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Beilagt zur „WeGeritz Leitinrg" Freitag, am 1 November 1935 Nr. 285 101. Jahrgang Im Geiste der kirchlichen Einigung Der 31. Oktober ist für die Deutsche Evangelische Kirche der Tag zum Gedächtnis der Reformation, anknüpfend an den Thesenanschlag -Luthers an der Schloßkirche von Wit tenberg am gleichen Tage des Jahres 1517. In diesem Jahre wird ein solcher Gedenktag ein besonderes Gepräge erhalten, nachdem durch die Bemühungen der Reichsregie rung um die innere Einigung der Kirche erfreuliche Fort schritte gemacht sind. Die Kirche wird damit in die Lage gesetzt, den äußeren Rahmen, der durch die Neichskirchenver- fassung für das ganze Reichsgebiet geschaffen wurde, mit segensreichem Leben zu erfüllen. Der Aufruf des neugebildeten Reichskirchenausschusses hebt das hervor, was für die protestantischen Kirchen Deutschlands immer zum Lebenselement geworden ist: der Dienst am Volk und die Treue zum Staat. Dr. Martin Luther fühlte sich stets als ein Prophet seiner lieben Deut schen: „Für die bin ich geboren und denen will ich dienen". Mit seiner. Bibelübersetzung schuf er ein gewaltiges Werk zur Formung der deutschen Sprache, seine Kirchenlieder klingen fort durch die Jahrhunderte. Neben seiner theolo- gischen Beschäftigung widmete sich Luther mit Vorliebe der vaterländischen Geschichte. Er beklagte es, daß aus der Vergangenheit genaue Berichte über das Germanentum fehlten. „Was haben wir mehr zu klagen, als daß wir fast nichts wissen, wo wir hergekommeu sind?" Er meint, die alten Deutschen wären alle riesengroß gewesen und würden die Gegenwärtigen für eine Generation von Zwergen hal ten — an Leib und an Charakter. Wenn Melanchthon das Germanenlob des Tacitus zitierte, dann seufzt er: „Ja j bei den Alten, da sind feine Leute gewest!" Martin Luther j wünschte seinem Volke mehr Stolz und seinen Führern ein j Löwcnherz. Er war ein Künder deutscher Treue, deutscher l Wahrhaftigkeit und deutschen Kriegersinns. Mit ebenso!- f chem Ernst aber mahnte er seine Zeitgenossen, abzulasscn j von allem leichtfertigen und oberflächlichen Treiben. Der deutsche Protestantismus erfuhr das Schicksal, durch das Ländeskirchentum weitgehend zersplittert zu wer den. Daraus sind für seine Geltung in der Öffentlichkeit viele Nachteile entstanden, aber ebenso segensreich wurde aus anderen Gebieten doch seine Vielgestaltigkeit. Er blieb vor einer Erstarrung bewahrt, die sonst in stummer Selbst zufriedenheit ihren Ausdruck finden konnte. Reges geisti ¬ ges Leben auf allen Gebieten, mächtige Gliederungen der Bruderhilfe legen Zeugnis davon ab, daß die evangelischen Kirchen eine fruchtbare Arbeit im Dienste der Wissenschaft wjp auch in werktätiger Hilfe geleistet haben. Männer wie der eben erst verstorbene Professor D. Reinhold Seeberg haben weltanschauliche Fragen mit den Aufgaben des sozialen Lebens durchdrungen. Das neue Ethos, das der Nationalsozialismus zum Durchbruch führte, fand daher auch in den theologischen Kreisen der Kirche ei nen freudigen Widerhall. Vor kurzem waren in Paris die Abgesandten des Lu thertums aus der ganzen Welt vereinigt. Diese Tagung, wenn sie auch nur den luthetWen Teil der evangelischen Kirchen umfaßte, war deshalb bemerkenswert, weil sie zum Ausdruck brachte, daß die Weltkirchenarbeit durch die um stürzenden Wandlungen unserer Zeit einen neuen Inhalt bekommen hat. Man vertritt auch in den anderen Län dern nicht mehr einen selbstbewußten Optimismus, wie er in den Jahren der Scheinblüte anzutkeffen war. Man sieht deutlich die Schwere großer Ausgaben vor sich, die dgs ge samte Christentum angehen. Die Botschaft des Kirchenkon vents hat die Gemeinden darauf hingewiesen, daß die Kirche der Reformation in allen Teilen der