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— Veilage zur „WeiHeritz - 2 eilung" Nr. 175 Dienstag, am 30. Iuli 1035 101. Jahrgang Kurze Notizen Reichsminister Generaloberst von Blomberg hat sich zur Besichtigung des Segelschulschiffes „Gorch Fock^nach Flens burg begebest und wird an der Fahrt der „Gorch Fock" nach Travemünde teilnehmen. Anschließend wird sich General oberst von Blomberg zu Fahrten in der westlichen Ostsee für einige Zeit auf dem Flottentender „Hela" einschifsen. Wegen rassenschänderischen Verhaltens wurden in Mün chen, wie der Polizeipressebericht meldet, in den letzten Ta gen mehrere Juden und arische Mädchen in Schutzhaft ge nommen. Der bisherige Kriegskommandant von Kowno, Oberst Salad- zius, ist zum Führer des litauischen Hchützenverbandes ernannt worden. Der Schützenverband ist vor kurzem der litauischen Hee- ressllhrung unterstellt worden. 15 gutbewassnete Banditen überfielen den Tsingtau-Tsinan-' Zug, indem sie die Lokomotive und drei Personenwagen zur Ent gleisung brachten. Sie beschossen den Zug und verwundeten zwei Zugbeamte. Die Zugwache, die durch eine Warnung aus dein An griff vorbereitet war, schlug den Angriff nach kurzem Feuerge- lecht ab Ballankrisen Die schon seit langem unruhige Entwicklung der politi schen Dinge auf dem Balkan hat neuerdings ein noch leb hafteres Tempo angenommen. Die Ereignisse der jüngsten Zeit, insbesondere der unerwartete Regierungswechsel in Griechenland, die kritische Lage in Bulgarien, die partei politische Zuspitzung in Rumänien und nicht zuletzt die immer stärker zutage tretenden Auseinandersetzungen in Südslawien um die kroatische Frage, lassen deutlich erken nen, daß sich im südosteuropäischen Staatengebilde ein Gä rungsprozeß vollzieht, dessen Auswirkungen nicht nur die einzelnen Balkanmächte, sondern auch die übrigen Staaten Europas überraschend schnell vor schwerwiegende Entschei dungen stellen könnten. Die Kabinettskrise in Griechenland, die zum Rücktritt der Gesamtregierung geführt hat, spiegelt die Kämpfe wider, die im griechischen Volke um die Frage der künftigen Staatsform entbrannt sind. In den letzten Wochen wird von den Benizelisten und den anderen republikanischen Gruppen eine starke Agitation gegen die Wiederaufrichtung der Monarchie betrieben. Diese Strömungen werden auch von einem Teil des Offizierskorps namentlich in den Gar nisonen von Mazedonien und Thrazien und von jenen Offi zieren, die wegen ihrer Teilnahme an dem Venizelos-Aus stand im März ds. Js. aus dem Heer ausgestoßen wurden, unterstützt. Aber auch andere Kreise machen trotz des über wältigenden Sieges der Regierung Tsaldaris bei den letz ten Parlamentswahlen im Juni kein Hehl aus ihrer anti monarchischen Gesinnung, ja selbst dem zurückgetretenen Ka binett gehörten mehrere Minister von ausgesprochen repu blikanischer Richtung an. Durch das entschlossene Vorgehen des Kriegsministers Kondylis, der durch seinen Rücktritt das Ausscheiden der re publikanischen Minister erzwang, sind die durchaus nicht geringen Aussichten für die Restauration erheblich gestiegen, wenn auch die Opposition gegen die Rückkehr des Königs nicht unterschätzt werden darf. Bezeichnend ist, daß Mini sterpräsident Tsaldaris, der feinen Erholungsaufenthalt in Deutschland zu einer Zusammenkunft mit dem früheren König Georg von Griechenland benutzen will, nach wie vor an der streng neutralen Durchführung der für den Herbst festgesetzten Volksabstimmung über die Frage der künftigen Staatsform festhält. Dieser Standpunkt würde sich auch mit v- dem des Königs Georg begegnen, der dies in seiner in der europäischen Presse vielbeachteten Unterredung mit dem ' Athener Bürgermeister offen zum Ausdruck gebracht hat. Jedenfalls fordert die heutige Lage in Griechenland vor allem eine rasche Entscheidung, um das Land vor weiteren unheilvollen Auseinandersetzungen zu bewahren. Der böse Geist von Kreta und mit ihm seine Hintermänner warten nur In Paris auf den Ausbruch einer neuen Revolution. Der bulgarische Ministerpräsident Toscheff hat vor ein!