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»Udfch«»e«sLebatt- im «etch-tag. In gestriger (112.) Sitzung des Reichstage» wurde die verathuug de» Bürgerlichen Gesetzbuchs bei 8 819 und 819,, betreffend den Wildschaden, fortgesetzt. Nach der Regierungs vorlage soll der durch Schwarz-, Elch-, Roth-, Dam- und Reh wild verursachte Schaden durch den Jagdberechtigten ersetzt wer den. Die Kommission hat auch den durch Hasen und Fasanen verursachten Schaden ersatzpflichtig gemacht und außerdem den 8 819» hinzugefügt, welcher den durch wechselnden Stand des Schwarz- und Rothwtlde» verursachten Schaden regelt. Abg. Pauli (Rp.) befürwortet einen von ihm und dem Abg. Frhrn. v. Stumm gestellten Antrag, diese Bestimmungen zu streichen und die Regel ung der Wildschadenersatzfrage den Einzelstaaten zu überlassen. Red ner verweist besonder» auf den zu erwartenden Rückgang der Jagd pachten und den Schaden, den dadurch kleinere Gemeinden erleiden würden. Abg. Lenzmann u. Gen. beantragen über den §819» namentliche Abstimmung. Abg. Graf Mirbach (k.) beantragt ebenfalls, die 88 819 und 819» zu streichen, da durch die Be schlüsse der Kommission das bestehende Recht ignorirt und der Grundsatz des Bürgerlichen Gesetzbuchs, nur zu kodifiziren, verletzt werde. Durch die Regreßpflicht des Jagdpächters werde der et waige Nutzen, den er durch die Jagd habe, mehr als ausgewogen. Abg. Gröber (Z.) vertritt den Standpunkt der Kommission. Ueber die Wildschadenfrage sei so oft in den Einzellandtagen ver handelt worden, daß sich kaum etwas Neues sagen lasse. Hier handle es sich um den Unterschied zwischen Arbeit und Vergnügen, um den Schutz des Eigenthums gegen den Schaden durch Wild. Die preußische Regierung habe im preußischen Landtag erklärt, diese Frage müsse im Bürgerlichen Gesetzbuch eine einheitliche Lösung erfahren. Das Zentrum bleibe bei dieser Ansicht bestehen. Der durch Hasen verursachte Schaden sei keineswegs unerheblich und müsse ersatzpflichtig gemacht werdens Landwirthschaftsminister Freiherr v. Hammerstein giebt einen Rückblick auf die Entwicklung der Jagdgesetzgebung und der Wildhegung, die, streng genommen, in das Gebiet der landesrechtlichen Gesetzgebung ge hörten. Es seien doch nicht alle Thiere des Waldes einfach als schädlich anzusehen, die meisten seien den Forsten absolut nützlich, sogar unter Umständen das Wildschwein. Es müsse eben die rich tige Mitte gehalten werden; der Wildstand dürfe einerseits nicht überhand nehmen, andererseits nicht ausgerottet werden. Bezüglich der von der Kommission vorgeschlagenen 88 819 und 819 » des Bürgerlichen Gesetzbuches müsse er sagen, daß der Schaden der Fasanen keine so große Rolle spiele, weil Fasanerieen sich meist auf einem Großgrundbesitz befänden. Eine prinzipielle Bedeutung könne er der Frage nicht beilegen. Anders liege die Sache bezüglich der Hasen. Hier sei der Schaden theils unbedeutend, theils im Winter und an einzelnen Orten sehr beträchtlich, oft schlimmer als der durch Hirsche und Rehe verursachte. Aber hier hätten doch auch die Besitzer von Pflanzungen und Baumschulen entschieden die Pflicht, diese selbst zu schützen. Unterließen sie dies, so könnten sie jeden falls einen Schadenersatz nicht beanspruchen. Durch eine einzige Baumschule könne eine Jagd werthlos und unverpachtbar werden. In Hannover habe der Provinziallandtag mit Recht gegen solche Auswüchse der Wildschadengcsetzgebung Front gemacht, durch welche in erster Linie der kleinere Grundbesitzer geschädigt werde. Er