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l2. Forllehung.) Dietrich hatte sich loügcmacht und tvar mit einem kurzen „Ihr entschuldigt mich lvohl!" aus dem Zimmer gegangen. Mochten sie über ihn beschließen, was sie nun wollten. Mit Tante Alberta tonnte er nicht mehr zu sammen sein.. schlimm genug, das; er gezwungen gewesen war, bis jetzt von ihr etwas anznnehmen! Aber sich wie einen Bettler behandeln zu lassen — nein! Lieber hungerte er sich durch, als von Tante Alberta noch einen Pfennig anzunehmen. Das war damals der Anfang des Zerwürfnisses ge wesen. Und geendet hatte cs mit dem Bruch zwischen ihm und Jutta. Wie deutlich alles vor seinen Ange» stand! Als wäre es gestern gewesen, und lag doch schon Monate zurück. Er hatte nicht geglaubt, jemals noch nach Schloß Veltheim zu kommen. Und nun war er doch hier. Und drüben im Wohnzimmer saß Jmla. „Woran denken Sie denn, Herr Gras?" fragte Justiz rat Aiemann. Er hatte den stumm Hin- und Hergehendcn eine ganze Weile beobachtet. Das Gesicht mit dem völlig abwesenden Ausdruck zeigte ihm — Veltheim war mit seilten Gedanken überhaupt nicht hier. „Verzeihung, Herr Justizral — sagten Sie etwas? Ach so, ja! Wo waren wir doch? Jetzt weiß ich. Bei diesem rätselhaften Besuch Juttas bei Tante Alberta. — Wenn ich nur einen Zusammenhang zwischen Ihren Er zählungen nnd diesem unglückseligen Testament sande!" Justizrat Niemann lächelte fein. „Sollte der so schwer zu ergründen sein, Herr Gras? Ich denke mir die Geschichte so: Fräulein von Bergfcloe hat Ihrer Tante soviel Nettes von Ihnen erzählt, daß die ihre Ansicht über Sic gründlich revidiert hat. Ter Erfolg dieser Revision ist eben das Testament. Seien Sic doch nicht so töricht, Herr Graf. Erbe can Albertas zu werden nnd Herr auf Veltheim, das ist nicht zu verachten. Besonders, wenn man cs so schwer hat wic Tic. Ver zeihen Sic, Herr Graf, daß ich daran rühre. Aber Sic wissen ja, wie ich es mit Ihnen meine!" Dietrich Veltheim sah den alten Herrn freundlich an: „Das weiß ich ganz genau, Herr Jnstizrat! Und ich würde mich ja auch freuen, wenn nicht diese Mansel wäre. Wie kann Tante Alberta die Erbschaft davon abhängig machen, daß ich mich innerhalb eines Jahres verheirate?" „Vermutlich, weil sie selbst wünschte, daß das Ver- wursnts zwischen Ihnen und Fräulein von Bergseldc ! beigclegt wird." Veltheim wurde blaß: „Ach s o meinen Sie? Sagen Sic mal, Herr Justizrat: Hat meine Tante über diesen Punkt mit Ihnen ge- i sprachen?" Jnstizrat Niemann zögerte: „Das hat sie allerdings! Ich weiß nur nicht, ob ich ! das nicht als .vertraulich, behandeln soll." Veltheim war noch einen Schein blasser geworden. Er legte die Hände auf die Schultern des Justizrats. Ein Forschen und Bitten war in seinen Augen: „Herr Justizrät, Sie wissen, ich hasse große Worte. Wenn ich Ihnen jetzt sage, von der Beantwortung meiner Frage hängt mein Leben ab, dann können Sie mir glauben, cs ist so. Hat Tante Alberta mit Ihnen über Jutta und mich gesprochen? Ja oder nein?" „Ja!" „Hat sie Ihnen gesagt, wieso sic plötzlich ihren Sinn mir gegenüber geändert hat? Wer sie zu diesem Testament bestimmt hat?" „Frau Alberta gestand mir, daß sie durch Fräulein von Bergseldc Sie nun in einem anderen Licht sähe. Daß sic !eincn innigeren Wunsch hätte, als daß zwischen Ihnen and Fräulein Bergseldc alles wieder wie früher würde. Daß Sie Herr aus Schloß Veltheim würden —" „Und Jutta von Bergfelde Herrin ans Veltheim!" Dietrich sagte es schneidend. Es schwang eine solche Vcr- ! rchtung in diesen Worten, daß der alte Justizrat ganz I :rschrocken war. „-.Merdlngs, Hcrr Graf! Aber was befremdet Sic denn so daran?" Dietrich von Veltheim lachte hart aus: „Eigentlich sollte