- gen Tagen selbst erklärt, daß Bulgarien eine „Zeit schwerer Versuchungen, «ine Zeit politischer, wirtschaftlicher und aei- stiger Krisen durchlebe". Noch immer ist der Prozeß des Umbruches, der mit dem Staatsstreich vom 19. Mai vori gen Jahres eine Neue politische Aera einleitete, nicht in eine geregelte Bahn gekommen. Die jetzt erfolgte Landesver weisung des Obersten Weltscheff, des eigentlichen Organi sator» jene» historischen Umsturzes, und Vie Zwangspensio- niernngeiner großen Anzahl von höheren Offizieren weisen darauf Hin, daß die heutige Regierung Toscheff gegen starke innenpolitische Widerstände zu kämpfen hat. Außer der Ofsiziersliga. die den Sturz der Militärdiktatur nicht über- winden kann, sind es vor allem die Führer der alten Par teien, die sich gegen die autoritäre Regierung auflehnen, wo bei man es sogar an Versuchen nicht fehlen läßt, die Stel- lung der Krone zu erschüttern und wieder'Stimmung für Die republikanische Staatssorm zu machen. Wenn die Re gierung bei ihrem Antritt vor drei Monaten eine Normali sierung der Verhältnisse und eine neue Verfassung verhieß, iso zeigen ihre Maßnahmen in den letzten Tagen, wieviel Schwierigkeiten sie auf Ihrem Wege zu einer völligen Neu gestaltung der Grundlagen des innerstaatlichen Lebens zu überwinden hat. , „ . .. . . Jn RMNSNlen yät bl« angespannte Finaru- und Wirt- schaststage zu einer akuten Regierungskrise geführt. Im Ka- ltznett Tatakscu ist es zu ernst?» Auseinandersetzungen «st ' d>n Ministern für Ackerbau und Hand«! «kommen, so daß die Blutungen mit König Tarol in Sinas« über die Regle- «rungsumbilduna bereits m vollem Gan« sind. Reinliches Richtarier und Wehrdienst Die Zulassung nunmehr geregelt In einer gemeinsamen Verordnung des Retchsinnen- mid des Reichskriegsministers ist jetzt die Zulassung von Nichtariern zum aktiven Wehrdienst im einzelnen geregelt worden. Arischer Abstammung im Sinne des Wehrgesetzes ist, wer arischer Abstammung im Sinne des Beamtengesetzes ist. Die in der Beamtengesetzgebung vorgesehenen Ausnah men gelten für das Wehrgesetz nicht. Als nichtarisch gilr demnach, wer von nichtarischen, insbesondere jüdischen El tern oder Großeltern abstammt, wobei es genügt, wenn ein Grobelternteil nichtarisch ist. Die Verordnung bestimmt, daß Personen, deren beide Eltern jüdischen Blutes sind oder die drei jüdische Groh- elternteile haben, zum aktiven Wehrdienst nicht herangezo gen werden. Soweit sie wehrfähig sind, werden sie aus nahmslos der Ersahreserve II überwiesen. Ausnahmen nach 8 15 des Wehrgesehes können für solche Richtarier zugelas- sen werden, die nicht mehr als zwei voll nichtarische, ins besondere jüdische Grokelternteile baden. Die Musterung wird ohne Rücksicht aus die Rassen^ ugehörigkeit durchgeführt. Auch Nichtarier, aus die die Soraussetzungen der Ausnahmebestimmungen zutreffen, werden der Ersatzreserve II überwiesen, wenn sie nicht in nerhalb einer Frist von zwei Wochen nach dem Musterungs tag einen Antrag auf Heranziehung zum aktiven Wehrdienst dem „Prüfungsausschuß für die Zulassung zum aktiven Wehrdienst" einreichen. Der Antrag muß schriftlich an den Prüfungsausschuß gerichtet werden. Der Prüfungsaus schuß setzt sich aus einem höheren Verwaltungsbeamten als Vorsitzenden, einem Offizier und einem rassekundlich und erbbiologisch geschulten Amtsarzt zusammen. Der Antrag- steller muß persönlich vor dem Prüfungsausschuß erschei nen. Die Entscheidung lautet auf Zulassung zum Wehr dienst, aus Ablehnung des Antrages oder auf Aussetzung