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HIieberrectltssLliutr: künk Türme-Verlsg, Ualle (8ssle) 10) Nachdruck verbaten. ,OH, es interessiert einen doch Wohl, wenn Freunde Weggehen. Ich werde mich immer freuen, Ihnen wieder einmal im Leden zu begegnen." Da senkte Mila Kranz den schönen blonden Kopf ganz lief, und er ruhte jetzt fast an seiner Schulter. Stieg nicht ein schluchzender Atemzug zu ihm auf? Es war Mitleid in ihm. Ein großes, echtes Mitleid. Aber er war über sich selbst erstaunt, daß er eben nur noch Mitleid empfand. Nach diesem Tanz erklärte Mila Kranz, daß sie heute nicht mehr tanzen werde. Sic fühle sich zu müde. Und inan verarge cs ihr auch gewiß nicht, wenn sic sich nicht allzu spät von diesem Fest entferne. Es sei köstlich ge wesen. Ein Fest so zu gestalten, verstände eben nur die schöne Liane Beraui! Die Berani war auf so viel Liebenswürdigkeit nicht gefaßt gewesen. Sie drückte der Kollegin herzlich die Hände. „Wer hätte denn das gedacht, liebste Kranz? U"> wollen Sie wirklich abreisen?" „Ja! Dringende Familienangelegenheiten!" Ader die dlauen, verschleierten Fraucnaugcn ruhten bei diesen Worten auf Arndt von Berken! Und die Berani dachte: Aha! Darum Abreise, meine Liede! Ader der Grund ist gleich. Ganz gleich ist mir dein Grund, wenn du nur gehst! Denn du wurdest mir auf der ganzen Linie gefährlich! Arni in Arm gingen die dcidcn schönen Künstlerinnen durch die Räume. Und man wußte wirklich nicht, was man denken sollte, wenn — man cdcn die Berani nicht kannte! Vorläufig kam der Film ohne sie nicht aus! Sic strcutc ihre Launen! Und sie würde sich noch lange halten, die schöne Berani, weil ihr edcn doch keine gleich kam von dem jungen Nachwuchs! Einzig die Kranz war gefährlich ge wesen. Und sie ging ja nun! Tie Bahn war wieder frei! Und Liane Berani dlicd als Siegerin aus dem Platze. Käthe Naudolf aber siand still da. Man hatte auch mit ihr getanzt! Sehr viel sogar. Und nur 'Arndt von Berken halte es nicht getan! Und sie Haire sich doch so gefreut, gerade mit ihm tanzen zu können. Es war aber sicherlich ein vermessener Wunsch von ihr gewesen. Jetzt zog er cdcn doch eine Grenze zwischen sich und dem kleinen, ärmlichen Mädchen aus der Eisenbahn! Olga Schieder halte einen Kavalier gesunden. Sic amüsierte sich glänzend, und sic hatte vielleicht zuweilen die kleine Käthe ein bißchen vergessen. Ader trotzdem sah ne ab und zu nach ihr. „Käthe, wir gehen zusammen nach Hause — nicht wahr?" sagte sie einmal hastig im Borübcrgehen. Und Käthe nickte. „Ja, Olga — ja! Ader vergiß cs nicht." Olgas Kavalier war kein anderer als Kapitänlcutnant oon Bodenstein, der Bettcr des lustigen Udo. Der war nicht minder froh und lebenslustig, und mit der schwarzen Olga Schieder hatte er angebanoelt, weil ihm das Mädel leid getan hatte, als es am Anfang des Festes still und unbeachtet neben der Berani gestanden und sich die Blicke aller aus das kleine blonde Mädel gerichtet hatten. Er machte sowas ganz gern. Warum sollte sich ein Menschenkind zurückgesetzt fühlen? War doch nicht nötig? Und er haue sich Olga ohne jede böse Absicht genähert, einzig mit dem Gedanken, für das heutige Fest ihr Kavalier >u sein. Ganz diskret hatte er sich die Berani angesehen! Hm! Eckl Prachtweib! Aber — nichts sür ihn! Herrscherinnen liebte er nicht. Er liebte da eher ein verlassenes Menschenkind. Die hier, diese Olga Schieder, die war zufrieden, daß er sich ihr widmete, und er, er war ohne jeden Hintergedanken hier her gekommen. Etwas Ernstliches fing er nirgends an. Wozu Herzen brechen? Er war ein Seemann, blieb lange Zeit fort, war