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Beilage Mr „Weißeritz-Zeitung" Donnerstag, am 17. Oktober 1935 101. Jahrgang Nr. 243 Kurze Notizen In Braunschweig begann die Führertagung, zu der der Reichsjugendführer sämtliche Gebietsfllhrer, Obergaufuh rerinnen, Jungvolkführer, Stabsleiter der Gebiete und Amtsleiter der Reichsjugendführung zusammengerufen hat. Die ganze Stadt hat aus diesem Anlaß reichen Flaggen schmuck angelegt. Der Leiter des 'Allgemeinen Deutschen Waffenrinaes, Pg. Langhoff, löste im Einvernehmen mit den Wa en- studentenverbänden den Allgemeinen Deutschen Waffen- rina auf. In Anbetracht oer Tatjacye daß es der albanischen Regierung nicht gelang, zwei Posten im Kabinett zu besetzen, ist sie zurückgetreten. Der Streik der gewerkschastlich organisierten Bergarbeiter in Sen Kohlenfeldern von Südwales hat sich weiter ausgedehnt. 4950 tlrbciter befinden sich im Streik, von denen etwa 2000 unter Tage rnd und die Ausfahrt verweigern Die Vereidigung des griechischen Heeres aus den König ist ms den 26. Oktober festgesetzt morden. Die Vereidigung wird in )em ganzen Königreich in feierlicher Form vor sich gehen. Grobe Paraden werden die Feier abfchiieszen Die offiziöse rumänische Agentur „Orient Radar" wendet sich mtschieden gegen verschiedene in der Presse verzeichnete Gerüchte, vonach sich König Carol demnächst zu verloben beabsichtige. Bei den Provinzialwahlen erlitt die japanische Rcgicrungs- >artci Minseito eine beachtliche Niederlage. Sie erhielt nur 628 Nandate gegenüber früher 720. Die Seihukai erhielten 670 (648), üe von der Minseito abgcsplitterte Gruppe Kokumin erhielt 32 Nandate (früher 52). Von den kleineren Parteien erhielten die llrbciter 33 (14) und die sogenannten Neutralen 143 (82>. Englische Disziplin Der englische Wahlkampf hat mit einer Rede des Schatzkanzlers 'Neoille Chamberlain in Glasgow eingesetzt. Die Situation und besonders die durch das Jubiläum in breitesten Massen der englischen Bevölkerung erzeugte un gewöhnlich günstige Stimmung für die Regierung ließen den Plan reifen, die Neuwahlen schon für den frühen Herbst anzusetzen. Bei diesem Gedanken war u. a. auch mitbe stimmend der sehr günstige Eindruck, den die damalige Dar stellung der englischen Finanzlage durch den Schatzkanzler gemacht hatte-, sein Haushalt schloß mit einem auch für eng lische Verhältnisse sehr erfreulichen Plus ab. Im Laufe des Spätsommers entschied sich jedoch Mini sterpräsident Baldwin für eine Verschiebung der Wahleck auf den Januar des kommenden Jahres, da sich die außer ordentlich weitreichenden Auswirkungen des afrikanischen Konfliktes immer deutlicher abzuzeichnen begannen. Merk würdigerweise war es dann dieser gleiche Grund, her zur Rückverlegung des Wahltermins auf den November führte. Der Einsatz der englischen Machtmittel im Mittelmeerkon flikt, der in der Folge des Afrika-Konfliktes entstand, er folgte in einem Maße, wie ihn England innerhalb der letz ten 30 Jahre mit Ausnahme des Weltkrieges nicht mehr erlebt hatte. Angesichts der Möglichkeit direkter Bedrohun gen ausgedehnter britischer Interessen in Afrika und ange sichts der Möglichkeit der Erweiterung des Mittelmeerkon- sliktes zu kriegerischen Maßnahmen und zum Uebergreifen auf Europa, glaubte Ministerpräsident Baldwin, sich selbst mit der erdrückenden Mehrheit von über 