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."7^'.'^- <42. Fortsetzung.) Dietrich lächelte. Aha, die beiden hatten nur heraus bekommen wollen, ob er sie verstehe! Nun, er brauchte es ihnen ja nicht auf die Nase zu binden, daß er auch portu- giesisch sprechen konnte. Er war ja lange genug in Süd amerika gewesen und konnte Spanisch sowie Portugiesisch. Aber mochten die beiden reden, was sie wollten, es interessierte ihn nicht. Er aß und vertiefte sich dabei weiter in sein Reisehandbuch. Plötzlich merkte er auf. Das Ge spräch begann ihn doch zu interessieren. Die beiden redeten da über landwirtschaftliche Dinge. Gespannt hörte er zu, ohne jedoch sein Interesse zu verraten. „Also die Entgiftung der Lupine ist wirklich gelungen?" fragte der Amerikaner, ein breiter Mann mit einem listigen, groben Gesicht. Der andere, der Dietrich deutsch angesprochen hatte, nickte lebhaft mit dem Kopfe. „Jawohl! Es sind keine Versuche mehr nötig. Das heißt, ich habe dem dummen Kerl weisgemacht, daß wir in Süd amerika ganz große Lupinenpflanzungen anlegen wollten, um das neue Verfahren endgültig auszuprobieren. Ich habe ihm gesagt, wir wollten heute zusammen von Ham burg aus nach Amerika reisen, John/ Der mit John Angeredete lachte: „Das scheint mir aber nicht der Weg nach Amerika, den wir hier machen, Bill." „Icheint mir auch. Wird ein erstauntes Gesicht machen, der gute Mann, wenn er im .Hamburger Hotel vergebens auf mich wartet. Er braucht mich, aber ich brauche ihn nicht. Die Proben habe ick nämlich in der Tasche. Ein Millionengeschäft, John! Wir sind aus den Sorgen heraus. Was meinst du, was uns Amerika für diese Erfindung zahlt?" „Na, dann wollen wir erst mal darauf eine ordentliche Pulle leeren", sagte John und winkte dem Kellner. Da traf sein Blick Dietrich. Der hatte zitternd vor Er regung zugehört. Was für ein Gespräch hatte er da belauscht? Diese beiden Gentlemen waren offenbar zwei ausgekochte Schurken, die irgendeinen anständigen Men schen um die Früchte seiner Arbeit prellen wollten. Die Entgiftung der Lupine? Er wußte, was das volks wirtschaftlich bedeutete. Millionen tonnte man damit für ein Volk gewinnen. Wer war dieser Mann, von dem diese beiden Halunken geredet? Vielleicht ein Deutscher? Er überlegte angestrengt. Man mußte eingreifen, mußte dis WitzSM Polizei benachrichtigen, ehe diese Schurken da außer Landes waren. Eine fieberhafte Erregung war in ihm. Hastig stand er auf. Er mußte den Zugführer sprechen. „Oh, Sie wollen schon schlafen gehen?" fragte der Deutschamerikaner. Da verriet sich Dietrich. Er antwortete nicht, er streifte den Fragenden nur mit einem so drohenden Blick, daß der zusammenzuckte. Er wandte sich ab und ging schnell aus dem Speise wagen. Er lief fast durch die Gänge des Zuges, stieß an Menschen, stolperte über Koffer, die noch nicht in den Ab teilen verstaut waren, aber er kümmerte sich nicht darum. „Wo finde ich den Zugführer?" fragte er hastig den Schaffner, der ihm entgegenkam. ,Was soll's denn, Herr?" „Fragen Sie nicht, bringen Sie mir lieber den Zug führer! Hier im Zuge sind ein paar Verbrecher. Ich habe sie belauscht. Wir müssen sie fassen." ,Na, da kommen Sie mal!" Der Schaffner ging eilig neben Dietrich durch die Gänge. Es war ein langer Zug. Es dauerte eine Weile, ehe sie im Zugführerabteil angelangt waren. In kurzen Worten verständigte Dietrich von Veltheim den Beamten. Der machte ein bedenkliches Gesicht: „Alles schön und gut, Herr. Aber auf welche Legiti mation soll ich denn da was unternehmen? Wenn das nicht stimmt, was Sie vermuten, dann sitze ich eklig in den Nesseln." „Auf meine Verantwortung werden Sie handeln!" ver langte Dietrich