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Ablage der FlotteMaa Berlin. 20. September. Der ungewöhnlich starke verheerende Sturm in der Nordsee hat leider das am 20. September bei Helgoland beabsichtigte Zusammentreffen der Flotte mit den zehn Ur lauber-Dampfern der NS.-Gemeinschaft „Kraft dirrch Freude" unmöglich gemacht. Der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Admiral h. ,c. Raeder, sah sich deshalb ge zwungen, im Einvernehmen mit dem Reichsorganisations leiter Dr. Ley, der sich zur Zeit mit den KdF.-Urlaubern an Bord des Schnelldampfers „Columbus" auf einer Nord landfahrt befindet, und ebenfalls den Uebungen beiwohnen wollte, die Flottenschau abzusagen. SchWieeLge L^ge LasalL Die Haltung Frankreichs in der Frage einer möglichen Anwendung von Sühnemaßnahmen bleibt naturgemäß im Mittelpunkt der Betrachtungen der Blätter. Allgemein neigt man zu der Ansicht, daß Paris im äußersten Falle mit England zusammengehen werde. Die von Laval gespielte Rolle wird mit einem gewissen Mißtrauen betrachtet. Das Genfer Gerücht, Laval habe Mussolini versprochen, an keinen militärischen Operationen teilzunehmen, habe in Paris Er schütterung und dann Unglauben hervorgerufen. Es sei bekannt, daß Laval niemals seine Kabinettskollegen von der Abgabe eines solchen Versprechens unterrichtet habe. Wenn Laval tatsächlich eins solche Zusage gemacht Habe, die dann in merkwürdigem Gegensatz zu seiner Treuekund gebung zum Völkerbund stände, habe er nur sich selbst fest gelegt. Außer feiner Ansicht gebe es noch die seiner Sabi- nettskollegen und des ganzen Landes. Wenn sich das Ge rücht über Lavals Versprechen bestätigen sollte, dann würde sicherlich seine Stellung unhaltbar werden Das kommunistisch-sozialistische freimaurerische Manöver ziele in innerpolitischer Hinsicht vor allem auf den Sturz der Regierung Laval ab. AranzölWes Gold an Italien Die italienische Regierung soll die französische Regie rung haben wissen lasten, daß sie die in ihrem Besitz befind lichen französischen Staatsrenten abzustoßen und dafür Gold einzulösen beabsichtige. , Der italienische Botschafter in Paris soll betont haben, daß dieser Schritt im engsten Einvernehmen mit den fran zösischen zuständigen Stellen erfolgen werde, um die fran zösische Regierung durch plötzlichen Verkauf an der Börse nicht in Verlegenheit zu bringen. Wie verlautet, hat sich die Bank von Frankreich beretterklärt, die im italienischen Besitz befindlichen französischen Renten, deren Gesamtwert etwa eine Milliarde Francs betragen soll, zunächst mit 400 Millionen Francs Iu bevorschussen und die Neber- nahme der Werte allmählich zu vollziehen. Die italienische Regierung könnte danach also sofort 400 Millionen Francs in Gold einwechseln. Mussolini MM keinerlei MWW non Kens London, 20. September. Die Londoner Blätter veröffentlichen in großer Auf machung eine Reulermeldung au» Genf, in der es heißt, daß Mussolini seinem Vertreter Baron Aloisi, der auf Emp fehlung der Mächte die Vorschläge des Fünferausschusses dem italienischen Regierungschef in' Rom persönlich über reichen und erläutern sollte, mitgeleilt habe, daß er von Genf keinerlei Ratschläge wünsche. Wie weiter berichtet wird, hat der Sprecher de» italienischen Auswärtigen Am tes in Rom die Vorschläge in ihrer jetzigen Form für un annehmbar erklärt. Die schwache Hoffnung, daß es dem Völkerbund doch noch gelingen werde, einen friedlichen Ausweg zu finden, hat in London einem ausgesprochenen Pessimismus Platz gemacht. Der frühere englische Ministerpräsident Lloyd George prophezeite in -Bradford, daß es in ein bis zwei Wochen zu einem Angriffskrieg kommen werde, und fragte, was England zu tun beabsichtige. Er sei sehr beunruhigt, denn er stände unter dem Eindruck, daß die Welt auf eine sehr große Katastrophe zusteuere. Die Dinge hätten einen Stand erreicht, von dem abzuweichen für die Beteiligten außerordentlich schwierig sei. Für die Verzögerung gebe es keine Entschuldigung. Aus welcher Seite steht Aankeich? Stimmung gegen England Italien und England Scharfe Sprache des „Giornale d'Jlalia". Rom, 