550 Mandaten für die Regierung im gegenwärtigen Unterhaus nicht mehr be gnügen zu können. Vielmehr glaubte er und mit ihm sein Kabinett, die Last einer außergewöhnlichen Verantwortung für die in nächster Zukunft fälligen schwerwiegenden Ent scheidungen der britischen Außenpolitik nur dann übernehmen zu können, wenn das englische Volk seine Regieruüg durch - den Stimmzettel mit einem besonderen Mandat ausstattete. : In' diesem Fall 'wird es praktisch auch bedeutungslos sein, ob im neuen Unterhaus ein paar Sitze mehr oder weniger für die Regierung verbucht werden können. Cs kommt vielmehr darauf an, daß eine große Mehrheit des englischen Volkes das Kabinett Baldwin gerade im Hinblick auf die möglichen ernsten Verwicklungen mit einer ausdrücklich be glaubigten Autorität versieht, die die Regierung Baldwin nach allen bisherigen Ankündigungen maßgeblicher Kabi nettsmitglieder nach den Wahlen mit um so größerem Nach druck einzusetzen entschlossen ist. Daß auch diese Wahlen eine sehr große Mehrheit für die Regierung bringen werden, ist trotz der grundsätzlichen Oppositionsstellung der Linken und trotz der bedingten Oppositionsstellung von 50 konservativen Abgeordneten als sicher anzunehmen. Die Opposition der genannten Grup pe der Konservativen beschränkt sich lediglich auf die Sanktionsfrage. Gerade in dieser Frage aber ist die Ar beiterpartei mit der Regierung vollkommen einig, ja denkt dannmel radikaler als das Kabinett selbst. Ueberdies hat das Drgan der Labour party bereits seinem Aerger dar über Ausdruck gegeben, daß die Regierung Neuwahlen in einem Augenblick und mit außenpolitischen Zielen ansetzt, angesichts derer sich kein Brite seiner Regierung versagen körnte. Mit anderen Worten: die Arbeiterpartei wird bei den! kommenden Wahlen gegenüber der Regierung keine Kampfstellung beziehen. Gegenüber dieser Tatsache würde die Oppositionsgruppe der Konservativen, ohnehin keine mitbestimmende Rolle im neuen Unterhaus spielen. Im übrigen aber darf man annehmen, daß die traditionell« englische Disziplin in entscheidenden Fragen der Nation und des Empire auch die konservative Opvositionsgruppe daran hindlern wird, der Regierung Im entscheidenden Augenblick Schwierigkeiten zu machen. - Äs ist ein geschickter praktischer Zug. wenn Baldwin jetzt , den Wahlkampf gerade durch den Schatzkanzler er öffnen läßt, der durch seine Finanzrede vom Frumommer Gerechte Schlachtvieh-Verteilung Verordnung der Hauptvereinigung der Deutschen Viehwirtschaft Bei der in den letzten Wochen auf dem Schweinemarkt bestehenden gewissen Verknappung konnte festgestellt wer den, daß eine gerechte Verteilung der vorhandenen Schweine nicht erfolgte. Im Einverständnis mit den maßgeblichen Stellen hat sich daher der Reichsnährstand veranlaßt ge sehen, durch die Hauptvereinigung der Deutschen Viehwirt schaft eine Verordnung zu erlassen, die hier grundsätzlich Wandel schaffen soll Bereits in der Anordnung Nr. 20 der Hauptvereinigung der Deutschen Viehwirtschaft wurde be stimmt, daß Schlachtungen und Fleischumsätze in sämtlichen schweineschlachtenden und schweineumsetzenden Betrieben sich bis auf weiteres aus höchstens 70 Prozent der vorjähri gen Schlachtungen und Schweinefleischumsätze zu beschrän ken hat. Die neue Verordnung ergänzt diese Anordnung Nr. 20 wesentlich. Zunächst sind jetzt alle