Ludwig van Beethoven (1770 — 1827) Ouvertüre zu „Egmont“, op. 84 Im Jahre 1810 hat Beethoven seine Musik zu Goethes Schauspiel „Egmont“ voll endet. Die Ouvertüre dieser Musik ist am bekanntesten geworden. Eine langsame, qualvoll wuchtende Einleitung: schwer lastet Gewissenszwang und Heimatnot auf den Niederländern, nur verstohlen wagen die Bedrückten zum Himmel aufzu blicken. Dann aber beginnt es sich im Allegro zu regen. Noch ist die Grundhaltung ein gedämpftes Moll; doch schon faßt die gepeinigte Seele zuweilen lichte Hoff nung. Das Allegro wächst im Kampf zur offenen Empörung, zum Aufbegehren gegen die immer wieder hart dreinfahrende Faust des äußeren Schicksals. Strah lende Bläserakkorde erhellen den inneren Himmel, bis endlich im Schlußsatz jenes Thema aufrauscht, das den Sieg inbrünstigen Glaubens über die Mächte der Finsternis versinnbildlicht. In leuchtenden Farben schließt diese Helden-Ouvertüre. Johannes Brahms (1833— 1897) Klavierkonzert Nr. 1, d-moll Als das Klavierkonzert d-moll von Johannes Brahms am 27. Januar 1859 in Leipzig seine Uraufführung erlebte, war ihm nur ein kläglicher Erfolg beschieden, und in einer Kritik der damaligen Zeit las nian, das Konzert sei „ein zu Grabe getragenes Produkt von wahrhaft trostloser Öde und Dürre — ein dreiviertel Stunden langes Würgen und Wühlen, eine ungegohrene Masse mit einem Dessert von schreiendsten Dissonanzen und mißlautendsten Klängen“. Wie hatte sich der Kritiker getäuscht! Brahms war in Wirklichkeit seiner Zeit weit voraus geeilt. Hinzu kam, daß der Meister das Werk ursprünglich als Sinfonie konzipiert hatte, wie wir es in einem Brief an Robert Schumann nachlesen können: „Übrigens habe ich mich vergangenen Som mer (1854) an einer Sinfonie-versucht, den ersten Satz sogar instrumentiert und den zweiten und dritten komponiert (in d-moll 6 /4-langsam).“ An die 30 Jahre hat es gedauert, bis sich das Werk durchsetzen konnte, Bülow und d’Albert haben als Solisten bahnbrechend gewirkt. Der 35-jährige Brahms wollte bei diesem Konzert, daß der Solist nicht allein als blendender Virtuose im Vordergrund steht, er sollte vielmehr Teil des sinfonischen Ganzen sein, sollte sich also unterordnen. Das war ein Bruch mit der bisherigen konzertanten Entwicklung und Überlieferung. Alles Neue braucht Zeit, sich durch zusetzen. Ganz besonders gilt das für Brahms d-moll-Konzert. Machtvoll und anstürmend beginnt das erste Thema des ersten Satzes, und selbst das Gegenthema ist seinem Charakter nach weniger lieblich als streng, herb und weihevoll. Wir erleben ein imposantes sinfonisches Ringen mit großartigen Stei gerungen, die jeden aufgeschlossenen Hörer in ihren Bann ziehen. Über dem