Volltext Seite (XML)
Seinen Meister gefunve» Ernst-heiteres Kriegshistörchen von Otto Saure. Anno 1806. Preußens Stern stand im verlöschen. Die Franzosen waren die Herren im Lande. In Ostpreußen saßen die Russen zu Gast. Was sie soffen, fraßen und vertaten, ging den armen ausgehungerten Bewohnern hart an Mund und Magen ab. Das war des Leibes große Not. Mehr und härter jedoch bedrückte das Volk die Recht- und Hilflosigkeit im eige nen Hause und auf der Väter Erbteil und Scholle. Aus der tiefsten Düsternis jener Zeit wird uns ein herzerfrischen des Stücklein eines blonden ostpreußi schen Landmannes vermittelt, das hier mit aus dem Schatten der Vergessenheit ans Licht gerückt werden soll. In einem kleinen ostpreußischen Dorfe quartierte sich eines Tages eine russische Reiterabteilung ein. Führer und Unter führer scknden auf dem Gutsbofe Auf nahme, die Reiter würden bei den Dorf bewohnern untergebracht. Und diese An ordnung führte zu unserer Geschichte. Kam da, als hätte das Schicksal gerade ihn dorthin geführt, ein boshaft und ganz nach Saufen und Raufen aus- sehender Kosakenschnauzbart mit Lärmen und Lamento, wie wenn die Hölle los- gelassen, vor des Schmiedes Haus ge- wrenat. Das alles, weil niemand zum Empfang von Roß und Reiter bereit stand. Wie ein toller Wolf gebärdete sich der Kerl, ritt stracks in die Wohnstube hinein, saß polternd ab, band fluchend das Tier an den Tisch, riß den Tisch- kästen heraus, seinen Inhalt in der Stube umherwerfend, und kommandierte, die Lade voll Hafer für das Pferd zu schütten. Der Schmied — Herrgott, mußte der bis ins Herz erbebende, rechtschaffene Mann ob solcher Schandtat an sich hal ten! — biß knirschend die Zähne aufein ander, kam jedoch «m Ansinnen nach. Als solche« «schehen, fuhr der Schnauz bart den Schmied LV: „Und wo ich guten Watz krieg, Hundskopf du? Gib her Ssiw und Tisch mit Huhn und viel Wodka und Bett!" Dabet riß dr seine Waffe von dem Schul terriemen und hielt sie dem Schmied be ängstigens nah unter oie ocase. Mn verdammt gefährlicher Kerl, vor dem der Satan Respekt bekommen hätte. De Schmied, dessen verängstigtes Weib ih. mit flehenden Blicken um Mäßigung bat, hieß ihn durch ein Zeichen mit sich kom men und führte ihn in den Stall. „Da ist dein Platz!" preßte es sich ihm wut bebend zwischen den Lippen durch. „Hat's Roß die Stube, bekommst du den Stall!" He, begehrte da der also Zurechtgewie sene auf! Er brüllte wie ein wildes Tier, drang auf den Schmied ein und holte zum Schlage mit der Faust aus. Allein der Schmied war auf seiner Hut. Geschickt parierte er den Streich, faßte mit harten Fäusten den zappelnden Kerl bei den Hüften und schleuderte ihn krachend unter die Futterraufe. Ein ab gebrochener Axtstiel besorgte alsdann in deS Schmiedes derber Handschrift daS Weitere. Darauf ließ er den an Händen und Füßen Gefesselten, so sehr er auch tobte und drohte, in der Ecke liegen, riegelte das Stalltor ab und begab sich vom Fleck weg in Schurzfell und aufge krempelten Ärmeln, allerdings nicht ohne Unruhe, wie seine Beschwerde ausgenom men werde, spornstreichs zu dem Reiter oberst nach dem Gutshofe. Der Oberst, in bester Laune gerade mit seinen Offizieren bei der Tafel sitzend, hörte sich schmunzelnd die Klage an, lachte auS vollem Halse und befahl alsdann dem Schmied, nochmals ohne Verschweignis den Hergang des Streites zu berichten. Der Schmied, als er merkte, daß der Handel zu seinen Gunsten stand, tat, wie ihn geheißen, und seine unver fälschte Schilderung wurde von mehr alt einer herzlichen Lachsalve unterbrochen. Daraus überreichte ihm der Oberst ein Zehnrubelstück und entließ ihn mit den Morten: „Alle A htung vor eurer Beherztheit, Meister S chmied. Habt dM rabiatesten Kerl, den Latanas meines KiunmandoS, nicht schlecht zur Ordnung gerufen. Werft ihm ein Bund Heu als Futter und einen Eimer Wasser vor. Meine Aner- KttüUlig soll ihm morgen zuteil werdtsik" So hatten alle, und nicht am wenia- ften der Schmied, die Genugtuung, daß der Raufbold, da er e« am wenigsten vermutet«, feinen Übermann fand.