Volltext Seite (XML)
-7— -r—' I 101. Jahrgang Montag, am 14. Oktober 1935 Nr. 240 Diese- Blatt enthält dle amtlichen Bekanntmachungen der Amlshauptmannschaft, desStadkaks und des Finanzamts Dippoldiswalde B«»,. Bezugspreis: Für einen Monat 2.— mit Zutragen: einzelne Nummer 10 Rpm- Gemeinüe-Verbands-Girokonto Nr. » - - Fernsprecher: Amt Dippoldlswald« Nr. 4lw Postscheckkonto Dresden 125 48 Anzeigenpreis: Die 48 Millimeter breite Millimeterzeile 6 Rpsg.; im Tertleil die SS Millimeter breit« Millimeterzeile 18 Npsg. Anzeigenschluß: 10 Uhr vormittags. Zur Zeit Ist Preisliste Nr. 4 gültig Weitzeritz-Jeitung ^g«z-m.n, und Anzeiger sür Dippoldiswalde, Schmiedeberg u. II. Netteste Zeitung des Bezirks Artliches und Sächsisches Dippoldiswalde. Nach oem vollkommen verregneten Ernte- d ikaa, dem ersten Oktobersonntag, war der gestrige zweite Sonntag mit seinem slutenden Sonnenschein und seiner mil den Luft ein herrliches Gottesgeschenk, wenn es auch morgens recht frisch war, das Thermometer nur noch l Grad anzeigte und Reif die Fluren bedeckte. Manche Blume wird da er froren sein, rascher werden die Blätter fallen, die in ihrem leuchtenden Rot oder Gelb ein Schmuck der Baume, der Landschaft waren. Aber wir müssen zu letz'ger 3«t damit rechnen. Doppelt freut nian sich dann an solch schonen Ta gen. Der Jahrmarkt brachte einen wesentlichen Zuzug nach unserer Stadt, groß aber war auch der Verkehr nach dem Gebirge, das ja immer und immer wieder jedem Schones und Neues bietet. — Am Mittag gingen Amtswalter von Haus zu Haus, um die Eintopf-Spende einzuholen. Das erstemal in diesem Winter aß das deutsche Volk wieder seinen ^>ntopf und gab gern den ersparten Betrag für das große deutsche WHW, das größte tzilsswerk der ganzen Welt. Dippoldiswalde. Ein besseres Jahrmarkt; ts weiter konnten wir uns wahrlich nicht wünschen. Beinahe kein Wölkchen trübte den ganzen Tag den Himinel. Die Sonne schien warm und machte den Aufenthalt im Freien ange- nehm, die Luftbewegung war nur gering. Kein Wunder, daß da die Iahrmarktsgäste in Scharen gezogen kamen, zu Fuß, im Pferdegeschirr, mit Motor- und mit Fahrrad, auch mit Auto, und vor allein auch mit der Eisenbahn. Beide Mitlagszüge, auf- wie abwärts, brachten große Scharen. Ihnen gegenüber war die Zahl der Händler und Verkäufer recht klein. Waren die Budengassen schon recht breit, so sah man doch noch manchen Stand leer und unbesetzt. Es mag sein, daß der betreffende Platzbesteller sich anders be sonnen hatte: denn-gestern war vielerorts in Sachsen Jahr markt. Soweit man feststellen konnte, ist auch ganz gut ge kauft worden, die Marktfieranten, allen voran Pfeffer kuchen-, Fischel- und Würstelsemmel-Budenbesitzer, waren zufrieden. Und das Gleiche darf wohl auch von den städti schen Ladengeschästsbesitzern gesagt werden. Die Zeiten sind härter, schwerer geworden. Das Geld sitzt fest. Nie mand kann mehr so yusgeben, wie nach der Inflationszeit, wo viele dachten, das Geld werde nicht alle, oder auch wie vor dem Kriege. Jetzt wird nur das Nötigste gekauft. Aber gebraucht wird schließlich doch immer etwas. Wenn dann die Erwartungen nicht zu hoch gespannt wurden, wird man auch zufrieden sein. Der zweite Iahrmarktstag, der wieder so schön angebrochen ist, Kann auch gut noch manches bes sern. Mit dem 18-Uhr-Zuge verließen schon viele wieder die Stadt. Trotzdem waren