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Amerika warnt Stallen , Keine Preisgabe des schutzlosen Abessiniens. Washington, 12. Juli. Staatssekretär Hull berief den italienischen Botschafter zu sich und legte ihm zum ersten Male seit dec Zuspitzung der Krise und insbesondere seit dem Appell des abessinischen Kai sers an Amerika die amerikanischen Bedenken gegen Italiens starre Haltung gegenüber den Bemühungen des Völkerbun des um die Schlichtung des Streites dar. Gleichzeitig hat der Staatssekretär den Senatsausschuß gebeten, die neuen Neutralitätsgesetze, die Amerikas Handels freiheit im Falle eines Krieges zwischen dritten Mächten er heb einschränken würden, einstweilen zurückzustellen. Von amerikan her Regierungsseite wird ein gewisses Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, daß die kürzlich an den abes sinischen Kaiser gesandte Note in Rom als Unterstützung des italienischen Vorgehens und als völlige Uninteressiertheit Amerikas am Schicksal Abessiniens aufgefaßt worden sei. Deshalb betonte Hull gegenüber dem italienischen Botschafter, daß Amerika wegen der Taktik Italiens stark besorgt sei. Die Note an Abessinien sei ein deutlicher Hinweis darauf, daß Amerika eine Verletzung des kelloggpakles als Bruch des darin abgegebenen feierlichen Versprechens be trachten würde. Solange die gegenwärtige Krise weiter bestehe, möchte das Staatsdepartement auf seine neutralen Rechte, Kriegsmaterial an kriegführende zu senden, nicht verzichten, da ein derartiger Verzicht angesichts der starken Bewaffnung Italiens als ein weiteres prcisgeben der schutzlosen abessinischen Regierung gedeutet werden könnte. ReueZwWenWe Italienischer Protest in Addis Abeba. Rom, 12. Juli. Die „Agenzia Stefani" meldet, daß der italienische Kon sul von Harar, der sich im Auto nach Diredaua begab, unter wegs einer Gruppe von abessinischen Soldaten unter dem Befehl eines Offiziers begegnete, die mit Beschimpfungen und drohender Haltung versuchten, ihn aufzuhalten. Am Nachmittag desselben läge» ereignete sich in Harar ein neuer Zwischenfall. Lin Askari -es königlichen Konsu- sats, der sich zur Post begab, wurde von einer Grupp« von ungefähr 20 Leuten umzingelt nnd mit Sleinwürfen und Slockschlägen überfallen. Unter den Leuten befanden sich- Polizisten und Soldaten in Uniform. Der italienische Gesandte in Addis-Abeba überreichte wegen dieser beiden Zwischenfälle der abessinischen Regie rung einen formellen Protest. England lehnt Wasfenausluhr ad Die Waffenausfuhr von England nach Abessinien ist auf Veranlassung der englischen Regierung zeitweilig ein gestellt worden. Hierzu wird mitgeteilt, daß bis vor zehn: Tagen seit längerer Zeit keine Gesuche für Waffenausfuhren, nach Abessinien vorgelegen hätten. Seitdem seien ein odeir zwei Gesuche eingegangen, die jedoch abgelehnt wurden. , Levor die ganze Frage von der britischen Regierung ge prüft worden sei,, werde überhaupt keine Genehmigung mehr erteilt. Dem diplomatischen Mitarbeiter der „Evening News" zufolge, seien keine Gesuche für Munitionsausfuhren nach Italien vorgslegt worden. Wie verlautet, würden auch- solche Gesuche in derselben Weise wie die abessinischen be handelt, also abaelehnt werden. Ausbruch der Krakatau Meldung vorbeisahrender Schisse. Amsterdam, 12. Juli. Die Meldungen aus Batavia über eine erhöhte Tätigkeit des Vulkans Krakatau werden jetzt auch von mehreren in der Nähe vorbeifahrenden Schis sen bestätigt. Bei den 'Ausbrüchen, die in Zwischenräumen von zwei Minuten erfolgten, wurde die ausgeworfene Lava mehrere 100 Meter emporgejchleüdert. Die ganze Umgebung des Vulkans ist durch Aschen- und Dampsregen in Dunkelheit gehüllt. Die kleine vulkanische Insel Ana kxakalau, die sich vor mehreren Jahren bei einem heftigen Ausbruch des Vulkan» bildete, soll wieder vom Meere verschlungen worden sein. Der Leiter des auf Sumatra stationierten wissenschaftlichen Beobachtungsinstituts ist jedoch der Ansicht, daß die Insel nur etwas gesunken ist und die Oberfläche infolge des Aschenregens nicht mehr wahrgenommen werden kann. Man ist