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Zschopaner Tageblatt ««b Anzeiger Donnerstag »e« »7. J«««nr tSSS K»«hseb»«g der Einheit her heuWei Leibesiibiügen Dr. Frick Sber das Tan- und Sportfest 1938 Reichsminister Dr. strick, der die Schirmherrschaft für das deutsche Turn, und Sportfest Breslau l938 über nommen hat, stellte der Berliner „Nachtausgabe" Aus führungen über das Fest zur Beifügung, in denen es n. a. heißt: „Die grundsätzliche Bedeutung des Deutschen Turn- und Sportfestes Breslau 1938 liegt darin, daß cs die erstmalige das ganze Reichsgebiet umfassende Kundgebung der durch den Nationalsozialismus geschaffenen Einheit der deutschen Leibesübungen ist. Die Einheit der deutschen Leibesübungen soll in der letzten Juliwoche dieses Jahres in einer Leistungsschau sondergleichen dem ganzen deut- scheu Bolk kundgetan werden. Träger des Festes ist der N e i ch s b n n d für Leibes- Übungen. Tie Ausgabe, die ihm dabei gestellt ist, die Volksgemeinschaft der Leibesübungen in festlicher Form zu verkörpern, ist von volkspolitifcher Wichtigkeit. Das erste deutsche Turn- und Sportfest wird in Breslau abgehalten. Die Stadl, die im Hermann-Güring-Sport- selb e-ne einzigartige Wettkampfstätte besitzt, wird alles aufbieten, einen würdigen Rahmen für die Durchführung des großen Festes der deutschen Leibesübungen zu bilden. Der Neichsbund für Leibesübungen stellt seinen ganzen Organisationsapparat darauf ein, das Riesenfest sorg- fällig vorzubereiten und reibungslos durchzuführen. Da» Reich unterstützt die Stadt, die mannigfache, zusätzliche Bauten aufzuführen hat, und den Reichsbund für Leibes übungen durch Gewährung erheblicher NeichSzuschüsse. Zehntausende von Wettkämpfern und Hunderttausende begeisterter Zuschauer aus dem ganzen gleich werden in Breslau zusammenströmen. Auch Tausende sportbegeister ter Deutscher von jenseits der Neichsgrenzen werden, der Stimme ihres Volkstums folgend, sich versammeln. So wird das Fest eine große Aufgabe erfüllen, den Millionen deutscher Turner und Sportler Krönung ihrer selbstlosen aufopfernden Arbeit und Ansporn für die Zukunft zu sein. Darüber hinaus aber wird es dem deutschen Volke dies seits und jenseits der Grenzen ein überwältigendes Bild der Blüte und Geschlossenheit wehrhaften deutschen Volks tums im Reich Adolf Hitlers bieten. Mied von General Heinemann Hetz geleitet einen alten Soldaten und Kämpfer zu Grabe. — Ein Kranz des Führers Anwesenheit des Stellvertreters des Führers, >u f Heß, wurde Generalleutnant a. D. Bruno Hei- «emann, der verdienstvolle Offizier der alten Armee, er ste Organisalionslettcr, erste Parteirichter der NSDAP, und treue Gefolgsmann des Führers Adolf Hitler, im Krematorium des Münchener Ostfriedhofcs den Flam men übergeben. Vor dem Krematorium hatten Ehrenformationen der SA., des NTKK., der Gaubereilschaft und der Ortsgruppe Braunes Haus mit Fahnen und Stander Aufstellung.genommen. Rudolf Heß, der mit Reichssch'tz- meister Schwarz, dem Neichsleiier und Obersten Parwi- richlcr Buch. Neichsleiier Grimm, NeichshauptdiensGel-, lenlciter Saupcrt und ^-Obergruppenführer Frhr. von Eberstein erschienen war. sprach den Angehörigen des Verstorbenen herzliches Beileid aus. Rcichshanptdienststellenletter Saupert erinnerte in seinem Nachruf daran, daß der Verstorbene nicht nur" als Soldat, sondern auch in der Partei durch seine Fäb.g- keuen hcrvorgetreten sei. Auch als Generalleutnant Hei nemann aus dem aktiven Parteidienst ausgeschiede» sei, habe er nach wie vor rege» Anteil genommen. Reims« lciier Buch als Nachfolger von Generalleutnant He ne« mann im Amt des Obersten Partcirichters legte den großen schlcifengcschmückicn