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Zschopauer Tageblatt und Aaze-ger Donnerstag, den 17. Jv. 7 ' ! die Mdkt MDed der NZN Mitglieder des neue» österreichischen Kabinetts Negierung des Frieder? Was die österreichische Presse sagt Lie Verteilung -er Ankn-enberMe Ergänzend zu der Kabinettsliste wird amtlich n. a. niitgeteilt: Bundeskanzler Dr. Schuschnigg führt auch die Leitung des Bundesministeriums für Landesvertei digung, wobei ihm zur Führung der Angelegenheiten der Landesverteidigung General der Infanterie Wilhelm Zehner als Staatssekretär beigcgeben ist. Die Ernennung des Bundesministcrs Dr. h. c. Edmund Glaise-Horstenau, Dr. Guido Schmidt, Guido Zcrnatto, Dr. Nrlbur Scnß- Inquart und Hans Nott ist ans Grnnd des Artikels 91 der Verfassung erfolgt, wonach in besonderen Fällen Puu- dcsminister ernannt werden können, die nicht mit der Leitung eines Bundesministeriums betraut werden. beginn einer neuen Aera Glaise Horpenau und von Papen über die deutsch- österreichischen Beziehungen In der österreichischen Hauptstadt fand die erst« Sitzung der in einen Verein nmgewandelten österreichisch- deutschen Arbeitsgemeinschaft statt. Dabei überbrachte dei österreichische Minister Glaise-Hör st enau die Grütze der Bundesregierung und deutete es als ein gutes Vor zeichen, daß die Arbeitsgemeinschaft in neuer Form in einem geschichtlich bedeutsamen Augenblick ihre Tätigkeit wiedcraufnehme. Noch könne man sich über das Aus maß der Begegnung der Führer der beiden deutschen Staaten kein genaues Urteil bilden, aber es sei, was auch das Weltecho beweise, eine Tat von größter Bedeutung, daß zwei Männer, die eine hohe Ver- antworlung für die Geschicke ihrer Staaten trügen, sich die Hände gereicht und Auge in Ange miteinander ge sprochen hätten. Stürmisch begrüßt, dankte dann Botschafter v. Pa- Pen der Arbeitsgemeinschaft dafür, daß diese in den 3'/- Jahren seiner Wiener Tätigkeit immer besonderes Verständnis für seine Ausgaben gezeigt habe. „Wenn ich", so bemerkte Botschafter von Papen, ,.nach dem Befehl des Führers und Reichskanzlers in wenigen Tagen diesen Posten verlassen werde, so glaube ich, dies mit gutem Gewissen gegenüber meinem Auftraggeber uud den Inter essen des deutschen Volkes tun zu können. Mein Streben in dieser Zeit ist es gewesen, dem Gedanken der deutschen Einheit auf friedlichem Wege Raum zu verschaffen und zu verhindern, daß die Tragik der deut schen Geschichte um eine weitere Katastrophe vermehrt werde. Ter ll. Juli 1936 war ein Anfang. Und Sic werden sich erinnern, daß ich an Vieser Stelle vor Jahresfrist die Ansicht ausgesprochen habe, dem Sturm über Oesterreich werde ein neuer Frühling folgen. Es dauert manchmal lange, Vis der Frühling kommt, kommen aber wird er, auch in der Deutschen Frage, so sicher, wie die Welt sich um ihre Achse dreht. Die am l2. Februar ans dem Obersalzbcrg statt- gehabte Besprechung der beiden führenden Staatsmänner wird ein weiterer Markstein in der Geschichte der Deut schen Frage sein. Ich darf sagen, das; der Grnndton von der tiefen geschichtlichen Verantwortung getragen war, welche die deutsche Schicksalsfrage umgibt. Ein selbstän diges Oesterreich kann seine Aufgaben nur sehen im Nahmen der gesamtdeutschen Entwicklung. Und. nur als Mitwirkender und Mitgcstalter an dem Ge schehen dieser Tage, an der Wiedcrerringung der Stel lung und des geistigen Einflusses des Reiches im Abend lande. Ich darf mich der Hoffnung hingeben, daß das Resul tat dieser Besprechung den Beginn einer neuen Aera der deutsch-österreichischen Beziehungen bedeutet und daß mit diesem von beiden Seilen loyal und auf richtig gefaßten Beschluß auch dem europäischen Frieden am besten gedient ist." MW m gesWWtt TraMe Das WMa aas -le Vorgänge in Wien Oesterreich-Erkiaruna Göens Frage- und Antwortspiel im Unterhaus Im englischen Unterbaus beantwortete Außenminister Eden Anfragen zu der jüngsten politischen Entwicklung in Oesterreich. Er sagte, er verstehe das soeben veröffentlich'.» Kommunique