schlachtviehschlachtenden und sleischumsetzenden Betriebe an Orten mit Viehgroßmärkten verpflichtet, den Bedarf ausschließlich aus dem Viehgroß markt zu decken. Der Ankauf aus dem Lande ist für diese Betriebe nur mit besonderer Genehmigung des Schlachtvieh- verwertungsverbandcs zulässig. Dasselbe gilt für die Fleischwarensabriken. Die Fleischer in Orten ohne Vieh großmärkte dürfen nur an Hand eines von der Fleischer innung im Einvernehmen mit der Kreisbauernschaft ausge stellten Schlachtjcheines Schweine ankaufen. Die Hauptver einigung der Deutschen Viehmirtschast bestimmt, wann diese Bestimmung auch auf die übrigen Viehgattungen ausge dehnt wird. Die Schlachtscheine werden unter Zugrunde legung der von den Fleischerinnungen ausgearbeitcten Um satzzahlen der einzelnen Fleischereibetriebe usw. ausgestellt. Der jeweilige Prozentsatz an Schlachtscheinen im Vergleich zu den normalen Umsatzzahlen hängt von den verfügbaren Gesamtviehmengen ab. Werden in Ausnahmesüllen Fleisch- warensabriken nicht einem Viehgroßmarkt zugcteilt, so er halten sie ihre Schlachtscheine direkt vom zuständigen Schlachtviehverwertungsverband. Für den Ankauf von Schlachtschwcinen durch Handel und Genossenschaften wird nunmehr für das gesamte Reichsgebiet der Schlußschein- zwang eingeführt, um über die gehandelten Viehmengen, aber auch über dis gezahlten Preise,.eine Kontrolle zu ha ben. Die Schlußscheinhefte sind durch die Kreisbaueryschaf- ten zu beziehen. Auf den Viehgroßmärkten werden nunmehr bei Schweinen statt der seitherigen Höchstpreise Festpreise ein- gefllhrt. Die seitherige Höchstpreisfestsetzrzng hat dazu ge führt, daß auch für schlechtere Güteklassen der Höchstpreis verlangt wurde. Durch die nunmehr mit äußertem Nach druck und unter Zusammenarbeit aller Stellen durchgeführtc Kontingentierung der Schlachtungen bestehen nunmehr auch keine Veranlassungen mehr, die festgesetzten Preise zu über- vielen, da nur soviel Schlachtscheine ausgegeben werden, al^ tatsächlich Vieh vorhanden ist. Um den Verkehr mit Vieh durch Handel und Genossen schaften zu überwachen und notfalls auch anders zu dirigie ren, sind alle Viehversendungen vorher den zuständigen Kreisbauernschaften zu melden. Besteht Veranlassung, ein wenig bedachtes Verbrauchsgebiet zu beliefern, so hat der Schlachtviehverwertungsverband die Möglichkeit, entspre chend zu verfügen. Um unnötige Schreibereien zu vermei den, können die beabsichtigten Viehtransporte ausgeführk werden, sofern innerhalb einer gewissen, von den Kreis bauernschaften zu bestimmenden Frist vor dem gemeldeten» Zeitpunkt der Verladung keine entgegenstehende Anweisung i erteilt wurde Es kaun-ztücht erwartet werden, daß so weitgehende Be stimmungen ohne olle Reibungen in der Praxis vor sich» ! gehen Es gilt jedocb. unter allen Umständen insbesondere ! die vorhandenen Schwsinebestände überallhin gleichmäßig j und besonders dahin zu verteilen, wo sie am dringendsten ' benötigt werden, nämlich in den Großstädten. Der Bauer ; als Erzeuger erfäbrt durch diele Anordnung einen erneuten i Beweis, daß der Reichsnährstand unter gar keinen Umstän den die Preisbildung sich lelbst überläßt. Mit Preissteige- j rungen ist auch für die Zukunft unter keinen Umständen zu rechnen, und es ist daher für den Bauern nicht nur klug, son- - dern seine Pflicht, wenn er leine schlachtreif