in allen Erdteilen daheim! Vielleicht kam er auch einmal überhaupt nicht zurück. Wer konnte das wissen. Er liebte seinen schönen, gefährlichen Beruf über alles, und er hielt gute Freundschaft mit vielen Frauen; aber er versprach keiner etwas! Keiner! Im Gegenteil — er hielt nie damit hinter dem Berge, wie er dachte. Auf ihn konnte sich niemand Hoffnung machen. Man weinte ein paar Tränen um ihn, wenn er ging — aber man wußte genau: er kam nicht mehr wieder! Und wenn man sich vielleicht einmal zufällig im Leben wieder traf, dann würde er freundlich grüßen. Würde im Augenblick nicht einmal gleich wissen, wann und wo er da einmal Freund schaft gehalten hatte! Olga Schieder wußte auch, daß sie sich keine Hossnungen zu machen brauchte. Und für eine leichtsinnige Liebelei war sie sich zu schade, und sie sagte ihm das auch. Sie sagte ihm frei und offen, daß sie an der ersten furchtbaren Enttäuschung fast zugrunde gegangen war, und daß sie nie wieder einem Manne vertrauen könne. Da hatte er gelacht. Ein frohes, übermütiges Lachen, Halte das Glas erhoben: „Recht haben Sie! Dreimal recht! Aber wir zwei, wir wollen uns heute abend ein paar vergnügte Stunden machen, und Sie sollen ohne Reue daran zurückdenken können. Sie sind ein lieber, vernünftiger Kerl. Sie impo nieren mir. Also auf eine selbstlose Freundschaft am heutigen Abend." Die Kelche stießen zusammen. Die Berani sah herüber. Wie sich diese Schieder in den geschenkten Sachen benahm! Die dachte wohl, sie sei etwas! Aber der Seeoffizier dort drüben schien zu viel getrunken zu haben. Die Schieder war weder schön, noch interessant. Sie begriff ihn nicht. Er war ein großer, fescher Mann, und er konnte wahrhaftig andere Ansprüche machen. Aber die Männer waren zuweilen die reinen Idioten. Die Berani sah noch mehr. Der Arndt von Berken schaute die kleine Blonde nicht mehr an. Der stand meist neben seinem Freunde Udo Bodenstein. Uebrigens, was hatte denn dieser famose Udo plötzlich für eine abweisende Kälte in seinem hübschen Jungengesicht? Wollte der seiner Dummheit, ihrer Zofe Blumen und Schmuck zu schenken, etwa noch durch sein heutiges Benehmen die Krone auf setzen? Du lieber Gott, sie hatte sich nichts aus ihm gemacht; sie hatte nur gedacht, sie könne durch ihn etwas über Arndt von Berken erfahren. Aber da hatte sich der liebe Udo ja auch schon um jede Frage herumgedrückt. Was fiel dem Jungen ein? Und — sie vermißte ihn doch! Er war ja ganz amüsant gewesen mit seinen feurigen Licbesbetcuerungcn. Was hatte er nur? Die Berani winkte sich ihn heran. Uktd er kam. War ganz aufmerksamer Kavalier. „Udolcin, was ist los? Sie sind ganz anders als sonst." .Ich kann nicht dafür." Habe ich Ihnen etwas gctan?" „Nein! Ich kann nur Fluchen an einer Frau nicht ver tragen, gnädige Frau." „Was sagen Sie da?" „Ich bin ein Trottel; ich hätte gar nichts sagen sollen. Frauen können die Wahrheit nicht vertragen, und wenn man sic beschwindelt, sind sic böse." „Tic sind ja unausstehlich. To kenne ich Sie gar nicht." „Wenn man heiraten will, ist cs die höchste Zeit, un ausstehlich zu werben. Schließlich will man doch einen Ehctpranncn 'rausstcckcn — nicht wahr?" Ta ließ sie ihn einfach stehen. Sic war wütend auf ihn. Tenn aus seinen verflixten blauen Augen hatte nur Hohn geleuchtet. Was siel denn diesem Flegel ein? Cie wollte ihn nicht mehr beachten. Uno die Berani wandte sich dem Prinzen Rcizcnstein zu, der mißmutig Herumstand. Augen scheinlich Ivar für ihn alles Licht untergegangen, seit die Mila Kranz Vas Fest heimlich verlassen halte. „Na, Hoheit! Es gefällt Jhncn nicht auf meinem Fest?" „Gnädige