bitte, es bei der Regierungsvorlage zu belassen, wenn es schon nicht möglich sei, die Wildschadenfrage ganz aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch herauszulassen. (Beifall rechts.) (Während dieser Rede ist der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe im Saale er schienen.) Abg. Frhr. v. Gültlingen (Rp.) befürwortet den von ihm gestellten Antrag, die Bestimmung über die Ersatzpflicht des durch Hasen verursachten Schadens zu streichen. Abg. Lenzmann: Die freisinnige Volkspartei habe namentliche Abstimmung bean tragt, um dem Lande zu beweisen, wo die wahren Freunde der kleinen Grundbesitzer säßen. Er freue sich, daß das Zentrum nicht wieder das Hasenpanier zu ergreifen scheine. Die Materie gehöre mit vollem Recht in das Bürgerliche Gesetzbuch. Die Kommissionsbeschlüsse bedeuteten sowohl eine wesentliche Verbesserung der Regierungsvorlage, als auch des preußischen Wildschadenge setzes. Abg. Frhr. v. Manteuffel (k.): Der Vorredner habe in keiner Weise bewiesen, daß die Kommissionsbeschlüsse den kleinen Grundbesitzern nützen würden, im Gegentheil würden die Land gemeinden durch den Rückgang der Jagdpachten schwer geschädigt werden und einen großen Theil ihrer Einnahmen verlieren. Wie wolle man feststellen daß der Schaden an Bäumen thatsächlich von den Hasen herrühre? Die Mäuse thäten weit mehr Scha den, als die Hasen, vielleicht schaffe man noch einen 8 819k, der den Mäuseschaden behandle. — Auch der Abg. Gröber habe eine große Unkenntniß über die Natur des Hasen an den Tag gelegt, er halte ihn für ein zu boshaftes Thier. Man möge doch den Ausführungen der Praktiker folgen, dem Grafen von Mirbach, dem Herrn Landwirthschaftsminister, und nicht solche Theorien verfechten, wie die Abg. Gröber und Lenzmann. Diese Be stimmungen gehörten nicht in das Bürgerliche Gesetzbuch. Bei Schluß des Blattes erhält Abg. Frohme (Soz.) das Wort und weist darauf hin, daß diese Frage eine so erregte Debatte Her vorrufe, während weit wichtigere Bestimmungen ohne Debatte an genommen worden seien. Oberforstmeister v. Dankelmann wen det sich gegen die Kommissionsbeschlüsse und führt zunächst aus, daß es sich bei der Hasenjagd keineswegs um noble Passionen der Begüterten handle, denn die Hasenjagd werde von Leuten aus allen Ständen ausgeübt. Die seiner Zeit in Hessen für den durch Hasen verursachten Schaden cingeführtc Ersatzpflicht habe zu großen Scherereien und Chikanen geführt. Durch die Be schlüsse der Kommission würde die Hasenjagd ruinirt werden und das würde ein wirthschaftlicher Schaden sein. Die Ersatzpflicht sei eine Prämie auf eine schlechte Wirthschaft. Wer eine werth- volle Baumschule nicht eingattere, begehe eine unverantwortliche Sorglosigkeit. Die Negreßpflicht sei ein legislatorisches Blend werk, verspreche sehr viel und leiste nichts. Am entschiedensten trat der Abg. Stein für die conservativen Anträge ein, indem er drohte, daß seine Freunde nicht in der zur Wciterberathung des Gesetzbuches erforderlichen Anzahl bleiben würden, wenn man ihren Wünschen nicht stattgebc. Der freisinnige Abgeordnete Rickert benutzte diese Aeußerung zu einer scharfen Kritik der Haltung der Conservativen. Der Centrumsführer Abg. Lieber gab im Namen des größeren Theiles des Centrums die Erklärung ab, daß sie an der Hasen- frage das große nationale Werk nicht scheitern lassen wollten. Auch der nationallib. Abg. v. Bennigsen wies darauf hin, daß die Bestim mungen nicht so wichtig seien, daß man hartnäckig daran festhalten