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<38. Fortsetzung.) Im allgemeinen halte er seine Käufer gut erzogen. Bei der Eidamschen funktionierte es immer noch nicht. „Woltershausen", sagte sie aufgeregt und packte ihre Tüten ein, „cs ist ein wundervoll kräftiger Junge. Die Frau Hai es auch so leicht gehabt mit ihm. Kaum daß er sich angcmeldct hatte, war er schon da. .Ich hab eben an die Großeltern telephoniert. Nee, nee, ein Unglück ist das doch mit unserem Mann! Wir Püllen wirklich auch einen solideren ergattern können. Wattershausen, ich hab ernst lich immer geglaubt, das lüge daran, weil sie sich in diesem schnaufenden, rasenden Ding, in bicscm Nuto. kenncn- gclcrnt hätten. Aber das kann es anch nicht sein! Die Gräfin Brocke, die ja nu seit Januar auch schon unter der Haube ist, die soll doch mit ihrem Glück gehabt haben. Die Oberförstersche strunzt ja immer. Unsere Armgard hin und unsere Armgard her... Na, in einer Weise sind wir ihr ja nn doch vorgekommen ... Ich meine, w i r haben schoil ein Kind... lind noch dazu ohne Mann, sozusagen. Wie das bei i h r ist, das weiß ich nicht. Tic Obcrförstcr- sche sagt gar nichts. Blos; so'n Gesicht macht sic! Ich wettc, daß da auch was nnlerwegens is. Tonst spräche die Oberförstersche auch nich so mir unscreincn, wie sic das jetzt tut... Na. auf alle Fülle, wenn wir auch mit unserem Mann rcingefallcn sind, unseren Jungen haben wir. Und der kann sich sehen lassen! Wollershausen, nn nm Tie doch bloß auch mal den Mund auf! Was sagen denn 2 i e dazu!" „Drei Marl zwciundzwanzig!" brummle der Altt Die Eidamsche pfcffcrle das Geld auf den Dresen Was sie im Hinausgchcn sagte, klang seltsam. Man Hütte dranf schwören mögen, sie babe, statt die Tageszeit zn bieten, Idiot gemurmelt. Dem allen Woltershausen war's egal. Er wollte seine Rune hoben. Was gingen ihn oudcre Leute an. Helma hatte es wirklich leicht gehabt mit ihrem Jungen. Ernst-glücklich lag sie in den Kissen. „Nun har doch der Hos einen Erben!" sagte sie leise zu dem oltcu Onkel Heinrich, der voll Stolz und Freude er fuhr, daß der Kleine auf seinen Namen genannt werden sollte. Aber Hclma sah das Kind mit schmerzlichen Augen an. — 174 - Scbarinevnm?-,» ——— ----- " Vielscicht, während ich hier liege, treibt sich sein Pater mit einer leichtsinnigen und mannssüchtigen Dirne herum!, dachte sie traurig. Wenn er nur nicht diese unzuverlässige Art von ihm geerbt hat! Ach und der Arme, daß er der einzige ist und bleiben muß... Denn nach diesen Er fahrungen würde sie sich, selbst wenn sie sich sollte doch noch scheiden lassen, nie wieder mit einem Manne cin- lassSn... Helma Halle ihren Jungen leicht bekommen. Aber nach acht Tagen sing sie an zu fiebern. Die warme Aprilsonne schien aus ihr Lager. Doch sie fröstelte und fühlte sich sterbensmast. Kräftig und energisch wie sie war, schüttelte sie die un- ^ngcnehmcn Empfindungen einfach ab. Quatsch! Eine Helma Bogt wird nicht krank... Aber dann lag sie doch mit einem Male in Hellem Fieber. Der Arzt kam aus der Stadt angerast. Oberförsters hotten ihn hcrantelephoniert. Nein, mit der Geburt hing Helmas Krankheit nicht zusammen. Wo mochte sic sich das geholt haben? Eine doppel seitige Lungenentzündung... Würde sie das überstehen? Alon fürchtete für sic das Schicksal ihrer