Lor-'cerkranz des Führets nieder; dann widmete der Stellvertreter des Führers, Rudolf Heß, ebenfalls eine prächtige Kranzspende. Gens in der Klemme Alpdrücken in London und Paris. — Gefährliche Fragen In auffallender Stille wurde am Mittwoch tn Genf die kW. Ratstagung eröffnet. Es fand zunächst nur eine einstündige Geheimsitzung statt. Am Vorabend der lOO. Tagung der Genfer Entente hatten Eden, Chautemps und Delbos in Paris Besprechungen, in denen das Genfer Programm vor bereitet wurde. Man hat in London und Paris das un behagliche Gefühl, als wenn die Genfer Jubiläums tagung peinliche Ueberraschungen bringen könnte, hervor- gerufcn durch die Haltung einer Reihe von Mitglieds staaten nach dem Austritt Italiens. In der abessinischen Frage seien Paris und London auch jetzt noch nicht ge neigt, ihre Haltung zu ändern. Aus Unterhaltungen politischer Kreise geht weiter hervor, daß Man versuchen wird, die zahlreichen Staaten, die zur Achse Berli n— R o m neigen, nicht allzu sehr zu reizen. Ferner habe Außenminister Eden seine französischen Kollegen gebeten, der Türkei in der Frage des Sandschak Alerandrette ge wisse Zugeständnisse zu machen. Man befürchte, die Türkei könnte sich im anderen Falle zu sehr Italien nähern. Die englische Presse läßt durchblicken, daß sich die Genfer Entente in ihrer größten Klemme befindet. Größte Vorsicht sei am Platze. Wenn in Genf eine Einstimmig keit z. B. in der Sanktionsfrage nicht erreicht werden könnte, solle die Erörterung verschoben werden. Man meint weiter, daß das Drängen kleinerer Völkerbunds« slaatcn auf Reform des Genfer Instituts und Ab- fchasfung des Sanktionsartikels Frankreich beeindruckt habe. Mit Rücksicht darauf würden England und Frank reich nicht mit sehr starken Worten für die Liga eintreten, wie sie das ursprünglich beabsichtigt hätten. Die Frage der Anerkennung Aethiopiens und einer An leihe an Italien sei in Parts ebenfalls angeschnitten wor den. Die französischen Minister widersetzten sich jeder Anerkennung, ebenso sei Frankreich auch gegen eine bri tische Anleihe für Italien. . ZMckseMte um Static« Zu dem Londoner Gerücht, wonach Anfang Februar die englisch-italienischen Besprechungen wieder ausgenom men werden sollen, wurde von zuständiger Stelle erklärt, daß nichts in dieser Richtung bekannt sei und daß bet der neuen starken antifaschistischen Agitation eine Wie deraufnahme der Besprechungen auch nicht gerade wahr scheinlich sei. Die sogen. „Abessinische Gesandtschaft" in London hatte eine Mitteilung über eine angeblich ungünstige Entwicklung der Lage in Aethiopien in der englischen Presse lanciert. Diese wird von zuständiger italienischer Seite als eine vollkommen willkürliche und tendenziöse Darstellung zurückgewiesen. Es handele sich dabei nm eine auf die Genfer Tagung zugeschnittene plumpe Stim mungsmache. die in allen Einzelheiten glatt erfunden sei. Die deutsche« »««er« in Polen Bekenntnis zur tatkräftigen Mitarbeit am Wirtschafts- aufbau des Landes Tausende deutscher Bauern waren zur Tagung der westpolnischen landwirtschaftlichen Gesellschaft (Welage), der landwirtschaftlichen Organisation ^des Deutschtums 'tm Posener Gebiet, nach Posen geströmt und zeigten da mit. daß der deutsche Landstand in der Woiwodschaft Posen sich behauptet hat und weiterhin gewillt ist. zum Wohl der deutschen Volksgruppe und des Staates, in dem er lebt, am Wirtschaftsaufbau des Landes kräftig mitznarbeitcn. Tie Hauptkundgcbung gewann eine beson dere Nole durch die Anwesenheit der Vertreter der pol nischen Behörden, des Deutschen Reiches in der Person des Posener Generalkonsuls sowie der Vertreter zahl- reicher deutscher und