Frau, wie können Sie das denken! Es ge fällt mir ausgezeichnet." Der Prinz quälte sich ein Lächeln in das schmale, interessante Gesicht. „Es schien mir so! Natürlich bin ich glücklich, wenn es Jhncn bei mir gefällt. Ich hatte mich sehr gesorgt, als ich hörte, daß Sie in Hannover gestürzt waren, Hoheit." Er beugte sich überrascht zu ihr. Küßte ihr die Hand. „Zuviel Gnade. Es war nicht allzu schlimm." Sie stand vor ihm in ihrer rassigen, schlanken Schön heit, und die schimmernde Haut mit dem leichten Bronze ton fesselte ihn plötzlich stark. Aber die Liebe zu der blonden Mila Kranz saß vorläufig noch zu fest. Heute und morgen würde er sie nicht vergessen können. Aber — Liane Berani konnte ihn fesseln, das wußte er schon jetzt. Und die Berani lächelte stolz, als er für den ganzen weiteren Abend an ihrer Seite blieb. Einmal dachte sie: Arndt von Berken gefällt mir! Er gefällt mir mehr, als mir bisher je ein Mann gefiel. Aber ich mutz vernünftig sein. Erstens ist er bestimmt anders als die Männer, die mir zu Fützen liegen, und zweitens mutz ich sehen, den Prinzen Reizenstein zu fesseln. Ich brauche eine neue Reklame. Wenn man die Berani plötzlich überall mit dem Prinzen sieht, wird es heitzen, die Kranz ist aus verschmähter Liebe verschwunden. Und die Berani schritt aufrecht und stolz neben des Prinzen schlanker Sportfigur. Kapitänleutnant von Bodenstein aber sagte lächelnd zu Olga: „Ihre kleine Freundin? Natürlich nehme ich die gleich mit unter meinen Schutz. Wir gehen noch ins Cafä Hauser! Dort kann man gemütlich sitzen, und getanzt wird auch. Berken mag doch mitkommen und natürlich mein Vetter Bodenstein! Das soll schon noch gemütlich werden." Olga wäre gern mitgegangen, aber sie war sich ihrer Verantwortung bewußt. Sie mutzte mit Käthe nach Hause. Und sie sagte das auch noch einmal ihrem Kavalier. Der entschuldigte sich auf einige Minuten, hatte keine Ahnung, datz Arndt von Berken und Käthe Randolf sich kannten, und redete drübsn auf seinen Vetter und Berten ein. Die Herren nickten lächelnd. „Die Olga ist ein famoser Kerl. Ich möchte gern'AoH ein bißchek mit ihr plauschen. Kommt doch mit. Das Blonder!, das reizende, das nehmen wir auch mit. And mein lieber Vetter ist halb und halb verlobt. Es ist also nur in Ordnung, wenn der heute das fünfte Rad am Wagen ist." Ich denke nicht daran. Zweitens muß ich jetzt ins Hotel. Immerhin kann es möglich sein, datz die Frau Schwiegermama aufpatzt, wann ich passiere!" „Donnerwetter", sagte der Seeoffizier überwältigt, „bist du aber zahm gewotden)" Die Herren lachten, und Udo ging wirklich. Er ging keine Minute zu früh. Als er mit der Droschke vor dem „Kaiserhof" vorfuhr, sah er, daß im zweiten Stock ein Fenster geöffnet wurde und die Mama heraussah. Er grüßte scheinheilig hinauf, worauf sich die weiße Spitzen haube sofort zurückzog. Udo aber ging vergnügt durch die Halle und lietz sich dann hinauf zu seinem Zimmer fahren. » Siebentes Kapitel. Im Cafö Hauser klangen süß und schluchzend die Geigen. Es war zwei Uhr nachts. Aber hier war erst gegen drei Uhr Schluß. Und verschiedene Paare kamen noch lachend oder schwatzend herein. Die noch kamen, waren in bester Laune, und die schon den ganzen Abend hier waren, die waren es erst recht. Die ungarische Kapelle war hervorragend. Und die schweren, dunkelrotcn Samtvorhänge schlossen die ein zelnen Abteile dicht ab vor den Blicken Zudringlicher. Der Kapitänleutnant von Bodenstein tanzte jede Tour mit Olga. Und sie lachten und scherzten. Arndt von Vcrken aber saß mit Käthe Randolf in einer Ecke, und er hatte sie gefragt: „Gefällt Ihnen