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Der Partitur sind drei Abschnitte aus Lenaus fragmentarischer Dichtung „Don Juan“ vorangestellt. Es ist nicht ein „Programm* 4 , das der Tondichter sklavisch in Musik umsetzt, es gibt die Seelen lage des Helden an. die sich in der Musik widerspiegelt. Dies ist der Wortlaut der Verse: I. Don Juan (zu Diego): Den Zauberkreis, den unermeßlich weiten. Von vielfach reizend schönen Weiblichkeiten Möcht’ ich durchzieh’n im Sturme des Genusses. Am Mund der letzten sterben eines Kusses, O Freund, durch alle Räume möcht’ ich fliegen. Wo eine Schönheit blüht, hinknien vor jede, Und. war’s auch nur für Augenblicke, siegen. — II. Don Juan (zu Diego): Ich fliehe Überdruß und Lustermattung, Erhalte frisch im Dienste mich des Schönen, Die einzelne kränkend, schwärm’ ich für die Gattung. Der Odem einer Frau, heut Frühlingsduft. Drückt morgen mich vielleicht wie Kerkerluft. Wenn wechselnd ich mit meiner Liebe wandre Im weiten Kreis der schönen Frauen. Ist meine Lieb’ an jeder eine andre; Nicht aus Ruinen will ich Tempel bauen. Ja! Leidenschaft ist immer nur die neue: Sie läßt sich nicht von der zu jener hringen. Sie kann nur sterben hier, dort neu entspringen, Und kennt sie sich, so weiß sie nichts von Reue. Wie jede Schönheit einzig in der Welt, So ist es auch die Lieb’, der sie gefällt. Hinaus und fort nach immer neuen Siegen, Solang der Jugend Feuerpulse fliegen! III. Don Juan (zu Marcello): Es war ein schöner Sturm, der mich getrieben, Er hat vertobt, und Stille ist geblieben. Scheintot ist alles Wünschen, alles Hoffen; Vielleicht ein Blitz aus Höh’n. die ich verachtet, Hat tödlich meine Liebeskraft getroffen, Und plötzlich ward die Welt mir wüst, umnachtet; Vielleicht auch nicht; — der Brennstoff ist verzehrt, Und kalt und dunkel ward es auf dem Herd. „Mein Don Juan“, so sagte Lenau, „darf kein Weibern ewig nachjagender heiß blütiger Mensch sein. Es ist die Sehnsucht in ihm, ein Weib zu finden, welches ihm das inkarnierte Weibtum ist und ihm alle Weiber der Erde, die er denn doch nicht als Individuen besitzen kann, in der einen genießen macht. Weil er dieses taumelnd von der einen zur andern nicht findet, so ergreift ihn endlich der Ekel, und der ist der Teufel, der ihn holt.“ Von diesem Don Juan entwirft Strauß ein musikalisches Charakterbild. Nicht ohne auch die Kulissen anzudeuten, vor denen sich sein Leben abspielt. Er beginnt damit, uns seinen Helden vorzustellen. Ein feuriger Schwärmer, der das Leben bejaht, so sagt uns gleich das Thema der Einleitung, ein echt Straußsches Thema, das zugleich den Strauß Richard Strauß: Don Juan