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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES H Y G I E N E - M U S E U M ZUR EINFÜHRUNG Freitag, den 13. Dezember 1968, 19.30 Uhr Sonnabend, den 14. Dezember 1968, 19.30 Uhr Sonntag, den 15. Dezember 1968, 19.30 Uhr 4. PHILHARMONISCHES KONZER^ Dirigent: Kurt Masur Solistin: Natalia Gutman, UdSSR, Violoncello Peter Tschaikowski Francesca da Rimini - Fantasie nach Dante für 1840-1893 Orchester op. 32 Andante lugubre / Allegro vivo — Andante cantabile non troppo — Allegro vivo Zum 75. Todestag des Komponisten am 6. November 1968 Robert Schumann 1810-1856 Konzert für Violoncello und Orchester a-Moll op. 1 Nicht zu langsam — Langsam — Sehr lebhaft PAUSE Bela Bartok 1881-1945 Konzert für Orchester Introduzione — Allegro vivace Giuoco delle coppie (Allegretto scherzando) Elegia (Andante non troppo) Intermezzo interrotto (Allegretto) Finale (Presto) NATALIA GUTMAN wurde im Jahre 1942 geboren. Mit fünf Jahren begann sie bereits Cello zu spielen. Ersten Unterricht erhielt sie im Gnessin-Musikinstitut und in der Zentral musikschule in Moskau. Schon als Schülerin konzertierte Natalia Gutman in Riga, Kiew und Woronesch. Im Januar 1959 gab sie ihren ersten Soloabend, im Sommer des gleichen Jahres wurde sie beim Instrumentalisten-Wettbewerb während der Weltfestspiele der Jugend und Stu denten in Wien mit dem ersten Preis und einer Goldmedaille ausgezeichnet. Im Herbst 1959 trat Natalia Gutman ins Moskauer Staatliche Konservatorium ein. 1961 errang die junge Künst lerin beim Allunionswettbewerb den zweiten Preis und beim Internationalen Dvoräk-Wettbe- werb für Cellisten während des „Prager Frühlings“ den ersten Preis sowie eine Goldmedaille. Leopold Stokowski, der berühmte amerikanische Dirigent, sagte bei dieser Gelegenheit, daß das Konzert von Natalia Gutman den stärksten Eindruck während jenes „Prager Frühlings" auf ihn gemacht habe. Die junge Cellistin, die heute Aspirantin am Leningrader Konservatorium in der Klosse des sowjetischen Meistercellisten Rostropowitsch ist, gehörte beim zweiten Inter nationalen Tschaikowski-Wettbewerb 1962 wiederum zu den Preisträgern. Mit der Dresdner Philharmonie musizierte sie erstmalig im Jahre 1965. Als Peter Tschaikowski im Sommer 1876 von Lyon nach Bayreuth reiste, las er den fünften Gesang des „Inferno" aus Dantes „Göttlicher Komödie" in der von Doree illustrierten französischen Ausgabe. Die Lektüre fesselte ihn der art, daß er beschloß, die Episode „Francesca da Rimini" zu vertonen. In die Heimat zurückgekehrt, stürzte er sich mit Feuereifer in die Arbeit. Bereits am 17. November lag die neue Schöpfung fertig instrumentiert vor: „ F r a n c e s c a da Rimini " -Fantasie nach Dante für Orchester op. 32. Das Zentralthema des Stückes, das wie die Ouvertüre „Romeo und Julia" eine Art „Instrumentaldrama" darstellt, ist der Schmerz des unglücklichen Liebespaares Francesca und Paolo entsprechend dem Motto Dantes: „Es gibt keinen größeren Schmerz, als sich in traurigen Tagen vergangenen Glücks zu erinnern." Das Werk wurde am 25. Februar 1877 in einem Konzert der Russischen Musikgesellschaft in Moskau höchst erfolgreich uraufgeführt. Daß es vom Komponisten unter dem Eindruck von Richard Wagners „Ring des Nibelungen", den er in Bayreuth gehört hatte, entstand, ist durchaus hörbar, besonders in der Einleitung, obwohl Tschaikowski die Wagnersche Tetralogie als „unsympathisches Kunstwerk" bezeichnet hat. über den Aufbau der Komposition schreibt der Tschaikowski-Biograph Franz Zagiba: „Das Werk ist in streng klassisch dreiteilige Form gegossen. Die Ecksätze ver suchen ein Bild der Hölle zu vermitteln, während der Mittelteil die Geschichte Francescas behandelt. Entsprechend dem Vorwurf ist das Melos des ersten und dritten Satzes kraftvoll-düster. Stereotyp-ostinatoartige Motivwiederholungen sollen den Eindruck der höllischen, keinen Atemzug lang unterbrochenen Qual erwecken. Sichtlich bemüht sich der Komponist, hier das Bild der Hölle von Doree tonmalerisch zu illustrieren. Der Mittelteil (Andante cantabile) schildert die Ge schichte des traurigen Schicksals Francescas, das kurze Glück, den unendlichen Schmerz. Das Hauptthema, ein dem russischen Melos entsprungener Gedanke, erscheint zuerst in den Geigen, durchläuft dann alle Instrumente des Orchesters, wird der fortschreitenden Erzählung Francescas entsprechend immer mehr und mehr gesteigert, um schließlich mit ihrem tragischen Geschick seinen Höhepunkt zu erreichen. Den dritten Satz leiten nach und nach zum Fortissimo an schwellende Waldhornfanfaren ein. Im übrigen stellt er eine gekürzte, mit einer Koda versehene Wiederholung des ersten Satzes dar." Robert Schumanns aus der Düsseldorfer Zeit stammendes, im Oktober 1850 vollendetes Violoncellokonzert a-Moll op. 129 gehört neben Dvoraks Konzert für das gleiche Instrument zu den schönsten des 19. Jahrhun-I derts. Der Form nach ist es ein zusammenhängendes Konzertwerk, dessen drei Sätze unmittelbar ineinander übergehen. Das virtuose Element, obschon vorhan den, tritt völlig hinter dem eigentlichen musikalischen Ausdruck zurück. Das schwär merische, auf einen elegisch-kantablen, echt romantischen Ton gestimmte Konzert setzt das Soloinstrument in seinen besten Klangregionen ein — neue Hoffnungen, Beglückung über wiedergewonnene Schaffenskraft sprechen aus dieser Partitur Schumanns. Nach kurzer viertaktiger Orchestereinleitung stellt das Violoncello, begleitet von Achtelfiguren des Streichquartetts, das schwärmerische Hauptthema des ersten Satzes (Nicht zu schnell) vor. Das Orchester bringt sodann einen kraftvolleren, vorwärtsdrängenden Gedanken ins Spiel, und das Seitenthema erzeugt eine heitere beschwingte Atmosphäre. In der Durchführung herrscht das Hauptthema vor, das auch den strahlenden Satzschluß bestimmt. — Eine aus drucksvolle Romanzenmelodie trägt das Soloinstrument zu Beginn des kurzen langsamen zweiten Satzes vor. In einem kontrastierenden lebhaften Abschnitt