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----- 6E Urbeberrcclitssckutr: klink Türme »Verlag, kkaUe <8aalc> 6> Nachdruck verboten. Eigentlich hätte sic sick riesig freuen sollen. Undankbar war sie doch. Eine kleine Rolle! Eine wirkliche kleine Nolle! Wie oft hatte sie sich danach gesehnt, wenigstens einmal m einer ganz kleinen Nolle zur Geltung zu kommen. Und nun, da sich dieser Wunsch plötzlich erfüllte, war es ihr nicht genug. Käthe hätte so gut für diese Nolle gepaßt!, dachte sie wieder. Und langsam ging sie dem breiten Tor zu, wo der Portier verdrossen brummte: „Na, nu aba e biskcn dalli. Unsereiner isf auch froh, wenn er endlich mal hier wech kann." Und Olga ging an ihm vorüber, sah ihn gar nicht an. Und der Portier sagte giftig hinter ihr her: „Gans! Was du schon bist!" Olga ging nach Hause. Vielmehr sie fuhr. Aber sie machte sich jetzt trübe Gedanken, und aus diesem Grunde freute sie auch die Nolle nicht, die sie erhallen sollte. Und sie müßte sich doch freuen. Und Käthe auch. Denn die meisten Filmvivcn waren zuerst in einer kleineren Rolle beschäftigt worden und hatten dann binnen kurzem große Nollen gespielt. Vielleicht kamen sie beide auf diesem Wege zur Höhe hinauf? Hilpert! Was hatte der vor? Der hatte uw ,,^ne schwer ver stellt, als er behauptet hatte, die kleine Käthe Nandolf nicht zu kennen. Sich nicht auf sie besinnen zu können. Er hatte natürlich sofort gewußt, wen sic meinte.. Am Glitzern seiner wasserblatten Augen hatte sie es gesehen. Was halte er vor? , > Denn er halte Käthe bestimmt im Atelier dauernd beobachtet! Sie hatte sich da auch nicht geirrt. Es war schon so gewesen! Olga packte ihre Handtasche plötzlich ganz, ganz fest. „Ach so, lieber Hilpert! So denkst du dir das? Nein! Das wird nicht sein. Das nicht! Ich werde Käthe vor dir schützen!" Olga kaufte unterwegs dann noch in der Sttaße, in der sie wohnten, etwas Kuchen. Und dann lief sie schnell oic vier Treppen im Hinterhause hinauf. Als sie ziemlich oben war, dachte sie: Und ein bißchen.kann ich mich doch freuen. Käthe werde ich schützen, und da kann ihr ja nichts passieren. Aber aufmerksam machen auf all die Gefahren muß ich sie wohl. Denn sie denkt ja cm so etwas nie. Sie ist noch völlig Kind. — Droben waren sie froh, als sie wieder da war. Denn es war heute so unfreundlich draußen. Regen nnschte sich in das Schneewetter, und ganz trübe und grau hing der Himmel über Berlin. „Wo warst du denn so lange? Wolltest du nicht bloß etwas besorgen?" fragte Käthe und legte den Arm um die Freundin. „Ja, Kuchen hab' ich zum Kaffee gleich mitgebracht. Aber eigentlich war ich draußen im Atelier." „Du? Aber mir hatten doch heute nichts zu tun?" „Ich hab' mit Hilpert gesprochen, Käthe, die Haupt rolle für den neuen Film hat bereits die Kranz!" „Siehst du! Und nun hast du dich um meinetwillen blamiert, oder Hilpert ist nun böse auf uns", sagte Käthe ängstlich. „Nein! Im Gegenteil. Er hat mich zwar ausgclacht, aber er Hai uns allen beiden im neuen Film eine kleine Rolle zugedacht. Am Dienstag soll ich mich bei ihm melden. Tu wahrscheinlich doch auch. Aber er wird dich allein empfangen wollen. Dazu haben wir wahrscheinlich diese kleinen Rollen zugesag, bekommen." tzlga starrte vor sich hin. Tie ganze Angst um das schöne, blonde, gänzlich unerfahrene Mädel war wieder in ihr. Mama Kulick ging plötzlich hinaus. Sie wußte, daß Olga allein mit Käthe sprechen