aber die Gaststätten gut besucht, j In der „Alten Pforte" wurde von den beiden „zwei Har- dinen" vielerlei geboten. Eines überaus starken Besuches konnten sich auch die „Ar-Ni-Lichtspiele" erfreuen. Wer freute sich nicht auf einen Pat und Patachonfilm und lachte nicht gern über deren Späße. Der Tanz in der „Neichs- krcne" war besucht wie selten und der Tanztee im Stadt- kafsee fand ebenfalls viele Besucher. So p>ar dieser Iahr- marktssonnkag einmal ganz anders wie die früheren, aber so, daß sich jeder darüber freuen konnte. — Auf Antrag des Pächters Rudolf August Kunze in Hirschbach Nr. 19 ist am I I. Oktober das Entschuldungs verfahren erösfnet worden. Entschuldungsstelle ist die Deutsche Packibank k. G.m.b. H. in Berlin 34. Dippoldiswalde. Da gegenwärtig die immerhin bedeuten- den Mittel für die Wiederherstellung der Nordseite unserer E ad k cche nicht aufzubringen sind, das Gerüst einen zweiten U»"'" ober nicht mehr stehen bleiben kann, ist heute mit dessen Abbruch begonnen worden. Dippoldiswalde. Anders als sonst schienen gestern dem Kirchgänger die Glocken zu klingen, tiefer, ernster. Niesen MN Absch.edsgottesdienst für Pfarrer Muller. Fünf ^ahre weilte Pfarrer Müller in unserer Kirchgemeinde und hat in ihr und mit ihr manchen Sturm erlebt. Frei und offen bekannte er, was er für recht er kannt hatte, wenn er dabei auch in Gegensatz zu manchem Gemeindeglied kam. Aber die Zeit hat es gelehrt, sein Weg war meist der rechte. And vor allem, er wollte das Beste und ging den Weg, wenn er auch steinig und dornenvoll war. Sellen ist in unserer Kirchgemeinde ein Pfarrer so umkämpft gewesen, wie er. Wo es nun «Her ans Scheiden geht, da fand sich die Kirchgemeinde doch zusammen, das bewies das vollbesetzte Gotteshaus. Und wie Pfarrer Müller der Abschied' schwer wurde, so auch der Mehrzahl Kcr Kirchenbesucher. Seine Abschiedspredigt gründete er Schwierige Zanktionsberatungen Englische Vorstellungen in Paris? Genf, 14. Oktober. Auf einer vierstündigen Sitzung des 17gliedrigen Ar beitsausschusses der Sanktionskonserenz wurde das gesamte Problem der wirtschaftlichen Sühnematznahmen unter Be rücksichtigung aller ihrer Auswirkungen eingehend erörtert. Die bisherige Aussprache ergab, daß über die allgemeinen Voraussetzungen wirtschaftlicher Sanktionen noch keinerlei gemeinsame Auffassung besteht., Es wurden nacheinander Maßnahmen gegen die Einfuhr und gegen die Ausfuhr Italiens erörtert. Einige Staaten hielten die sogenannte indirekte Me thode der Nichtabnahme italienischer Produkte für ausrei chend; andere glaubten, daß nur durch Anterbindung der Zufuhr kriegswichtiger Rohstoffe das Ziel erreicht wird. Es wurde auch die Verbindung beider Maßnahmen, für die besonders England eintritt, erörtert. Eine längere Aussprache entwickelte sich über die Frage der Kompensationen, d. h. der Entschädigung solcher Staa ten, die durch ihre Beteiligung an den Sanktionen unver hältnismäßig große Einbußen erleiden. Es scheint, daß außer Sowjetruland auch Rumänien und die Türkei in die ser Hinsicht sehr weitgehende Ansprüche erheben. Den glei chen Grundsatz vertreten aber auch Griechenland und Jugo slawien. Der Vorschlag des südafrikanischen Delegierten, die diplomatischen Beziehungen abzubrechen, wurde nicht wei ter erörtert. WouM SWtMMmn MN AM« limils ad Maataa? Genf, 13. Oktober. Die Finanzsachverständigen