müsse. Der Pole v. Dziembowski-Pomian war gleichfalls bereit, auf die Regreßpflicht für Hasenschaden zu verzichten. Der Abg. Richter (freis. Vp.) kennzeichnete die Drohung der Conservativen als eine Gefahr für das ganze parlamentarische Leben. Das Centrum opfere feine Ueberzeugung aus taktischen Gründen. Es handele sich gar nicht um das Zustandekommen des Gesetzes, sondern da- rum, ob das Gesetz jetzt oder im Herbst verabschiedet wird. Der Abg. Lieber habe schließlich das nationale Banner anfgcpflanzt, e» sei aber nur ein Hasenpanier gewesen. Abg. Frhr. v. Hoden- >erg (Welfe) befürwortet die EommissionSbeschlüsse. Hierauf wird in namentlicher Abstimmung mit 178 gegen 69 Stimmen bei sünf Stimmenthaltungen der Antrag Gültlingen angenommen, >e»gl. wird 8 819 in der Commissionsfassung unter Weglassung der Worte „durch Hasen* angenommen. Der 8 819» wird ab- gelehnt. Einige Bestimmungen de» Einführungsgesetzes werden auf Antrag Spahn abgelehnt und sodann die Weiterberathung auf Mittwoch 11 Uhr vertagt. Tagesgefchichte. Deutschland. Berlin, 23. Juni. Mehrere Abendblätter melden: In der Lippeschen Erbfolgefrage steht die Einsetzung eines Schiedsge richt» bevor, worin das fürstliche und das richterliche Element vereinigt sein wird. Das Schiedsgericht werde aus dem König von Sachsen als Vorsitzendem und einer Anzahl Mitglieder des Reichsgerichts bestehen. Hamburg, 23. Juni. Der Vizekönig Li-Hung-Tschang traf gegen 1 Uhr auf dem Dammthorbahnhof ein, woselbst er in dem festlich geschmückten Empfangsraum vou den Senatoren Hoch mann, Burchard und Predöhl empfangen wurde. Nach kurzer Erwiderung auf die begrüßenden Worte begab Li-Hung-Tschang mit dem Senator Hochmann, dem Oberst Liebert und dem Dr. Detring sich zu Wagen nach dem „Hamburger Hofe". Nach einem dort eingenommenen Frühstück stattete der Vizekönig den Bürgermeistern Dr. Moenckeberg und Dr. VerSmann Besuche ab, welche dieselben alsbald erwiderten. Kiel, 20. Juni. Der „Meteor" erlitt bei der heutigen Regatta Havarie, indem der Bolzen zum Halten der Großschoote platzte. Man wandte sich sofort telegraphisch an die Schiffswerft in Glasgow behufs Reparatur. Die morgige Regatta wird der „Meteor" nicht mitsegeln, da zur Travemünder Regatta voraus sichtlich Tag und Nacht gearbeitet werden muß, um den „Meteor" wieder segelfertig zu machen. Ki el, 23. Juni. Zu der Botschaft vom Tode der Kaiserin- Mutter von China, der alle Festlichkeiten für die zur Zeit Europa bereisende außerordentliche chinesische Botschaft unterbrochen hätte, traf soeben auf Anfrage ein offizielles Telegramm von Peking ein, wonach nicht die Kaiserin-Exregentin, sondern die leibliche Mutter des Kaisers von China gestorben ist. Frankreich. Paris, 23. Juni. Der Ministerrath beschloß die Absetz ung des vor kurzem ernannten Präfekten des Departements Bouche du NHSne, Cleiftie. Derselbe hat eine sozialistische und antigou- vernementale Ansprache des Maire von Marseille dankend beant wortet. Ruhland. Petersburg, 19. Juni. Erst nachträglich wird bekannt, daß am Krönungs- und an den folgenden Festtagen nicht allein in Petersburg, sondern auch an verschiedenen Stellen im Innern Rußlands recht rohe tumultuarische Sccnen vorgekommen und, was die Sache noch häßlicher macht, das Volk mit ganz be stimmten Hinweise auf „das ja doch Gnade gewährende Krönungs manifest" diese Tumulte begonnen habe. Besonders bezeichnend in dieser Beziehung ist eine Mittheilung aus Koslow. Ange trunkene Volkshaufen riefen dort aus Privathäusern die