Welt durch entschci- dungsvolle Zeiten hindurchgeht. Im übrigen zeigten die Beratungen ein deutliches An steigen des deutschen Einflusses, was schon dadurch zum Ausdruck kam, daß das Deutsche als Verhandlungssprache im Vordergründe stand. Die Tagungen in Stockholm unb Lausanne hatten ein Vorwiegen des englischen und ameri kanischen Kirchentums gezeigt. Um so erfreulicher war es, daß diesmal das Mutterland der Reformation seinen ge bührenden Platz im Kreise der kirchlichen Beratungen der Welt gefunden hatte. Wie der Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten, Hans Kerrl, vor kurzem in seinem Vortrag vor der Presse ausführte, ist noch niemals eine Zeit so aufgeschlossen für religiöse Fragen gewesen wie die unsere. Es wird Sache der Deutschen Evangelischen Kirche sein, die Gunst der Stunde zu nutzen und durch Lehre und Tat ihren Gliedern den rechten Weg zu weisen. Zur Vertiefung solcher Er kenntnis regt gerade der Reformationstag besonders an. Kurze Notizen Professor Wilhelm Kroll von der Universität Breslau jwurde am Dienstag in Oxford die Würde eines Ehren- Idoktors verliehen. Im Hafen von Alexandrien sind 1300 Verlcköearbeiter in den Streik getreten. Sie hoffen, im Hinblick auf die vor dem Inkrafttreten der wirtschaftlichen Sühnemaßnoh- men zur Zeit im Gange befindlichen umfangreichen Verschif fungen von Baumwolle nach Italien ihre Lohnforderungen mit Erfolg durchsetzen zu können. Der österreichische Ministerrat beschloß, die Voraus setzungen für die Einrichtung der einiahng-freiwilligen Dienstzeit auch im neuen Bundesheer zu schaffen. Diö Em- jährid-Freiwilligen werden ihre Dienstzeit aber auf eigene Kosten absolvieren müssen, während es im alten Heer noch Einjährig-Freiwillige aus Kosten des Staates gab. Der italienische Regierungschef hat die Spitzen der Fa schistischen Partei zum faschistischen Jahresbeginn empfan gen und aus den Händen des Parteisekretärs seinen Partei ausmeis für das Jahr 14 entgegengenommen, der die Nr. 1 träat. An Stelle des Posener Wojewoden Kwaäniewski, der nach seiner Wahl in den Senat von seinem Posten zurückgetrcten isl. wurde der ehemalige Wojcwodc Maruszewski zum Wojewoden von Posen ernannt. Maruszewski hatte dieses Amt bereits vor Kwasniewski inne. Auf Grund eines internationalen Wettbewerbs hat die bra silianische Regierung verschiedenen Italienischen Wersten den Bau austrag für sechs U-Boote erteilt. Der 12. Jahrestag der Ausrufung der türkischen Republik wurde in der ganzen Türkei festlich begangen. In Ankara nahm Staatspräsident Atatürk im Parlament die Glückwünsche der Volksvertreter und des Diplomatischen Korps entgegen. Anschlie ßend begab sich der Staatspräsident nach dem Marsseld, wo eine große Parade vor etwa 50 000 Zuschauern abrollte. Damit Deutschland lebe . Reichsminister Kerrl über feine Aufgabe. Münster, 31. Oktober. Aus Anlaß der Anwesenheit des Reichsministers Kerrl in Münster fand im historischen Friedenssaal des Rathauses ein Empfang statt. Gauleiter Reichsstatthalter Dr. Alfred Meyer hieß den Reichsminister im Namen des Gaues herzlich willkommen. Reichsminister Kerrl führte in sei ner Erwiderung aus, daß er an die ihm gestellte schwierige Aufgabe herangegangen sei mit Gattvertrauen und mit un bedingtem Vertrauen zum Führer Gerade bei der Partei werde er die stärkste Stütze finden. Besonders wertvoll sei es ihm, heute in diesem Saal stehen zu können: in dem ein gewaltiges Stück deutscher Geschichte vor 300 Jahren vor sich gegangen sei, das dem Gebiet, das er heute zu bearbei ten habe, besonders nahestche. Wenn dieses damals be gonnene Werk vollendet sein werde, dann werde Deutschland restlos glücklich sein. Indem der Reichsminister auf den zähen Aufbauwillen des deutschen Volkes nach dem Dreißig