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Zschopauer Tageblatt und Anzeiger Freitag, de» 21. Januar 1US8 ÄMopauer Hausfrau Der Familienwohuraum. ' Unser Interesse an lei: n und klei.isten WohnrÄnmen «st in dem Make geschwunden, in dem unser Wille zur Fami- lienvcrgrökcrung, zum Kinderreichtum, erstarkt ist. Wer die Qual starker Naumbeschränkung aus eigener Wohnerfah rung kenne» gelernt hat, verzichtet lieber auf manchen neu zeitlichen Komfort um des Vorteils willen, sich in seinen vier Wänden freier bewegen zu können. Der Bewegungsraum des Menschen war errechnet wor den, dieser Zwang mußte sich einmal rächen. Bet jeder eigenwilligen Regung eines Bewohners eckte er — im wört ¬ lichen Sinne — schon an. Die kleinen Zimmervierecke er zwangen förmlich das Einkind, für Ausdehnung, für Hcim- betätigung blieb kein Platz. Der Staat ist deshalb bemüht, Kleinwohnungen doch immerhin groß genug zu schaffen, daß darin getrost mit einem Zuwachs von drei und mehr Kindern gerechnet wer ben kann. Die Räume znm Schlafen können klein sein, eine ganze Schmalwand einnehmende Fenster, die nur von schma len Gardinen eingerahmt sind, sorgen, daß dennoch hygie nisch darin gelebt werden kann. Umso wichtiger ist der große Familienraum, der der ganzen Familie zur Verfügung steht, sie in starkem Maße zusammenschließt und Inbegriff häuslicher Gemütlichkeit und Verbundenheit sein sollte. Wie möbliert man einen solchen Raum am besten? Immer wieder sei darauf hingewiesen, baß viel Platz ge- ivonncn wird, wenn der Tisch von der Zimmermitte an eine Wand, am besten in eine der Zimmerecken verlegt wird. Zwangsläufig wird bei einer solchen Anordnung ein Sofa notwendig, besser »och zwei, dis in rechtem Winkel zueinan der stehen. Sofas mit guter Polsterung sind nicht billig, zwei nun gar schon beinahe luxuriös. Deshalb tut die glei chen Dienste di« gepolsterte Sitzbank, noch einfacher eine Bank mit aufgelegten, mit waschbaren Bezügen versehenen Kissen, die in Art und Farben mit dem vorsorglich ange brachten Wandschutz-Behang harmonieren. Will man jedoch Möglichkeiten zur Ucbernach- tung schaffen — für Logierbesuch oder zum ständigen Gebrauch für ein Familienmitglied — so ist das Sofa mit Bettkasten un entbehrlich, das seitlich mit Rohrgeflecht versehen ist, damit tagsüber bas darin aufbcwahrt« Bettzeug ausreichende Lüftung erhält. Die Verlegung der Hänge lampe von der Zimm«rmitte hin zu diesem neugebilbeten Mittel stück des Zimmers sollte keines falls, nicht aus Bequemlichkeit und nicht aus Scheu vor den Kosten, die gering sind, unter laßen werben. Erst diese kleine aber wesentliche Veränderung schafft die richtige Behaglichkeit, abgesehen davon, daß nur die direkt über dem Tisch ange brachte Lampe sich praktisch be währen kann. Notwendig an ihr ist auch eine Zugvorrichtung zum Verstellen. (Deike M.) Den Familienwohnraum schmückt außerdem bas offene allen zugängliche Bücherregal, der ans Helle Fenster gerückt« Schreibplatz, ein vielleicht aus buntbemalten Kacheln zu sammengesetzter gemütlicher Ofen, ein geeigneter Boden- bolag, eins Matte, Läufer, ein größerer Teppich. Läufer sind am billigsten, jedoch nicht auf die Dauer. Sie-^haben etwas Provisorisches, verrutschen leicht und halten nicht grö ßere Beanspruchung aus. Deshalb erweist sich im Laufe der Jahre der dickere und größcreTeppich doch als billiger. Ein übriges zur Harmonie im Raum tut eine gefällige Anorö- nung der Bilder an den Wänden — wir preisen dis an- sprilchskoso und anmutige Art des Reihenbildes, wie sie un- sero Abbildung über dem Sofa zeigt, — und ein wohl er wogen Maß sorgfältig gewählten Hausrates, handwerklich «MI Der große Wohnraum, der die Familie zusammeuschließt. Entwurf: Reg.