des Versahrens. Sie wird vom Vorsitzenden nach Anhö-i rung der Beisitzer getroffen. s Aufsehen erregen in der rumänischen Oesfentlichkeit die zahl reichen Verhaftungen von hohen Verwaltungsbeamten und bekannten Politikern wegen Deoisenschiebungen, und nicht zuletzt hat der plötzliche Rücktritt des Nationalbankpräsiden- tcn dazu beigetragen, daß sich Gerüchte um die Abwertunz des Lei bildeten, denen der Finanzminister Antonescu in einer Erklärung entgegenzutreten gezwungen war. Dazu vollzieht sich in der Parteipolitik des Landes eine Entwick lung, deren Auswirkungen auf die politische Gesamtgestal tung sich schon klar andeuten. Der Zusammenschluß der extrem-nationalistischen Parteien Gogas und Cuzas unter der Parole „Rumänien gehört den Rumänen", kündet nicht nur einen Kamps gegen die nationalen (auch deutschen) Min derheiten an, sondern verfolgt auch eine Revision der Ver fassung, wodurch das nationale und autoritäre Prinzip zur Herrschaft gelangen soll. Hervorzuheben ist ferner die Tat sache, daß die Kommunisten in Rumänien, die unmittelbar vor und nach der Wiederaufnahme der diplomatischen Be- Ziehungen mit Sowjetrußland ihre Agitation für einige Zeit eingestellt hatten, jetzt wieder in verstärktem Maße ihre Tä tigkeit ausgenommen haben. Wie die innerpolitischen Verhältnisse sich in Südslawien entwickeln werden, läßt sich noch keineswegs übersehen. Je denfalls haben die gewaltigen Kundgebungen, die sich an läßlich des 56. Geburtstages des Kroatenführers Dr. Mai schet in Agram abgespielt haben, die kroatische Frage in den Vordergrund des allgemeinen Interesses gerückt, wie es seit der Aufhebung der Vidovdan-Persassung und der Einfüh rung der Diktatur im Januar 1929 nicht mehr der Fall war. Die imposanten Feiern für Dr. Matschet, die entgegen ver schiedenen Pressemeldungen keineswegs zu ernsten Vorfäl len geführt haben, haben auch in Belgrad ihren Eindruck nicht verfehlt. Die Regierung Stojadinowitsch hat sich kürz lich im Parlament für einen „politischen Waffenstillstand" eingesetzt, um während dieses Burgfriedens in Ruhe und Muße die „politischen Gesetze", wie sie sagte, revidieren zu können. Wie weit die Revision, die Auflockerung der Dik tatur, angesichts der oppositionellen Haltung der Gruppe Ieftitsch und der trotzigen Abstinenzpolitik der vereinigten außerparlamentarischen Opposition Dr. Matschek-Davido- witsch erfolgen wird, kann erst die Zukunft zeigen. Die Auffassung, die der frühere Führer der serbischen demokra tischen Partei dieser Tage in einer öffentlichen Kundgebung aussprach, daß „Jugoslawien nur durch die Demokratie ge holfen werden kann", ist jedenfalls nicht in Einklang zu bringen mit der auch vom Prinzregenten Paul verfolgten Politik der Fortsetzung des großen Werkes des im Oktober vorigen Kabres in Marseille ermordeten Königs Alexander. MWeFrMeiten Vrolestaktion der empörten Bevölkerung. Berlin, 30. Juli. Am Donnerstag, den 11. Juli, ereignete sich in einem Zeltlager von Berliner Sommergästen am Großen Lychen- See folgender Vorfall: Einige Mitglieder des jüdischen Ru derklubs „Welle Poseidon, Berlin", welche zwischen den Deutschen ihre Zelte aufgeschlagen hatten, waren seit eini ger Zeit zu einer Plage des Lagers geworden. U. a. steck ten sie allabendlich trotz Verbots auf dieser kleinen Wald lichtung am See ihr Feuer an und sangen mitten auf dem Lagerplatz die zotigsten Lieder, so daß Eltern mit ihren Kindern es vorzogen fortzugehen. Al» der Stellvertreter de» Führer», Reichsminister keß, ml« seinem Boot in der Nähe de» Lagerplatzes vor- überfuhr, erlauben sich die Juden einige frecke Bemerkun gen, die heftige Erregung «nter den deutschen ZeNnach- barn hervorriefen. Diese benachrichtigten den Ortsgtuppen- leiter von Lychen und die Gaufchule kkurmark, hohen- lychen, die durch ein Kommando von PO.