jährigen Kriege vergleichend hinwies, betonte er, daß sich heute der Lebenswille des Volkes auf ein Wort, aus die eine Verantwortung, die wir vor Gott trügen, konzentriere — Deutschland. Und es sei auch Gottes Wille, daß wir uns alle fügen müßten als Teile eines gewaltigen, großen Werkes, daß die Gesamtheit leben müsse, wenn auch der einzelne sterben müsse. In diesem Sinne wolle man welterkämpfen, In die sem Sinne würden Partei und Wehrmacht das deutsche Volk zusammenschmelzen zu einem starken Volk, damit Deutsch land in Ewigkeit lebe. Beleantnis M Wehrhaftigkeit Reichsarbeitstagung der Rationalsozialistischen Kriegsopfer Versorgung. In Anwesenheit aller Gebietsinspekteure, Gauamtslei ter und Bezirksobleute aus dem ganzen Reich begann in Berlin die große Arbeitstagung der nationalsozialistischen Kriegsopferversorgung. Die Bedeutung der Tagung wurde besonders dadurch anerkannt, daß die Vertreter, der Reichs- behörden, der Wehrmacht sowie auch der Soldatenverbande erschienen waren. Der Reichskriegsopferführer. Oberlindober gab seiner Freude über das vorbildliche Interesse, das auch der Staat und die Wehrmacht an der Versorgung und Fürsorge der alten Frontsoldaten und Kriegsopfer nehmen, Ausdruck. Er wies darauf hin, daß die Versorgung noch nicht die von der NSKOV. angestrebte Höhe erreicht habe. Die große Aufgabe der Ration aus dem Gebiete der Arbeitsbeschaffung und Wiederherstellung der Wehrkraft habe jedoch den Vorrang, und dafür hätten gerade die alten Frontsoldaten und Kriegsopfer jederzeit vollstes Verständ nis bewiesen. Grundsatz sei jedenfalls, daß in der Versor gung selbst einmal vorgenommene Verbesserungen niemals wieder gekürzt werden dürften. Eine langsame und sichere Aufwärtsentwicklung der Versorgung sei unter allen Umständen die einzig richtige. Von den Behörden erwarte er gemeinsam mit den Kriegs opfern wohlwollendste Berücksichtigung. Als Leitwort stellte er der Tagung voran: „Es gibt nichts Schöneres, als für die arbeiten und sorgen zu dürfen, die unsere. Frontkamera den waren, und für die Hinterbliebenen unserer töten Ka meraden." Anschließend-verlas der Reichskriegsovferführer folgendes Telegramm an den Führer .und Reichskanzler: „Die mit den berufenen Vertretern der Behörden und der Wehrmacht heute im Reichstag zu einer Arbeitstagung zusammengetretenen Gauamtsleiter und Bezirksobmännec der Rakionalsozialstischen Sriegsopferversorgung bitten Sie, mein Führer, ihr Gelöbnis zu treuer Mitarbeit in Valk Staat und Bewegung cnkgegenzunehmen." Ein zweites Telegramm wurde an den Reichskriegsmi nister Generaloberst von Blomberg gesandt. Nach dem Reichskriegsopferführer ergriffen die Vertre ter das Wort. Anschließend hieran berichteten die Abtei lungsleiter der Reichsdienststelle der NSKOV. HWng der neuen ReichÄkiegrslngge Vereidigung der Rekruten am 7. Rovember. Berlin, 31. Oktober. Am 7. Rovember 1935, 8 Uhr vormittags, wird zum erstenmal die neue Reichskriegsflagge in feierlicher Form von der Wehrmacht gesetzt werden. Bei dieser Feier wird ein Erlaß des Führers und Obersten Befehlshabers der Wehrmacht an die Soldaten bekanntgegeben. Anschließend findet einheitllch in den Standorten der Wehrmacht die feier- liche Vereidigung der am 1. Rovember eingelrelenen Rekru ten der allgemeinen Wehrpflicht statt. Der Reichskriegsminister und Oberbefehlshaber der Wehrmacht hat angeordnet, daß die Oeffentlichkeit zu diesen Veranstaltungen Zutritt erhält. Die Bekanntgabe der neuen Reichskriegsflagge erfolgt am 7. November. Neugliederung des Heeres Im Laufe des Monats Oktober, sind im Heer allgemein neue Bezeichnungen für die Truppenteile eingeführt wor den. An Stelle der bisherigen Ortsbezeichnungen führen die Regimenter, selbständigen Bataillone usw. wieder wie früher