gewordenen ' Schweine laufend abgibt Der Schlächter in der Großstadt kann in Zukunft mit einer besferen Versorgung innerhalb- j der bestehenden Möglichkeiten rechnen. Auch der kleine ' Stadtfleischer ohne Auto und Landverbindungen wird in der Belieferung nicht, schlechter stehen als sein größerer Kol lege. Der Fleischer aus dem Lande und in den Städten ohne ! Viehgroßmärkte hat sich unbedingt in die ihm zugeteilten Viehmengen zu schicken Nur dann gelingt es, die Groß städte besser zu versorgen, wenn in den ländlichen Bezirken, die vielerlei andere Äusgleichsmöglichkeiten in der Versor gung haben, eine fühlbare Einschränkung eintrits. Da die äuszugebenden Schlachtlcheine mit den tatsächlich hierfür vor- s handelten Viehbeständen übereinstimmen, ist es unsinnig, j höhere Preise für das Schlachtvieh zu bieten. Der Handek j und die Genossenschaften haben Gelegenheit, zu beweisen, daß man auch in verhältnismäßig warenknappen Zeiten mit: ihnen eine möglichst gerechte und ausgeglichene Versorgung ! durchführen kann. Es darf kein Zweifel darüber bleiben, ! daß die vorgesehenen Strafbestimmungen bei Uebertretun- gen rücksichtslose Anwendung finden. Wenn es sich um eine i so große Sache wie die Fleischoersorgung des deutschen Vol- ! kes handelt, sind eigennützige Handlungen, gleich welcher Art. ! fehl am Platze. her tn Endland mit einem Schlage populär geworden war. Ueberdies ist es der Schatzkanzler, der seinen Landsleuten die schon wiederholt von der Regierung betonte Notwendig keit der Beseitigung der britischen Rüstungsmäugel plau sibel zu machen hat. Neville Chamberlain wandte sich denn auch in volkstümlicher Weise an den englischen Steuer zahler, den er indirekt vor die Wahl entweder der Bewil- ligunp neuer Rüstungskredite oder die Möglichkeit einer ernstlichen Bedrohung britischer Kolonialpfründen stellte. In dieser letzteren Frage aber hören für jeden ordentlichen Engländer der Spaß und die Freundschaft apf. Bemer kenswert ist schon an dieser ersten Wahlrede die Polemik eines führenden Kabinettsmitgliedes gegen Mussolini, den, u. a. mit dürren Worten gesagt wird, daß seine Versiche rungen über die Respektierung der britischen Interessen für England keinen realen Wert mehr darstellten. Nach den bisherigen Dipositionen gedenkt Ministerprä sident Baldwin, den guten Eindruck seines Schatzkanzlers schon in nächster Zeit zu nutzen und selbst mit einer großen Rede vor den britischen Wähler zu treten. Diese Rede ou.fi^ erneut darauf verweisen, daß die britische Tür für Italien noch immer einen Spaltbreit offensteht, daß die Regierung, Seiner Majestät aber auch bereit ist, die Tür im Fall wei terer Unzugänglichkeit Italiens zuzuschlagen Lagerbesehl de; ReichsjugeadMrer; zur Auflösung der Deutschen Burschenschaft. ' Der Reichsjugendführer erläßt an die Hitler-Jugend folgenden Tagesbefehl: „Am 18. Oktober 1935, dem histo rischen Tag des Wartburgfestes von 1817, wird die Deut sche Burschenschaft auf der Wartburg ihre Auflösung und Ueberführung in den Nationalsozialistischen Deutschen Stu dentenbund verkünden. Mit diesem Schritt ist die Deutsche Burschenschaft ihrer 120jährigen Tradition treu geblieben, indem sie zum Ausdruck bringt, daß oberster Grundsatz ihre» Garmisch-Partenkirchen gerüstet. Die Bayernkurve der fertiggestellten Olym pia-Bobbahn. Welidlld (M.)