des Sanktionsausschusseü haben am Sonntagnachmittag etwa 5 Stunden über einen Entschließungsentwurf für finanziell» Sühncmaßnahmen beraten. Man einigte sich über einen Wortlaut, der am Montagvormittag dem Arbeitsausschuß der Konferenz zur Beschlußfassung unterbreitet und dann veröffentlicht werden soll. Auf englischer Seite wird ange nommen. daß diese Maßnahmen schon am Montag in Kraft treten können. Außerdem fanden am Sonntagnachmittag zwischen den ' französischen und den englischen Wirtschaftssachverständigen ! im Beisein Edens Besprechungen.über die am Sonnabend i bereits in Angriff genommene Frage wirtschaftlicher Zwangsmaßnahmen statt. Dabei wurde vereinbart, daß die ebenso wichtige wie schwierige Frage der Einbeziehung ge wisser kriegswichtiger Schlüsselerzeugnisse gleichzeitig mit derjenigen eines allgemeinen Boykotts italienischer Waren geprüft werden soll. Auf englischer Seite wird erwartet, daß die letztgenannten Maßnahmen alsbald und die Noh- skoffsperre wenigstens in gewissem Umfange gleichfalls in einigen Tagen wirksam werden kann. Zur Ausarbeitung eines Sühnemaßnahmeplanes für Rohstoffe wird ein Aus schuß eingesetzt werden, der sich auch mit dem von verschie denen Staaten verlangten Zollausgleich beschäftigen soll. Eden fordert Boykott italienischer Waren Der englische Vertreter, Minister Eden, trat dafür ein, daß der Boykott italienischer Waren, weil er am einfachsten durchzuführen sei, sofort beschlossen werden sollte. Der fran zösische Delegierte Coulondre sprach sich dafür aus, mit der Zufuhrsperre zu beginnen. Wie verlautet, liegen dieser Verschiedenartigkeit der Haltung Differenzen zwischen England und Frankreich über die in Betracht kommenden Rohstoffe zugrunde. Man soll sich bisher nur über Kohle, Petroleum, Erz und Baumwolle einig geworden sein. Der französische Ministerpräsident Laval empfing in Paris den englischen Botschafter. In politischen Kreisen nimmt man an, daß der Botschafter bei dieser Gelegenheit u. a. darauf hingewzesen hat, daß ein in einer französischen Wochenschrift erschienener engscmdseindlicher Artikel in auf den Text des Sonntags, Joh. 5, 41—47: Ich nehme nicht Ehre von Menschen uff. und ließ in ihr noch einmal das Ge schehen, den Kampf und das Erreichte der 3 Jahre vorüber ziehen. Schwer sei der Weg zur Kanzel, die eine Stätte nicht der Anklage sein solle, sondern von der Liebe gesagt werden solle, dreifach schwer, wenn es zum Abschiednehmen geht. Für ein lebendiges Christentum habe er sich eingesetzt mit seiner ganzen Person und gekämpft mit offenem Visier. Seien ihm Fehler unterlaufen, er erkenne sie an. Was ihm schweres zugesügt worden sei, verzeihe er. Herzlich dankte er für die Liebe, die ihm erwiesen worden sei. Nach Liebe habe er ausgeschaut und gerungen und habe sie auch erfah ren. And wie so oft, wenn Pfarrer Müller auf der Kanzel stand, führte er die Herzen der andächtigen Gemeinde zu Gott und legte dabei all seinen Willen und sein Wollen hin ein, das ihn die 5 Jahre beseelt. Abhängigkeit von Gott macht unabhängig von den Menschen. Die Ehre des Men schen läßt sich nicht trennen von der Ehre von Golt; denn sie ist in Gott gegründet. Ehre und Golt gehören zusammen. And so klingt es auch überall aus der Bibel: Ehre sei Golt in der Höhe. Zur Ehre Golles habe er feine Gemeinde füh ren wollen, wie es eines Predigers