wollte. Und sie konnte ja inzwischen draußen in der kleinen, blitzblanken Küche immer ihren Kaffee kochen. „Nimm dich vor Hilpert in acht! Er hat keine guten Absichten. Zum mindesten lvjrv er dich einmal einladen, mit ihm zu speisen. Vorher vielleicht Oper oder so. Sei vorsichtig, Käthe!" Käthe lächelte. Schüttelte den Kopf. „Ich gehe nur mit, wenn du auch dabei bist. Allein gehe ich ja nirgends hin." „Das ist gut, Käthe. Laß es dabei, hörst du? Um '.ich wäre es nämlich schade! Sehr schade, hörst du?" Und Käthe legte beide Arme um Ocha Schieder und sagte dankbar: „Ich weiß ja, was für ein braver Kerl du bist, Olga, und daß du es nur immer gut mit mir meinst. Und Hilpert, weißt du, der hat mich ein paarmal angesehen — da hab' ich solche Angst bekommen. Ich woyte es dir sowieso noch sagen, daß du immer bei mir bleiben sollst." „Dann ist ja alles gut, Käthe." ,.m Dienstag hatten sie im Atelier zu tun. Sie fuhren miteinander hinaus. Und während Käthe Randolf mil anderen Kolleginnen im Komparsenraum wartete, ging Olga zu Herrn Hilpert ins Büro. „Ach ja, Schieder, natürlich. Also hier. Sehen Sie sich die Geschichte mal an. Viel ist's nicht, was verlangt wird. Aber immerhin war es doch Wohl hauptsächlich wegen dem Geld. Weil ihr kleinen Mädels mal was kaufen wollt. Nicht wahr? Bin ich nicht nett?" „Sehr, Herr Hilpert! Und da kann ich wohl die Rolle für meine Freundin gleich mitnehmen?" „Wieso? Seine Rolle hat sich jeder selber abzuholen. Das war schon immer so, und das werden Sie wohl nicht gerade abändern wollen?" „In diesem einen Falle doch. Bitte, aeben Sie mir die Rolle für Käthe Randolf." „Nein!" „Ich muß sie schützen. Sie ist so unerfahren und jung." „Das Dümmste, was Sie machen können. Scbieder", sagte er brutal. Das Mädchen zuckte die Schultern. „Wie Sie es nennen, ist gleich. Jedenfalls hatte ich Ihr von mir letzthin beobachtetes Interesse anders ge deutet." „Hinaus!" Da ging Olga. Und sie wußte, daß sie nun auch die Rollen nicht bekommen würden, wenn Kätlw nickt auf die Wünsche des Herrn Hilpert einging. Sie nahm Käthe beiseite: „Meine Ahnung war richtig, Käthe. Hilpert will sich dir nähern. Wollte es. Du sollst dir deine Nolle bei ihm abholen. Aber ich denke, daß wir die Nöllen gar nicht bekommen. Er ist rachsüchtig." „Dann können wir es nicht ändern. Warum gingst du zu ihm, Olga? Mir hätte mein kleines Einkommen genügt." „Das kann er uns jeden Tag auch noch entziehen. Er hat es in der Hand", sagte Olga trübe. „Aber ich gehe zur Berani. Die ist allmächtig. Was sie will, geschieht. Und sie hätte der neuen Diva, der Kranz, gewiß schon längst die Augen ausgekratzt, wenn eben beide nicht ein ganz anderes Fach verkörpern würden. Aber die Berani ist wahnsinnig eifersüchtig auf den Ruhm einer andern. Und Ruhm hat ja diese schöne, blonde Mila Kranz gerade genug zur Seite." Käthe schwieg. Ihr Herz klopfte ängstlich. Wenn sie doch nur ihre bescheidenen Posten nicht einbüßen würden! Sie war doch so unendlich froh gewesen, daß sie etwas gefunden hatte, wovon sie bescheiden und ehrlich leben konnte. „Willst.du zu Hilpert gehen?" Olga hatte es plötzlich schroff gesagt. Käthe zuckte ängstlich zusammen, sagte: „Nein, auf keinen Fall! Bleib bei mir, Olga!" Und sie blieben mitten unter den anderen Komparsen sitzen. Aber es war wohl allen ersichtlich: Käthe Randolf saß wie ein junger, »„zerstörter Frühling zwischen all den gestörten