gebieterisch. „Wir dürfen die beiden nicht laufen lassen. Es kann unermeßlicher Schaden für das Vaterland entstehen — wir müssen etwas unternehmen." „Na, dann wollen wir erst einmal die beiden Herren verhören", entschied der Zugführer. Er eilte mit Dietrich den Weg zurück in den Speisewagen. Der Platz der beiden Amerikaner war leer. Der Speisc- wagcnkcllner erklärte, sie hätten unmittelbar nach Dietrich den in: verlassen. Man durchsuchte den ganzen Zug. Ec- > c leine Spur von den beiden zu entdecken. Sie mußten auf einer Station, auf der der Zug inzwischen gehalten, ihren Wagen verlassen haben. „Die kriegen wir schon", sagte der Zugführer zuversicht lich. „Wir haben ja Zugtelephon hier. Ich mache sofort Meldung an die nächste Station. Von dort aus geht die Meldung weiter an da--- Polneinräsidium Berlin. Die beiden werden uns scha.- n " ?:nmci!" Sehr nachdenklich üi-» ? ...u wei .r. Er zog sich in sein Schlafwagenabt! > uück. Es war schon spät ge worden, aber es ge>- lnn nicht, zu schlafen. Das Ge hörte hatte ihn zu sebl bewegt. Sogar der Gedanke an Marlen trat in den Hintergrund. Endlich aber schlief er doch ein. Zweiundzwanzig st esKapitel. Als er erwachte, lagen die Berge der Schweiz mu ihren schneebedeckten Spitzen und ihren grünen Matten im ersten Morgcnglanz vor ihm. Immer weiter fuhr der Zug durch dunkle Tunnels, über Brücken, unter denen glasiges Bergwasier schäumte, an schroffen Felsenhängen vorbei. Dann kam der Tunnel von Airolo. Und dann war die Welt verändert. Südliche Landschaft breitete sich in voller Pracht aus. Die ersten blauen Seen des Tessin schimmerten. Auf den Stationen hörte man neben Deutsch schon die weichen Laute des Italienischen. Endlich fuhr der Zug in Locarno ein. Dietrich beugte sich aus dem Fenster. Er sah schon von weitem in der Hellen Sonne Karlas zierliche Gestalt in einem weißen Kleide, neben ihr Langgisser. Herzlich begrüßte er die beiden. Forschend sah Karla in Dietrichs Gesicht. Wie elend er aussah! Auch Lang gisser war mit Dietrichs Aussehen nicht zufrieden. „Ich glaube, Sie sind mir als Patient zu schnell davon gelaufen, lieber Gras. Von der schönen Erholung steht auf Ihrem Gesicht nicht mehr viel geschrieben." Dietrich zuckte müde die Achseln: „Es liegt auch zuviel zwischen dem Damals uno oem Heute, Doktor." Langgisser und Karla sahen sich bedeutungsvoll an „Es ist Zeit, daß du hergekommen bist, Dietz!" Kar», drückte herzlich die Hand des Freundes, der jetzt neben ihr im Wagen saß, während Doktor Langgisser ihr gegen über Platz genommen hatte. „Wir müssen uns gründlich aussprechen, dann wird alles besser werden." Dietrichs Gesicht verschloß sich herb. Karla hatte immer noch ihren schönen Glauben. Wenn er ihr erzählen würde, was er erlebt hatte, würde sie sehen, es war alles hoff nungslos. Es gab nichts mehr zu klären, es konnte nichts mehr besser werden. Doktor Langgisser hatte sich für den Nachmittag frei gemacht. EL drängte ihn, mit Dietrich und Karla zu' sprechen. Hauptmann Weckcnroth war enttäuscht und verärgert: „Da kommt nun endlich der Dietrich hier herunter, und man denkt, man kann einen ordentlichen Männertrunk zu sammen tun und einen richtigen deutschen Skat dreschen — ja, Pustekuchen! Da belegt ihr ihn schon wieder mit Beschlag." „Nicht böse sein, Väterchen", schmeichelte Karla und küßte den Vater. „Du weißt ja, unsere Sorgen mit Marlen und Dietrich — wir müssen die Geschichte wieder ins Lol bringen." Da war Hauptmann Weckenroth besänftigt. Wenn diese blödsinnige Geschichte wieder in Ordnung kam, da wollte er gern auf seinen Skat verzichten. Karla eilte ihrem Verlobten nach, der schon mit Dietrich in sein Arbeitszimmer vorausgegangen war.