20. September. „Giornale d'Italia" schlägt schärfste Töne gegen Eng land an, deren Ursache die Stellungnahme der „Times" und anderer englischer Blätter zu den Ergebnissen des Fünfer ausschusses ist, die mit „offensichtlichem Jubel" in beleidi gendem Tone kundtue, daß der Fünfer-Vorschlag in keiner Weise den italienische Interessen Rechnung trage. In Genf sei nunmehr die Rücksicht auf italienische Interessen beiseite gelassen worden. Es gebe dafür eine offene Repressalien politik, die von England gegen Italien inspiriert werde. Die Sympathien für die italienischen Ausdehnungsbedürf nisse, die Hoare zweimal vor dem Unterhaus geäußert hätte, seien numehr zurückgenommen worden. Uebrig bleibe nur der Wille Englands, Italien eine Schlacht zu liefern. Ebenso stürmisch wendet sich das Blatt gegen die Aus lassungen des „News Chronicle", der von „Präventiv- Sanktionen" spreche, bei denen England die gefährlichsten Ausgaben, nämlich die Schließung des Suez-Kanals und die Sperrung von Gibraltar, zu übernehmen hätte, und in denen sogar die Möglichkeit eines offenen Krieges gegen Italien angedeutet werde. In den Herausforderungen der englischen Oeffentlichkeit läge mehr als eine Drohung, in ihnen läge eine offene Neigung zum Konflikt Lie Frage, ob Frankreich sich bereits endgültig für eine Beteiligung an etwaigen Sühnemahnahmen gegen den An greifer im italienisch-abessinischen Streitfall ausgesprochen habe oder ob es eine Beteiligung ablehne, scheint, nach der französischen Presse zu urteilen, noch nicht endgültig entschie den zu sein. Trotzdem ist festzustellen, daß eine Reihe von französischen Rechtsblättern fortfährt, eine Beteiligung Frankreichs an Sühnemaßnahmen entschie den abzulehnen. Das „Journal des Debats" wendet sich in diesem Zu sammenhang auch gegen England. Es sei unerhört, so schreibt das Blatt, daß das Mittelmeer Gefahr laufe, ein geschlossener Raum zu werden, in dem England bereits den größten Teil seiner Streitkräfte zusammengezogen habe und dabei gleichzeitig «in Seegebiet ungeschützt lasse, das es ver- abredungsgemäß bewachen sollte. — Der rechtsgerichtete Abgeordnete Ferry erklärt in der .MbertL", Frankreich Hötte allen Grund, diejenigen Leute anzuprangern, die Frankreich gegen seine lateinische Schwester aufhetzen woll ten und die nickt zögerten, sich auf den internationalen Kapitalismus und den britischen Imverialismus -u stützen. bloße Gefahr einer solchen Bewegung eine heilsame Dic kung auf Staatsmänner haben nwßte, die gegenwärtig an Sühnema^iahmen gegen Italien dächten. Neber die strategische Lage an der Grenze zwischen Ita lienisch-Nordafrika und Aegypten sagt der Berichterstatter noch: Vor drei Wochen versprach Mussolini in Bozen dem Generalgouverneur von Libyen, Marschall Balbo, Verstär kungen. Es wird aber nicht geglaubt, daß diese weit Uber 10 000 Mann hinausgehen. Die italienischen Truppen sind in der Hauptsache an der Grenze zwischen den heiligen Städ ten Iarabub und Kufra zusammengezogen. Zwischen ihnen und Aegypten befindet sich längs der Grenze eine dreifache zum Teil elektrisch geladene Stacheldrahtsperre, die von Ge neral Graziani errichtet wurde-, um den ägyptischen Wafsen- schmuggel für die Senussi zu verhindern. Die englische Flottenlonzentraiiou Ueber Malta haben nachts große englische Lustma nover stattgefunden. Die Hauptstadt La Valetta war in Dunkelheit gehüllt. Das Flugzeugmutterschiff „Coura- geous" griff die Insel an. Starke Scheinwerfer suchten den Himmel nach den „feindlichen" Flugzeugen ab. Gene ralmajor Andrew Mc. Culloch, Befehlshaber der 52. Di vision, übernimmt den Oberbefehl über die britischen Trup pen auf Malta. Er ist 59 Jahre alt und ist im Buren krieg und im Weltkrieg ausgezeichnet worden. Im Mittelmeer weilen gegenwärtig nach der „Times" an britischen Kriegsschiffen «echs Großrampfichifse, 11 Kreu zer und ungefähr 45 Zerstörer. Gegenwärtig liegen da von in Gibraltar zwei EryUanrpfschisse und vier Kreuzer, in Alexandria zwei Großkampfschiffe und drei Kreuzer, in Bort Said zwei Großkampfschiffe und ein Kreuzer, bei der velstation