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,^)E (7. Fortsetzung.) WÜsricd Heiinan» war unterdessen von Frau Eidam empsaugcn und versorg: worden. Er hatte sich ans dem netten Fremdenzimmer — als erster vekam er natürlich das beste, und dann hatte seine gewinnende Art und sein hübsches Acußcrcs die Alte auch gleich für ihn ein- genommen? — des Overalls entledigt, seine Hände ge waschen, sein Antlitz im Spiegel bewundert und ging eben die Treppe hinunter, nm sich bei der Herrschaft melden zu lassen, als Helma den Flur betrat — noch im Ncitkleid und noch alle Spuren eines eben überstandenen Nergers in ihrem hübschen Gesicht. Sie sehen nnd die Lage erkennen, war für Wilsried eins. Beinahe hätte er laut hcrauslachcn müssen, obwohl er alles in allem kein Mensch von Humor war. Also das hübsche, derb fluchende Mädchen schien hier die Herrschaft zu sein — oder doch zu ihr zu gehören! Da galt es, gleich von vornherein schlau zu handeln und etwa gemachte Fehler auszugleiche». Er verbeugte sich gewandt. „Ingenieur Wilfried Heimann. Herr Oberingcmeur... „Aha", machte Helma so unhöflich und nnlicbciis- würdig wie möglich. „Sie sind das! Aa, da habe ich Sie ja schon von der richtigen Seite tennengclernt!" „Mich?" machte Heimann in gut gespielter Ahnnngs- iofiglcit. „Ich wüßte nicht, daß ich schon den Vorzug ge habt hätte..." „Sind Sie denn nicht mit dem Biotorrad gekommen?" Allerdings — von ... aus ..." Er nannte den in entgegengesetzter Richtung licgcn- ren Ort. »Ist Ihnen ein anderer Motorradfahrer begegnet?" lorschte Helma mißtrauisch, mit immer noch von übler saune entstelltem Gesicht. Heiman» zog die Augenbraue» hoch. „Ja, freilich ... Am Dorseinga»g ... Ein rüder Fahrer, »er blödsinniges Tempo hatte..." „So!" sagte Helma, die zwar viele schlechte Eigen- ichaften besaß, aber niemals log und daher auch Lügen vehrlos gegenübcrstand. „Ich dachte schon, S i e wären >s gewesen... Ter Mensch brachte meine» Satan znm »äsen..." ! „Ihren Satan?" gege.nsragte Heimann unschuldig, nährend er dachte: Und du, mein liebes Kind, hast ge- lucht, wie des Teufels Großmutter...! „Mein Pferd", erklärte Helma dilatorisch. „Aber nun rklären Sie mir! Sind Sie der einzige, den mir der )beringenieur zur Verfügung stellen kann?" Aber während sie das sagte, dachte sie schon: Ein hübscher Mensch! Und liebenswürdig. Wenn er der! inzige ist... schadet nichts. Er gefällt mir! „Ich kany es nicht sagen!" log Wilfried, der anfing, lussichten und Perspektiven zu gewinnen. „Wohl kaum! jedenfalls bin ich zuerst hier. Also habe ich die Ehre mit! jräulein Vogt?" „Ich bin hier die Gutsbesitzerin!" erklärte Helma voller Selbstbewußtsein. „Treten Sie bitte ein", öffnete sie eine Siir, „und nehmen Sie Platz. Haben Sie zu Mittag ge- essen? Ja? Gut! Dann trinken wir eine Tasse Kaffee md rauchen eine Zigarette. Ich werde Sie mit meine» .'lauen und Absichten näher bekannt machen!" „Knorke!" dachte Heimann, als er abends, reichlich früh ür seine Gewohnheiten, aber das war eben ländlich, sitt- ich, sein Lager aufsuchtc. „Da läßt sich was machen. Geld st vorhanden. Hauptsache! Auch ist das Mädel halb so! chlimm, als cs anfangs scheint. Der Widerspenstigen Zähmung! Sie hat Temperament und ist nur sehr ober- lächlich gebildet, Mau kann ihr leicht imponieren..." > Und er lächelte bei dem Gedanken, wie Helma unter einen „schönen Blicken" zuerst hilflos errötet und vcr- oirrt war und allmählich erst Fassung und Selbstbewußt em zurückgcwonnen hatte. Tas Fahren hatte ihr mächtig , mponiert. Er war