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- -S""'Einte Langgisser, nachdem er Karla zärtlich auf emen recht bequemen Sessel geleitet hatte, „nun kann's losgehen. Nun sagen Sie mir um Gottes willen, Graf, was ist zwischen Ihnen und Frau Marlen? Ich kannte ja Frau Marlen schon, ehe ich wußte, wie innig sie mit meiner Karla befreundet ist. Und ich kann Ihnen sagen: Ich habe nie ein anständigeres, gütigeres und weiblicheres Wesen kenncngelernt als Marlen Korda. Die Anwesenden sind natürlich immer ausgenommen", fügte er zärtlich hinzu und küßte Karla die kleine Hand. Dietrich erhob sich mit einem Ruck. Seine Stirn war finster gefaltet. In seinen Augen lohten Schmerz und Empörung. „Tut mir leid, daß ich Ihre Menschenkenntnis an zweifeln muß, lieber Doktor! Auch ich habe einmal so von Marlen gedacht, aber ich bin schnell eines Besseren belehrt worden. Marlen hat mich um äußerer Vorteile Willen geheiratet, obwohl sie nicht einen Funken Liebe für mich empfindet. Und damit nicht genug: Sie hat sich nicht einmal gescheut, meinen Namen zu verunglimpfen. Sie liebt einen andern Mann und wagt, diese Liebe vor aller Oeffentlichkeit zu zeigen. Schweigen Sie, ich habe Be weise! Ich habe selbst mit eigenen Augen gesehen, wie Marlen sich gestern in zärtlichster Weise von einem jungen Mann verabschiedet hat — von ihrem Geliebten", fuhr er heiser fort. „Ich habe gesehen, wie die beiden sich geküßt haben, wie sic ihm Blumen zum Abschied schenkte, wie er sie bat, mit ihm zu reisen. Und wie sie sagte, das - könnte sie nicht, denn sie wäre ja nicht frei. Ach, genug, genug..." Er machte eine Gebärde des Ekels. „Wollen Sie nun noch Marlens Partei halten?" Langgisser sah Karla erschrocken an. Alles, was Dietrich sagte, trug so den leidenschaftlichen Stempel der Wahrheit, des schmerzvollen Erlebens, daß er nicht wußte, was er sagen sollte. Da stand auch Karla auf. Auf ihrem zarten Gesicht war geradezu etwas von Kampfeslust. „Ja, ich nehme Marlens Partei, Dietrich!" Ihre Stimme klang fest. „Sag einmal, Dietrich, wie sah denn der junge Mann aus, von dem sich Marlen so zärtlich ver abschiedet hat?" „Mittelgroß, schlank, aschblondes Haar, graue Augen", gab Dietrich gequält Auskunft. „Aber was interessiert mich das?!" „Hatte er vielleicht eine kleine rote Narbe auf der Stirn?" fragte Karla hastig. Dietrich stutzte. Tatsächlich, die kleine rote Narbe war ihm auf der schön geformten Stirn des Unbekannten aus gefallen. „Ja, Karla. Kennst du diesen Menschen? Wer ist es? Wer hat es gewagt, meine Ehre zu erniedrigen? Wer ist ver Mann, den Marlen liebt?" Da lachte Karla. Sie lachte hell und glücklich. Dietrich sah sic vollkommen fassungslos an. Was wa» mit Karla? Wie tonnte sie lachen? In diesem Augenblick, da ihm das Herz vor Scham und Schmerz zitterte. „Ach, du dummer Diotz!" sagte Karla zwischen Lachen and Weinen. „Natürlich kenne ich den Mann. Gott sei Dank, daß du ihn nicht gleich auf Pistolen gefordert hast! Weißt du, wer das ist? Marlens Bruder: Georg Korda." Dietrich taumelte zurück, er war aschfahl geworden „Marlens Bruder?" „Jawohl, erst gestern hatte ich von Marlen einen Bries, saß ihr Bruder Georg nach Amerika ginge. Er hat eine große Entdeckung gemacht, irgend etwas mit Entgiftung wir..." „Lupinen!" schrie Dietrich so laut auf, daß Karla lusammenfuhr. „Mein Gott ja! Aber warum mußt du denn so brüllen?" Nun war sie es, die den Freund verständnislos ansah. Dietrich faßte