Haus herrn heraus, verlangten Geld von ihnen und drohten im Wei gerungsfälle mit Zerstörung des Hauses und TödtUng der Ein wohner. Mehrere ängstliche Hausbesitzer ließen sich auch wirklich einschüchtcrn und zahlten; andere dagegen ließen sich nicht beirren und wiesen die Unverschämten ab. Am besten verstand es da selbst ein Herr G—w, mit der betrunkenen Bande fertig zu wer den. Als sie sich ihm mit den Worten nahten: „Gieb uns Geld, sonst tragen wir dein Haus ab und schlagen dich todt", hielt er ihnen zuerst in ruhig klaren Worten die gesetzlichen Strafen vor, welche sie dadurch auf sich ziehen würden. Da kam er aber bei seinen Bedrängern schön an. „Er wisse wohl nichts von dem Krönungsmanifest", erwiderten sie ihm, „durch welches alle Vergehen und Verbrechen verziehen würden?" — „Gewiß weiß ich davon, donnerte sie nunmehr Herr G—w an, „und dieses Manifest sichert auch mir Gnade zu, wenn ich jetzt ein paar von euch Hallunken nicdcrschieße." Und im selben Moment riß er einen bereit gehaltenen Revolver aus der Tasche und rich tete ihn auf die Hauptschreier! Diese ihnen ganz neue Manifest auslegung nebst dem schußbereiten Revolver machte einen der artigen Eindruck auf das Gesindel, daß sie sofort Fersengeld gaben und das Feld ihrer Thätigkeit in andere Straßen verlegten. Dort haben sie denn auch manchen bösen Unfug verübt, schlugen den Männern die Mützen vom Kopf und vergriffen sich in em pörendster Art an Frauen und Mädchen. Wo die Polizei wäh rend dieser Scencn war und warum die männliche Bevölkerung nicht selbst der betrunkenen Rotte Einhalt gebot, wird nicht gesagt. Griechenland. — Ans Athen wird gemeldet: Gegen achttausend Flücht linge aus den Provinzen Kanea und Kissamo, Weiber, Greise und Kinder, sind auf der Halbinsel Spatha zusammengehäuft und es verlautet, daß ihre Zahl noch größer werden wird. Es herrscht großes Elend und Mangel an Lebensmitteln. Bisher waren die Flüchtlinge größtentheils bei dem Kloster Gonia, dicht amMecrcs- strande, versammelt, aber bei Annäherung der gemeldeten türkischen Expeditton nach Bukolis flüchteten sie ins Gebirge hinauf. Von dort sandten sie Boten nach Kanea mit der Bitte um Erlaubniß, nach Kanea ziehen oder nach Griechenland auswandern zu dürfen. Beides wurde von den türkischen Behörden verboten. Die Be hörde schickte ihnen dreißig Säcke Mehl, die aber mit Entrüstung zurückgewiesen wurden. Selbst in Kanea werden über tausend Personen vom Bischof ernährt. Schon im Interesse der Mensch lichkeit müßten die Großmächte auf freien Abzug für alle Flücht linge bei der Pforte dringen. Die Türken wollen diese Wehr losen als Geisel für die Aufständischen in der Hand haben, doch ist damit der kretensische Aufstand kaum zu unterdrücken, es wird nur unnöthiges Blutvergießen hervorgerufen. Die Türken in Kanea haben die Thüren aller Christenhäuser mit einem rothcn Kreuz bezeichnet, selbst das österreichische Postgebäude. Der öster reichisch-ungarische Konsul richtete einen energischen Protest an Abdullah Pascha, doch blieb dieser bis jetzt ohne Erfolg. Dieses Kennzeichen der Häuser wird als Vorbereitung zu einer neuen Bartholomäusnacht befürchtet. — Dreitausend Mann türkischer Truppen sind gestern von Smyrna nach Saloniki abgegangen, wahrscheinlich um die Besatzungen in Makedonien zu verstärken, da diese durch Entsendungen nach Kreta sehr geschwächt sind. Großer Eifer herrscht auch bei der Verstärkung der türkischen Truppe an der griechischen Grenze. Türkei. — Es wurde bereits seit einiger Zeit