-Männern und HI -Führern die Juden zwang, da, Lager zu verlassen und nach Berlin zurückzufahren. . Am Sonnabend, den 20,. Juli, wurde d«r ISsährige Kameradschaftsführer der HI., Fritz Katz, der am Lehr- aang der Bauschule Hohenlvchen teilnimmt, von sechs Ju den aus einem einsamen Wege In der Nähe de» Strand bades angepöbelt und mit Stöcken angegriffen. Am glei- I chen Nachmittag wurden verschieden« PO.-Männer und j HJ.-Führer des Lehrgangs aus einem Auto heraus von Juden angepöbelt. Aus alle diese Vorfälle ist es zurückzusühren, daß in gemeinsamer Protestaktion die Bevölkerung Lychens ihre Stadt an allen Ecken mit Plakaten und Zetteln versah, durch welche die Juden energisch ausgesordert wurden, bi» zu einem festgesetzten Tag Lychen zu verlassen. Diese Auf forderung hat prompt gewirkt. BerhmiSltmgen über den Lina«»«» Die Kleine Entente wird unterrichtet. Rom, 30. Juli. Der französische Botschafter in Rom hatte eingehende Besprechungen mit den diplomatischen Vertretern der Klei nen Entente, um sie über die letzten französisch-italienische« Bemühungen zu unterrichten, die Verhandlungen über dein Donaupakt wieder in Gang zu bringen. Es verlautet, daß Frankreich und Italien sich geeinigt hätten, den Abschluß zweiseitiger Beistandspakte vor läufig nicht in Erwägung zu ziehen, um eine allgemeine Einigung über den Abschluß eines Donaupakte» zu er leichtern. Da gerade die Kleine Entente bisher auf den Abschluß der artiger Pakte ganz besonderes Gewicht gelegt hat, werden sich die Besprechungen zwischen Chambrun und den Ge sandten Belgrads, Bukarests und Prags hauptsächlich dar um gedreht haben, welchen Standpunkt die Kleine Entente zu den neuesten Donaupaktentwürfen einnehmen wird. Wie in unterrichteten Kreisen Roms verlautet, gehen die gegenwärtigen diplomatischen Bemühungen um den Donaupakt dahin, die in Stresa beschlossene Donaukon- ferenz bald zusammentreten zu lassen. In dieser Richtung werden eifrigst diplomatische Sondierungen vorgenommen, um die Standpunkte der an den Donaufragen interessierten Mächte einer eingehenden Vorprüfung zu unterziehen. E» wird nochmals ausdrücklich bestätigt, daß der Abschluß ge genseitiger Beistandspakte, die sogenannte „assistance mu- tuell«", in den gegenwärtigen Vorverhandlungen völlig bei seite gelassen wurde und nicht m den geplanten Donaupakt einbegriffen werden soll. -loch lei« Mm» I» Sollmd Eolijn wieder beauftrag». Den Haag, 30. Juli. . Königin Wilhelmina Hal den bisherigen Ministerpräsi denten und Führer der Antirevolutionären Partei, Dr. Lo- lijn, mit der Bildung einer außerparlamentarischen Regie rung auf möglichst breiter Grundlage betrau». Bereits am Sonnabendabend, nachdem der Vorsitzende der katholischen Kammerfrattion den ihm erteilten Auftrag zurückgegeben hatte, hatte die Königin noch den Führer der Christlich-Historischen Partei, den früheren Ministeroräsiden- ten Dr. de Geer, empfangen, um mit ihm eingehend die Möglichkeiten für eine durch Ihn zu bildende parlamenta rische oder außerparlamentarische Regierung zu besprechen. Dr. de Geer scheint hierbei jedoch die Ansicht ausgesprochen zu haben, daß die beste Lösung der Regierungskrise in einer Wiederberusung des Leiters der zurückgetretenen Regierung, zu erblicken sei. Man rechnet nunmehr damll, daß Dr. Lollju fei« bi«- herige» Kabinett, da» ja auch schon, formell genommen, keine parlamentarische Regierung darstellt«, einfach beibehal- ten und eventuell nur bei der Besetzung mehrerer Mini sterien Aenderungen vornehmen wird. «ehtSttm» derdritWU Niste Das Slottevbauptogramm für di, nächste« Men Jahre Der diplomatisch« Korrespondent dm .Baily Herold" behauptet in der Lage zu sein, den Baupltin der britisch«« Admiralität für die nächsten sieben Jabr« mitteilen zu wn.