auch polnischer Organisationen. Für tue Fachvorträge hatte die „Welage" bekannte Wis senschaftler aus dem Reich, aus Danzig nnd aus der deutschen Volksgruppe in Polen geladen. Attes wegen 18 Mart Der blutige Kampf um de« französischen Bauernhof forderte vier Todesopfer Der Kampf der französischen Bauern bei La Fleche, die sich gegen eine Pfändung des Gerichtsvollziehers wegen einer Steuerschuld von 200 Francs (etwa 18 Markl wehrten, ihren Bauernhof zur Festung ausbauten und sich von der Gendarmerie regelrecht belagern ließen, hat vier Tote gefordert. Nachdem der Schlosser, der das Tor anfbrechen sckllte, und ein Gendarmerie-Ofsizierstellvertretcr von den Be lagerten erschossen worden waren, wurde der befestigte Bauernhof ausgeräuchert. Strohhaufen wurden rund um das Gehöft herum angelegt, mit Benzin begossen und an gezündet. In kurzer Zeit war ein Teil des Hauses ein geäschert. Plötzlich hörte man drinnen zwei Schüsse fallen. Da dann alles still blieb, glaubte man bereits die Bauern hätten Selbstmord begangen. Plötzlich lösten sich aber aus dem brennenden Gebäude plötzlich drei Ge stalten: die alte Bauernfrau bereits mit brennenden Haaren und Kleidern und die Söhne, ihr Gewehr in der Hand. Die Gendarmerie gab sofort Feuer. Während die Mutter und der eine Jungbauer tödlich getroffen zu sammenbrachen, gelang es dem anderen, in der Dunkel heit zu entkommen, obgleich das Gehöft von Posten um stellt worden war. Es gelang der Gendarmerie später, den in die Wälder von La Flöche Geflüchteten in der Umgegend von SeicheS (Dep. Maine-Loire) fcstzunehmcn. Verbrennt kein Altpapier! Durch die Amtslciiung Film der NSDAP, und ihre Gau- filmstellcn gelangt augenblicklich im ganzen Reichsgebiet ein Film zur Ausiübrung. der sich unter dem Titel „Den Schaden trägt schwer das Jahrhundert" gegen die Vernichtung an- scheinend wertloser Haushaltsdinge, darunter Papier, Lumpen, Knochen und anderer Neste aus dem täglichen Gebrauch wendet. Der Appell des Ministerpräsidenten Hermann Göring an das Volk soll durch den neuen Film in alle Kreise des Volkes getragen werden und zur Mitarbeit jedes einzelnen am Ge lingen des Vierjahresplancs beitragen. Lebensprot e -estan-e« - vier Jahre deutsch-polnische» Abkommen ' Die polnisch« Presse enthält ausführliche Betrachtung gen über den vierten Jahrestag deS Abschlusse» de» deutsch-polnische« Abkommen». In den Artikeln kommt überall die Erkenntnis zum Ausdruck, daß sich da» Ver« ständigungSwerk tn diesen vier Jahren ausgezeichnet be währt habe. Ueberetnstimmend wird als ein Zeichen da für, daß sich die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen weiterhin tm Geiste dieses Abkommens entwickeln, auf die deutsch-polnische Mtnderheitenllberetnkunft vom ö. November 1937 hingewtesen. Aus der Feder ihres Berliner Berichterstatters veröffent licht „Gazeta Polska" einen Lettaufsatz, der „dem Werdegang dieses Umbruches von historischer Bedeutung" gewidmet ist. Das Blatt stellt die Frage, wie es um die deutsch-polnischen Be ziehungen vis zum Jahre >933 bestellt war? Es schreibt dazu, vaß in den breiten Massen der Nation „A" die ueberzengung geherrscht habe, daß der Nachbar „B" sein Erbfeind sei und umgekehrt. Beide Nationen wollten nicht verstehen, daß es in der einmal vorhandenen Verflechtung des internationalen Le«- bens auch, gleichlaufende oder gemeinsame Interessen gibt. Polen habe sich in der glücklichen Lage befunden, einen großen Mann am Steuer seines Staatsschiffes zu besitzen, der den Politikastern zu arbeiten befahl. In Deutschland übcrnabm ein solcher Staatsmann das Staatsschisf am 30. Januar 1933. Marschall Pilsudskt habe damit endlich einen Partner