der Ansicht, daß die Tätigkeit des Krakatau zu irgend welcher Beunruhigung für die umliegenden Inseln zunächst keinen Anlaß gibt. DEk Londoner Notionalistenkongreh Professor Grimm über Hiller und Europa. — Lin« deulschfranztlfifche Auüspracht. und für die Ausführung unserer Verpflichtungen begleitet , sind". Der Schlüssel der kollektiven Sicherheit sei der Völ kerbund und die englische Stellungnahme zu ihm. Solang^ ein wirksamer Völkerbund und ein wirksames System der kollektiven Sicherheit beständen, sei England bereit und wil-» lens, seinen vollen Anteil an der kollektiven Verantwortung zu übernehmen (Beifall). AdeWien Konflitt lein Kriegsgruoi» Aus diesen Gründen, so fuhr Hoare fort, nehme Eng land einen so ernsten Anteil ag dem italienisch-abessinischen Streit. Aus diesem Grunde sei es auch, selbst auf die Ge fahr einer Kritik hin, bereit gewesen, einen konstruktiven Vorschlag zu machen, um einen Krieg zu verhüten, der, wie er auch enden würde, eine ernste Rückwirkung auf das ganze Völterbundssystem haben würde. (Beifall.) Er brauche nicht im einzelnen die völlige Widerlegung zu wiederholen, die die englische Regierung den wilden Erklärungen über die Motive und Handlungen Englands in gewissen Teilen der italienischen Presse zuteil werden ließ. (Beifall.) „wir haben keine Hintergedanken, sondern nur den Gedanken einer friedlichen Regelung. Die Erklärungen, daß wir an unsere eigenen koloniallnteressen denken und daß wir in den benachbarten britischen Kolonien Truppen anhäufen, entbehren jeglicher Grundlage. Ich möchte cs klarmachen, daß wir den italienischen Wunsch nach Ueberfee- Expansionen stets verstanden haben und verstehen werden." wir gaben die Notwendigkeit einer italienischen Expan sion zu und wir geben erneut die Berechtigung einiger Sri- tik zu, die gegen die abessinische Regierung geäußert wurde. Aber sind die Tatsachen der italienischen Ausdebnungsbe- dürsnisse und der Klage gegen die abessinische Regierung ein ausreichender Grund, um sich in einen Krieg zu stürzen?" (Beifall.) Hoare erklärte dann, er hoffe, daß es möglich fein werde, dieses Unglück zu verhindern, sei es durch An wendung de» Vertrage» von 1WV oder durch die Hilfe des Völkerbünde?. I Änschiteßend ging der Außenminister dazu über, Eng lands Verhältnis zu anderen Mächten zu erörtern und be handelte zunächst Frankreich. „Frankreich und Eng land", so führte er aus, „sind diejenigen Mächte Westeuro pas, die in e^er Linie verantwortlich für die Regelung von 1919 sind. Wir sind daher zusammen besonders an den Aenderungen an dieser Regelung interessiert, die jetzt auf die gebieterische Forderung der Zeit hin gemacht werden. Wir haben dicht zusammengestanden, wir haben viele Jahre zusammengearbeitet, und wir werden fortfahren, zusammen zugehen und in der Zukunft zusammenzuarbeiten. Es ist nicht britische Art, alte Freundschaften zu opfern, um neuer willen. Wenn wir neue Freundschaften suchen, werden wir das in einer Weise tun, daß wir unsere alten Freundschaf ten nicht gefährden." . Berftönduis für DeuWlaud hinsichtlich Deutschlands erklärte Hoare: „Reber unsere Beziehungen zu Deutschland habe ich mich im einzelnen bereits vorher geäußert. Ich brauche hier nur den Grundton des Ganzen zu wiederholen: Daß unsere Haltung ein prak tischer und verstehender Realismus ist." Hoare ging dann noch aus die Beziehungen Englands zu Japan und China ein und wies darauf hin, daß Eng land besonderen Wert auf freundliche Beziehungen zu Japan lege. Er nehme sich jedoch die Freiheit und wolle den japanischen Freunden sagen, daß man in England be sorgt sei wegen gewisser Ereignisse in Nordchina. Er glaube jedoch, daß dieses Kapitel der Besorgnis vor dem Abschluß stehe, und daß der englische Wunsch nach mög lichst freundlicken Beziehungen in Zukunft sich mehr ver wirkten wexbe. : Hoare schloß mit der Erklärung, daß er wisse, welche große Verantwortlichkeit das britische Reich habe. England beabsichtige, seine Verpflichtungen innezuhalten, die sich aus den Verträgen und aus den Völkerbundssatzungen er geben, und es sei