von Haifa drei Kreuzer. Mehrtögige Pause iu Vem Gens wird jetzt nach, Uebergabe des Vermittlungs planes des Fünferausschusses an die Vertreter Italiens und Abessiniens eine Verhandlungspause von mehreren Tagen für wahrscheinlich gehalten. Obwohl die Aussichten nach wie vor ungünstig beurteilt werden, glauben die englischen Pres severtreter in Genf eine entschiedene Nervosität bei den Ita lienern wahrzunehmen, die sie auf die geschlossene Unter stützung des Völkerbundes durch die öffentliche Meinung der Welt und auf die „ruhigen aber stetigen Vorbereitungen" der britischen Regierung im Mittelmeer zurückführen. Der Genfer „Times"-Vertreter meint, eine Ablehnung des Planes durch die Italiener würde nicht überraschen, doch wäre es denkbar, daß sie ihn als Erörterungsgrundlage an nähmen, um während der anschließenden Verhandlungen womöglich eine schwache Stelle in der geschlossenen Front der Gegner ihrer Politik zu entdecken. hierauf seien indessen die Vertreter mehrerer der klei neren Mächte vorbereitet, die sorgfältig Wache hielten unb entschlossen gegen jedes weitere Zugeständnis an Italien seien. Sie würden voraussichtlich vorschlagen, die jetzige Ta gung, die normalerweise am 28. September enden würde, solange fortzusetzen, bis eine Regelung erreicht sei. Der Völkerbundsrat werde auf jeden Fall weitertagen, bis eine Entscheiduna in der einen oder anderen Richtung gefal len sei. len, während dem wahren Abessinien, dem Land der Am haras, geholfen werden könnte, eine anständige Stufe dei Zivilisation durch ein Regime zu erreichen, das mit dem Anfangsregime im Irak oder dem noch in Marokko gül tigen Regime Aehnlichkeit hätte. Italienische BorsichtMatznahmen in Libyen Reuter läßt sich aus Rom berichten, daß die Gründe für die Verstärkung der italienischen Truppen in Libyen zweifacher Art seien. Erstens solle dadurch Vorsorge gegen die Gefahr eines neuen Aufstandes der kriegerischen Senussi- Stämme getroffen werden. Von den bei der Unterwerfung der Senussi durch General Graziani im Jahre 1932 nach Aegypten gekommenen Flüchtlingen sei ein Teil wieder nach der Cyrenaica zurückgekehrt, aber 10 000 lebten noch auf ägyptischem Boden. Die Entsendung von Truppen aus Li byen nach Ostafrika und das Gemeinschaftsgefühl der Ara ber für die Abessinier habe zu einem Wiederaufleben der Agitation gegen Italien geführt. Der zweite Grund, an den in Rom gedacht werde, sei die mögliche Gefährdung Aegyptens. Im Falle von Feind seligkeiten (zwischen Italien und England — Die Schristlei- tung.) würde eine starke Streitmacht, die aus der Cyrenaica nach Osten in Richtung auf das Gebiet des Suezkanals vor gehen würde, eine der wichtigsten Verbindungslinien des britischen Reiches bedrohen. In Rom alaube man. daß die „Unannehmbar und lächerlich" Mussolini lehnt die Vorschläge des Fünferausschusses ab Wie die „Daily Mail" meldet, hat der jetzt in Rom ve- sindliche Sonderberichterstatter des Blattes, Ward Price eine Unterredung mit Mussolini gehabt, die sich auf Presse berichte bezog, wonach die Vorschläge des Fünfer-Aus schusses noch weniger günstig für Italien seien, als die englisch-französischen Vorschläge von Paris. Der Korrespondent berichtet, Mussolini habe erklärt: „Der Plan ist nicht nur unannehmbar, sondern auch lächer lich. Ls sieht so aus, als ob der Völkerbundsausschub glaubt, ich sei ein Sammler von Wüsten." Im einzelnen soll der Duce geäußert haben: „Ich werde den Bericht selbst erst später vor mir haben, aber wenn die von den Nachrichtenagenturen telegraphierten Meldungen zutreffen, dann scheinen die Vorschläge iro nisch gemeint zu sein. Es wird anscheinend angeregt, Italiens Bedürfnis nach Ausdehnung in Ostafrika solle durch Abtrennung von ein paar Wüsten befrie digt werden, einer Salzwüste und einer Steinwüste. Dies § sind nämlich die Wüsten von Danakil und Ogaden." Mus solini fragte lachend, ob man ihn für den Helden in einem der Bücher von Mark Twain halte, der so verliebt in Echos war, daß er zwei Berge mit schönen Echos kaufte und sich ein Haus dazwischen baute- Mussolini fügte hinzu, er habe von