-Baumstr. Ernst Zinsser durchgebildet, mehr zum Gebrauch als zur Zierde geschaffen und darum nicht weniger wirksam, und eine glückliche Far- benzusammenstellmm, di« ihren lebhaften Teil beiträgt zur Ermunterung und Beglückung der Familie. * Das arme Handtuch! Wenn schon daS Taschentuch nicht dazu da ist, daß mit ihm alles abgewischt wird (wie cs bei Kindern oft geschieht), so ist das Handtuch gleich gar nicht bas „Wischmäbchen für alles". Ganz verständlich sollte es für jeden sein, daß das Handtuch nicht zum Zwecke des Reinigens, sondern nur zum Abtrocknen da ist. Und zwar nicht nur aus Gründen der Sauberkeit und -er leichten Reinigung der Handtücher, son dern auch aus hygienischen und ästthetische» Gründen. Denn aller Schmutz, der mit ungewaschenen oder nur mangelhaft gewaschenen Händen einfach ans Handtuch geschmiert wird, wird nachher so und so viele Male auf dem Gesicht und an den Händen anderer, die sich abtrocknen möchten, verrieben, was ebenso unappetitlich wie gefährlich ist! Eins meiner Mädchen habe ich entlassen müssen, weil es allen Vorhal tungen zum Trotz immer wieder die schmutzigen Hände gleich am Handtuchs abmischte und die Tücher schließlich bei der Wäsche kaum mehr rein zu bekommen waren. Auch hatte ich deswegen dauernd aufregende Szenen mit meinem Mann, dem heute bas Tuch nach Käse, morgen nach Hering Suftete. Wie oft sinb schon Krankheiten durch ein von der ganzen Familie benutztes Handtuch übertragen worden! Also Hände vor dem Abtrockncn erst mal unter die Wasser leitung! Wo es sich um Fettstoffe und schwer entfernbnren Hanbschmutz handelt, genügt natürlich nicht einmal Wasser, sondern man braucht unbedingt Seife dazu. Eine Unart ist es auch, Hände, an denen noch Seifenreste zu sehen sind, ans Handtuch zu bringen, wie ich es bei einer Nachbarin sah deren Handtücher vor lauter Seifenrestcn steif wurden und die ihren durch Aetzkali hcrvorgerufcuen Gesichtsausschlag und ihre Nasenröt« nicht mehr los wurde. Also nochmals: Verwendet das Handtuch nur zum Abtrocknen und macht es nicht zum unappetitlichen, gesundheitsschädlichen Schmicrtuch das bei der Wäsche kaum noch rein zu bekommen ist! * Für die Küche. Bückltngsauf strich. 1—2 Bücklinge häuten, ent gräten, fein wiegen, mit gebriebcner Zwiebel, geriebenem Apfel, Salz und nach Belieben 1—2 Eßlöffel Eieröltunke und fein gewiegter Gewürzgurke vermengen. * Die praktische Hansfran. Ohnmächten. Kopf des Bewußtlosen tief lager», für frische Luft sorgen, mit kaltem Wasser besprengen un- Viirst«» der Haut an Brust und Beinen. Wie wird Fett frisch erhalten? Margarine, Butter, Fett müssen bei Nichtgcbrauch stets zugcdeckt sein und kühl stehen, um nicht an Reinheit und Geschmack zu ver- lieren. M WMM Ler WM« M Roman von Anny v. Panhuys. 24. Fortsetzung. „Wie konnte ich vorgestern ahnen, ich würde die Liebe, Gute nicht mehr lebend Wiedersehen. Darf ich zu ihr, Fräulein Renate?" Renate öffnete vor ihm das Zimmer, darin die Tote «ufgebahrt war, und blieb draußen, wartete auf dem Wange, bis er wiederkam. Ihr Mitleid erwachte, als sie 'ihn dann sah. Wie schleppend sein Gang war, wie mühsam er Haltung zu bewahren suchte. Der Toten gegenüber moch ten Gewissensbisse in ihm erwacht sein. So ein Alleinsein mit einer Toten konnte wohl den leichtsinnigsten Men schen aufrütteln. Sie ließ ihn jetzt in das rote Zimmer 'eintreten. Sie bot ihm Platz an. „Verzeihen Sie, Fräulein Renats," sagte er, „aber ich werde wohl eine Todesanzeige in die Zeitung setzen laßen müssen." Renate erwiderte: j,Das besorgt alles das Beerdigungs institut. Ich sollte den Wortlaut aufsetzen. Der Herr, der ^das besorgt, kommt nachher, um das mit mir zu besprechen." Er drückte sein Einglas fester. „Es ist.also gut, daß ich dann hier bin, ich werde natür lich dann mit dem Vertreter des Beerdigungsinstituts ver handeln, da ich der einzige Verwandte der Entschlafenen Lin." Jetzt wurde Renate stutzig. Es klang so betont, was Otto Holz sprach. . „Tante Hedwig erklärte oft, ich sei ihr lieb wie eine Tochter," entgegnete sie; „bei solcher Liebe kommt es ja auch gar nicht darauf an, ob man wirklich, ich meine dem Gesetz nach, verwandt