gehabt. Der 26. Jannar 1934 wurde für die beiden Nationen eine historische Wende. „Expreß Porannh" schreibt, die vier Jahre seien schon eine Spaime Zeit, die zur Beurteilung des Wertes eines diplo matischen Schrittes und des guten Willens der Partner aus- reichtcn. Mit jedem Jahr werde man sich klarer über die Be deutung dieses Ereignisses, das im Jahre 1934 von der Allge meinheit noch nicht verstanden wurde und demgegenüber sich die öffentliche Meinung skeptisch und mißtrauisch Verhalten habe. Das Abkommen habe seine Lebensprobe be standen. „Kurjer Porannh" stellt fest, daß die Erklärungen vom 26. Januar 1934 wirklich eine neue Atmosphäre zwischen Deutschland und Polen geschaffen und eine neue Etappe in den nachbarlichen Beziehungen zwischen den beiden Staaten eingeleitet haben. In vier Jahren, die seitdem ver flossen sind, habe sich die Bedeutung dieser Erklärungen immer mehr verstärkt. Wovon man spricht Paragraphen mttcrhallcn lins — Provinz überall und nirgends — Zeitvergeudung. Zn jedem Gesetz gehören nun einmal Paragraphen. Viele Menschen meinen, daß die Gesetze dadurch langwei lig, schwer zu lesen und noch schwerer zu verstehen seien. Sie behaupten, es ginge ihnen, wenn sie sich durch das Paragraphcngestrüpp hindnrchwindcn müßten, nicht anders wie beim Wälzen dickleibiger philosophischer Werke: am Schluß hallen sie den Anfang vergessen, und da ihnen Vieser entfallen sei, so hätten sie auch von der Mitte nichts verbanden. In Wirklichkeit ist die Einteilung in Para graphen ein Hilfsmittel, das das Verständnis erleichtern soll und tatsächlich auch erleichtert. (Man versuche einmal, ein Gesetz ohne Paragraphcneinteilung zn lesen!) Trotz dem bleiben für den gewöhnlichen Sterblichen die mit dem Lesen der Gcsctzestextc nun einmal verbundenen Schwierig- keilcn bestehen. Manchen überkommt sogar eine gelinde Gänsehaut, wenn er nur das Wort „Paragraph" hört, obgleich er sich doch sagen muß, daß Unkenntnis des Ge setzes — ganz mit Recht! — nicht entschuldigt, besonders in unserer Zeit, da jedermann die enge Verbundenheit zwischen dem eigenen Verhalten und dem Wohl der All gemeinheit empfindet. Um dieser Paragraphenschcn auf dem für die All gemeinheit besonders wichtigen Gebiete des öffentlichen Verkehrs wirksam zuleibe zu gehen, ist, wie bekannt, mit Unterstützung des Hanplamtes der Ordnungspotizci ein neuzeitliches Verkehrsspicl „Mensch, paß auf!" heraus- gegeben worden. Damit wurde das berühmte Ei des Kolumbus wieder einmal zur Wirklichkeit. Die bösen Para graphen lösten sich in Wohlgefallen auf, um sich nur um so fester unserem Gedächtnis einznplägen; statt der Gänse- haut stellt sich ein wohlig prickelndes Gefühl ein, wie is bei einem anregenden Untcrhaltungsspiel nicht anders sein kann. Wir lernen jetzt wirklich „spielend". Der Gesetzgeber führt uns liebenswürdig und ganz sachte, ohne daß wir es überhaupt merken, am Gängelband, und das Paragrapheu- ärgernis verwandelt sich für uns in Vergnügen und eitel Freude. Die Verarbeitung eines Gesetzes zu einem Unter- haltnngsspiel würden die würdevollen Nechtsgclehrten nnd Gcsetzeswächter vergangener Zeiten vielleicht als Heilig- tnmsschändnng empfunden haben; die neue Zeit aber setzt nicht nur neue Ziele, sondern findet anch nene Wege, um ihnen zu so schnell und bequem als möglich zu gelangen. Mensch, paß auf! Es ist jedenfalls besser, wenn man als „glänzender Spieler" Verkchrsunsälle zu vermeiden lernt, als daß man hinterher durch Schaden klug wird. * Mit dem Wort „Provinz" wurde früher recht viel Ursug getrieben. Aus der Provinz stammen, hieß mitunter soviel wie ein Hinterwäldler sein, obgleich es bei uns weder einen kanadischen