mit ihr in einer Stunde weiter ge- i oesen, als sic sonst im ganzen Jahr kam... ins Sauer- ! and hinein, fast bis Winterberg. j „Fabelhaft!" hatte sic wieder und wieder gesagt. ! Aber", hatte sic hinzugcfügt, „das lerne ich nie... io. men Wagen zu lenken..." „Es ist keine Kleinigkeit!" hatte er erwidert. Wozu sollte sie das lernen? Unsinn! Volkswirtschaftlich war cs besser, sic hielt sich inen Chauffeur... Als am anderen Mittag Richtleben, bescheiden zu Fuß md sein Köfferchen tragend, auf Müllenhofcn eintraf, varen Heimann und Helma schon gute Kameraden, wcnig- tens so äußerlich. Heimann verstand, sich jeder Laune Helmas anzu- chmiegc», obgleich er sich innerlich weidlich über das elbsthcrrlichc Mädchen lustig »rächte. Sic halten eben eine zweite Fahrt hinter sich, die sic ücsmal in die Ebcnc getragen chatte, bis in die alte, schöne Stadt Münster, in die Helma s^'st alle Jahr ein einziges Ral kam, uni Wcihnachtseinkäufe zu EÄcn. „Zu denken", sagte sie überwältigt, „daz?-ich, mitten ii der Ernte. wc:m ich Lust habe, einen SoimiagnaÄniittag In einer der großen Städte ringsum, die hundert und mehr Kilometer entfernt sind, verbringen kann... Wundervoll Ist doch so ein Wagen..." „Klar", machte Heimann überlegen, „warum aber haben Sie so ein schwarzes Biest genommen? Grau oder blau oder beige — das hätte ich schöner gefunden..." „Ich habe eine Vorliebe für schwarz. Mein Pferd ist schwarz. Ich kleide mich gern in schwarz.' Ich habe gern Menschen mit schwarzem Haar, vielleicht weil ich selbst blond bin..." „Ich bin allerdings nur braun", seufzte Heimann humoristisch. s „Aber Sie haben wirklich wunderschönes Haar!" lobte! Helma naiv. „Nächste Tage gehen wir zu meinen Freunden, den Oberförsters..." „Fahren..." . „Auch gut! Wir nehmen sie zu einer Tour mit.., Aber wer kommt denn da?" „Hallo!" machte Heimann geistesgegenwärtig. „Mein Freund, Manlius von Richtlcben. Wahrscheinlich ein Teil der von Ihnen bestellten Auswahlsendung Chauffeure, Fräulein Pogt. Ein fabelhafter Fahrer. Wenn der Ober ingenieur den schickt, dann habe ich bei Ihnen verloren!" Uebcr Helmas hübsches Gesicht ging ein eigen sinniger Zug. Wilfried Heimann sah cs und war zufrieden. Er hatte schon raus, wie man sic behandeln mußte. Nichtlebens Konkurrenz fürchtete er nicht mehr. Der würde niemals mit der widerborstigen Schönen, die von allen ihre eigene Meinung anerkannt sehen wollte, fertig werden. „Eine stattliche Erscheinung", sagte Helma kritisch. „Aber sonst nicht gerade hübsch..." Dumme Gans!, dachte Heimann, während er dem Freunde entgegen ging. Helma begrüßte Nichtleben mit einer Zurückhaltung, die jenen nur angenehm berührte. Die junge Dame wirkte durch sie vornehmer und gebildeter, als sie in Wirklichkeit war, und das gefiel ihm. Der Brief, vielleicht in Eile ge schrieben, schien nicht das richtige Bild von ihr gegeben zu haben. „Herr Heimann weiß Bescheid", bedeutete sie herab lassend, „er kann Sic auf eines der Fremdenzimmer, die bereit stehen, führen und Sic aufklären. Schade, daß Sie einen Tag zu spät kommen..." „Zu spät? Wieso?" fragte verwundert Richtlcben. „Mcüi Freund und ich hatten cs doch so verabredet..." „Ich dachte, Sic sägten, das; Sie nicht wüßten, ob noch ein anderer Herr geschickt würde?" wunderte sich Helma. „Das muß wohl ein Mißverständnis sein", log Hcimanii mit solch selbstverständlicher Unverschämtheit, daß Helma sich ins Unrecht versetzt fühlte, „ich habe nur gesagt, ich wüßte nicht, wieviel Herren der Oberingenieur schicken würde..." (Fortsetzung folgt'