Karla bei den Schultern: „Karla, Doktor, um Himmels willen — Georg Korda, Marlens Bruder war das?! Er hat diese ungeheure wissenschaftliche Entdeckung gemacht? Dann ist e r es ja, den diese Schurken betrügen w»..ten." Karla sah immer angstvoller aus. Auch Doktor Lang- gisscr machte ein besorgtes Gesicht. Redete Dietrich irre? Oder was meinte er? Da erzählte Dietrich in fliegenden Worten von seiner Begegnung mit diesen beiden Fremden im »Zug und der portugiesisch geführten Unterhaltung, die er mit an- zehört. „Jetzt wünsche ich nur noch heiße- daß man die beiden Gauner sängt." „Das wünsche ich auch", sagte Langgisser. „Unser armes Vaterland ist nicht reich genug, um sich derartige Erfindungen stehlen zu lassen, und Georg Korda auch nicht." Dietrich riß sich zusammen. Er fühlte beschämt, wie er sich hatte gehen lassen. Aber dies alles war zuviel. Marlen hatte ihn nicht betrogen?! Marlen liebte keinen andern?! „Herrgott im Himmel", sagte er plötzlich inbrünstig und schämte sich nicht, daß ihm die Tränen in den Augen standen, „dann ist ja noch Hoffnung!" „Worauf Hoffnung, Dietrich?" „Hoffnung, Karla, daß Marlen mir noch einmal gut lein könnte." > Frau waren Karst schnellsten zum Ziel. — Woher wissen Sie, daß Marlen nichts für Sie empfindet?" Dietrich senkte den Kopf. Qual und Scham in ihm. „Sie hat es mir ja selbst gesagt." „Dann hat Sie Ihnen die Unwahrheit gesagt. „Du liebst sie also?" „Ja, Karla, ich liebe sie — ich liebe^sic in tiefster C. stk ^nd alles, was ich tat, war ja nur die Empörung, daß! sie mich nahm ohne einen Funken Empfinden für mich! Daß sie um des Geldes willen meine Frau wurde." Karla wollte etwas sagen, aber jetzt mischte Langgisser sich ein: ! „Lieber Veltheim, wir müssen jetzt einmal die Sach, ganz streng Punkt für Punkt klären. So eine Art jui^ stisches Frage- und Äntwortspiel. Dann kommen wir am kann bezeugen, daß Marlen Sie vom ersten Tage an lieb gehabt hat." „Karla, um Himmels willen, ist das wahr?" Karla nickte mit feuchten Augen. „Karla, warum hast du mir das nie gesagt? Nud warum log Marlen?" Langgisser fiel wieder ein: „Karla hat geschwiegen, weil Marlen ihr verboten Hai, Ihnen die Wahrheit zu sagen. Marlen schämte sich, Ihm ihre Liebe zu gestehen. Sie glaubte, daß Sie noch au Jutta Bergfelde hingen." „Wie war vas möglich?" „Es ist anzunchmen, daß Marlen ein Gespräch zwischen Karla und Jutta auf Schloß Veltheim mit angehört iK In diesem Gespräch behauptete Jutta von Bergfelde, dar Sie immer noch an ihr hingen, und daß Sie jeden Moment bereit wären, sie zu heiraten, wenn sie ihr Jawort gäbe Sie behauptete weiter, daß s r c es gewesen, die Ihnen den Abschied gegeben." „Aber das ist ja Lüge, die Dinge sind ja gerade um gekehrt gelaufen. Ich habe Jutta aufgesagt, nachdem ich ihren wertlosen Charakter erkannt hatte." „Aber Jutta von Bergfelde hat es anders dargestellt Marlen Korda ist unfreiwilliger Zeuge dieser Unterredung gewesen. Marlen schloß daraus: daß erstens es immer noch Jutta sei, der Ihr Herz gehöre, lieber Veltheim, daß zweitens Sie nur uni Marlen geworben hätten, weil Sic nun einmal die Testamentsklausel erfüllen mußten. Au diesen beiden Gründen ist Marlens ganze Haltung er klärlich. Sie wollte Ihnen nicht zeigen, was Sie ihr Wahrheit bedeuteten, da sie selbst sich verschmäht fühlte Dietrich hatte den Kopf in vcn Händen verborgen. Ta alles war so unfaßbar neu. Glück und Neue stritten in seiner Seele. lFortsehung folgt.)