Urwald noch eine einzige „Metro pole" gab, die alle Strahlen des Kultur- »ud Kunstlcbens in sich vereinigt hätte, um dafür das ganze übrige Land in d u tiefen Schatten spießbürgerlicher Ungeistigkeit und langweiliger Unbildung zu tauche». Im Gegenteil, der Reiz des deutschen Bildungslebens bestand und besteht gerade in seiner Mannigfaltigkeit, die allüberall Quellen der Bildung und der geistigen Anregung für jeden er schließt, der sich ernstlich ans die Suche nach diesen Quellen begibt. Die führenden Theatertruppcn Berlins werden, wie lvir lasen, auf Anregung des Reichsministerinms für Volksanfklärnng und Propaganda eine Reihe von Gast spielen in die „Provinz" uniernehmen, für die sich die Künstler ehrenhalber zur Verfügung gestellt haben. Das sieh, nun herzlich wenig nach Hinterwüldlcrlnm, nach „Krälnvinkclci" aus — um diese gleichfalls nicht sehr glück liche Wortprägung ans früherer Zeit in diesem Zusam- menhang einmal zn gebrauchen —, für die in geistiger nnd künstlerischer Beziehung das Schlechteste gnt genug wäre. Nein, die „Provinz" hat den berechtigten und anerkannten Anspruch und das lebhafte Bedürfnis, am Kulturleben der Nation vollen Anteil zu nehmen. Wenn ihr nnn vom Besten das Beste geboten wird, so ist dies kein Gnaden geschenk, sondern der Ausdruck einer verpflichtenden Knl- turausfassung, die in der Kunst nicht ein »nr den Millio nenstädten und in diesen nur den „oberen Zehntausend" eingcränmies Sonvergebiet, sondern eine Angelegenheit des ganzen Volkes sieht, eine Angelegenheit, für die im ganzen Reich bis in die entlegenste „Provinz" das nötige Verständnis und die geistige Aufnahmefähigkeit vorhanden sind. In diesem Sinne kann man sagen, daß in Deutschland überall oder auch nirgends mehr Provinz ist. * Der Ansspruch „Zeit ist Geld" soll aus Amerika stammen. Er besagt, daß den großen Tollarjägcrn bei ihrer geschäftlichen Hetzjagd jede Minute kostbar ist, weil sie ihnen unermeßliche Reichtümer einbringe» ka»». Keine Regel ist jedoch ohne Ausnahme, und diese regelmäßige Ausnahme trifft anch ans das Dollarland zu. In Louisiana hält ein ehrenwerter Senator eine bereits ein wöchige Protestredc. Er lehnt das neue Lynchgesetz ab und geht, wie gemeldet wurde, bei seinen Ausführungen gegen den Gesetzentwurf sogar auf das alte Aegypten und Babylon zurück. Der ehrenwerte Senator gehört jedenfalls zn den Leuten, die unendlich viel Zeit haben. Er hält nich.s vom Sprichwort, wonach Schweigen Gold ist. Er redet stundenlang, tagelang, wochenlang, und scheint ein besonderes Vergnügen daran zu habe», sich und andere zu langweilen. Mag scin^ daß das öffentliche Leben Amerikas das alles verträgt oder gar verlangt, uns aber dünkt es eine sündhafte Zeitvergeudung, wenn man dem lieben Herrgott ans diese Weise nicht nur den Tag, sondern eine ganze Woche stiehlt. Tagediebe eigener Art sind anch die französischen Bcrufsfußballer. Sie wollen in den General streik treten, wenn man ihre Forderungen nicht bewilligt. Nun werden die Herren Fußballspieler mit ihrem Streik allerdings keinem Menschen weh tun, nicht einmal in Frankreich. Hat sich der Erdball bisher all die Zeit nm feine Achse gedreht, so wird er nicht dadurch a^s seiner Bahn geschlendert, daß die französischen Bernfsfnßballer nun keinen Ball mehr anriihren und keinen Fuß in Be wegung setzen. Es fragt sich aber, welchen Sinn kann um des Himmels willen so ein Streik haben? Das Streik fieber — eine Krankheit, deren Bazillen bei uns schon längst ausgestorben sind — scheint anderswo noch immer zu Fieberdclirien zu führen. Wo die Menschen bloß dic viele Zeit hernehmen, daß sie sie mit dem denkbar größten Unsinn „aussiillen"! Sa.