Hoffnungen, dem Neid und der Bosheit, der sich gegenseitig begeifernden Eifersucht auf die geringste Be vorzugung. Und es kam dann, ^vie sie befürchtet hatten. Es wurden einige Komparsen entlassen, neue eingestellt. Unv unter den Entlassenen waren beide, Olga und Käthe. „Ich gehe zur Berani! Sie wird helfen. Es kostet sie nur ein Wort. Ler erste Direktor ist weiches Wachs in ihren Händen. Sie hat dem Filmunternehmen bereits Millionen eingebracht. Wenn sie etwas will, geschieht es. Ihr gegenüber ist der schöne Hilpert völlig machtlos." Olga sagte es, während sie mit Käthe Arm in Arm dahinging. Und Olga ging am nächsten Tage noch einmal zur Berani. Schilderte alles. Die Berani lachte! Aber es war ein halb schluchzendes Lachen. Dann sagte sie: „Das eigene Ich schaltet man beim Theater genau so aus wie das elektrische Licht. Aber ich will euch natürlich gern helfen, euch beiden kleinen, dummen Mädeln. Also ihr spielt eure kleinen Rollen. Dafür werde ich sorgen. Aber ich bin nun sehr» neugierig auf diese Käthe Randolf. Könnte ich sie einmal sehen?" „Gern, Frau Berani. Wann dürfen wir kommen?" „Morgen abend. Gegen acht Uhr. Ihr könnt mit mir essen. Habt ihr gute Sachen?" „Ja! Wir haben uns doch die Kleider zurechtgewacht, die uns gnädige Frau letzthin schenkten?" „So? Nun, vielleicht habe ich noch etwas." Sie klingelte. Das pikante Züschen erschien. Lächelte freundlich und höflich. „Lissy, bitte geben Sie doch die Kleider aus dem Schranke zwei. Es sind die, die ich herausgesucht hatte. Ich wollte sie umändern lasten. Ich habe es mir inzwischen anders überlegt. Packen Sie diese Kleider für das Fräu lein hier ein!" Das freundliche Lächeln verschwand vom Gesicht der Zofe. Mürrisch, gehässig blickte sie ihre Herrin an. Sagte: „Jawohl, gnädige Frau!" Und verschwand. Olga war glücklich. Und noch viel glücklicher war sie» als sie auch noch einen Fünfzigmartschein erhielt. „Kaust euch etwas! Was ihr noch braucht", sagte dic^ Äerani gnädig und freute sich, als Olga die Hellen Tranen über die Wangen stürzten, Und dann ging sie glümich davon. Es störte sie gar Nicht, daß die Zofe unsanft hinter ihr die Tür schloß. Am andern Tage machten sie sich sehr sorgfältig zurecht. Zwei schöne Mäntel wurden üher die Abendkleider ge zogen. Für Käthe hatte man weiße Schuhe gekauft, und sie sah ganz entzückend aus. Und sie hatten sogar eine Droschke genommen und fuhren zur Tiergartenvilla, wo die Berani wohnte. Die erschrak! - Das hatte sie nicht ahnen können. Soviel köstlichen, natürlichen Liebreiz. Aus einer Laune heraus hatte sie die beiden Mädels beglücken wollen. Und nun saß sie fassungslos Käthes wundersamer. Schönheit gegenüber. Aber sie nahm sich zusammen. Wozu war sie schließlich eine berühmte Schauspielerin? Käthe aß nicht viel. Sie blickte sich nur immer wieder verstohlen um. Die wundervollen Möbel! Daß es so etwas geben konnte! Und die weichen, wundervollen Teppiche, in denen die Füße versanken! Und die schöne, schlanke, große Frgu in ihrem silbsrglitzcrnden Gewände! Käthe wagte kaum noch zu atmen, wenn sie die schöne Frau ansah. Und sie hatte keine Ahnung, daß diese be wunderte Frau sie maßlos um ihre Jugend und um ihren köstlichen Liebreiz beneidete. Und da blitzte ein Gedanke im Hirn der Berani aus: Mila Kranz! Neben diesem Mädchen hier,'das so taufrisch und traumschön war, mußte man genau feststellen können, wie alt Mila Kranz war! Das