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l32. Fortsetzung.) Man nahm ihn auf, etwas verwundert, aber ohne viel nachzuvenken. Sein Zimmer war immer bereit. Helma aber, einmal beim Aufräumen, ging in die Küche. Sie lächelte verächtlich, als sie die neugierigen und teils schadenfrohen Gesichter sah. Der Anblick ihrer gelassenen Uebcrlepenheit freilich enttäuschte die .Hämischen. Helma wandte sich an Sofie. „Sie verlassen noch heute abend mein Haus und meinen Dienst. August wird Sie zu schien Eltern bringen..." August war der Großknccht. Helma duzte sonst ihre Mädchen. Das „Sie" schob eine trennende Schranke zwischen der entlassene!. Magd uv» dem Hauswesen. „Ihren Lohn und Ihre Sachen schicke ich nach..." Sofie heulte los. ..Warum den«? Warum denn?" Und auf Helmas Blick: „Von wegen dem Herrn? Warum denn nur ich? Marie Hal doch auch was mit ihm gehabt..." So ward cs denn auf Müllenhofen ein gewaltiges Reinemachen, und die nächsten Tage brachten viele neue Gesichter. * * Schließlich wurde dcu alten Heimanus die Angelegen heit zu bmtt. Wilfried schwieg sich aus, schrieb aber weder seiner Frau, noch erhielt er Nachricht von ihr. Heimlich machte sich der Vater ans und fuhr nach Müllcnhofcn. Helma war gerade bei Oberförsters, als er antam. Den alten Freunden hatte sie milgetcilt, was ge schehen war. „Und nun?" fragten die, ehrlicher Teilnahme voll. „Ich will keine Schcioung. Mein Kind soll einen Vater haben. Aber wenn er will... Und um mich haben kann ich ihn nicht. Jetzt nicht, Tante Schreiber. Später viel leicht ..." „Wenn er anders geworden ist..." Glaubst du, das; das möglich ist?" „Die Liebe glaubt alles, hofft alles, ouldct alles", wars -er Oberförster ein. Helma neigte das Haupt. Sie Liebe? Ihr wurde immer klarer, wie armselig die Gesinnung gewesen, aus der heraus sie sich einen Gemahl gewählt... Nachdenklich ging sie zurück. Da kam ihr der Schwiegervater entgegen. Er hatte einen weiblichen Zorn auf Helma gehabt. Ihr Anblick entwaffnete ihn. So klar, so ernst, so ruhig war ihr Antlitz geworden. Dem alten Mann sagte sie alles. Sie sagte ihm auch, daß ihr Onkel, den sie einmal gekränkt habe, schon vor der Hochzeit sein Treiben beobachtet habe, aber es ihr aus Rache verschwiegen. „Eine Rache, die traf. Ohne sein Schweigen hätte ich Wilfried niemals geheiratet." Sie teilte ihm auch mit, daß sie sich Mutier fühle, und daß sie, um ihres Kindes willen, keine Scheid ing oer- lange... Der alte Herr nahm ihre Hände in die seinen. „Arme .Helma", sagte er, „und wir 'wssten, die Ehe würde ihn vernünftig machen. Was soll nun werden! Was, was soll werden! Er hat uns immer Sorge gemacht, ! war schon als Schüler ein richtiger Schürzenjäger... Soll ich ihn ins Ausland schicken? Soll ich ihm alle Mittel entziehen und ihn hart arbeiten lassen um seinen Lebens unterhalt? Ein Schurke, ein Schurke ist der Bengel..." Aber er verschwieg ihr Einzelheiten aus dem Leben ihres Gatten... Was ging es sie an? Es war'wahrlich genug, daß sie selbst ihre Erfahrungen mit ihm gemacht hatte... „Laß ihn nur nicht kommen", bat Helma und erbleichte, „ich kann ihn nicht sehen!" „Soll Mutter...?" Helma schüttelte den Kops. Allein sein, nur allein sein... * » * Herr Baron?" .Herr Manner . ?" „E n habe ich Nachricht gekriegt... Unsere Herrschaft komm, ;um Erntefest..." ^nnerwetter!" „Wieso Donnerwetter? Es wird wu» »on iverocn... S i c halten diesmal die Anrede... Ich habe cs nun schon x-mal hinlercinr.nder gemacht... Seit Ihr Vorgänger nicht mehr da ist... Und cs ist Sache des Administralors." „Ansprache? An die Herrschaft?" „An die Leute, natiMich. Doch, Herr Barou..." Wollen wir als Gemeinschaft bestehen, dann müssen wir das Trennende überwinden! Adolf Hitler. „Lieber Herr Manners, tun Sic mir den einzigen Ge^ fallen... Ich heiße Richtleben..." „... ist mir bekannt, Herr Baron." „Lassen Sie den Baron weg...* „Nein, nein, Herr Baron. Ebre, dem Ehre gebührt!" „Ja, Herr Gräflicher Rentmeister, Ihr Titel ist zwar etwas lang... Aber Ehre, dem Ehre gebührt..." „Ich bin gar nicht bange, Herr Baron. Die vielen Worte zu sagen, das halten Sie nicht lange aus..." „Sie sehen also ein, daß ich kein Redner bin. Erlösen Sie mich von dieser Ansprache..." „Das geht nicht... Steht auch nicht in meiner Macht. Die Herrschaft wünscht es!" Richtleben, der auf Manners' Büro saß, seufzte auf. „Lachen Sic mich nicht aus, Herr Rentmeister... Aber tch habe vor dieser Herrschaft, so sehr ich sie verehre und so dankbar ich ihr bin, einen höllischen Respekt... Nein, mehr... Ich habe Angst vor ihr... Ich habe den Ein druck, irgendwer hat mich empfohlen und hat ein viel zu gutes Bild von mir gemalt... Und dann ist sie ent täuscht ..." Manners lachte herzlich. „Wieso? Die Herrschaft wtu einen tüchtigen Arbeiter. Und das sind Sie... Ob Sic nebenbei ein netter junger Mann sind öder nicht, das wird ihr wohl sehr egal sein", sagte er — und der Schelm saß ihm in den Augenwinkeln. „Das sowieso", lachte auch Nichtlcben. „Aber das Gefühl will nicht Weichen, daß da irgend was nicht stimmt. Ist die Gräfin schwer zu nehmen? Hat sie Eigenarten? So eine ältere Dame..." „I wo! So alt ist sie ja gar nicht!" „Wie alt denn eigentlich?" „Die Gräfin Hit nicht gern, wenn man von ihrem Alter spricht." „Gott ja! Es tut auch nichts zur Sache! Also: mau gibt sich einfach natürlich, wie man ist... In aller gesellschaftlicher Form selbstredend..." „Das hat die Gräfin am liebsten..." „Wird ein großer Empfang gemacht?" „Das kann die Gräfin gar nicht leiden. Sie ist ein sehr bescheidenes Menschenkind... Wohltätig..." Richtleben nickte. Sein Hauptinteresse galt in diesen Tagen nicht seiner „Herrschaft". Es galt, neben seiner Arbeit, seiner Braut. Zuweilen, wenn er ganz allein war, mußte er lachen und den Kopf schütteln. Dieser Schelm, die Armgard..., Hüllte sich in Schweigen wie eine Sphinx... Reichlich viel Geduld mutete sie ihm zu... Drei Wochen waren es her, seit er ihren lieben, lustigen Bries erhalten... Aber wenn er gar zu ungeduldig werden wollte, stellte er sie sich vor, wie er sie kennengclernt: ernst, zuverlässig, gewissenh^" und rücksichtsvoll... lForlsehuna folgt.)