dahin, daß u. a. die Reorganisation der österreichischen Negierung in Uebercinstimmnng mit den Verpflichtungen gebracht werde, die man in Berchtesgaden eingcgangen sei. Es liege Grund zu der Annahme vor, daß die anderen Punkte des Uebercinkommcus Verpflich tungen beider Negierungen in einer Reibe von Fragen enthielten. Bevor jedoch der authentische Tert des Neber- cinkommens nicht veröffentlicht sei, sei er nickn in der Lage, eine weitere Erklärung abzugeben. Die englische Negie rung verfolge inzwischen die weiteren Entwicklungen mit Aufmerksamkeit. Gefragt, ob er eine Versicherung abgebcn könne, daß die Politik der englischen Negierung hinsichtlich der Un antastbarkeit und Unabhängigkeit Ocs.crreickrs noch die gleiche sei, wie sie Eden bei der letzten Gelegenheit im Unterhaus geschildert habe, antwortete Eden: „Soweit ich mich erinnere, was ich gesagt habe, war es das, daß dis englische Regierung in Zcutraleuropa wie überall Frieden uno gutes Verstehen wünscht." Von den österreichischen Zeitungen saßt ... halbamtliche „Neichsp 0 st" ihre Ansicht über die „Regie- rung der Konzentration und des Friedens" in einem Auf- satz zusammen, in dem es n. a. beißt, daß die früheren Die Frerheitsflunve fch'ä i lieber die Auswirkung des österreichischen Nmncsifc- erlasses werden nähere Einzelheiten bekannt. Für alle politischen Häftlinge, die Untersuchungshäftlinge mit ein gerechnet, hat die Freiheitsstunde nun geschlagen. Die Zahl der noch schwebenden Verfahren wird auf etwa 2.M» geschätzt. Unter den vermutlich schon in diesen Tagen zur Entlassung kommenden Personen befinden sich auch zahl reiche Verurteilte aus den großen Prozessen nach den Juli- tagen 1934. So erwartet man die Freilassung des ehe maligen Ministers Nintelen, der Polizeiofsiziere Gotz mann nnd Sceligmann und mehrerer Wachbeamte. Unter den Glücklichen wird sich ferner der Ingenieur Woitsche, der im Juni 1937 zu zwölf Jahren Kerker verurteilt wurde und gegen den dann noch ein gesondertes Verfahren wegen Hochverrats eingeleilet wurde, befinden. Auch der kürzlich verhaftete Dr. Tavs wird in Freiheit gesetzt werden. Ans dem Konzentrationslager W ö l l er s d 0 r f stehen etwa 49 Personen vor ihrer Entlassung. Aufstän dische der Julitage 1934 befinden sich nicht mehr dort. An eine Auflösung des Konzentrationslagers w'.rd nick; Blättermcldungen nicht gedacht. Aus Graz wird be richtet, daß sich im dortigen Landesgericht 159 politische Häftlinge befinden. Die Zahl der Personen in den dortigen Polizeiarrcstcn beträgt zur Zeit rund 40. Es ist in Aussicht genommen, diesen BUNvesminipern im Sinne des erwähnten Artikels der Verfassung folgende Wirkungskreise anzuweiken: Dem Bundesminister Dr.' Guido Schmidt die auswärtigen Angelegenheiten, dem Bundesminister Dr. h. c. Glaise-Horstenau bestimmte An gelegenheiten der inneren Verwaltung, dem Bundesmini ster Guido Zernatto die Angelegenheiten der Vaterländi schen Fron/, dem Bundesminister Dr. Arthur Seyß« Inquart die Angelegenheiten der öffentlichen Sicherheit und bestimmte Gebiete der inneren Verwaltung, dem Bundesminister Hans Nott die Vertretung des zeitweilig verhinderte» Buubcsministers für soziale Verwaltung. Versuche der inneren Befriedung viele Enttäuschungen ge bracht hätten und es verständlich sei, daß heute weile Kreise des österreichischen Volkes mißtrauisch würden, wenn sie von Befriedungsaktionen vernähmen. Das Blatt geht dann auf dis Aussprache zwischen dem Führer und dem österreichischen Bundeskanzler ein und betont, daß an der Spitze der^mtlichen Verlautbarung die Erklärung mit dem Ziele der Aussprache stehe, die bei der Durchführung des Juli-Abkommens aufgelrctencn Schwierigkeiten zu bereinigen. Es heißt dann weiter: „Woher die immerwährenden Störungen kamen, braucht heute nicht mehr erörtert zu werden. Nun aber erklärt die amtliche Kundgebung auch, daß beide Staaten die sofortige Durchführung von Maßnahmen beschlossen haben, die Gewähr leisten, daß ein so enges und freund schaftliches