ist." „Natürlich nicht," bestätigte er. „Sie können ja die Todesanzeige mit unterzeichnen." ' Fast gönnerhaft sagte er es. Er stand auf und ging im Zimmer umher, als sei er hier zu Hause. Nahm Nippsachen auf, stellte sie wieder hin. „Tantchen hat hübsche Ziersächelchen," meinte er, „rei zende Stücke sind dabei, und die Möbel sind gediegen, aber ich werde die Zimmer doch umbauen. Dieses hier ist mir ein bißchen zu sehr im Damengeschmack gehalten." Renate begriff nicht, wie er jetzt überhaupt an solche Nebensächlichkeiten denken konnte. Vorhin hatte er noch ausgesehen, als wenn er zusammenbrechen wollte. Tante Hedwig hatte ihr doch vorgestern im Park von Sanssouci erzählt, sie hätte ihrem Neffen deutlich erklärt, er erhalte dreitausend Mark nach ihrem Tode. Und dabei gesagt, daß sie, Renate, alles andere bekommen sollte, Haus, Möbel und Geld. Otto Holz schien sich für den Erben zu halten und machte hier schon Veränderungspläne. Sie schwieg. Es hatte ihr weh getan, daß dieser Mensch von Einrichtungsveränderungen zu reden vermochte, wäh rend nur durch eine dünne Wand von diesem Raum ge trennt die Tote lag. Sie hätte am liebsten laut aufgeweint, so erregte sie diese Herzlosigkeit. Sie konnte es nicht ver meiden, daß ihr die Tränen über die Wangen liefen. Sie fuhr mit dem Taschentuch über das Gesicht und sagte mit bebender Stimme: „Ich bitte Sie, mich zu entschuldigen. Ich bin außerstande, mich jetzt ruhig zu unterhalten. Sie werden das begreifen; mein Liebstes, mein Bestes ist mir nun so plötzlich genommen worden." Sie wollte aufstehen, aber sie konnte nicht, so schüttelte sie wieder jäh ausbrechender Schmerz. Er kam näher. In seinen Augen leuchtete ein böses Fünkchen auf. „Sie tun mir sehr leid, Fräulein Renate, aber der Tod fragt nicht danach, ob er Menschen in Leid stürzt." Er lächelte ein wenig. Sie bemerkte es nicht. Er zog ihr die Hände, die das Taschentüchlein hielten, vom Gesicht. „Renate, Sie sind schön, sind jung und liebenswert. Sie dürfen sich nicht so unglücklich fühlen. Sie kennen mich zwar kaum, aber Sie gefallen mir. Wir würden in diesem hüb schen Hause bequem und sorglos leben können. Renate, es wäre für uns beide das einfachste, wenn wir uns heira teten." Das Koldhaar flimmerte dicht vor seinen Augen, der schlanke Körper war ihm so nahe. Er verlor die Be herrschung, riß Renate an sich, wollte sie küssen. Mit einer Kraft, die er ihr nicht zugetraut hätte, machte sich das junge Mädchen von ihm frei. Ihre Tränen waren versiegt, ihr vordem schmerzblasses Gesicht war zorngerötet. „Schämen Sie sich, nebenan schläft Tante im Todes schlaf! Und nun verlaßen Sie mich, verlaßen Sie dieses Haus! Uebermorgen um elf Uhr wird Tante beerdigt, von der Kapelle des Friedhofes aus, falls Sie ihr die letzte Ehre erweisen wollen." Sie wies empört auf die Tür. Er sagte ganz ruhig: „Nein, meine liebe Renate, ich werde das Haus nicht verlaßen. Es ist gar kein Grund da zu. Vergeßen Sie diesen — na, diesen kleinen Scherz von mir und reden wir mal ganz nüchtern von vorläufig wich tigeren Dingen." Renate trat, obwohl sie sich ein paar Schritte von ihm entfernt hatte, noch weiter zurück. „Für Ihren kleinen Scherz, wie Sie Ihre Unverschämt heit zu nennen belieben, ist Ort und Stunde unglaublich geschmacklos gewählt. Auch verbiete ich Ihnen, mich mit meinem Vornamen anzureden, ich gab Ihnen kein Recht zu dieser Vertraulichkeit. Und jetzt ersuche ich Sie nochmals, dieses Haus zu verlaßen, dieses Sterbehaus, in dem nie mand Stimmung hat für Ihre kleinen Scherze." Er lachte nur als Antwort und sie konnte es nicht fas sen, daß ein Mensch jetzt lachen konnte. „Sie sollen mich verlaßen!" stöhnte sie in ohnmächtiger Erregung. „Was wollen Sie denn von mir? Sehen Sie denn nicht, wie ich leide, wie ich schon elend genug bin durch den Tod meiner guten Tante Hedwig?" Er schnippte mit den Fingern. „Sie verrennen sich viel zu viel in Ihren Jammer. Aber da kann ich Ihnen