die Befürchtung aus gesprochen, daß die Unruhen in Armenien sich wiederholen könnten. Nicht nur in Konstantinopel und de» Städten an dem Südufer de« Schwarzen Meeres waren sichtbare Zeichen der Erregung so wohl unter den Türken wie den Armeniern, bemerkbar; auch die spärlichen vertrauenSwerthen Nachrichten, die aus den BtlajetS Erzerum, Wan, Bitli», Dtarbekir, Mamuret-ül - Aziz (Charput) Aleppo kamen, ließen eine Erneuerung der Metzeleien vorher sehen. Schakir Pascha, der Ober-Gouverneur der sechs Reform provinzen, hatte im Mai eine JnspeetionSreise angetreten, um durch seine Gegenwart beruhigend auf beide Theile zu wirken. Thatsache ist, daß er den Armeniern mehr Vertrauen einflößt, al» den Mohammedanern, die ihm, wegen seiner europäischen Lebensführung — seine Gemahlin ist eine Polin — den Bei namen „Gjaur Pascha" gegeben haben. Mit demselben Bei namen wurde auch Rauf Pascha, der kluge und thatkräftige Ge neral-Gouverneur von Erzerum, trotz seines streng mohammedan ischen Lebenswandels beehrt. Während nun Schakir Pascha mit seinem Stabe, den durchaus tüchtigen Beiräthen Danisch Bey und Hassiv Bey, noch auf der Reise ist, kommt die Meldung von blutigen Zusammenstößen in der Stadt Wan, die bisher daick der guten Haltung deS Wali von dem Unglück des Vorjahres ver schont geblieben war. Die amtlichen türkischen Nachrichten geben zu, daß auf beiden Seiten gegen 50 Mann gefallen sind; d. h. daß in Wirklichkeit die Zahl der armenischen Opfer kaum unter 500 betragen wird. Die Stadt war noch angefüllt mit Flücht lingen aus der Umgegend. Die in der Nähe hausenden Kurden stämme der Hakkiari, Selan und Haideran sind, wie überhaupt die Kurden des Vilajets Wan, besonders gefürchtet. Die Hami- dieh-Organisation der kurdischen Reitervölker hatte hier als Ordnung haltende Kraft völlig versagt. Die kurdischen „Regimenter" hatten unter Führung ihrer „Commandeure" wie im Feindesland gehaust. Dennoch war Wan bis jetzt das Vilajet geblieben, das im Ver- hältniß wenig gelitten hatte. Das Gleichgewicht scheint nun her gestellt werden zu sollen. Saadeddin Pascha, der commandirende Officier jener Gegend, ist ein Vertrauensmann von Jildiz Kiosk, ein schneidiger thatkräftiger Mann, dem cs besonders leicht wer den sollte, Türken und Kurden im Zaum zu halten. Wans Armenier gelten als nicht friedfertig, Hunderte von ihnen sind frühere Hamals (Lastträger) von Konstantinopel, Leute von unge heurer Muskelkraft. In der Altstadt kleben die Häuser in winke ligen Gassen auf- und nebeneinander, in der Gartenvorstadt Bag- lar stehen sie frei inmitten dichter von Lehmmauern umgebener Gärten. Daß die Armenier über eine erhebliche Anzahl von Waffen verfügt hätten, ist nicht anzunehmen. Ebenso ist es un wahrscheinlich, daß die Truppen ohne sehr weitgehende Duldung ihrer Führer sich Ausschreitungen erlaubt haben sollten. Die neu lich in Konstantinopel gehängten drei Armenier hat vielleicht eine gerechte Strafe ereilt; man muß sich aber fragen, wie die Türkei, die nicht müde wird, Gleichheit der Rechte und der Pflichten aller ihrer Bürger in schönen Worten kund zu thun, es verantworten will, daß nicht ein einziger Muselman wegen der armenischen Metzeleien daneben gehängt wurde. Konsta ntino pel, 23. Juni. Der Aufstand in Hauran nimmt ernstere Dimensionen an als im Vorjahre. Die Truppen wurden an allen Punkten geschlagen. Ganze größere Truppen- abthcilungen wurden vielfach vollständig aufgericben. Konstantinopel, 23. Juni. Der Präsident der euro päischen