. Die Kommunisten wurden nach ihrer Verurteilung ins Athe ner Zuchthaus abgeliefert, wo es ihnen gelang, mit Hilfe der kommunistischen Organisationen und der Mithilfe der Sowjetbehörden zu entkommen. Die Flucht war so bewerk stelligt worden, daß die griechischen Kommunisten heimlich an Bord eines im Piräus liegenden Sowjetdampfers ge- ! bracht wurden und nach Sowjetrußland entkommen konn- l ten. Nun veröffentlichen die Zeitungen in Athen, daß der eine bei der GPU. eingestellt wurde, der zweite einen an- > deren hervorragenden Posten erhielt und der dritte, der ' eigentliche Mörder des Polizisten, in die Militärschule auf- ; genommen und zum Offizier der Roten Armee ausgebildet j wurde. Es versteht sich, daß die griechischen Zeitungen keine j gerade schmeichelhaften Bezeichnungen nach dieser Feststel- § lung für die Rote Armee übrig haben, die einen gemeinen Meuchelmörder als Offizier einstellt! Sechs Hinrichtungen Die jowjetrussische Presse meldet die Vollstreckung von jechs Todesurteilen und die Verhängung von drei weiteren Todesurteilen. Bei den Hingerichteten handelt es sich um sechs Personen, die beschuldigt worden waren, den „Dorf korrespondenten" Bykow ermordet zu haben. Drei neue Todesurteile betreffen unpolitische Straftaten, nämlick Räu bereien auf der Tcmsker Eisenbahn. FrontläMMser und Frieren Eine Rede von Major Fetherstone-Godley. Auf einer von der British Legion in Thatcham bei Newbury veranstalteten Feier, an der 7000 Personen teil nahmen, gab Major Fetherstone-Godley in einer Rede aus führlich Bericht über den Besuch der Abordnung der Bri tish Legion in Deutschland. Die nationale Konferenz der British Legion sei der Meinung gewesen, so führte er u. a. aus, daß bei der gefährlichen internationalen Spannung ein Besuch in Deutschland zur Feststellung der allgemeinen deutschen Stimmung und zur Feststellung dessen, ob nichts zur Besserung der Lage getan werden könne, durchaus am Platze sei. Mit dem Besuch in Deutschland habe man er reichen wollen, einmal mit deutschen ehemaligen Front soldaten zusammenzutreffen, das andere Mal mit den deut schen Frontsoldaten in Beratungen einzutreten, um so freundschaftliche Beziehungen herzustellen. Die in Deutschland gesammelten Erfahrungen würden sich hoffentlich als sehr wertvoll erweisen. Die Abordnung habe in Deutschland festgeslellt, daß nicht nur unter den ehemaligen Frontkämpfern, sondern in der ganzen deut schen Bevölkerung der lebhafteste Wunsch nach enger Freundschaft mit England bestehe. Er sei der Meinung, daß die ehemaligen Fronlsoldalen entscheidend ihre Regie rungen beeinflussen könnten. Wenn es möglich sei, in der ganzen Welt ein starkes Gefühl der Kameradschaft herzustellen, dann könne keine Regierung dem Frieden entgegenhandeln, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Er glaube, sagen zu können, daß ein guter Anfang gemacht worden Hei. Er sei überzeugt, daß die Gesamtheit -der chemaliqsnDrontsoldaten Deutscb- lands durchaus für H«mMch6ft MttOngland sei. Schlehe» A Trailer neun Todesopfer des Unglücks im Skeinbruch. Breslau, 7. August. Schlesien steht unter dem Eindruck der erschütternden Katastrophe, von der die Basaltsteinbrüche bei Goldberg betroffen wurden. In der Stadt und den um liegenden Ortschaften wehen die Fahnen aus Halbmast. Die Zahl der tödlich verunglückten Arbeitsmänner hat sich in zwischen auf neun erhöht. Im Goldberger Krankenhaus ist der Steinarbeiter Wilhelm Kuhnert seinen schweren Ver letzungen erlegen. Einer der Unglücklichen, ein SA.