Verhältnis der beiden Staaten zueinander her- gestellt wird, wie es der Geschichte und dein Gesamlintcres'e des deutschen Volkes entspricht. Umschließt diese Verein barung nicht alles, was ein jeder ehrliche Ocflerreichcr aus tiefstem Herzen wünscht? Tie Wiederherstellung einer Freundschaft zwischen den beiden Staaten, die ihrer ost mit Blnt besiegelten Tradition und Volksverbunden heit entspricht! Das Unterpfand, daß au dieser Wieder herstellung durch eigene bisherige Störungen beseitigende Maßnahmen das deutsche Polk Mitwirken wird, ist eine Verpflichtung, die nicht nur den Kanzler und die öster reichische Negierung, sondern jeden einsichtigen Oesler- rcichcr angcbt und sein politisches und sittlich -, Urteil mit bestimmen wird." Aus den anderen Wiener Blättern spricht die cvt:- mlstifche Auffassung, daß die Neuordnung der Dinge auch eine neue Aera der deutsch-österreichischen Beziehuuaeu einleilcn möge. Diese Ansicht kommt sogar in den son'i in grundsätzlicher Opposition znm Reich eingestellten Zeitun gen zum Ausdruck. Die politischen Beschlüsse, dieinWien gefaßt wor den sind, nm die Beziehungen zwischen den beiden deut schen Staaten Deutschland und Oesterreich zu entspannen und im mitteleuropäischen Raum auch die Reste von Kon- sliktsmüglichkeiten zu beseitigen, finden in der Welt press e die stärkste Aufmerksamkeit. Man fühlt die große geschichtliche Tragweite dieser Beschlüsse und man kommt an der Feststellung nicht vorbei, daß e8 sich ja bei Deutsch- land und Oesterreich um zwei deutsche Staate« handelt, die zueinander gehören. London: Deutsche Völtef einigen sich Die englischen Blätter berichten über die Gescheh nisse in Oesterreich zum Teil in großer Ausmachung. Die englische Presse scheint nicht sehr angenehm überrascht, was angesichts der bisher grundsätzlich törichten Haltung der eng lischen Ocsfcntlichkeit dem österreichischen Problem gegenüber nicht verwundert. Zn lange hat man sich in London in dem Gedanken gewiegt, daß das deutsche Oesterreich her metisch vom Reich abgeschlossen, von ihm „unabhängig", aber in desto größerer Abhängigkeit von westlichen Interessenten gehalten werden könnte. „Dailv Erpreß" schreibt, früher oder später sc« cS unvermeidlich, daß Oesterreich sich m:t Deutschland vereine. Im übrigen bestehe absolut kein Grund, daß England sich mit österreichischen Dingen überhaupt befasse. Müsse denn, so fragt das Blatt, der Engländer in den Krieg ziehen, um für r. esterrcichs „Unabhängigkeit" zu kämpfen? Müsse ferner der Engländer Deutschland in Harnisch bringen? „Wir haben kein Recht, das zu tun, wir sind es, die beiseite zn stehen und uns scruzuhallcu haben. Es ist nicht unsere Sache, den deutschen Völkern zu verbieten, sich zu ver einigen." Tie „Times" vertritt in einem nach verschiedenen Seiten hin schlecht orientierten Bericht die Ansicht, daß cs sich bei den letzten deutsch-österreichischen Vereinbarungen um eine Zwischenlösung handeln könne. „Daily Herald" sagt resignierend, Frankreich und England könnten nichts tun, es sei denn, das; es ans die Gefahr hin geschehe, einen euro päischen Krieg zu entfesseln. Tie Zeiten seien vorüber, in denen nach dem Kriege England und Frankreich unermeßlich viel stärker als irgendein anderes europäisches Land waren. Tas Linksblatt nimmt das Ereignis zum Anlaß, einen Blick auf den nach Versailles eingcschlagencn Weg Europas zu werfen. Versailles sei von Anbeginn an von der Labour- bewegung als unmöglich kritisiert worden. Von Ansang an sei es klar gewesen, daß Deutschland mit allen Mitteln versuchen werde, eine Revision der Klauseln hcrbeizuführcn, die Deutsch land unter der Drohung einer Blockade und der Drohung eines neuen Krieges vorgclcgt worden seien. Paris: Verärgerung und Hetze DaS halbamtliche französische Nachrichtenbüro HavaS bezeichnet die neue Wiener Regierung als ein Kabinett der öslcrrAchischen Wiederausrichtung. Verschiedene Pariser Zeitungen brechen in das übliche Alarmgeschrei aus, wie immer, wenn sich etwas nicht nach