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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEüM Sonnabend, 23. September 1961, 19.30 Uhr Sonntag, 24. September 1961, 19.30 Uhr 1. Philharmonisches Konzert DIRIGENT Prof. Heinz Bongartz SOLISTIN Eva Ander, Dresden CARL MARIA VON WEBER 1786—1826 (zum 175. Geburtstag) Ouvertüre zur Oper „Oberon“ Allegro Adagio Presto Konzert für Klavier und Orchester C-Dur, op. 11 ANTON BRUCKNER 1824—1896 7. Sinfonie E-Dur Allegro moderato Adagio Scherzo (sehr schnell) Finale (bewegt, doch nicht schnell) EVA ANDER Zur Einführung Die wenigsten Musikfreunde wissen, daß Weber ein hervorragender Pianist gewesen ist. Der Würzburger Klaviervirtuose und spätere fromme Kanonikus Johann Franz Xaver Sterkel erklärte 1815 Weber „für den größten Klavierspieler, den er gehört habe“. Ein Freund Carl Maria von Webers, der Berliner Zoologe Heinrich Lichten stein, Vorstandsmitglied der Singakademie, malte in seinen Erinnerungen ein Bild vom Klaviervirtuosen Weber: „Auf ein Lied von Haydn entwickelte Weber eine dreistimmige Fuge im Charakter, in der poetischen Grundstimmung des Gedichts, mit verwegensten Wendungen, Umkehrungen und rhythmischen Verschiebungen. Sein Phantasieren in solchen Stimmungen unterschied sich sehr von allen ähnlichen Kunstleistungen. Bei Weber war es, als ob er in diesen Augenblicken erst das Organ fände, seine innersten Empfindungen vertrauten Freunden zu enthüllen. Mit mut williger Keckheit in den glänzenden Passagen und mit hinreißendem Feuer im Fortschreiten vollgriffiger Akkorde steigerte er den Beifall. . .“ Und wie viele Kunstfreunde halten Webers „Aufforderung zum Tanz“ für eine Orchesterkompo sition—das als Rondo brillant bezeichnete op. 65 wurde von Weber als virtuoses Klavierstück komponiert, das nur von einem meisterlichen Klavierspieler allein in seiner echt Weberschen Kraft und Grazie interpretiert werden kann! Die Or chesterbearbeitung der „Aufforderung zum Tanz“ stammt vom Orchestervirtuosen Hector Berlioz. Drei Klavierkonzerte hat Weber hinterlassen: das erste Klavierkonzert in C-Dur op. 11 aus dem Jahre 1810, das zweite in Es-Dur op. 32 aus dem Jahre 1812 und das dritte (unter den Namen „Konzertstück“ bekannt) in f-Moll op. 79 aus dem Jahre 1821. Das Klavierkonzert in C-Dur ist ein Meisterwerk und einer meister lichen Interpretation jederzeit wert. Stilgeschichtlich steht es zwischen Mozart und Beethoven. Trotz seines klassischen form- und stilgeschichtlichen Platzes kommt das Romantische der Weberschen Sprache in der melodischen Gestik und in den harmonischen Modulationen zur Geltung. Lange wurde diese liebenswürdige, geist volle und musikantische Schöpfung des Freischütz-Komponisten vernachlässigt. Freuen wir uns, daß das Klavierkonzert Carl Maria von Webers nicht nur auf unserem Programm so nahe an das geniale Werk des Ehemanns seiner Cousine Konstanze Mozart, der geborenen Weber, gerückt ist. . . Anton Bruckner galt schon bei Lebzeiten als bedeutender Künstler der freien Orgelimprovisation. Die Länge seiner Sinfonien, obwohl thematisch sauber geord net, die langatmigen und erregenden Steigerungen vom Pianissimo bis zum Forte- Fortissimo durch alle Instrumentengruppen schiebt man gern dieser Neigung zu. Im Dezember des Jahres 1884 setzte mit der Leipziger Uraufführung der Sieben ten Sinfonie in E-Dur unter Leitung des Bruckner-Schülers Arthur Nikisch der Auslandruhm des 60jährigen Symphonikers ein. Wenige Tage vor der Auf führung schrieb Bruckner an Nikisch: „Bereits habe ich meinen Urlaub in der Tasche und gedenke am 26. des Abends mit dem Kurierzuge der Nordwestbahn