-Mann, hinterläßt eine Frau und neun Kinder. Die Bolkswohlfahrt hat sich der An gehörigen der Toten sofort angenommen. Noch am Montag wurden 5000 NM für die erste Hilfe zur Verfügung gestellt. Oer Gauleiter, Obergruppenführer Wagner, hat an Ort und Stelle eine Hilfsaktion eingeleitet. Dr. Ley hat an den Gauwalter der Deutschen Arbeits- iront Merz in Breslau anläßlich des Unglücks in Taschenhof folgendes Telegramm gesandt: „An der tiefen Trauer der lchlesischen Bevölkerung über das schwere Steinbruchunglück in Oberneukirch nimmt mit mir die gesamte Deutsche Arbeits front teil. Ihre ausführliche Meldung von der Unglücks- stelle zeigt mir den zu jeder Stunde tatbereiten Einsatz aller örtlich zuständigen Männer der Partei, des Staates und der Deutschen Arbeitsfront. Sagen Sie den Hinterbliebenen der Opfer und den Verletzten, daß weitgehendste Hilfsmaßnah men der Deutschen Arbeitsfront von mir angeordnet sind und daß ich selbst bei ihnen lein werde, sobald ein Abbruch meiner derzeitigen Dienstreise möglich il!" Gleichfalls sandte Reichsarbeilsminister Franz Seldte folgendes Beileidstelegramm „Zu dem schweren Unglück in Ihrem Basaltbruch spreche ich Ihnen und der Gefolgschaft des Werkes meine aufrichtigste Teilnahme aus. Ich bitte, den Hinterbliebenen der Verunglückten meine wärmste An teilnahme und den Verletzten meine besten Wünsche zur bal digen Genesung zu übermitteln." LeitlvrM liir den 8. August Wir wissen, daß wir niemals ganz ohne Sorgen sein können, aber wir können die Sor gen jeden Tag meistern. Immer werden Sor gen kommen und genommen werden; es wird ein ewiges kommen und Gehen sein. Line Endstation gibt es im Menschenleben nicht! Es gibt nur ewigen Kampf, das aber ist nationalsozialistisches Denken und das ist wahrer Sozialismus. Seid in diesem ewigen Kampf Kameraden, treue Helstr, einer dem anderen, dah er im Kampf nicht untergehe! Dr. L e y. nicht dich. Siehst du, das habe ich mit dem ,zu fein ge sponnenen Netz' gemeint. Leb Wohl, Jutta!" Die Tür schloß sich hart hinter ihm. Jutta stand allein. Drittes Kapitel. Die Unterredung mit Jutta hatte Dietrich innerlich ooch mehr erregt, als er Jutta zugegeben hatte. Die ganze Vergangenheit war durch diese Auseinandersetzung in ihm aufgebrochen. Die ganze Bitterkeit seiner lieblosen Jugendzeit, die Einsamkeit seiner jetzigen Existenz stand vor ihm. Von klein an hatte er es in dem Erziehungs- institut empfunden, was es hieß, keine Eltern zu haben. Das hatte ihn von jung an scheu und zurückhaltend gc- -nacht. Jutta hatte seine erste leidenschaftliche Liebe ge- zolten. In ihr hatte er geglaubt, Ersatz sür alles zu finden, was das Leben ihm vorenthalten. Und nun war ruch dieser Glaube zerstört und mit diesem Glauben das Vertrauen zu den Frauen überhaupt. Es litt ihn nicht mehr im Hause. Er vermochte es fetzt nicht, Jutta zur Teestunde zu begegnen, oder mit dem Iustizrat irgendein belangloses Gespräch zu führen. So aeß er sich bei dem alten Herrn entschuldigen. Ohnehin hatte ja Justizrat Niemann genug mit geschäftlichen Dingen zu tun und würde ihn wohl nichc weuer vermissen. Jutta aber ging er am besten aus sein Wege. Er sehnte den Augenblick herbei, wo sie von Veltheim fortfahren würde, war aber doch zu sehr Kavalier, um sie aus dem Hause zu weisen. Hoffentlich würde sie genügend Takt gefühl haben, baldigst abzureisen. Er ging in sein Zimmer, zog sich seinen Wettermantel an, setzte die Mütze tief in die Stirn und verließ das Haus. „Ich mache einen Spaziergang", sagte er dem Diener unten in der Halle. „Es ist aber ein abscheuliches Wetter, Herr Graf", be merkte der Diener, „cs stürmt und regnet." „Schadet nichts, Martin, ist mir