leider nicht helfen. Im übrigen werde ich Sie Fräulein Witten born nennen. Es ist ein seltener, gut klingender Name,- wenn er auch zu Ihres Vaters Zeiten unangenehm von sich reden machte." Renate preßte die Lippen fest aufeinander. Es gab keinen Zweifel mehr, dieser Mensch wollte ihr absichtlich wehe tun. Er streckte die Beine weit aus beim Sitzen. „Das Ausruhen in so einen: bequemen Seßel ist famos, der Schreck über die Todesnachricht vorhin ist mir in die Glieder gefahren. Und nun setzen Sie sich auch lieber wie der Fräulein Wittenborn, denn wir werden uns doch über manches unterhalten müßen. Vor allem, was meinen Sie, wie wird die Erbschaft geregelt werden?" Renate antwortete widerwillig. Aber ihr blieb ja nichts übrig, als zu antworten, denn Otto Holz war der Neffe ihrer Beschützerin. Sie erwiderte leise: „Tante erklärte mir vorgestern abend, sie hinterlaße alles mir. Ihnen würde sie dreitausend Mark aussetzen." Sie war stehengeblieben und so wenig berechnend sie war — denn sie hatte ja Tante Hedwig dringend gebeten, sie nicht im Testament zu begünstigen —, so viel Freude machte es ihr jetzt doch, diesem gräßlichen Menschen etwas Unangenehmes sagen zu dürfen, etwas, davor sich sein dreistes Selbstbewußtsein ducken würde. „Da mutz die gute Tante nicht gewußt haben, was sie geredet hat, denn vorgestern sagte sie zu mir: Mein lie ber Junge, ich freue mich, daß jetzt aller Zwiespalt zwi schen uns beigelegt ist und du miederkamst. Vielleicht hätte ich, wenn du fortgeblieben wärst, gar ein Testament zu gunsten des jungen Mädchens gemacht, das ich mir ins Haus genommen, aber es wäre nicht recht, einen Ver wandten zugunsten einer Fremden zu schädigen. Renate hat was gelernt, sie hat Geld genug gekostet, »rag sie sich ihr Brot selbst verdienen. Ich mache kein Testament, da erbst du von selbst, mein lieber Junge." Renate faßte sich verwirrt an die Stirn. Nie und nim mer hatte Tante Hedwig etwas Aehnliches zu diesem Manne geäußert. Vorgestern abend hatte sie ihn-ihr gegen über noch als Lump bezeichnet. Sie rief erregt: „Sie lügen ja. Jedes Wort eben war eine Lüge. Tante erzählte mir vorgestern, Nachdem Sie hier gewesen, von Ihnen, beklagte sich bitter über Sie. Tante hat gestern ihr Testament geschrieben, sie hat es mir ge sagt. Es mutz in ihrem Schreibtisch sein." „Dann wollen wir danach suchen," schlug er vor, „denn ich glaube Ihnen nicht. Tante versicherte mir, da ich doch alles erhalten solle, sei kein Testament nötig. Daß Sie mich Lügner nennen, will ich Ihnen nicht nachtragen, weil Sie natürlich sehr erregt sind, daß bei Ihrer ganzen Erb schleicherei nun doch nichts für Sie herauskommt." Renate war furchtbar zumute, aber sie wußte nicht, w>e sie sich benehmen sollte. Ein Testament zu ihren Gunsten war bestimmt vorhanden, aber mit diesem Menschen da nach zu suchen, das war doch eine gefährliche Sache. Er konnte es verschwinden laßen. Wie hätte sie ahnen kön nen, daß es längst verschwunden war, daß es der Besucher heute vormittag, von dem man nicht wußte, wer es gewe sen, was er gewollt, er, der Hedwig Sanders als Letzter gesprochen, schon das Testament mit aus dem Hause ge nommen hatte? Sie erwiderte, es sei Sache des Gerichts, die Erbschafts sache zu ordnen. „Natürlich," nickte er. „Da Tante heute ja doch noch auf den Friedhof gebracht wird, schlage ich vor, alles wird geschlossen, versiegelt, bis das Gericht nach Prüfung der Dinge das Weitere bestimmt. Ich werde alles veranlaßen. Telephonisch!" betonte er, „denn wenn ich das Haus ver lasse und Sie bleiben zurück, könnte noch allerlei aus Tan- tes Besitz verschwinden." „Mit welchem Recht beleidigen Sie mich so unerhört?" brach es wie ein Schrei von ihren Lippen. Er sah erst auf seine Stiefel, deren Lack spiegelnd glänzte, dann auf das blonde Mädchen, das am ganzen Leibe zitterte. Renate hob die Hand wie zum Schlage, ließ sie wieder fallen, dann ging sie hinaus. (Fortsetzung folgt.)