Aufgabe ist, dabei die Wahrheit verkünden. Denn die Wahrheit bleibt und ist eins mit Gnade und Barmherzigkeit. Mit herzlichen, inni gen Worten verabschiedete sich dann Pfarrer Müller von seiner Gemeinde und befahl sie in Gottes Schutz, dankte dem Kantor und Kirchenchor, den Bläsern, der Jugend, der Kirchvertretung. Immer werde er in seiner neuen Gemeinde auch mit seiner alten Gemeinde verbunden bleiben. Ob dort, ob hier, uns eint ein Panier. Ob hier, ob dort, uns speist ein Lebenswort. And ziehen wir auch aus, wir finden uns im Vaterhaus. Gott wird weiter Helsen. Als dann Pfarrer Müller den Altarplatz betrat, wendete sich Stadt- kassen-Oberinspcklor Schubert, als stellv. Vorsitzender der Kirchverkretung an ihn und dankte ihm für alles, was er für unsere Kirchgemeinde getan hat,' für seine tiefschöpfendey, ! in herrlichen Worten die heilige Schrift auslegenden Pre- ! oigken, für seine Konftrmatlonsfelern, dke Weihestunden wa- i ^n, für die Trostesworle an Gräbern, dle erhebenden! Worte bei anderen Feiern. Er hob hervor, daß durch Pfar-' rer Müller mancher den Weg zur Kirche zurückgefunden habe und daß er in weit vorausfchauender Weise unserem i Führer Gefolgschaft geleistet habe. Als DankeSzeichen über- ' reichte er Pfarrer Müller ein Album mit der Ansicht unserer Stadtkirche, und gab ihm das Gotteswort auf den Weg: Siehe, ich bin bei Euch alle Tage bis an der Welt Ende. Der Kirchenchor hatte den Gottesdienst durch Gesang ver schönt, der Bläscrchor hatte ihn mit „Lobe den Herrn" ein geleitet und seine Lieder grüßten nach dem Gottesdienst die Heimkehrenden vom Turme aus. — Noch manche Dankes bezeigungen und Erinnerungsgaben wurden Pfarrer Müller nach dem Gottesdienste zuteil. Auch der Kindergottesdienst stand ganz im Zeichen des Abschieds von den Kleinen. Möge auch im neuen Wirkungskreise Gottes reichster Se gen auf Pfarrer Müllers Arbeit ruhen. Reinhardtsgrimma. Gestern Sonntagabend in der 0. Stunde schoß sich der bei dem Bauer Oswald Walther in Arbeit stehende Wirlschaftsgehilfe Herbert Lehnert aus Dobritz, in der Absicht aus dem Leben zu scheiden, mit einem Revolver in die Schläfe. Leh nert wurde sofort aufgefunden und, da er noch Lebenszeichen von sich gab, auf Anordnung des hcrbeigerufenen Arztes, SanitätS- rals Dr. Voigt, Dippoldiswalde, mit einem hiesigen Mi«tkraft- wagcn dem Heidenauer Krankenhaus zugefiihrt, wo er noch gestern abend verstorben ist. Der Grund zur Tat ist unbekannt; vermut lich ist sie im Unterbewußtsein begangen worden; denn der Vater des aus dem Leben Geschiedenen ist als unheilbarer Geisteskran ker in Ler Lankesheilanslalt Sonnenstcin, Pirna, unkcrgebrächt. Die Waffe hat sich Lehnert Lurch Vermittlung einer anderen Per son schicken lassen, nachdem eine vor einiger Zeit von ihm be stellte von feinem Arbeitgeber zurückgcsandt worden war. Geising. Die Amtshauplmannschafl gibt bekannt: Der Herr Rcichsslatlhallcr in Sachsen hat dem Schneidergebilfen Hugo Ro land Göpfert in Geising dafür, daß er am 14. Juni 1!>Jö mutig und entschlossen ein Kind vom Tode des Ertrinkens im Bade- leichc in-Frauenstein errettet Hal, eine Belobigung ausgesprochen. MtttlMttsW du MMlkldiEu Ausgabeorl Dresden für Dienstag: Schwach windig, wolkig bis heiter, trocken. Oertlich Früh nebel. Tagsüber Temperaturen weiter ansteigend. Nachts in den Niedemngen noch Gefahr leichten Frojtes.