cs mich nicht betreffen. Herrgott, was > bin ich doch immer noch für ein Träumer! Für ein lächcr- : lichcr Tor! Ich kann und kann cs mir nicht abgcwöhncn, > au den Anstand der Menschen zu glauben." s „Ich begreife nicht, Herr Graf?" „Sic werden bald begreifen, Herr Justizrat, wenn ich ! Ihnen etwas sage, das auch ich als .absolut vertraulich' - zu behandeln bitte: Wissen Sic, warum die Verlobung s zwischen Jutta von Bergseldc und mir seincrzcit zurück- s ging?" „Kcine Ahnung, Herr Graf!" „Weil Fräulein von Bergfelde erwartet hatte, ich würde der Erbe Tante Albertas werden und ihr als meiner Frau einen glänzenden Platz in der Gesellschaft verschaffen. Als sic hörte, daß ich mich mit Tante Alberta überworfen > hatte, da war es plötzlich mit der leidenschaftlichen Liebe s meiner Halbkusinc Jutta zu mir aus. Wir hatten noch eine j Aussprache. Jutta verlangte von mir, ich sollte Tante > Alberta um Entschuldigung bitten, meine Zutunstspläne 's aussteckcn und mein Leben nach Tante Albertas Wünschen i richten. Tas mußte ich ablehnen. Da gab mir Jutta den ' Lauspaß. Einen armen Mann könnte sic nicht heiraten, - ' ' —i —cM-i-rn,—i-veemii, / erklärte sic mir. Sie wüßte selber zu genau, was Armur bedeutete. Sie wollte einmal sorglos leben — ihr Dasein genießen. Wenn ich so unvernünftig wäre, mich mit Tante Alberta zu überwerfen, müßte ich eben die Folgen tragen." Dietrich schwieg. Um seinen Mund war Qual der Er innerung. Behutsam fragte der alte Justizrat: „Sie haben an dieser Trennung von Fräulein von Bcrgfelde sehr gelitten, Herr Graf?" Dietrich nickte: , „Sprechcn^ir nicht davon, Herr Justizrat! Sie waren ja auch einmal jung und können sich vielleicht Vörstetten, was es heißt, wenn man zum ersten Male liebt und ent täuscht wird. Aber die Zeit hat mir geholfen. Six wissen ja, ich ging dann mit der Expedition des Professors Williams, des deutsch-amerikanischen Auslauschprofessors, auf Forschungsreisen. Die neuen Ersebnisse haben mir ge holfen. Vor allen Dingen aber mein Wille, mich von dem Kummer nicht unterkriegen zu lassen." „Und Sie haben in den zwei Jahren nichts mehr von Fräulein von Bergfelde gehört?" „Nichts, Herr. Justizrat, bis zum gestrigen Tage, der mich hierher führte. Ich habe Jutta überhaupt noch nichc einmal gesehen. Aber jetzt ist mir verschiedenes klar gc worden, und ich weiß das eine: diese Spekulation soll nicht gelingen! Einmal habe ich mich in Jutta getäuscht, jetzt soll sie sich in mir täuschen. Darf ich das Testament noch einmal sehen?" Schweigend reichte Justizral Niemann Vellhcim das Dokument herüber: „Mein Neffe Dietrich Veltheim wird mein Univcrsal- ! :rbe, fosern er innerhalb eines Jahres sich verheiratet", ! ms Dietrich von Veltheim halblaut. Eine scharfe Falte s stand in seiner Stirn. Justizrat Riemann beobachtete ihn schweigend. Jetzt hob Veltheim mit einem Ruck den Kopf. Sein Gesicht schien noch härter und kantiger zu werden: „Sic haben doch mit meiner Tante die Fassung des Dcstamcnts genau dnrchgcsprochcn, Herr Justizrat! Warum hat sic denn nicht hincingcschricben: Toscrn mein Neffe nncrhalb eines Jahres Jutta von Bergseldc § heiratet?" „Das hat sie lange überlegt, Hcrr Graf! Aber sic wollte l :s nicht. Es sollte nach außen hin nicht so aussehcn, als j ob diese Ehe unter dem Zwang Ihrer Tante entstanden > wäre. Fran Alberta tonnte ja auch auf keinen anderen ! Gedanken kommen', als daß nur Fräulein Jutta als Ihre j Frau in Frage käme." „Tas verstehe ich nicht, Hcrr Justizrat! Tante Alberta wußte doch ganz genau, daß zwischen Jutta von Bergseldc und mir alles aus war. Wieso konnte sic erwarten, daß rllcs wieder gut werden würde?" I l iFvrksehui'- fnlat.t IHM!» -- > " .' -7 > «»««MI