den Franzosen vor kurzem 110 000 Quadralmcilen der Wüste Sahara er halten. In diesem Gebiet wohnten genau 82 Menschen, die man nach langem mühseligem Suchen in einem ein samen Tal gefunden habe, wo zufällig genug Wasser vor handen war. Das Danakil-Land sei der Boden eines ge trockneten Meeres und bilde eine Wüste weißen Salzes von 200 Meilen Länge. Dort wachse nicht ein Grashalm, und nicht einmal ein Abessinier könne dort Lebensunter halt finden. Die Wüste von Ogaden sei eine Steinwüste. Mit einer Sandwüste könne man noch einiges anfan gen. Einige Strecken der libyschen Wüste in Italienisch- Nordafrika seien bewässert und dadurch bewohnbar gemacht worden. Aber in einer ausgetrockneten Wildnis gewalti ger Felsblöcke könne nichts wachsen. Bei der Einrichtung einer internationalen Verwaltung und Gendarmerie sei Italiens Vertretung anscheinend nicht vorgesehen. . Ls scheine angeregt zu werden, daß die 200 000 italie nischen Soldaten in Ostafrika nach Hause gebracht werden sollten und daß ihnen erzählt werden solle, sie hätten nur einen Ausflug gemacht. Dies werde unter keinen Umstän den geschehen. Der Ausschuß würde sich besser an die Hauptsache bei der abessinischen Frage gehalten haben, nämlich die Tat sache, daß es nichts derartiges gebe, wie eine abessinische Nation. Es handele sich um ein Herrenoolk, nämlich die Amharas, die über besiegte und zu Sklaven gemachte Stämme herrschten. Diese unterdrückten Rassen Abessiniens würden sich unter italienischer Herrschaft viel besser füh Allerlei Neuigkeiten Weiheslunde auf Burg Stahleck. Vom 19. bis 21. September findet auf der Jugendburg Stahleck bei Bacha rach am Rhein eine Tagung aller Gauführer des Reichs verbandes für deutsche Jugendherbergen statt, die mit einer Weihestunde in dem neu hergerichteten Rittersaal der Ju gendburg eingeleitet wurde. Ganz Bacharach prangte im Flaggenschmuck. Die von zahlreichen Scheinwerfern an- aeleuchtete Burg bot einen prächtigen Anblick. In der Iugendburg herrschte frohes Leben und festliche Stimmung. Die Gauführer und Gauführerinnen des Jugendherbergs verbandes aus allen deutschen Gauen waren anwesend. Verhaftung jüdischer Devisenschieber. Der Fahndungs abteilung der Danziger Devisenüberwachungsstelle gelang es, eine Anzahl polnischer Juden festzunehmen, die einen eifrigen Tauschhandel mit eingeschmuggelten Devisen be- triebeNz. Die jüdischen Vertreter dieser sogenannten ' ^war- zen Börse" hatten polnische Zlotynoten in großem Um fang nach Danzig gebracht, um sie unter Umgehung der Danziger Devisenbestimmungen an Markthändler aus Pommerellen zu verkaufen, die aus diese Weise erhebliche Beträge aus Danzig herausschmuggeln konnten. Auch ei nige pommerellische Händler, die ihre Gulden gerade in Zloty umtauschen wollten, konnten verhaftet werden. Der beschlagnahmte Kassenbestand dieser Börse beläuft sich auf viele Tausende von Zloty und Gulden. Teuerung in London. Nachdem der Mehlpreis in Lon don in den letzten acht Tagen dreimal erhöht worden ist, ist nunmehr der Preis für ein 1800 Gramm schweres Brot von 7,5 Pence auf 8 Pence (RM 0,46) erhöht worden. Die neuen Preise haben ab Montag nächster Woche Geltung. In die sem Zusammenhang sei noch erwähnt, daß ein vor einigen Tagen ausgebrochener Streit zwischen der zentralen Milch verteilungsstelle der Regierung und den örtlichen Milchhänd- lern in London die Milchoersorgung der englischen Haupt stadt in Frage zu stellen droht, falls nicht noch in letzter Stunde eine Einigung über den neuen Tarif herbeigeführt wird, den zu unterzeichnen, die Milchhändler sich einstweilen noch weigern. , Der StmmMtt av Hamburg, 20. September. Der Sturm, derizwei Tage «ang über der Nordsee und ihrem Küstengebiet getobt hat, flaute stark ab. Immerhin ist die See noch tief aufge wühlt, so daß für die kleineren Schiffe zumeist noch ruhi geres Wetter abgewartet werden muß, während vce Groß- schitfah>t wieder voll im Gange ist. Auch die größten Fahrzeuge, die Schutzbäfen ausgesucht hatten, haben zum größten Teil ihre Fahrt fortgesetzt. Im Nordostseekanal herrscht infolgedessen Hochbetrieb.