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Kongreßsaal Deutsches Hygienemuseum - Dresden Spielzeit 1961/62 Donnerstag, den 26. April 1962, 19.30 Uhr Freitag, den 27. April 1962, 19.30 Uhr net 1 afnianie Leitung: Nationalpreisträger Prof. Heinz Bongartj Solistin: Natalia Karp, London, Klavier Günter Kochan: geb. 1930 Sinfonietta 1960 Ballade Capriccio Elegie Finale; Allegro molto Friedrich Chopin: Konzert für Klavier und Orchester e-moll 1810-1849 Allegro maestoso Op. 11 Romanze (Larghetto) Rondo: Vivace P A U S E Peter Tschaikowski: Ouvertüre-Fantasie »Romeo und Julia« 1840-1893 Richard Strauß: Till Eulenspiegels lustige Streiche 1864-1949 (Nach alter Schelmenweise in Rondoform) op. 28 Preis DM -.20 Die Bedeutung Frederic Chopins für die Entwicklung des Klavierstils und Klavierspiels ist heute allgemein anerkannt. Selbst ein Virtuose von allerhöchstem Rang, hat er dem Klavier Seiten abgewonnen, die für seine Zeit völlig neu waren und ohne die die moderne Pianistik nicht mehr zu denken ist Seine Werke, die er ausschließlich für das Klavier geschrieben hat, zählen zum bedeutendsten Musikgut der Romantik. Das Virtuose steht bei ihm stets im Dienste eines gewählten, empfindsamen Geschmadcs; ein vielseitiger, beschwingter Rhythmus und ein großer Reichtum an melodischen Passagen und Arabesken verleihen seinen poesievollen Schöpfungen, in denen Leidenschaft und Melancholie oft wundersam gepaart sind, einen durchaus eigenen Charakter. Dies gilt vor allem für seine zahlreichen, vielgespielten Solostücke. Aber auch die beiden Klavierkonzerte in e-moll und in f-moll tragen diese Züge ver feinerter romantischer Klavierkunst, wobei es auffällt, daß das Orchester sich kaum über die Rolle eines begleitenden Faktors erhebt, und die Tuttisätje kaum mehr als Zwischen spiele sind. Das e-moll-Konzert op. 11 wird, da es zuerst veröffentlicht worden ist (1833), als »erstes« •eichnet; es ist jedoch erst nach dem in f-moll entstanden, das Chopin erst später 56) als op. 21 zum Druck gegeben hat. Der erste Satj wird von einem kraftvollen Thema eröffnet. Elegisch und von sanfter Melancholie ist eine Überleitungsgruppe, während das zweite Thema von Leidenschaft und Innigkeit erfüllt ist. Dieses Themenmaterial überdeckt Chopin in der oben bereits gekennzeichneten Art mit einem feinnervigen pianistischen Schmuckwerk und schafft so überaus reizvolle Klangbilder. Der zweite Satj ist eine Romanze von zartem melodischen Gepräge und verträumter Innigkeit - eines der anmutigsten lyrischen Stücke dieses Meisters, das nach seinen eigenen Worten mit dem Schimmer romantischer Mondschein poesie umkleidet ist. Der letjte Saß, ein Rondo von virtuoser Eleganz und eleganter Virtuosität, schließt das Konzert mit Bravourpassagen wirkungsvoll ab. Creuzburg Günther Kochan gehört zu den profiliertesten Vertretern unserer jungen Komponisten generation. Nach seinem Studium an der Musikhochschule Berlin-Charlottenburg, wo unter anderem Konrad Friedrich Noetel, Hermann Wunsch und Boris Blacher seine Lehrer waren, arbeitete Kochan am Berliner Rundfunk in der Abteilung »Unser Lied - Unser Leben«. Zur gleichen Zeit wechselte er zur Komponistenklasse Hanns Eislers an der Deutschen Hochschule für Musik in Berlin über und wurde als 20jähriger an dieses Institut als Dozent verpflichtet, wo er heute noch arbeitet, Harmonielehre und Kompo sition unterrichtet. Sein Violinkonzert machte 1952 den Komponisten überall bekannt. E^schrieb außerdem oft gesungene Massenlieder, Kantaten, Bühnenmusiken, Klavier- ^Bik und Lieder. Sein von der Dresdner Philharmonie uraufgeführtes Klavierkonzert genört zu den erfolgreichsten konzertanten Werken unserer Republik, und die zum 90. Ge burtstag des gleichen Dresdner Orchesters komponierte »Sinfonietta« scheint den gleichen einhelligen Widerhall zu finden. Günther Kochan bekennt sich mit diesem heiteren Werk zu den Traditionen unserer klassischen Musik, tut das aber in einer so eigenge prägten Sprache, daß man meinen könne, Kochan habe damit »seinen« Stil gefunden. Die Sinfonietta ist ein konzentriert geformtes und technisch gekonntes Werk, einfallsreich empfunden, virtuos instrumentiert, musikantisch durchpulst (es gibt keinen toten Punkt), stilistisch erfreulich eigenständig (endlich Musik, die nicht bereits tausendmal Gesagtes wiederholt!), pointiert und in jeder Note von Leben erfüllt. Weiterhin sind typisch für Kochans Musik: der musikantische Musiziertrieb und die spontane Freude an prägnanter Melodik. Kochan grübelt nicht, geht aller grauen Theorie aus dem Wege und ist mit Erfolg um Heiterkeit, Frohsinn, aber auch Witz und Parodie bemüht. Ein echtes Werk unserer Zeit und Gegenwart.