mußte vernichtend wirken! Mila Kranz, die einen geheimnisvollen Kreis um sich zog und nur diesem großen, schönen Menschen, diesem Rittergutsbesitzer Arndt von Berken, gestattet hatte, sich ihr zu nähern! Berken! Den sie, die Berani, selbst glühend begehrte! Sein Freund Udo Bodenstein! Was galt ihr dieser? Nichts! Absolut nichts! Aber dieser Berken schien gar nicht zu wissen, welch eine Erscheinung er war. Das Interesse der Kranz hätte es ihm eigentlich be weisen müssen, aber der Mann schien gar nicht eitel. Nicht im geringsten. Und so ganz wohl schien der sich in einer freien Umgebung auch nicht zu fühlen. Das lat aber zunächst nichts zur Sache. Vorläufig galt es, die Mila Kranz zu kränken, indem man ihr ihr Ebenbild verjüngt und bezaubernd cntgegenstellte! Und die Berani freute sich auf diesen Streich, den sie der Rivalin spielen wollte. Wenn aber Arndt von Berken sah, welch köstliches Geschöpf diese Kleine hier war — was dann? Nun, dann hatte sie der Mila Kranz den Licbestraum- zerstört! Dann wat es auch, gut so! Im Herzen der Berani war ein unbändiger Haß aufj die Mila Kranz, seit sie wußte, daß die Männer anfingen, ihr zu Füßen zu liegen. War sie, die Berani, nicht bis jetzt unumschränkte Herrscherin über die Männer gewesen? Und wo kam diese blonde Mila eigentlich her? Sie war plötzlich da, man gab ihr sofort erste Rollen, und ein neuer Liebling des Publikums war erstanden! Sie war eine Russin! Kam von einem großen Pariser Theater! Soviel halte sie, die Berani, in Erfahrung gebracht. Wenn Arndt von Berken sich fjjr dieses junge Mädchen hier interessieren würde? Die Berani spann sich ein in diesen Gedanken, fand ihn absurd. Aber es genügte ja, wenn die Herren plötzlich diese kleine Schönheit sahen. Und Herren waren wandel» bar. Wer wußte das besser als sic, die berühmte Berani, die einmal als kleine Nähmamsell zu Madame Celle in deren Modesalon gelaufen war, und dort in der Woche zwölf Mark verdiente. Und die daheim von einem betrunkenen Vater ge schlagen wurde! Das wußte niemand! Und würde nie ein Mensch erfahren! Genau so wenig, wie jemand nie etwas über ihren Weg zur Höhe erfahren würde. Und die Berani spann ihre Gedanken weiter. Immer weiter. Und sie starrte dabei Käthe Ranvolf in das junge Gesicht. Käthe sah an sich herab. War etwas nicht recht an ihr? Warum sah die Film diva sie plötzlich so böse-an, und sie war doch bisher so sehr freundlich zu ihr gewesen? Als Käthe wieder aussah, da lächelte die Berani ihr zu. Ihre feine, schlanke Hand mit den wundervollen Ringen hob den Kelch den beiden Mädchen entgegen. „Auf unsere Zukunft! Daß wir glücklich sind! Alle drei!" Und die Kelche klangen hell aneinander. Aber Käthe dachte: Ob — ob — der Arndt — ob er mich jetzt ein bißchen hübsch fände, wenn er mich sehen könnte? — Und sie sah ganz deutlich den dunklen, großen Mann vor sich, hörte die tiefe, schöne Stimme. „Woran dachten Sie denn soeben?" Die Berani beugte sich fragend vor. „Oh, ich hatte — ich dachte eben an jemand, den ich ein mal in der Eisenbahn kennenlernte." , „Ach so! Eine Bekanntschaft. Spann sie sich fort?" „Nein! Es war ja auch gar nichts. Nur ich — ich war gewiß töricht, noch daran zu denken", sagte Käthe hastig. „Denken kann man viel, sagen wenig." Die Berani dachte nach, dann hatte sie sich entschieden: „Ich gebe übermorgen ein kleines Fest. Sie beide sind herzlichst dazu eingeladen." (Fortsetzung solgt.p