dieses Leben hier in Berlin?" „Dieses Nachtleben gefällt mir ganz gewiß nicht. Ich bin viel lieber in Frau Kulicks kleinem, bescheidenem Heim." „Ja, wie kamen Sie dann aber heute in den Salou der Berani?" „Ich weiß cs nicht. Meine Freundin Olga kennt sie schon lange, verehrt sie sehr, und wenn einmal etwas schief geht, braucht sie sich nur an die Berani zu wenden. Sie hatte uns nun für gestern abend zu sich geladen. Ich habe aber das Gefühl, daß wir irgendeinem Zweck dienen sollten." „DaS ist wohl möglich! Kamen Sie nach Berlin, um Filmschauspielerin zu werden?" „Nein! Nein! Ich habe — meine Tante hatte mich in unserer kleinen Heimatstadt in einem großen Büro kauf männisch ausbilden lassen. Ich habe auch die Handels schule besucht. Ich kann Stenographie und Schreib maschine. Auch Buchführung. Und ich war längere Zeil arbeitslos. Meine Tame aber lebt auch in armseligen Verhältnissen und geht waschen und scheuern zu fremden Menschen. Ich konnte ihr nicht »och zur Last sein. Sie muß ja schon seit Jahren den Onkel mit ernähren. Ta bin ich gegangen. Ich habe cs aber meiner Tante gesagt, und sie war einverstanden. Tie gab mir noch Geld. Uno ich hoffte, in Berlin in einem großen Büro oder auch in irgendeinem kleinen Arbeit zu finden. Sic — ich fuhr damals — gerade nach Berlin." „Ich verstehe! Darf ich noch mehx wissen?" „Ich stand dann am Bahnhof und wußte nicht wohin und halte solche Angst. Ta kam eine kleine, alte Dame und sagte, ich könnte bei ihr sür ein Billiges wohnen. Da bin ich mitgegangen. Es war unsere gute Mama Kulick. Eine Woche tonnte ich bezahlen, dann hatte ich nichts mehr. Aber sie hat mich trotzdem bei sich behalten. Und bei ihr wohnt noch Olga Schieder. Sie wurde meine Freundin und hat mir die Stellung als Filmkomparsin verschafft. Sie tut denselben Dienst im Atelier. Unv — und die Berani hat uns Kleider geschenkt!" .Ach so!" Um seinen Mund lag ein sonderbares Lächeln. Käthe sah vor sich nieder, wagte nicht, ihn anzusehen. Er würde doch nun bloß über sie lächeln, die ihm als Filmnachwuchs vorgestellt worden war, und die nun ein gestehen mutzte, datz sie eine der vielen Nullen war, die es beim Film gab. Er dachte nach. Verantwortung war es immerym. Dle Kieme war schön, das war nicht zu leugnen, und vielleicht machte sie doch eine ganz gute Karriere? Wer konnte denn das heute wissen? Wenn man sie herausritz, in die ländliche Stille eines Gutes als Sekretärin verpflanzte — wer weiß, ob das kleine Mädel die ganze Wohltat nicht dann später verwünschte und sich zurücksehnte in die schillernde, bunte Welt, die sie nun einmal kennengelernt hatte, wenn ihr auch das Schlimmste bisher erspart geblieben war. „Fräulein Käthe, wenn Sie heute plötzlich einen Posten angeboten bekämen — sagen wir, als Gutssekretärin —, würden Sie diesen Posten annehmen? Sie mützten sich natürlich darüber klar sein, datz es ein nüchterner Beruf ist dem jetzigen gegenüber, und datz Sie vielleicht dann doch nicht wieder zurück könnten, wenn das Verlangen wieder über Sie kommt." Käthe Randolf sah den Mann an mit den schönen, klaren Augen. Und er las in diesen klaren Mädchenaugen wie in einem Buche. Käthe sagte: „Ich wäre unendlich dankbar, wenn ich diesen Posten bekäme. Ich habe die Natur, die Felder und Wälder so lieb. Ich verzichte gern aus das Nachtleben, wenn ick dafür einmal Rehe sehen könnte. Und ich will mir Mühe geben, den Posten auszufüllen. Ich würde mich ganz gewitz nicht mehr zurücksehnen." „So!" Er lachte auf sie nieder. Und Käthe blickte ihn ratlos an. Was tonnte sie noch sagen, damit sie die Stelle bekam? ^Fortsetzung folgt.)