Jnspektionskommission Hakki-Bey wurde zum Adjunkten des Wali von Kreta ernannt. Serbien. Belgrad, 23. Juni. Nach Meldungen aus Kamenika machten 6 Räuber einen Mordversuch auf einen serbischen Lehrer und mißhandelten sodann mit ihren Messern zwei alt-serbische Geistliche in ihren Wohnungen. An dem Aufkommen der Miß handelten wird gezweifelt. In Kaplanowa, 3 Stunden von Uesküb, wurde Ali Beg aus Veles (Köprülü) von unbekannten Angreifern getödtet und der Vorleser Kaimakam verwundet. Persteu. — Im „KaSpi" in Tiflis befinden sich nachstehende Mitthcilungen eines Berichterstatters in Teheran: „Der Mörder des Schahs Nassr-cd-din wird im Palast ge fangen gehalten und weigert sich kategorisch, irgend welche Aus sagen zu machen, er scheint überzeugt zu sein, daß er ein gutes Werk gethan. Gegen Nassr-cd-din persönlich hatte er nichts; fragt man ihn, warum er nicht statt des Schahs einen Würden träger ermordet habe, so antwortet er, einen Baum, an dem schädliche Früchte reifen, müsse man an der Wurzel umhauen. Nach der Ermordung des Schahs entstand unter den Truppen eine Gährung, weil ihnen M/, Jahre lang kein Heller Sold gezahlt worden war. Wie sich erwies, waren die erforderlichen Summen rechtzeitig aus der Kasse des Schahs angewiesen worden, doch aus irgend einem Grunde hatte der Regimentskommandeur diese ein halbes Jahr lang bei sich behalten und darauf der Militär- rcntmeister — ein Jahr lang! — Der neue Schah soll folgende Maßnahmen in sein Regierungsprogramm ausgenommen haben: Einstellung der Verfolgung der Sektirer, unter welchen die Babis (mehrere Millionen) die wichtigsten sind; die gutgesinnte Bevöl kerung um ihre Unterstützung bei der Vertreibung der Rebellen aus Persien anzugehen; die Verwendung der enormen Summen, welche die Gouverneure dem verstorbenen Schah gezahlt haben, für die Bedürfnisse des Volkes, radikale Reformen im Kriegs ministerium und Verbot des Stellen- und Ordensschachers. Der Berichterstatter meint, auf die Entschließungen des Schahs können die vor seinem Eintreffen in Teheran umgehenden Gerüchte ein gewirkt haben. Es hieß, bei seiner Abreise nach der Hauptstadt wollten Schaarcn von Weibern (gegen die der Koran die An wendung von Gewalt und Waffen untersagt), unter ihnen auch verkleidete Männer, dem Schah den Weg verlegen und ihn nicht aus Täbris lassen, bevor er nicht schriftlich in verschiedene Ver günstigungen willige. Seine Umgebung rieth ihm daher, nicht zur festgesetzten Stunde abzureisen und einen geschlossenen Wagen zu benutzen; der Schah folgte jedoch dem Rath nicht und fuhr im offenen Wagen langsam aus Täbris. Allerdings hatten sich Weiber angesammelt, die ihn aber begeistert begrüßten. Aus Sachsen. Seit dem 21. Juni tagt zu Olbernhau die 41. Versamm lung des Sächsischen Forstvereins. Gegen 100 Mitglieder hatten sich am Sonntag Abend zur Begrüßung im Hotel Windisch ein- gefunden, die in angeregtester Weise verlief. Die Verhandlungen wurden am Montag früh durch Herrn Oberforstmeister Täger in dem festlich geschmückten Saale der Gerichtsschänke durch Begrüßung der Versammlung eröffnet. Herr Rechtsanwalt Gessing rief dem Vereine Namens des Ortes ein herzliches Willkommen zu und be tonte, daß gerade Olbernhau infolge seiner Lage und Industrie der grünen Farbe besondere Sympathien entgegenbringe. Die Ver treter des schlesisch-böhmischen und mährisch-schlesischen Forstvereins brachten freundnachbarliche Grüße ihre Vereine. Das erste Thema: „Der forstliche Betriebsunfall" wnrde durch Herrn Forstassessor