bereit, mit Europa auf der Grundlage einer kollektiven Sicherheit zusamemnzuarbeiten Die Ansprache In der Aussprache ergriff als Erster Sir Herbert S a - muel für die liberale Opposition das Wort. Er erklärte, daß der Luftpakt nicht in den Hintergrund geraten dürfe. Es sei an der Zeit, zu erkennen, daß die Rüstungsbestim mungen des Versailler Vertrages tot sind und daß die Tat sache, daß sie nicht begraben morden sind, die Luft Europas vergifte. Winston Churchill übte in gewohnter Weise scharfe Kritik an der englischen Außenpolitik. Sie habe den Völker bund geschwächt, die kollektive Sicherheit verschlechtert, Deutschlands Vertragsverletzung verziehen (!) und Stresa erschüttert. Lloyd George bedauerte, daß England anschei nend nicht wünsche, seine Verpflichtungen auf Grund des Völkerbundes gegenüber Italien anzuwenden. Die Genfer Entschließung vom April, in der wirtschaftliche und finan zielle Sanktionen gegen einen Vertragsbruch vorgesehen wurden, sei zwar gegen Deutschland gerichtet gewesen, aber „man kann nicht einen Maßstab für Deutschland anwenden und einen anderen für Italien". London, 11. 3uli. 3m zweiten Teil der Vortragsreihe auf dem Kongreß der internationalen Arbeitsgemeinschaft -er Natio nalisten wurde nach einem Vortrag des belgischen Schriftstellers Dr. 3. W. Serruys das Referat „National« und Uebernarionale Gemelnschaften" des an der Teilnahme verhinderten Professors HanS Eibl, Wien, verlesen. Eibl vertritt auch In diesem Referat seinen seit vielen 3ahren verfochtenen Standpunkt, baß -le sämt lichen Pariser Vorvrtsverträge von 1919 moralisch und völker rechtlich null und nichtig seien. Die Morgensthung des zweiten Kongreßkaaes stand Im Zei chen einer deutsch-französischen Aussprach«. Für -aS Niveau die ser Auseinandersetzung, an -er «in großer KreiS interessierter Persönlichkeiten teilnahm, zeugte di« Auswahl der beiden Haupt redner, von französischer Seite Dr. Louis Bertrand, der Präsident der Academie Francaise, und von deutscher Seite der bekannte Professor für internationales Recht an -er Universität Münster, Dr. Friedrich Grimm aus Essen. Mit schneidender Schärf« und unerbittlicher Logik richtete Louis Bertrand den 3nternationalis- mus nicht nur in seinen Organisationsformen, sondern ganz we sentlich als gedankliches System und geistige Haltung. Die inter nationale führe zu Krieg und Anarchie, zur Zerstörung völkischer Werte, der Charaktereigenheiten der Nationen. Demgegenüber forderte Bertrand, daß die Nationen stark sein sollten, um sich und ihr wertvolles Eigenleben behaupten zu können.- Er schloß mit einer Berufung aus Nietzsche, daß die beste Art, ein guter Deutscher — oder ein guter Franzose oder Engländer — zu sein, die sei, die Eigenschaften zu erwerben, die dem eigenen Volk mangelten. Auf diesen Vertreter des französischen Geistesleben fplgle ein maßgeblicher Vertreter des deutschen Volkscharakters: Friedrich Grimm, der In seiner bekannten schlichten und geraden Art über daS Thema „Hitler und Europa" sprach. Einleitend begrüßte er 3M lleberschwemmungsovler? Schanghai, 12. Juli. Die Ueberschwemmungen in dec Provinz Honan haben überall große Verluste an Menschen leben zur Folge gehabt. So befürchtet man, daß allein in der Stadt Penschischien 3999 Menschen in den Fluten um gekommen sind. Tausende von Einwohnern gelang es noch im letzten Augenblick, sich auf die Berge zu flüchten. Augen zeugen berichten, daß das Gebiet aus weile Strecken hin überschwemmt ist. Nur Vaumspitzeu und häuseralpfel ragen aus dem Wasser. Vie Stadt hueischin in Nord-Honan steht vollkommen unter Wasser. Auch hier sind zahlreiche Men schenleben zu beklagen. Im Gebiet des Nangtfeflusses haben sich zwischen Han kau und Itschang große Seen gebildet, aus denen einzelne Städte wie Inseln hervorragen. Auf die zum Teil gebor stenen Deiche haben sich Scharen von Flüchtlingen gerettet, deren Abtransport nach und nach erfolgt. In Dungyang am Hanfluß sind 800 Häuser eingestürzt. Ueberall werden fie berhaft Versuche zur Verstärkung der Deiche unternommen. Auf Befehl.Tschiangkaischeks