gerade recht. Wer so lange drüben in den Tropen war, der freut sich über einen richtigen, herben, nordischen Sturm." Er nickte dem alten Diener freundlich zu. „Ist wirklich ein ganz anständiger Wind", bemerkte er noch, als Martin das schwere Eichenportal kaum auf bekommen konnte, so stark drückte der Sturm dagegen. Das sollte der Herr auch lieber nicht tun,' dachte Martin bei sich und horchte auf das Heulen des Windes. Bei solchem Wetter jagt man ja keinen Hund vor die Tür. Und der Herr ist es doch nicht mehr gewohnt! — Dann ging er an seine Arbeit. Dietrich Veltheim stand draußen in der Halbdämme- rung des Herbsttages. Einen Augenblick benahmen ihm Wind und Regen beinahe den Atem. Am Himmel jagten die Wolken, und schwere Regenböen ergossen sich immer wieder über das Land. . _ . , Scharf und feucht durchdrang die Luft die Lungen. Ein Frösteln durchlief ihn. Vielleicht wäre es doch wirtlich besser, heimzukehren? Unsinn!, sagte er gleich darauf ärgerlich zu sich selbst. Was ist das für eine Schlappheit? Konnte man schon ein j bißchen Wetter nicht mehr vertragen? — Er würde doch vor ein wenig Sturm und Regen nicht f an den warmen Ofen zurückflüchten. Ein Marsch von nner Stunde würde ihm gut tun. Er kannte sich. Wenn ! rr mit sich im unklaren war, gab ihm eine Wanderung ! draußen in der Natur wieder Frieden und Ruhe. Er mußte überdenken, was er zu tun hatte. Wenn er die Erb schaft annahm, mußte er innerhalb eines Jahres ver heiratet sein. Aber mit wem? Er kannte kaum ein weib- > liches Wesen hier in Deutschland außer Karla Wcckenroth, ! der Tochter seines alten Freundes Weckenroth. ! Karla — ein weicher Zug glitt über sein Gesicht. Sie > war das einzige weibliche Wesen, das lieb und zart zu ihm gewesen war. Wenn er als Knabe die Ferien bei f Tante Alberta verbringen mußte — er wurde ja in den Ferien immer bei den verschiedenen Verwandten „herum- gcreicht", wie er einmal bitter zu Wcckenroth gesagt , hatte —, dann war Karla Wcckenroth der einzige Lichtblick gewesen. Bei ihr fand er für sein einsames Herz Ver ständnis. Mit ihr konnte er über vieles sprechen, was er scheu in sich verbarg, wofür er in dem harten Leben des Erziehungsinstitutes kein Verständnis fand. Karla war mehrere Jahre jünger als er, aber sehr viel, reifer. Das machte wohl ihr schweres Schicksal. Er konnte sich gar nicht denken, daß sic früher einmal wie ein Junge gewesen sein sollte — früher, ehe sie den schweren Unfall hatte. Mit zehn Jahren war sie beim ! Reiten von einem durchgehenden Pferde gestürzt und hatte ! sich eine schwere Verletzung der Wirbelsäule zugezogcn. ! Jahrelang war sie in Behandlung der berühmtesten Aerzte, lag monatelang in Gips. Als sie endlich die Klinik ver- ; ließ, konnte sie zwar gehen. Aber der eine Fuß schleppte leicht nach, und die linke Schulter mar ein wenig höher als die rechte. Von diesem Tage an, so hatte Hauptmann Wcckenroth Dietrich erzählt, war mit Karla eine völlige Veränderung vorgegangen. Mit geradezu bewundernswertem Herois mus hatte sie sich damit abgefunden, für ihr Leben ent stellt zu sein. Aus dem wilden, jungen Menschenkinds, dem Sport und körperliche Betätigung über alles gingen, wurde ein sanfter, ruhiger Mensch, der sich in Lernen und Forschen eine neue Welt aufbaute. Dietrich besann sich noch ganz genau, mit welcher Angst er Karla nach ihrem Unfall wiedergcsehen hatte. In den Ferien vorher waren sie noch beide miteinander durch die Wälder der Heimat gestreift, waren miteinander geritten. Hatten Wettläufe gemacht und an den Turngeräten im Parke des Weckenrothschen Gutes Wettkämpfe veranstaltet.