ihrem Geschmack richtet. „Jour" erklärt, „man dürfe sich nicht allzuvM Illusionen machen". Das Haupicreignis am Dienstag sei die Tatsache gewesen, daß der Führer Zugeständnisse erhalten habe. Tas Blatt erzählt im übrigen höchst einfältige Märchen über die „Vorgeschichte" der Kabinettsumbildung m Wien. Auch das „Echo de Paris' weiß mit geheimnisvollen Informationen aufzuwarlen. Es sieht sich dabei veranlaßt, wieder einmal zum Schutz der sogenannten kollektiven Sicherheit aufzuruscn. „Epoque" gar glaubt, von einer Tragödie <!) sprechen zu können. Der Berliner Berichterstatter des „Journal" er klärt, die Diplomatie des Führers könne sich beglückwünschen zu ihrem Unternehmungsgeist und der Initiative, für die sie glänzende Beweise an den Tag gelegt habe. Diejenigen, die aus ideologischer Opposition heraus im Anschluß an den 4. Februar eine Verringerung des deutschen Ansehens vor- ausgesagi hätten, könnten nur enttäuscht sein. Im „F tgar 0" unternimmt Wladimir d'Ormcsson den skandalösen Versuch, die Achse Berlin—Rom im Zusammenhang mit der Verständi gung zwischen Berlin und Wien anzugreiscn. Der Außcn- politiker des „Petit Partsten" weiß zu berichten, daß Außenminister Dclbos mit dem englischen Botschafter in Paris die österreichischen Angelegenheiten angeschnitten habe. Doch sei eS wenig wahrscheinlich, daß dieser Gedankenaus tausch die Diplomatie der beiden Westmächte zum Eingreifen in die Angelegenheit führen werde, die den Kreis ihrer Ver pflichtungen nicht berühre. Rom: Neuer Beitrag zum Frieden Das Verhältnis zwischen dem Deutschen Reich und Oester reich und die Auswirkungen der Besprechungen zwischen dem Führer und Bundeskanzler Schuschnigg beschäftigen die ita lienische Presse in ausgiebigem Umfang. Es wird betont, das; die Aussprache auf dem Obersalzbcrg Einmütigleli über die Durchführung der Abmachungen vom 11. Juli gebracht habe. Allgemein wird betont, das; Deutschland und Oester reich die Grundsätze der Verständigung von 1936 von neuem bckrüstigen und an den Ausbau enger nnd frenndschastlicher Beziehungen Herangehen. Dieses Ergebnis könne, wie der Berliner Vertreter des „Messaggcro" anssührt, nur die überraschen, die niemals haben cinschcn wollen, daß Deutsch land nnd Oesterreich beides dcuts che Siaatcn sind. „P 0 p 0 l 0 dl R 0 in a" sicht in dcr Begegnung von Berchtes gaden ein positives und zn praktischer Auswirkung bestimmtes Ergebnis in der Geschichte der Beziehungen der beiden Staaten. Dieses Ergebnis stehe aus dem Boden dcr Ver ständigung vom 11. Juli 1936 und sei damit auch im Geist der Protokolle von Rom erzielt worden; es stelle daher einen neuen wichtigen Beitrag zur Befriedung Europas dar. Holland: Berlin Pfeiler des Weltfriedens Die Bereinigung dcr deutsch-ösicrreichischen Beziehungen durch die Aussprache auf dem Obersalzbcrg wird vou der niederländischen Presse allgemein als sichtbarer Erfolg der auf cliropäischcu Ausbau abzicleudcn Politik des Iöt-er- gewertet. Aian weist daraus hin, vag das Dentf"- Reicy unter der Führung Adolf Hillers einen Beitrag na., e-.> and:- i zur Befriedung Europas leiste Wädreud vou Moskau I e Fanfare der Weltrevolulion als ein Signal zum allgemeinen Bürgerkrieg ertöne, erweise sich Berlin mehr und mehr als «in Pfeiler des Weltfriedens. Die Umbildung des österreichischen Kabinett- steh« Im Z i- sammenhang mit der deutsch-österreichischen Aussprache auf dem Obersalzberg im Vordergrund der Betrachtungen auch dcr bel gischen Blätter Besonders die flämische Presse betont, daß hier vas konstrukilve Element dcr deutschen Außenpolitik sich wieder einmal klar bewiesen habe. Den verantwortlichen dcui- schen und österreichischen Staatsmännern sei eine wesentliche Entspannung der allgemeinen europäischen Lage zu verdankcu. voll links nach rechts: Bundeskanzler Dr. Schuschnigg, 1 Minister Dr. Schmidt, Innenminister Dr. Seyß-Jnquart, Vizekanzler Feldmarschalleutnant a. D. Hülüertk. Außen- Bundesminister Dr- e. h. Glaise-Horstenau. ? t jSchcrl-Weltbild-Wagenborg.)