ist Militär in das Katastro- phengebiet entsandt worden. es als «in günstiges Vorzeichen verständnisvoller Zusammenarbeit, -aß hier auf englischem Boden ein Franzose in seiner Mutter sprache und er selbst in deutscher Sprach« vor einem so aufnahme- freudigen Publikum zu vielen Nationen sprechen könnte. Mit bespannter Aufmerksamkeit lauschte -i« Zuhörerschaft Professor Grimm, als er -l« Problemstellung seines Vortrages -amit be gründete, -aß einerseits Adolf Hitler heute allgemein in der Welk, bei Freunden und Gegn«rn, als ein« für das Schicksal Europas entscheidende Persönlichkeit empfunden werde, daß andererseits das Problem Deutschland und Europa sich aus die Formel Hitler und Europa konzentrieren lasse, weil Hitler Deutschland sei. 3» kurzen und markanten Ausführungen gab Grimm einen ge schichtlichen Ueberblick über die 15 jährigen Leiden deS deutschen Volkes-seit Versailles. Er zeigte'seinen ausländischen Hörern, wie auf Grund -er verächtlichen Treibereien sogenannter deut scher Pazifisten -er Begriff Pazifismus In deutschen Augen habe gleichbedeutend mit Landesverrat werden müssen. Alsdann zeigte Grimm an Hand eines Ueberblickes über die Außenpolitik der na tionalsozialistischen Regierung mit besonderem Eingehen auf die Führung Adolf Hitlers in der Rüstungsfrage, -aß die Bemühun gen -es Führers um -en Frieden den wertvollen Beitrag d«r NachkrieAzeit für die Herstellung eines gesünderen und glück lichen Europas darstellten. Anknüpfend an die große Red« des Fahrers vom 21. Mai schloß Professor Grimm sein eindrucks volles Referat mit der Feststellung, daß Hitler mit seinen 13 Punkten da wieder angeknüpfk hat, wo Wilson mit seinen 14 Punkten kläglich gescheitert ist. Damit wachse die Mission des Führers über seine Aufgabe im Reich hinaus und werde zu einem europäischen Schicksalsfaktor. Hitler helfe,-jenen Frieden der Gerechtigkeit zu schaffen, der in Versailles nicht erreicht worden sei. Reicher Beifall dankte dem deutschen Redner. Wieder Erddede« i« Zavan London, 12. Juli. Nach hier eingegangenen Meldun gen wurde der Schisuoka-Vezirk, der 199 Meilen südwest lich von Tokio liegt, von einem schweren Erdbeben heim gesucht. Viele Gebäude sind eingestürzt. In der Stadt Schi- suoka brach ein Brand au», der jedoch durch das sofortige Eingreifen der Feuerwehren eingedämmt werden konnte. 23 Personen wurden getötet. Auch in Tokio wurde ein leichtes Erdbeben verspürt, das keinen größeren Schaden anrichtete. Im Erdbebengebiet sind sämtliche Lichtleitungen zer stört worden. Die Stadt Schisuoka, die 140 000 Einwohner hat, ist ohne Licht, desgleichen der benachbarte Ort Schimisu. Ein stares Polizeiaufgebot sowie ein Zerstörer sind unter wegs. Ferner werden sechs Militärflugzeuge in das Erd bebengebiet entsandt werden. Der Kaiser hat sich bereits Vortrag halten lassen. Er ordnete die Einleitung einer Hilfsaktion an. In Schimisu sind nach neueren Feststellun gen 55 Personen verwundet worden. 15 Häuser wurden zerstört. Schisuyka ist Sitz eines Oberpräsidiums. Die^ Stadt hat große Jndustriewerke, besonders Papierfabriken,' Spinnereien und Webereien. R MW jIMWWW IIM W »MWlll W Abschluß der Aussprache im Dunkel Als sich der Arbeiterabgeordnete Jones erhob, um die Aussprache im Namen der Opposition abzuschließen, ging plötzlich im ganzen Unterhaus das Licht aus. Minister und Abgeordnete waren in tiefes Dunkel gehüllt und Iones sagte: „Ich Hecke noch nie den Sprecher dringender um Licht gebeten . Er versuchte, seine Rede an die unsichtbare d Zuhörerschaft fortzusetzen, als ein Unterhausbeamter eine, Kerze brachte, um die Ministerbank zu erleuchten. Nach und nach wurden etwa ein Dutzend Kerzen aufgestellt, und die Aussprache im Halbdunkel fortgesetzt. AutzenpSlttik der Regierung vom Unterhaus gebilligt London, 12. 3uli. Zum Schluß der Unterhausansprache wurde über einen Antrag der Arbeileropposition, der sich gegen dir Po litik der Regierung richtete, abgestimmt. Die Regierung siegte mit 236 gegen 49 Stimmen. — Zahlreiche Abgeordnet« hatten ve- z«Hs vor der Abstimmung das Unterhaus verlaffen.