Mutter. Frau Schreiber telegraphierte an Helmas Schwieger eltern. Die Stimmung im Hause Heimann war immer noch eine gedrückte. Wilfried arbeitete, das mußte man ihm lassen. Aber verschlossen und hochfahrend ging er seines Weges und zog verächtlich die Mundwinkel herab, wenn von seiner Frau geredet wurde. Ein paar Monate war er im Ausland gewesen. Geschäftlich! Wie mochte er cs da getrieben haben! Er schwieg sn., .. . o kchüc er nur noch , qch außen. I.u H -. ... .. oncnräglich übel- launiscj. Die Nachricht von dcr Oeb...i Ku.cs Sohnes machte wenig Eindruck auf ihn. Er zuckte nur die Achsel. , Helmas Junge... Was gehl er mich an ... „Eines Tages wirst du cs bereuen!" redete die Mutter ihm in - Gewissen. Wilfrid lachte. Ei oereue grundsätzlich nichts. Ob er denn keine Sehnsucht nach seinem Sohn habe? Er antwortete zynisch, und die Eltern redeten nicht mehr davon. Jetzt fuhr Frau Heimann sofort nach Müllenhofen. Sie depeschierte gleich nach der Ankunft. Es stand sehr schlimm mit Helma. Es schien mehr als zweifelhaft, ob sie, ge schwächt durch die Geburt, den Anprall dcr Krankheit über stehen würde. In ihren Phantasien verlangte sie nach ihrem Kinde. Man durste es ihr nicht allzu oft reichen... k Aber wenn sie es im Arm hatte, wurde sie still, ein bcr^ lkärtes Lächeln lag auf ihrem Gesicht. Frau Heimann sah sie an. Wenn ihr Sohn sie so erblickte! Konnte eines Menk^-n Herz hart bleiben vor diesem Bild? Armgard hatte von Helmas Krankheit gehört. Sie kam, trotzdem auch sie der Schonung bedurfte, sofort. Seit sie von ihrer unglücklichen Ehe wußte, fühlte sie sich ihr verpflichtet. Sie hatte sie immer gern gemocht. Und Armgard war es, die an jenem Abend, als der Arzt die letzte Hoffnung fahren ließ, auf ihre eigene Per, antwortung hin an Wilfried telegraphierte. »Ihre Frau liegt im Sterben und verlangt nach Ihnen!" Perlangt nach Ihnen? Wirtlich? Doch, doch! Die junge Frau fühlte das Beben und Sehnen in der Seele der anderen, die es nicht aussprach, nicht aussprechen tonnte... Sie verlangte nach dem Vater ihres Kindes... Nun war Wilfrid doch binnen wenigen Stunden da. Er hatte ein wahnsinniges Tempo eingcschlagcn. Ging er kaputt — was war daran verloren? Schäbiger Kerl, dcr er doch einmal war... Auf dieser rasenden Fahrt erlebte auch Wilfried ein innerliches Damaskus... Er sah die stolze, freie, gesunde Helma vor sich, die er kcnncngclernt hatte... . Jetzt lag sie im Sterben... Lungenentzündung? Das Gefühl hatte ihn sogleich ergriffen und ließ ihn nicht los: deine Schuld, deine Schuld... Helma tobte im Fieber, als er in ihr Zimmer geführt wurde. „Sie kennt Sie nicht. Kommen Sie aber immerhin herein!" bat ihn Armgard. Sie trug wieder ihre Schwestcrnkleider. Ihr reines, ernstes. Gesicht war ohne Anklage und Vorwurf. Und doch meinte er zu empfinden, daß sie ihn verachte. Er sah seinen Jungen am Sterbebett der Mutter. Es ließ ihn sehr kalt. Was war ihm solch ein kleines Menschenkind... Wenn er nur Helma... Hclma, deren Leben er zerr stört... Und die sich mit starker Seele durchgcrungcn... Und die nun sterben sollte... Am zweiten Tage nach seiner Anknnft, kaum daß er von. ihrem Bett gewichen war!, zerschellte die Krankheit an dcr Kraft des jungen, starken Körpers, Die Krise war vorüber. (Fortsetzung folgt.) — 175 —.