Nummernbezeichnungen. Gleichzeitig ist eine Neugliederung des Heeres in Kraft getreten: Den 3 Gruppenkommandos unterstehen 10 Ge neralkommandos, diesen wiederum die neuen Divisionen mit folgenden Standorten der Stäbe: Königsberg, Allenstein, Elbing, Stettin, Schwerin, Frankfurt a. O., Magdeburg, Potsdam, Oppeln, Liegnitz, Ulm Würzburg, Bielefeld, Mün ster, Gießen, Hannover, Dresden, Leipzig Chemnitz, Mün chen, Regensburg, Nürnberg Hamburg, Bremen. Die Stäbe der Kavallerie-Divisionen bzw. Brigaden ha ben Potsdam, Breslau und Insterburg als Standorte. Außerhalb dieser Divisionen sind Panzertruppen vorhanden, deren endgültige Gliederung noch nicht feststeht. Vie ««Mme in die NSDAP Der Reichsschatzdieister Schwarz erläßt folgende Be- kanntmachmig: Es bestecht Veranlassung, erneut mit allem Nachdruck darauf hinzuweisen, daß die Mitgliedssperre nach wie vor besteht, und daß auch für absehbare Zeit mit einer Lockerung der Mitgliedsperre nicht gerechnet werden kann- In die NSDAP, können nur Angehörige der Hitlerjugend und des Bundes Deutscher Mädel nach Maßgabe meiner An ordnung vom 25. Oktober 1935 ausgenommen werden. Die Einreichung von Gesuchen um Aufnahme in die NSDAP, ist somit zwecklos. Lugend schafft eia neues Mahnmal Der Reichsjugendsührer zum Tage von Langemarck. Die Hitler-Jugend ha» durch eine besondere Tal ihr Bekenntnis zum Geist von Langemarck unterstrichen. Sie k ni vom Volksbund Deutsche knegsgräbersürsorge dj« Pg- 'enschast über die Kriegsgräberstätte Dranoutre „Donegal Ferme" am Semmelberg in Flandern übernommen und wird am 10. Rovember die traditionelle Langemarck-Feier zum ersten Mqle von sich aus gestatten. Reichsjugendsührer Baldur von Schirach wendet sich anläßlich der Uebernahme der Patenschaft über den Kemmel- Friedhof mit einem Aufruf an die deutsche Jugend. Dariir betont er, daß sich Deutschlands Jugend bewußt in die ruhm reiche Tradition des alten deutschen Heeres stelle und damit zugleich eine große und heilige Verpflichtung übernehme. „Ihr, deutsche Jungen und Mädel," so sagt der Reichsjugend- führer u- a., „habt nur zum Teil die Zeit des großen Krie ges noch miterlebt. Darum könnt ihr die Leistungen und Opfer der Feldgrauen nur ahnen. Aber von den Opfern an Blut und Leben, die eure Kameraden für Deutschlands Ehre und Freiheit brachten, führt ein grader Weg zu den Toten unseres Kampfes. Aus dem Blute, beider sind die Funda mente des Dritten Reiches gebaut worden." Der Reichsju- gendführer sagt noch, daß auf dem Kemmel-Friedhof ebenso wie in Langemarck ein MahnMal geschaffen werden soll, das auch äußerlich deutschen Heldengeist und deutsche Treue in alle Zukunft bezeugt. * Kamps «egen Saager und Kälte Dem Winterhtlsswerk sind aüf der Spendenliste Nr. 17 u. cr. folgende Beträge (in Reichsmark) zugegangen: Continental Gummi- Werke AG., Hannover, 100 00O; Vereinigte Kugellager-Fabriken AG., Schweinfurt, 60 OOO.Gemeinschastsgruppe Deutscher Hypothe- ken-Banken, Berlin, 30 000; Franz Haniel u. Co. GmbH., Duis burg-Ruhrort, 25 000; Polensky u. Zöllner, Berlin, 25 900: ÄG. für Verkehrswesen und Eisenb. Tochteraes., Berlich 24 000; Ver einigt» Eisenbahn-Signalwerke GmbH., Berlin,. 20 000; Bereinigte Deutsche Nickel-Werke AG.,..vorm. Wests. .Nickelwalzwert Fleit- mann u Co.. Schwerte, 20 000; Generälhirektion der Agrippina- Truppe. Köln.^O 000; Kykswerke u Lham. Fabriken AG., Berlin. 15 000; Versicherungsanstalt d. sächs. Gewerbekammern, Druden. 12 000; Dornier Metallbauten GmbH., und angeschl. Konzernsirma. Friedrichshäsen (B), 11000; Sächsische Staatsbank, Dresden. 10 000; Fritz Homann AG.. Margarine-Werke. Disftn, Teutoburger- Wald, 10000; Kauszn. Krankenkasse Halle (S.j, Berlin, 10 000; Mecklenburgische Hagel- und Feuer-Versicherunas-Gel. aus Geaen-